Mạrx,
russisch Mạrks, 1765-1928 deutsch Katharinenstadt, russisch Jekaterinenschtạdt, Ekaterinenštạdt [jekaterinenʃ-], 1928-42 deutsch Mạrxstadt, russisch Marksschtạdt, Marksštadt [-'ʃtat], Stadt im Gebiet Saratow, Russland, am linken Wolgaufer, am Nordende des Wolgograder Stausees, 32 800 Einwohner; Dieselmotorenbau.
1765 als Kolonie der Wolgadeutschen gegründet und zu Ehren Katharinas II., die die Kolonisten ins Land rief, benannt.
Mạrx,
1) Adolf Bernhard, Musiktheoretiker und Komponist, * Halle (Saale) 15. 5. (28. 11. ?) 1795, ✝ Berlin 17. 5. 1866; studierte u. a. in Berlin bei C. F. Zelter, gründete 1824 die »Berliner Allgemeine Musikalische Zeitung«, wurde 1830 Professor an der Berliner Universität und gründete 1850 mit J. Stern und T. Kullak das Stern'sche Konservatorium; vertrat in seiner Kompositionstheorie die Lehre von der Einheit der thematischen Form. Von seinen Kompositionen wurde besonders das Oratorium »Mose« (1841) bekannt.
Schriften: Die Lehre von der musikalischen Komposition, 4 Bände (1837-47); L. van Beethoven, 2 Bände (1859); Anleitung zum Vortrag Beethovenscher Klavierwerke (1863); Gluck und die Oper, 2 Bände (1863).
2) Joseph Rupert Rudolf, österreichischer Komponist, * Graz 11. 5. 1882, ✝ ebenda 3. 9. 1964; war 1914-52 Kompositionslehrer an der Wiener Musikakademie und 1947-57 Professor an der Universität Graz, daneben auch als Musikkritiker tätig. Er komponierte in nachromantisch-impressionistischem Stil Orchester- und Kammermusik und stilistisch von H. Wolf beeinflusste Lieder, zum Teil auch mit Streichquartett- oder Orchesterbegleitung; schrieb u. a. »Weltsprache Musik« (1964).
3) Karl, Komponist, * München 12. 11. 1897, ✝ Stuttgart 8. 5. 1985; studierte in München u. a. bei C. Orff und war Dozent an der Grazer und 1946-66 an der Stuttgarter Musikhochschule. Er gehörte zu den Hauptvertretern der Jugendmusikbewegung und zielte in seinen Kompositionen auf strenge Einfachheit des (meist polyphonen) Satzes, darunter dem Volkslied nahe Vertonungen nach Texten von R. M. Rilke, H. Claudius, F. Hölderlin, H. Carossa und W. Busch sowie Orchestermusik und zahlreiche Kammermusikwerke.
4) Karl, Maler, * Köln 21. 1. 1929; lehrt seit 1959 an den Kölner Werkschulen beziehungsweise der Fachhochschule Köln (bis 1993). Nach Anfängen als naturalistischer Maler entwickelte Marx einen gestisch-expressiven Realismus, in den teilweise auch Bilder aus der menschlichen Vorstellungswelt einbezogen werden. Zentrale Motive und Themen seiner Gemälde sind sowohl Aktfiguren, Porträts und Gruppenbilder als auch die Darstellung von Dingen und Situationen, die unmittelbar das bedrohte menschliche Leben symbolisieren.
K. M., Gemälde, hg. v. K. Honnef u. H. A. Peters, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Düsseldorf im Ehrenhof (1994).
5) Karl Heinrich, Philosoph, Historiker und Journalist, mit F. Engels der Begründer des Marxismus, * Trier 5. 5. 1818, ✝ London 14. 3. 1883; Sohn des Justizrates Heinrich Marx (* 1782, ✝ 1838), der aus einer Rabbinerfamilie stammte, sich jedoch der Aufklärung verpflichtet fühlte und mit seiner Familie zum Protestantismus übertrat.
Nach dem Besuch des Gymnasiums in Trier (1835 Abitur) studierte Marx zunächst in Bonn, dann ab 1836 in Berlin, zunächst Rechtswissenschaften, später vorwiegend Philosophie. In Berlin verkehrte er im »Doktorklub« (A. Ruge, B. Bauer u. a.), der Keimzelle des Linkshegelianismus. In dem berühmten »Brief an seinen Vater« berichtet er von einer intensiven Beschäftigung mit dem deutschen Idealismus, v. a. der Philosophie G. W. F. Hegels. Mit der Arbeit »Die Differenz der demokritischen und epikuräischen Naturphilosophie« wurde Marx 1841 in Jena (in absentia) promoviert. Die Aussichten auf eine akademische Karriere unter der Protektion seines Freundes B. Bauer in Bonn zerschlugen sich. Marx übersiedelte nach Köln und wurde Mitarbeiter, später Chefredakteur der linksliberalen »Rheinischen Zeitung«, die er zu einem führenden Oppositionsblatt machte.
Nach dem Verbot der Zeitung durch die preußische Zensur ging Marx im Herbst 1843 nach Paris, hier gab er zusammen mit A. Ruge die »Deutsch-Französischen Jahrbücher« heraus. Zuvor hatte er seine langjährige Verlobte Jenny von Westphalen (* 1814, ✝ 1881) geheiratet. In Paris lernte Marx Lehren und Anhänger der wichtigsten Vertreter des französischen Sozialismus kennen (v. a. Saint-Simon, C. Fourier, P. J. Proudhon und É. Cabet) und machte die Bekanntschaft von H. Heine und G. Herwegh. Erstes Resultat seiner zunehmenden Beschäftigung mit der politischen Ökonomie waren die (erst 1932 veröffentlichten) »Ökonomisch-philosophischen (auch Pariser) Manuskripte«. Auch die lebenslange Freundschaft und Zusammenarbeit mit Engels nahm in Paris ihren Anfang. In seinen Beiträgen für die »Jahrbücher« entwickelte Marx eine Vorstellung, in der er die Verwirklichung des Sozialismus im Unterschied zu den französischen Frühsozialisten zunehmend mit der welthistorischen Rolle des Proletariats in Zusammenhang brachte.
Von der französischen Regierung ausgewiesen, ging Marx 1845 nach Brüssel, wo er gemeinsam mit Engels die gegen den Linkshegelianismus gerichteten Streitschriften »Die heilige Familie« und »Die deutsche Ideologie« verfasste. Die zweite Polemik wurde erst aus dem Nachlass veröffentlicht. Die Bildung des »Kommunistischen Korrespondenz-Komitees« 1846 wird im Allgemeinen als der Beginn von Marx' und Engels' Bemühungen um die Organisation einer revolutionären proletarischen Partei angesehen. Im Auftrag des Londoner »Bundes der Gerechten« schrieb Marx 1847 das »Manifest der Kommunistischen Partei« (Kommunistisches Manifest).
Wegen seiner politischen Aktivitäten wurde Marx 1848 in Brüssel verhaftet und musste Belgien verlassen. Von der provisorischen Revolutionsregierung zunächst nach Paris eingeladen, reiste er bald nach Deutschland zurück und übernahm in Köln die Herausgabe der »Neuen Rheinischen Zeitung«, die ein Bündnis der demokratischen Kräfte gegen die alten Mächte propagierte. Nach dem Sieg der konservativen Kräfte wurde Marx im Mai 1849 von der preußischen Regierung als Ruhestörer ausgewiesen. Über Paris ging er nach London ins Exil, wo er bis zu seinem Tod lebte und arbeitete. Wegen seines bürgerlichen Lebensstils oft in finanzieller Not, war er auf den Ertrag journalistischer Arbeiten für verschiedene Zeitungen und die Unterstützung seines Freundes Engels angewiesen.
Zwischen 1848 und 1852 entstanden die Schriften »Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848-1850« und »Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte«, in denen Marx die Revolution von 1848 und den Aufstieg Napoleons III. in Frankreich analysierte und das Scheitern der revolutionären Naherwartung erklärte. Bereits in den 1850er-Jahren schrieb Marx umfangreiche Entwürfe zur Kritik der politischen Ökonomie, einem Themenkreis, der ihn lebenslang beschäftigte. Diese Entwürfe wurden 1938 aus dem Nachlass unter dem Titel »Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie« publiziert. 1859 erschien eine erste Fassung im Druck (»Zur Kritik der politischen Oekonomie«), 1867 folgte der 1. Band seines Hauptwerkes »Das Kapital«. An den weiteren Bänden hat Marx bis zu seinem Tod gearbeitet, sie jedoch aufgrund inhaltlicher wie konzeptioneller Probleme nicht abgeschlossen und veröffentlicht. Als 2. und 3. Band wurden sie nach seinem Tod von Engels redigiert und ediert (1885, 1894).
Seit den 1860er-Jahren suchte Marx auf die Organisation der Arbeiterbewegung Einfluss zu nehmen. Unter seiner Mitwirkung wurde 1864 in London die Erste Internationale (Internationale Arbeiter Association, IAA) gegründet, deren programmatische »Inauguraladresse« er verfasste. Bald kam es jedoch zu heftigen Konflikten zwischen der durch Marx und Engels vertretenen Richtung und anarchistischen Strömungen (Proudhon, M. Bakunin), die auf dem Kongress der Internationale in Den Haag 1872 zum Ausbruch kamen und 1876 deren Auseinanderbrechen zur Folge hatten. Marx zog sich seitdem von derartigen politisch-organisatorischen Aktivitäten zurück. In der noch für die Internationale verfassten Schrift über den »Bürgerkrieg in Frankreich« feierte Marx zwar die Pariser Kommune von 1871 als erste kommunistische Revolution, ging aber im Weiteren davon aus, dass sich der Schwerpunkt der revolutionären Entwicklung von Frankreich nunmehr nach Deutschland verlagert habe. Zur deutschen Arbeiterbewegung, die stark von den Vorstellungen F. Lassalles über die bedeutsame Rolle des Staates bei der Veränderung der sozialen Verhältnisse beeinflusst war, hatte Marx jedoch ein kritisches Verhältnis. Davon zeugt seine scharfe »Kritik des Gothaer Programms« der Sozialdemokratie von 1875, die erst 1891 veröffentlicht wurde.
In einer frühen Phase seiner theoretischen Entwicklung hatte Marx die Aufhebung der Philosophie gefordert, das heißt ihre Umsetzung in die Wirklichkeit. In diesem Sinne heißt es in seiner 11. Feuerbachthese: »Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert; es kömmt drauf an, sie zu verändern.« Marx ging von einer Kritik der Philosophie Hegels aus, die er in der Pariser Zeit zum ersten Mal formulierte. Er übernahm Hegels dialektische Denkfigur von der Entfremdung des Menschen und ihrer Aufhebung als Resultat des Arbeitsprozesses, kritisierte aber, dass Hegel den Menschen nur als Selbstbewusstsein, nicht als ein in der gegenständlichen Welt tätiges Gattungswesen aufgefasst habe. Auch L. Feuerbach, an dessen Begrifflichkeit Marx hier anknüpft und dessen Religionskritik er übernimmt, wird dafür kritisiert, dass er den Menschen zwar als sinnliches, nicht aber als tätiges, praktisches Wesen verstehe. Diese und ähnliche Überlegungen wurden von Engels u. a. zur materialistischen Geschichtsauffassung - seit G. W. Plechanow meist als dialektischer Materialismus (Marxismus) bezeichnet - ausgearbeitet.
Ihr gemäß ist es das gesellschaftliche Sein der Menschen - ihr materieller Lebensprozess -, das ihr Bewusstsein bestimmt. Die Leugnung dieses Zusammenhangs ist nach Marx charakteristisch für Ideologien; sie spiegeln Klasseninteressen wider, sind gesellschaftlich notwendiger Schein. Da für die materialistische Geschichtsauffassung die Formen entscheidend sind, in denen sich die Produktion und Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens vollziehen, mündet sie in eine Kritik der politischen Ökonomie. Diese Kritik sollte den Nachweis erbringen, dass die Gesetze der kapitalistischen Warenproduktion nur für eine historisch begrenzte Phase Geltung haben und gerade durch ihre Entfaltung auf ihre eigene Aufhebung und damit auf eine sozialistische Gesellschaftsordnung hinwirken. Marx war überzeugt, in der ökonomischen Theorie das »Bewegungsgesetz der modernen Gesellschaft« aufgedeckt zu haben.
Ausgaben: K. Marx und F. Engels: Werke, 42 Bände (1-41958-83); K. Marx und F. Engels: Gesamtausgabe MEGA, auf zahlreiche Bände berechnet (1975 folgende); Werke. Schriften, 6 Bände und Supplement, herausgegeben von H.-J. Lieber u. a. (1-51975-89).
A. Künzli: K. M. Eine Psychographie (1966);
K. Hartmann: Die Marxsche Theorie. Eine philosoph. Unters. zu den Hauptschriften (1970);
W. Euchner: K. M. (1983);
R. Friedenthal: K. M. (Neuausg. 1983);
F. J. Raddatz: K. M. (Neuausg. 41983);
I. Fetscher: K. M. u. der Marxismus (Neuausg. 1985);
F. Mehring: K. M. (Neuausg. Berlin-Ost 61985);
W. Blumenberg: K. M. Mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten (161.-164. Tsd. 1986);
M.-Lex., hg. v. H.-J. Lieber u. a. (1988);
W. Schieder: K. M. als Politiker (1991).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Marxismus: Historische Entwicklung
Marx und Engels: Die Befreiung der Menschheit durch das Proletariat
6) Werner, Philosoph, * Mülheim an der Ruhr 19. 9. 1910, ✝ Bollschweil (Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald) 22. 11. 1994; zunächst Jurist; Emigration nach Palästina (1934), dann in die USA (1938); Professor an der Graduate Faculty der New School for Social Research in New York (1953-64), seit 1964 Professor für Philosophie in Freiburg im Breisgau, Direktor des Husserl-Archivs ebenda; beschäftigte sich mit Philosophiegeschichte (Aristoteles, deutscher Idealismus) sowie, ausgehend von E. Husserl und der Existenzphilosophie M. Heideggers, mit der Frage nach der Wesensbestimmung des Menschen und mit praktischer Philosophie.
7) Wilhelm, Politiker, * Köln 15. 1. 1863, ✝ Bonn 5. 8. 1946; Richter, zuletzt (ab 1921) Senatspräsident beim Kammergericht in Berlin; schloss sich politisch der Zentrumspartei an. 1899-1918 war er Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und 1918-22 Mitglied des Landtags, 1910-18 und 1920-32 Mitglied des Reichstags sowie 1919/20 Mitglied der Nationalversammlung; 1922-28 war er Vorsitzender des Zentrums. Als Reichskanzler führte Marx vom 30. 11. 1923 bis 15. 12. 1924 und vom 17. 5. 1926 bis 29. 6. 1928 bürgerliche Koalitionsregierungen. In seiner ersten Amtszeit suchte er, durch Ausgabensenkung und Steuererhöhungen den Staatshaushalt auszugleichen. Durch Gesetz vom 30. 8. 1924 führte seine Regierung die »Reichsmark« als Währungseinheit ein (Bekämpfung der Inflation). In seiner zweiten Amtszeit verabschiedete der Reichstag am 16. 7. 1927 das Gesetz über die Arbeitslosenversicherung. Von Januar bis April 1925 war Marx preußischer Ministerpräsident Bei den Reichspräsidentenwahlen 1925 stellten ihn die Parteien der Weimarer Koalition (SPD, Zentrumspartei, DDP) im 2. Wahlgang im Rahmen eines »Volksblocks« als Kandidaten für das Amt des Reichspräsidenten auf; er unterlag jedoch knapp P. von Hindenburg. Vom 26. 1. bis 17. 5. 1926 war Marx Justizminister in der Regierung Luthers.
U. von Hehl: W. M. 1863-1946. Eine polit. Biogr. (1987).
Universal-Lexikon. 2012.