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Pẹst 〈f.; -; unz.〉 durch Pestbakterien hervorgerufene epidemische Krankheit; Sy Pestilenz (1), Schwarzer → Tod ● jmdm. die \Pest an den Hals wünschen 〈fig.〉 jmdm. Schlechtes wünschen; jmdn. od. etwas wie die \Pest hassen 〈fig.〉 sehr hassen; wie die \Pest stinken 〈fig.〉 sehr stark, übermäßig stinken [<lat. pestis „ansteckende Krankheit, Seuche“]
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1) von Nagetieren u. Flöhen u. durch Tröpfcheninfektion übertragene bakterielle Infektionskrankheit;
2) Bez. für eine infektionsartig fortschreitende Gitterzerstörung bei Metallen, z. B. ↑ Zinnpest
3) im – bes. im angloamer. Sprachgebrauch üblichen – übertragenen Sinne Sammelbez. für alle Arten von Plagen, lästigen oder schädlichen Organismen.
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Pẹst, die; - [lat. pestis, H. u.]:
epidemisch auftretende, mit hohem Fieber u. eitrigen Entzündungen verbundene ansteckende Krankheit, die oft tödlich verläuft:
er hatte die P.;
☆ wie die P. (salopp; überaus intensiv, eifrig, schnell);
wie die P. stinken (salopp; abscheulich stinken);
jmdm. die P. an den Hals wünschen (salopp; jmdm. alles Schlechte wünschen).
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I Pest
[von lateinisch pestis »ansteckende Krankheit«, »Seuche«, »Pest«] die, -, hochansteckende, akute, bereits bei Erkrankungsverdacht meldepflichtige bakterielle Infektionskrankheit; Erreger ist Yersinia pestis, ein unbegeißeltes, stäbchenförmiges, gramnegatives Bakterium. - Die Pest ist ihrem Ursprung nach eine endemische Krankheit wild lebender Nagetiere (Zoonose), die durch verschiedene Ektoparasiten (Rattenfloh) übertragen wird. Einzelinfektionen beim Menschen können durch Tierkontakt (tote Nager) in Endemiegebieten hervorgerufen werden, menschliche Epidemien und Pandemien durch Verbreitung der Erreger über eine Infektionskette von Wanderratten u. a. wild lebenden Nagern auf Hausrattenpopulationen in menschlichen Siedlungsgebieten; eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist durch Tröpfcheninfektion und infizierte Gegenstände möglich. Der Erreger bleibt in Nagerhöhlen oder in Auswurf, Kot und Eiter (auch eingetrocknet) über mehrere Monate infektionsfähig.
Die Krankheit tritt, entsprechend Übertragungsform und Verlauf, in unterschiedlicher Ausprägung auf. Häufigste Form ist die durch Bisse des Rattenflohs übertragene Beulenpest (Bubonenpest); sie äußert sich nach einer Inkubationszeit von 2-6 Tagen in Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, Benommenheit und schwerem Krankheitsgefühl. Durch Eindringen der Erreger in die regionären Lymphknoten (meist im Leistenbereich) kommt es zur charakteristischen Lymphknotenentzündung (Lymphadenitis) mit stark schmerzhafter Schwellung (bis zu 10 cm Größe) und blutig-eitriger Einschmelzung, auch mit geschwürigem Zerfall. Bei Aufbrechen oder künstlicher Eröffnung der Beulen ist eine Heilung möglich; in bis zu über 50 % der Fälle ist der Verlauf nach Eintritt der Erreger in die Blutbahn (Septikämie) und Entwicklung einer Lungenentzündung (sekundäre Lungenpest) oder einer allgemeinen Streuung mit ausgedehnten kapillaren Blutungen in der Haut (»schwarzer Tod«) tödlich.
Die inzwischen sehr selten vorkommende primäre Lungenpest (Pestpneumonie) wird durch Tröpfcheninfektion hervorgerufen und war eine der Hauptursachen von Epidemien in kälteren Klimazonen mit schneller Ausbreitung; sie nimmt nach kurzer Inkubationszeit (1-2 Tage) einen heftigen Verlauf mit Husten, schwarz-blutigem Auswurf, Atemnot und Zyanose und führt in wenigen Tagen zum Tod durch Lungenödem und Kreislaufkollaps.
Die Pestsepsis tritt nicht nur als Komplikation der Beulen- und Lungenpest, sondern auch in primärer Form ohne andere Symptome auf. Daneben sind auch milde Verlaufsformen mit abgeschwächter Symptomatik möglich (abortive Pest). Das Überstehen der Krankheit verleiht eine lang anhaltende Immunität.
Die Diagnose wird durch serologische Untersuchungen und Nachweis der Erreger im Lymphknoteneiter und im Blut gestellt. Für eine erfolgreiche Behandlung ist die möglichst frühzeitige Anwendung von Antibiotika (Tetracycline, Streptomycin, Chloramphenicol) erforderlich; die Schutzimpfung gewährleistet nur einen kurzzeitigen Schutz und ist auch wegen der starken Nebenwirkungen umstritten.
Die heutige Verbreitung der Krankheit wird nur noch aus den pestverseuchten Reservoiren wild lebender Nagetiere (Waldpest) gespeist, die v. a. in Zentralasien, Ost- und Zentralafrika, Madagaskar, Südamerika und den westlichen USA (Rocky Mountains) bestehen. Im April 1991 wurden Pestfälle noch aus Madagaskar, Tansania, Zaire (heute Demokratische Republik Kongo), Bolivien, Brasilien, Peru und Vietnam gemeldet. 1989 erkrankten weltweit 770 Personen, davon 315 in Afrika, mit 55 Todesfällen. 1994 traten jedoch erneut epidemische Formen der Pest in Malawi, Moçambique und Indien auf.
Aus ihrem enzootischen Pestdauerherd unter den wild lebenden Nagern und ihren Ektoparasiten in den Hochsteppen Zentralasiens ist die Pest wiederholt in schweren Seuchenzügen ausgebrochen und durch Wander- beziehungsweise Hausratten über Eurasien getragen worden. Bis zu den Pandemien des 20. Jahrhunderts blieben dabei Mittel- und Südafrika, Australien und die Neue Welt verschont. Berichte über das seuchenartige Auftreten der Pest reichen bis in die Antike zurück. Nach einer ausgedehnten Pandemie Mitte des 6. Jahrhunderts in Konstantinopel unter Justinian kam es im 7. und 8. Jahrhundert immer wieder zu verheerenden Seuchenzügen in Europa. Die zweite große, später als »schwarzer Tod« bezeichnete Pandemie (1347-52) breitete sich, entlang der Handelswege ausgehend von Asien über die Seidenstraße und die Krim, bis nach Island aus und verursachte etwa 25 Mio. Todesfälle (rd. ein Drittel der damaligen Bevölkerung; Entvölkerung ganzer Ortschaften und Landstriche); es kam zu tief greifenden Auswirkungen auf das Wirtschafts-, Kultur- und Geistesleben der Zeit (Hungersnöte, gesteigerter Totenkult, Drang nach Lebensgenuss, begleitet vom Zerfall der Sitten; Totentänze, Endzeitstimmung).
Wiederholte Epidemien traten bis zum 17. und 18. Jahrhundert in verschiedener Heftigkeit auf, die letzte größere forderte 1665-66 in London zahlreiche Opfer; in Europa kam es nach einer Epidemie in Marseille und der Provence sowie in Toulon (1720-22) nur noch zu begrenzten Erkrankungen (z. B. in Malta, 1936). 1896 nahm eine erneute Pandemie von dem innerasiatischen Herd ihren Ausgang, die etwa 50 Jahre dauerte und erstmalig, von Bombay und Hongkong ausgehend, durch Verbreitung infizierter Ratten über die Handelsschifffahrt in allen großen Häfen der Erde auftrat; sie forderte etwa 12 Mio. Opfer, wobei Europa aufgrund der seuchenhygien. Maßnahmen weitgehend verschont blieb. - Zeitgenössische literarische Schilderungen von Pestseuchen stammen u. a. von G. Boccaccio (»Il Decamerone«, gedruckt 1470) und D. Defoe (»A journal of the plague year«, 1722).
Als Ursache der Pest vermutete man wie bei anderen Infektionskrankheiten Veränderungen der Luft, giftige Dünste, Wolken von unsichtbar kleinen Insekten, deren Eindringen in den Körper zu einer Blutveränderung führen sollte; zu den irrationalen Erklärungen gehörte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit auch, dass Juden als Brunnenvergifter verantwortlich gemacht wurden, was im Verlauf der zweiten Pandemie zu einer der Pest vorauseilenden Pogromwelle führte. Medizinsche Behandlungsversuche beschränkten sich auf die Anwendung von schweißtreibenden Mitteln und Einreibungen, das Auf- oder Ausschneiden der Pestbeulen und das Ausräuchern der Krankenzimmer; noch Anfang des 19. Jahrhunderts wurde ein Baumöl als wirksames Heilmittel empfohlen. Bereits während der großen Epidemien des 14. und 15. Jahrhunderts wurden in der Republik Venedig wegweisende seuchenhygien. Maßnahmen eingeführt (Quarantäne, Isolierung), im 16. Jahrhundert wurden Pesthäuser zur Behandlung errichtet. Die Ärzte trugen im 16. und 17. Jahrhundert spezielle Schutzkleidungen mit Masken.
Erst 1894 gelang A. E. Yersin und S. Kitasato die Entdeckung des Erregers.
Volkskundliches:
Dem Volksglauben galt die Pest als Dämon oder Geist, der als Nebel, Flämmchen, Rauch, Tier oder Mensch (Pest-Männlein, -Frau, -Knabe) erscheinen konnte. Der (angeblichen) Pestabwehr dienten u. a. Schießen, Läuten, Notfeuer, Amulette (v. a. Antoniuskreuz); vor der Strafe Gottes suchte man Zuflucht bei den Heiligen (Pestpatrone; u. a. Antonius der Große, Sebastian, Rochus, Christophorus, die vierzehn Nothelfer und K. Borromäus). Der Bußgedanke führte Mitte des 14. Jahrhunderts zuerst in Ungarn und Österreich, dann in Deutschland zu Geißlerzügen (Flagellanten, Geißlerlieder); im 15. Jahrhundert entstanden Pestblätter mit Gebeten und Holzschnittillustrationen von Pestpatronen. Zur Erinnerung an überstandene Pestepidemien wurden (auch nachträglich, besonders im Barock) Pestaltäre, Pestsäulen, Pestkapellen, Pestkreuze errichtet beziehungsweise Votivbilder und Prozessionen üblich; auch Feste, Bräuche oder Passionsspiele (z. B. Oberammergau) gehen auf Gelübde aus Pestzeiten zurück beziehungsweise werden in Pestsagen auf diese zurückgeführt.
J. F. C. Hecker: Der schwarze Tod im 14. Jh. (1832, Nachdr. Vaduz 1993);
E. H. Ackerknecht: Gesch. u. Geographie der wichtigsten Krankheiten (1963);
E. Schimitschek u. G. T. Werner: Malaria, Fleckfieber, P. Auswirkungen auf Kultur u. Gesch. - medizin. Fortschritte (1985);
M. Vasold: P., Not u. schwere Plagen (1991);
K. Bergdolt: Der Schwarze Tod in Europa. Die Große P. u. das Ende des MA. (31995).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
kommunale Bewegung: Städte und Städtebünde auf dem Höhepunkt ihrer Macht
Pest
[pɛʃt],
1) Stadtteil von Budapest.
2) Bezirk in Ungarn, 6 393 km2, 1,03 Mio. Einwohner; Verwaltungssitz ist Budapest (das selbst nicht zum Bezirk Pest gehört). Beiderseits der Donau gelegen, hat der Bezirk Anteil am Ungarischen Mittelgebirge und Ungarischen Tiefland. Wichtigste Industriezweige sind Erdölverarbeitung, chemische Industrie, Maschinen- und Fahrzeugbau, Nahrungsmittel- und Baustoffindustrie (Hauptstandorte sind Százhalombatta und Waitzen). Daneben besteht umfangreiche Landwirtschaft mit Weizen- und Maisanbau, Wein-, Obst- und Gartenbau (Gemüse, Blumen) sowie Viehzucht.
Pest
Die Große Pest, später »schwarzer Tod« genannt, ist als die größte Katastrophe anzusehen, die die Menschheit in Europa je betroffen hat; während z. B. im Zweiten Weltkrieg 5 % der europäischen Bevölkerung ihr Leben ließen, fielen der Pest mindestens 25 %, vielleicht sogar ein Drittel der damaligen Bevölkerung zum Opfer. Aus Asien eingeschleppt, verbreitete sich die Seuche in den Jahren 1347 bis 1351 über ganz Europa, wobei Deutschland vor allem 1349/50 betroffen war.
Medizinisch gesehen handelte es sich eigentlich um eine Krankheit bei Nagetieren (Ratten), die von einem Bakterium ausgelöst wird und über Flöhe auch auf Menschen übertragen werden kann. Da das Pestbakterium erst im Jahre 1894 entdeckt wurde, stand die mittelalterliche Medizin dieser Herausforderung noch mehr oder weniger hilflos gegenüber. Die Verbreitung wurde durch die in der Stadt wie auf dem Lande herrschenden hygienisch unzureichenden Wohnverhältnisse gefördert; dazu traf die Seuche noch - vor allem im Bereich der Unterschichten - auf eine durch chronische Engpässe in der Ernährung (Überbevölkerung, Missernten) in ihrer physischen Widerstandskraft geschwächte Bevölkerung. Die Auswirkungen dieser Katastrophe zeigten sich in nahezu allen Lebensbereichen. Begleitet von massenhysterischen Exzessen (Geißlerumzüge, Judenpogrome) führte das Massensterben auf dem Lande zu einer dramatischen Verknappung der menschlichen Arbeitskraft, verbunden mit einem Preisverfall beim Grund und Boden und bei den landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Während die adligen und kirchlichen Grundherren hierdurch zum Teil empfindliche Einkommenseinbußen hinnehmen mussten, dürften andererseits die Kleinbauern, die ihre - jetzt umso mehr begehrte - Arbeitskraft einsetzen konnten, im Ergebnis von der neuen Situation profitiert haben. Die Bevölkerungsverluste führten außerdem in großem Umfange zur Aufgabe bisher landwirtschaftlich genutzten Landes (Wüstungen) sowie zu einer verstärkt einsetzenden Abwanderungsbewegung in die Städte (Landflucht), wobei hier der Gegensatz zwischen Neuankömmlingen und Alteingesessenen Spannungen heraufbeschwor.
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Pẹst, die; - [lat. pestis, H. u.]: epidemisch auftretende, mit hohem Fieber u. eitrigen Entzündungen verbundene ansteckende Krankheit, die oft tödlich verläuft: die P. bricht aus, geht um, herrscht, wütet; Wie in Nairobi offiziell bekannt gegeben wurde, ist in zehn von 301 verdächtigen Fällen als Todesursache P. ermittelt worden (MM 17. 1. 79, 14); er hatte die P.; an der P. sterben; jmdn., etw. wie die P. (ugs. emotional; überaus, sehr) meiden, fürchten, hassen; R [hol's die] P.!; dass dich die P. hole! (veraltete Ausrufe der Verwünschung); Ü Der Alte war eine P. (ein Übel; Remarque, Obelisk 294); *jmdm. die P. an den Hals wünschen (salopp; jmdm. alles Schlechte wünschen); wie die P. stinken (salopp; abscheulich stinken); faul wie die P. sein (salopp; sehr faul sein; in Anlehnung an die Wendungen „vor Faulheit stinken“ u. „wie die Pest stinken“); wie die P. (salopp; überaus intensiv, eifrig, schnell): wie die P. arbeiten; er fährt wie die P.
Universal-Lexikon. 2012.