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Andorra
An|dọr|ra; -s:
Staat in den Pyrenäen.

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I
Andọrra,
 
Drama von M. Frisch; Erstausgabe 1961; Uraufführung Zürich 2. 11. 1961.
 
II
Andọrra,
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 468 km2
 
Einwohner: (2000) 65 800
 
Hauptstadt: Andorra la Vella
 
Amtssprache: Katalanisch
 
Nationalfeiertag: 8. 9.
 
Währung: 1 Euro (EUR, ) = 100 Cents
 
Zeitzone: MEZ
 
amtlich katalanisch Principạt d'Andọrra, amtlich französisch Principauté d'Andorre [prɛ̃sipo'te dã'dɔr], Kleinstaat in den östlichen Pyrenäen, 468 km2, (2000) 65 800 Einwohner; Hauptstadt und Regierungssitz ist Andorra la Vella, 1 079 m über dem Meeresspiegel, (2000) 20 800 Einwohner; Amtssprache ist Katalanisch, im Geschäftsleben werden v. a. Spanisch und Französisch gesprochen. Währung: 1 Euro (EUR, ) = 100 Cents. Zeitzone: MEZ.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Nach der Verfassung vom 4. 5. 1993 (am 14. 3. 1993 durch Referendum gebilligt) ist Andorra ein souveränes parlamentarisches Fürstentum. Die neue Konstitution löste die auf den Paréage-Vertrag von 1278 (Paréage) zurückgehenden feudalen Herrschaftsstrukturen ab, nach denen Andorra als Kondominium unter der Schutzherrschaft von zwei »Co-Fürsten«, dem französischen Staatspräsidenten (Rechtsnachfolger des Grafen von Foix) und dem spanischen Bischof von Urgel (Sitz: Seo de Urgel [La Seu d'Urgell]) stand. Die beiden Schutzherren bleiben Staatsoberhäupter mit rein repräsentativer Funktion; bei internationalen Verträgen steht ihnen ein Vetorecht zu. Als Legislative fungiert der auf 4 Jahre gewählte Generalrat (28 Abgeordnete), der den Chef der Regierung (Exekutivrat) und die Mitglieder des Kabinetts beruft.
 
Parteien:
 
Das Recht auf Bildung von Parteien und Gewerkschaften ist in der Verfassung verankert. Wichtigste der derzeit agierenden Parteien sind die Nationaldemokratische Allianz (Agrupació Nacional Democràtic, AND), die Liberale Union (Unió Liberal, UN), die Neue Demokratie (Nova Democràcia, ND), die Nationale Andorranische Koalition (Coalició Nacional Andorrana, CNA) und die Nationale Demokratische Initiative (Iniciativa Democratica Nacional, IDN).
 
Wappen:
 
Das gevierteilte Wappen symbolisiert die staatsrechtliche Stellung des Fürstentums. Die heraldisch rechte Hälfte bezieht sich durch Mitra und Hirtenstab sowie die vier Pfähle von Katalonien auf das Patronat des Bischofs von Urgel, die linke auf den französischen Staatspräsidenten als Erbe der Grafschaften Foix (drei Pfähle) und Béarn (zwei Kühe).
 
Nationalfeiertage:
 
Nationalfeiertag ist der 8. September, der an die Erlangung der Unabhängigkeit 1278 (Paréage-Vertrag) erinnert.
 
Verwaltung:
 
Andorra ist, neben der Hauptstadt, in 6 Gemeindebezirke gegliedert, an deren Spitze Kommunalräte stehen.
 
Recht:
 
Der Rechtsprechung liegen das 1748 aufgezeichnete Gewohnheitsrecht und die neue Verfassung zugrunde. Es existiert eine Zivil- und Strafgerichtsbarkeit; Obergerichte sind das Tribunal supérieur d'Andorre in Perpignan (Frankreich) oder das bischöfliche Gericht in Seo de Urgel (Spanien).
 
Streitkräfte:
 
Es besteht keine Wehrpflicht. Die Gemeindeverfassung verpflichtet alle Männer von 16 bis 60 Jahren zur Selbstbewaffnung (Volksmiliz). Die Grenzbewachung untersteht französischen und spanischen Zollbeamten.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Andorra liegt eingebettet in einen Kranz bis über 3 000 m hoher Gebirgsmassive zwischen Spanien und Frankreich. Aus hoch gelegenen eiszeitlichen Gletschertälern mit Seen und alpinen Matten kommend, vereinigen sich die Quellbäche der Valira im 800-1 100 m über dem Meeresspiegel gelegenen Talbecken von Andorra la Vella. Das Valiratal ermöglicht die Verbindung zum spanischen Segretal und der Stadt Seo de Urgel; die Straße zum französischen Ariègetal überwindet den Pyrenäenhauptkamm im 2 408 m hohen Pass Port d'Envalira (höchste Passstraße der Pyrenäen).
 
Klima:
 
Lange schneereiche Winter machen die Pässe von November bis Mai ungangbar und begünstigen den Schmuggel. Die Niederschläge (808 mm in Les Escaldes) verteilen sich gleichmäßig über das Jahr.
 
Bevölkerung:
 
Von der Bevölkerung sind (2000) nur 36 % Katalanisch sprechende Andorraner; die Mehrheit stellen die Spanier (40,6 %), weiterhin Portugiesen (10,2 %) und Franzosen (6,5 %). Viele Spanier und Franzosen haben aus Steuergründen in Andorra ihren Zweitwohnsitz. Zweitgrößter Ort ist das mit der Hauptstadt zusammengewachsene Thermalbad Les Escaldes-Engordany, 1 105 m über dem Meeresspiegel, 15 400 Einwohner (Schwefelquellen, 85 ºC).
 
Religion:
 
99 % der Einwohner gehören der katholischen Kirche an. Die 6 Gemeinden mit 58 Kleindörfern und Weilern bilden 6 Pfarreien des spanischen Bistums Urgel. 0,5 % der Bevölkerung sind Protestanten. Daneben gibt es eine kleine jüdische Gemeinde.
 
Bildungswesen:
 
Für die Erfüllung der zehnjährigen Schulpflicht (6.-16. Lebensjahr) stehen Primar- und Sekundarschulen zur Verfügung. Unterrichtssprache ist Katalanisch.
 
Baukunst:
 
Bedeutendster Bau der Hauptstadt Andorra la Vella ist die Casa de la Val (1580, heute Justizpalast und zum Teil Museum). Südlich von Andorra la Vella steht die Kirche von Santa Coloma (10. und 12. Jahrhundert) mit Rundturm (11. Jh). Im Valiratal bei Encamp befinden sich die Kapelle von Sant Romà de les Bons (1163 geweiht) mit Fresken geschmücktem Triumphbogen, die Ruine der Burg der Grafen von Foix sowie das Santuari de Meritxell, das religiöse Zentrum von Andorra (1972 durch Brand zerstört, Neubau nach Plänen von R. Bofill), weiter talaufwärts bei Canillo befindet sich die Kirche Sant Joan de Caselles (12./13. Jahrhundert) mit wertvollem Retabel (um 1525) und einzigartiger Kreuzigungsdarstellung (Wandmalerei mit Stuckrelief, 12. Jahrhundert). Nordwestlich von Andorra la Vella in Pal steht die romanische Kirche Sant Climent.
 
Publizistik:
 
Presse: Es erscheinen zwei Tageszeitungen in Katalanisch, »El Periòdic d'Andorra« und »Diari d'Andorra«, sowie mehrere Wochenpublikationen, darunter »Poble Andorra« und »Correu Andorra«. - Rundfunk: In Andorra existieren zwei Hörfunkgesellschaften, der private Sender »Radio Valira« sowie der staatseigene kommerzielle Sender »Radio Nacior«. Der 1987 gegründete private TV-Sender »Antena 7« strahlt ein nationales Fernsehprogramm aus.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Wichtigste Einnahmequelle Andorras ist der Fremdenverkehr (2000 rd. 11 Mio. Touristen, v. a. Transitreisende und Tagesausflügler). Eine Verbesserung der touristischen Infrastruktur wird angestrebt (neue Skigebiete, Anlage von Naturparks, Bau von Hochgebirgsstraßen). Da Andorra aufgrund einer Zollunion mit Frankreich ein zollfreies Gebiet darstellt und nur eine vergleichsweise niedrige Umsatzsteuer (Steuersatz 6 %) erhoben wird, floriert der Handel mit Konsumgütern. Die 1983 geplante Einführung einer Einkommensteuer wurde verworfen. Der Staatshaushalt wird v. a. durch die Umsatzsteuer und die Konzessionsgebühren der beiden Rundfunksender bestritten.
 
Landwirtschaft:
 
Aufgrund der Höhenlage herrscht Almwirtschaft mit Rinder- und Schafhaltung vor. Nur 2 % der Fläche werden ackerbaulich genutzt. Hauptanbauprodukte sind Kartoffeln und Tabak. Im gewerblichen Sektor dominiert die Tabak- und Holzverarbeitung. Die von drei Wasserkraftwerken erzeugte Elektrizität wird nach Spanien ausgeführt.
 
Verkehr:
 
Da Andorra abseits von Eisenbahn- und Flugverbindungen liegt, ist das Verkehrswesen auf das Straßennetz angewiesen. Neue Straßenverbindungen nach Frankreich und Spanien sind im Bau. Hubschrauberpendelverkehr mit dem spanischen Flugplatz Seo de Urgel.
 
 
Im 8. Jahrhundert eroberten die Mauren das andorranische Gebiet, aus dem sie Karl I., den Großen verdrängte. Das bereits 805 in einer karolingischen Urkunde erwähnte Andorra war jahrhundertelang Streitobjekt zwischen den spanischen Bischöfen von Urgel und dem französischen Adelsgeschlecht Castelbon (dessen Ansprüche 1206 auf den Grafen von Foix übergingen); ein am 8. 9. 1278 abgeschlossener Paréage-Vertrag (vom Papst bestätigt) legte eine gemeinsame Herrschaft fest. Im 16. Jahrhundert gingen die Rechte der Grafen von Foix auf die Könige von Navarra und 1607 auf Frankreich über, das 1793 auf sie verzichtete; Napoleon I. stellte sie 1806 wieder her. Im Rahmen einer Reformbewegung (1866-68) wurde der Generalrat eingeführt (Wahlrecht für Familienoberhäupter, erst seit 1970 auch für Frauen). Der Versuch des russischen Emigranten B. von Skossyrew, als Boris I. 1934 eine unabhängige Monarchie zu begründen, scheiterte am gemeinsamen Widerstand von Frankreich und Spanien. 1981 wurde eine Staats- und Verwaltungsreform eingeleitet. Mit dem In-Kraft-Treten einer demokratischen Verfassung 1993 erhielt Andorra offiziell seine staatliche Souveränität; am 28. 7. 1993 wurde es Mitglied der UNO und im November 1994 des Europarats. Der bereits 1982-84 und erneut 1990-94 amtierende Regierungschef (Cap de Govern) Oscar Ribas Reig wurde im Dezember 1994 durch Marc Forné im Amt abgelöst.
 
 
J. M Guilera: Una historia d'A. (Barcelona 1960);
 
El patrimoni natural d'A., hg. v. R. Folch i Guillen (Leiden 1984).
 

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An|dọr|ra; -s: Staat in den Pyrenäen.

Universal-Lexikon. 2012.