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Rembrandt
Rẹmbrandt,
 
eigentlich Rembrandt Harmensz. van Rijn [-rɛjn], niederländischer Maler, * Leiden 15. 7. 1606, ✝ Amsterdam 4. 10. 1669; Sohn einer wohlhabenden Leidener Familie. 1621-23 war er Schüler des Historienmalers Jacob van Swanenburg (* 1571, ✝ 1638) in Leiden, 1624 von P. Lastman in Amsterdam, doch hat Rembrandt auch Anregungen von J. Pijnas und von den Utrechter Caravaggisten aufgenommen. 1634 heiratete er Saskia Uylenburgh (✝ 1642; Porträts in Kassel, Staatliche Kunstsammlungen, und Dresden, Gemäldegalerie), er wurde Amsterdamer Bürger und Mitglied der Lukasgilde. Von den Kindern, die aus dieser Ehe hervorgingen, blieb nur Titus (* 1641, ✝ 1668) am Leben, der Maler wurde. Ab 1647 lebte Rembrandt mit Hendrickje Stoffels zusammen (* 1626 ?, ✝ 1663; Porträt in Berlin, Gemäldegalerie). Schlechte Geschäftsführung und seine Sammelleidenschaft führten 1656 zum wirtschaftlichen Zusammenbruch. 1657/58 wurden sein Haus (heute Museum) und seine Habe versteigert. Die letzten Jahre verbrachte Rembrandt zurückgezogen, sein Schaffen zu höchster Reife steigernd. Er wurde in der Amsterdamer Westerkerk begraben. Rembrandt hat von seinem 22. Lebensjahr an viele Schüler gehabt: G. Dou, J. Backer, G. Flinck, F. Bol, G. van der Eeckhout, S. van Hoogstraten, J. Victors, B. und C. Fabritius, N. Maes, A. de Gelder. Seine Werke sind zu allen Zeiten gesammelt und nachgeahmt worden.
 
Werk:
 
Untersuchungen zum Umfang seines Werkes (v. a. durch die Amsterdamer Arbeitsgruppe»Rembrandt Research Project«) sind noch nicht abgeschlossen. Die Trennung von Arbeiten seiner Schüler und Nachahmer ist oft schwierig, da die Lehrlinge während ihres Aufenthalts in der Werkstatt den jeweils herrschenden Stil Rembrandts adaptierten. Heute gelten zahlreiche Gemälde nicht mehr als eigenhändig, u. a. der berühmte »Mann mit dem Goldhelm« (Berlin, Gemäldegalerie). Von den bis 1957 zusammengestellten 1 400 Zeichnungen (O. Benesch) werden heute etwa 75 als authentisch angesehen. Bei den Radierungen liegt die Zahl der gesicherten Arbeiten bei etwa 290.
 
Meist stellte Rembrandt biblische, seltener historische und mythologische Szenen dar. Seine Porträts vergegenwärtigen die menschliche Erscheinung durch subtile Einfühlung in die Individualität. In seinen gemalten und radierten Selbstporträts machte er sich selbst (so oft wie kein zweiter Künstler) zum Gegenstand seiner Beobachtung. Neu und einzigartig waren seine Gruppenbilder. Die eigentlich holländischen Themen des Stilllebens, des Sittenbildes und der Landschaft hat Rembrandt nur ausnahmsweise behandelt. In der Radierung beschränkte er sich weitgehend auf die allgemein bekannten technischen Mittel (Ätzung, Kaltnadelradierung), setzte diese aber virtuos ein, um Tonabstufungen zu erreichen. Seine Handzeichnungen umfassen Einzelstudien und Gesamtkompositionen, Historienbilder wie Landschaften. Zunächst bevorzugte er Kreide, später die Feder, oft durch den lavierenden Pinsel ergänzt. Besonderes Kennzeichen Rembrandts ist die breit zeichnende Rohrfeder.
 
In seiner Leidener Frühzeit (1625-31) arbeitete er in enger Künstlergemeinschaft mit J. Lievens und stand unter dem Einfluss der von A. Elsheimer geprägten und im Wesentlichen durch P. Lastman vermittelten neuen Historienmalerei, die auf heroisierende Elemente verzichtete und in Gesichtsausdruck und natürlicher Gebärdensprache Gemütszustände der historischen Personen darstellte. Eingehende Wiedergabe des Stofflichen und die Gegensätze von Licht und Schatten steigerten seine Darstellungen ins Dramatische. Die Werke wurden kleiner, dunkler, konzentrierter. Aus Antlitzstudien zu biblischen Darstellungen wurden kleine Porträts seiner Verwandten und Rembrandts selbst, oft mit starkem, erregtem Ausdruck. In dieser Zeit entstanden: »Bileam und die Eselin« (1626; Paris, Musée Cognaco-Jay), »Tobias und Anna mit der Ziege« (1626; Amsterdam, Rijksmuseum), »Christus vertreibt die Geldwechsler aus dem Tempel« (1626; Moskau, Puschkin-Museum); »Der Reiche aus dem Gleichnis vom reichen Toren« (1627; Berlin, Gemäldegalerie); »Simson und Delila« (1628; ebenda); »Der reuige Judas bringt die Silberlinge zurück« (1629; Mulgrave Castle, County North Yorkshire, Sammlung Normanby); »Das Emmausmahl« (1629; Paris, Musée Jacquemart-André); »Die Auferweckung des Lazarus« (1630/31; Los Angeles, Kalifornien, County Museum of Art); »Simeon im Tempel« (1631; Den Haag, Mauritshuis); Radierungen: Bildnisse der Mutter (1628), zahlreiche Selbstporträts, Kindheitsgeschichte Christi, Akte und Bettlerstudien.
 
Mit seiner Übersiedlung nach Amsterdam begann Rembrandts zweite Schaffenszeit. Hier entstand 1632 sein erstes Gruppenbild, die »Anatomie des Dr. Tulp« (Den Haag, Mauritshuis). Die sieben Ärzte bilden, zur Handlung verbunden, ein Kollektiv - eine umwälzend neue Auffassung, denn vorher wurden in holländischen Gruppenbildern nur Einzelporträts addiert. Bald ein begehrter Porträtmaler, schuf Rembrandt in der Tradition von T. de Keyser zahlreiche lebensvolle bürgerliche Porträts. In der Historiendarstellung orientierte er sich an P. P. Rubens in lebensgroßen Bildern mit stark bewegten, plastisch gegebenen Figuren, oft in effektvoller Kostümierung (»Das Opfer Abrahams«, 1635, Sankt Petersburg, Eremitage; »Flora«, 1635, London, National Gallery; »Das Gastmahl des Belsazar«, um 1635, ebenda; »Susanna und die beiden Alten«, 1636, Den Haag, Mauritshuis; »Die Blendung Simsons«, 1636, Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut), und begann, meist unter dem Einfluss von H. Seghers, auch Landschaften zu malen (»Gebirgslandschaft mit Gewitter«, um 1640; Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum). Es war die Zeit seiner größten äußeren Erfolge. Im barocken Stil seiner Gemälde schuf er auch Radierungen (»Kreuzabnahme«, 1633; »Ecce Homo«, 1636). Die 1642 gemalte Nachtwache brachte ihn durch den völligen Bruch mit der Tradition des Gruppenbildes in Widerstreit mit dem holländischen Bürgertum und seinem nüchternen Wirklichkeitssinn. Die barocken Wirkungen wichen zunehmender Beruhigung, warmbrauner Tonigkeit und verinnerlichtem Ausdruck (»Die Heilige Familie mit Engeln«, 1645, Sankt Petersburg, Eremitage; »Die Eltern des Tobias«, 1645, Berlin, Gemäldegalerie; »Heilige Familie«, 1646, Kassel, Staatliche Kunstsammlungen; »Susanna und die beiden Alten«, 1647, Berlin, Gemäldegalerie; »Christus in Emmaus«, 1648, Paris, Louvre). Radierungen dieser Zeit sind u. a.: »Die Landschaft mit den drei Bäumen« (1643); »Hundertguldenblatt« (vollendet um 1647/49).
 
In den 1650er-Jahren erhob sich Rembrandts Kunst zu monumentaler Größe. Er gelangte zu flächenbetonender, ausgewogener Komposition; er beschränkte sich zunehmend auf Braun- und wenige Rottöne. Die Figur gewann noch stärker an Bedeutung (»Aristoteles vor der Büste Homers«, 1653, New York, Metropolitan Museum of Art; »Bathseba mit dem Brief des Königs David«, 1654, Paris, Louvre; »Badende Frau«, 1654, London, National Gallery; »Joseph und Potiphars Frau«, 1655, Berlin, Gemäldegalerie; »Jakob segnet seine Enkel«, 1656, Kassel, Staatliche Kunstsammlungen). Es entstanden großartige Porträts (»Nicolaes Bruyningh«, 1652, Kassel, Staatliche Kunstsammlungen; »Jan Six«, 1654, Amsterdam, Six-Stiftung) und Radierungen (»Faust«, um 1652; »Die drei Kreuze«, um 1652/53; »Die Kreuzabnahme bei Fackelschein«, 1654; »Abrahams Opfer«, 1655; »Ecce Homo«, 1655; »Der ungläubige Thomas«, 1656; »Christus am Ölberg«, 1658).
 
In den 1660er-Jahren verband Rembrandt Monumentalität mit fließender, in sich selbst ausdrucksvoller Farbigkeit: »Haman und Ashaver beim Gastmahl Esthers« (1660; Moskau, Puschkin-Museum), »Verleugnung Petri« (1660; Amsterdam, Rijksmuseum), »Der Evangelist Matthäus« (1661; Paris, Louvre), »Isaak und Rebekka«, auch die »Judenbraut« genannt (um 1665; Amsterdam, Rijksmuseum), »Die Rückkehr des verlorenen Sohnes« (um 1669; Sankt Petersburg, Eremitage), »Simeon im Tempel« (um 1669; unvollendet; Stockholm, Nationalmuseum). Rembrandts letztes Gruppenbild stellt die »Staalmeesters«, einen Ausschuss der Tuchmachergilde, in klassischer Einfachheit dar (1662; Amsterdam, Rijksmuseum). Die »Verschwörung des Claudius Civilis«, 1661 für das Amsterdamer Rathaus gemalt, wurde von dort wieder entfernt, verkleinert und überarbeitet (Stockholm, Nationalmuseum). An Porträts stammen aus der Spätzeit Selbstporträts (1660, Paris, Louvre; als Apostel Paulus, 1661, Amsterdam, Rijksmuseum; um 1663, Köln, Wallraf-Richartz-Museum; 1669, Den Haag, Mauritshuis), »G. de Lairesse« (1665; New York, Sammlung R. Lehman) sowie das »Familienbildnis« (um 1668/69; Braunschweig, Herzog Anton Ulrich-Museum).
 
Literatur:
 
C. White u. K. G. Boon: R.'s etchings, 2 Bde. (Amsterdam 1970);
 H. Gerson: R.-Gemälde: Gesamtwerk (1975);
 B. Haak: R. Leben u. Werk (1976);
 
The R. documents, bearb. v. W. L. Strauss u. a. (New York 1979);
 J. Bruyn u. a.: A corpus of R. paintings, 3 Bde. (a. d. Niederländ., Den Haag 1982-89);
 
R. Sämtl. Radierungen in Originalgröße, hg. v. G. Betz u. a. (Neuausg. 1984);
 G. Simmel: R.: ein kunstphilosoph. Versuch (1985);
 J. u. M. Guillaud: R. Das Bild des Menschen (a. d. Frz., 1987);
 S. Alpers: R. als Unternehmer (a. d. Amerikan., 1989);
 Cynthia P. Schneider: R.'s Landscapes: drawings and prints (Washington, D. C., 1990);
 
R. Der Meister u. seine Werkstatt, hg. v. C. Brown u. a., Ausst.-Kat., 2 Bde. (1991);
 Choung-Hi Lee: R.s Landschaftsdarst. (1992);
 
R. u. sein Jh., hg. v. E. Schaar, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle (1994);
 
R. - not R. in the Metropolitan Museum of Art, hg. v. J. P. O'Neill, Ausst.-Kat. Metropolitan Museum New York, 2 Bde. (1995);
 C. Tümpel: R. (33.-34. Tsd. 1995);
 J. Genet: R. (a. d. Frz., 1996);
 S. M. Mittendorf: FarbeBekennen. Tizian - R. - Marées (1997).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Rembrandt und Vermeer: Das goldene Zeitalter der holländischen Malerei
 

Universal-Lexikon. 2012.