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Vanuatu
Neue Hebriden (veraltet)

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Va|nu|a|tu [vænu'ɑ:tu: ]; -s:
Inselstaat im Pazifischen Ozean.

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Vanuatu
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 12 190 km2
 
Einwohner: (2000) 190 000
 
Hauptstadt: Vila
 
Amtssprachen: Bislama, Englisch, Französisch
 
Nationalfeiertag: 30. 7.
 
Währung: Vatu (VT)
 
Zeitzone: 2200 Vila = 1200 MEZ
 
[v-], amtliche Namen: Bislama Ripạblik blọng Vanuatu, englisch Republic of Vanuatu [rɪ'pʌblɪk əv vænu'ɑːtuː], französisch République de Vanuatu [repy'blik də vanya'ty], Inselstaat im südwestlichen Pazifik, zwischen 13º und 21º südliche Breite sowie 166º und 171º östliche Länge, umfasst die Inselgruppe der Neuen Hebriden (englisch New Hebrides, französisch Nouvelles-Hébrides), Landfläche: 12 190 km2 (beanspruchte Seefläche innerhalb der 200-Seemeilen-Zone: 680 000 km2), (2000) 190 000 Einwohner; Hauptstadt ist Vila (auch Port Vila; auf Efate), Amtssprachen sind Bislama (ein Pidgin-English), Englisch und Französisch. Währung: Vatu (VT); Uhrzeit: 2200 Vila = 1200 MEZ.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Nach der Verfassung vom 30. 7. 1980 (mit Änderungen) ist Vanuatu eine parlamentarische Republik im Commonwealth. Staatsoberhaupt mit vorwiegend repräsentativen Aufgaben ist der gemeinsam vom Parlament und den Vorsitzenden der Provinzparlamente auf fünf Jahre gewählte Präsident. Die Gesetzgebung liegt beim Parlament (50 Abgeordnete, für vier Jahre gewählt). Es wählt den Premierminister, der das Kabinett ernennt. Der Nationalrat der Häuptlinge hat beratende Funktion.
 
Parteien:
 
Es dominieren die Unity Front (UF), bestehend aus Vanua'aku Pati (VAP, gegründet 1971), Melanesian Progressive Pati (MPP, gegründet 1988) und Tan Union Party (TUP), die Union of Moderate Parties (französisch Union des Partis Modérés, UMP/UPM, gegründet 1980) und die National United Party (NUP, gegründet 1991).
 
Wappen:
 
Das Wappen zeigt einen stehenden Krieger vor einem Berg, zwei gekreuzten Palmenzweigen und einem Stoßzahn. Darunter befindet sich ein Schriftband mit den Worten »Long God yumi stanap« (»Zu Gott erheben wir uns«).
 
Nationalfeiertage:
 
Nationalfeiertag ist der 30. 7., der an die Erlangung der Unabhängigkeit 1980 erinnert.
 
Verwaltung:
 
Vanuatu gliedert sich seit 1994 in sechs Provinzen (je eigene Parlamente und Regierung).
 
Recht:
 
Das Rechtssystem basiert auf englischem, französischem und Gewohnheitsrecht. Das Gerichtssystem besteht aus Insel- und Magistratsgerichten sowie aus dem Obersten Gericht (Supreme Court), das höchste Gericht ist das Berufungsgericht (Court of Appeal). Daneben existieren inoffizielle Gerichte, die ausschließlich gewohnheitsrechtlicher Herkunft sind.
 
Streitkräfte:
 
Der Inselstaat besitzt keine Streitkräfte. Es existiert lediglich eine paramilitärische Polizeitruppe von rd. 300 Mann.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Vanuatu besteht aus den westlich der Fidschiinseln gelegenen Neuen Hebriden, einer doppelten Kette von zwölf großen und über 60 kleinen Inseln und Eilanden, die sich von Nordwesten nach Südosten über rd. 800 km erstrecken, einschließlich der Torres Islands (rd. 95 km2) und der Banks Islands (622 km2, mit den Hauptinseln Santa Maria oder Gaua und Vanua Lava) im Norden der Inselgruppe. Hauptinseln sind Espiritu Santo (3 677 km2), Malekula (französisch Malicolo; 2 023 km2), Erromanga (958 km2), Efate (Vaté; 915 km2), Ambrym (Ambrim; 666 km2), Tanna (Tana; 550 km2), Pentecost (französisch Île Pentecôte; 440 km2), Epi (früher Tasiko, Volcano; 414 km2), Maewo (259 km2), Aoba (389 km2) und Anatom (Aneityum; 65 km2). Die am Rand der Indisch-Australischen Platte gegen die Fidschiplatte gelegenen Neuen Hebriden sind - außer der Koralleninsel Aniwa (nordöstlich von Tanna, bis 30 m über dem Meeresspiegel) - hohe, gebirgige, von Korallenriffen umgebene vulkanische Inseln (auf Espiritu Santo bis 1 879 m über dem Meeresspiegel). An ihrem Aufbau sind oft Korallenkalke beteiligt, die in verschiedenen Höhen gehoben wurden und vielen Inseln Plateaucharakter geben. Aktive Vulkane (meist nur Ascheausstoß) finden sich noch auf Tanna, Ambrym und Lopevi. Erdbeben treten häufig auf.
 
Klima:
 
Vanuatu hat tropisch-ozeanisches Klima mit einer warmfeuchten Regenzeit von November bis April, bei vorherrschenden Nord- und Ostwinden (Wirbelsturmgefahr); die Jahresniederschläge liegen zwischen 2 200 mm im Süden und bis über 4 000 mm im Norden. Auf den südlichen Inseln (Tanna, Erromanga, Anatom) tritt im Winter (Juni-September; Südostpassat) relativ große Trockenheit auf, bei Temperaturen um 16 ºC. In Vila schwanken die monatlichen Mitteltemperaturen im Jahresverlauf zwischen 22 und 27 ºC.
 
Vegetation:
 
Die Vegetation besteht auf den nördlichen Inseln aus tropischem Regenwald, an den Küsten aus Kokospalmen. Im Süden sind Trockenwälder und Savannen verbreitet; es kommen Araukariengewächse und Nikanpalmen vor.
 
Bevölkerung:
 
Die Inseln sind seit über 3 000 Jahren besiedelt (älteste Datierung: um 1300 v. Chr., Lapitakultur Ozeanien). Die altansässigen Melanesier (91 % der Bevölkerung) haben über 100 Sprachen und Dialekte sowie eine eigenständige Kultur (Neue Hebriden). Daneben leben in Vanuatu die als Plantagenarbeiter ins Land gebrachten Polynesier und Mikronesier (3 %), Vietnamesen und Chinesen (meist im Handel tätig) sowie etwa 5 000 Europäer (meist Franzosen und Briten). Die Hauptstadt Vila (1996: 31 800 Einwohner) und Luganville (auch Santo; auf Espiritu Santo, 10 000 Einwohner) sind die einzigen städtischen Siedlungen (rd. 24 % der Bevölkerung). Das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum beträgt (1990-96) 2,7 %.
 
Religion:
 
Es besteht Religionsfreiheit. Über 76 % der Bevölkerung sind Christen: rd. 46 % gehören protestantische Kirchen an (Presbyterianer, Adventisten und Pfingstler), rd. 15,4 % der katholischen Kirche (Bistum Port-Vila [Kirchenprovinz Nouméa]), rd. 14,8 % der anglikanischen Kirche (Provinz Melanesien). Größte Kirche ist die »Presbyterian Church of Vanuatu« mit rd. 56 000 Mitgliedern. - Daneben gibt es zahlreiche Anhänger von Cargo-Kulten (v. a. auf Tanna) sowie in geringer Zahl Bahais.
 
Bildungswesen:
 
Der Unterricht an den staatlichen sechsjährigen Primarschulen (6.-11. Lebensjahr) ist kostenlos. Der Oberschulbesuch dauert in zwei Stufen bis zu sieben Jahren. Die Analphabetenquote beträgt 47,1 %. In Vila besteht ein Universitätszentrum der University of the South Pacific (Suva).
 
Publizistik:
 
Wöchentlich erscheinen in englischer Sprache »The Trading Post« sowie in Bislama »Le Fenua Times«, außerdem in Englisch, Bislama und Französisch die regierungseigene »Vanuatu Weekly«. Die pazifische Nachrichtenagentur »Pacnews« (gegründet 1987) hat ihren Sitz seit 1994 in Vanuatu. Der staatliche Hörfunk »Radio Vanuatu« (gegründet 1966) sendet in Englisch, Bislama und Französisch. Die staatliche Fernsehanstalt »Television Blong Vanuatu« (gegründet 1993) strahlt täglich ein vierstündiges Programm in Englisch und Französisch aus.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Nach Erlangung der Unabhängigkeit (1980) wurde ein gezielter Wirtschaftsaufbau eingeleitet. Der erste Fünfjahresplan (1981-86) sah den Ausbau der Landwirtschaft (u. a. Landreform), der zweite (1987-92) die Förderung von Kleinindustrie und Tourismus vor. Durch Einnahmen aus dem Fremdenverkehr und v. a. aus Bankgeschäften kann Vanuatu seit Anfang der 1990er-Jahre eine wirtschaftlich zufriedenstellende Entwicklung vorweisen. Gemessen am Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von (1996) 1 290 US-$ gehört der Inselstaat zu den Entwicklungsländern mit mittlerem Einkommen.
 
Landwirtschaft:
 
Im Agrarsektor, der (1995) 22 % zur Entstehung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) beitrug, sind mehr als 60 % der Erwerbstätigen beschäftigt. Während Kokosnüsse (Kopragewinnung), Kakao und Kaffee v. a. für den Export angebaut werden, dienen Jamswurzeln, Taro, Gemüse und Bataten der Eigenversorgung. Bei der Viehhaltung dominieren Fleischrinder, Schweine und Ziegen. Forstwirtschaft (Hartholzplantagen) und Fischerei spielen eine wichtige Rolle.
 
Industrie:
 
Als einziger mineralischer Rohstoff wird auf der Insel Efate Manganerz abgebaut. Der industrielle Sektor (BIP-Anteil 1995: 13 %; Beschäftigtenanteil: 3,5 %) ist bisher kaum entwickelt; er beschränkt sich auf die Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Produkte.
 
Dienstleistungssektor:
 
Vanuatu avancierte in den 80er-Jahren zum führenden Finanzplatz unter den Inselstaaten im Südpazifik und ist eines der bekanntesten Offshorezentren. Der Fremdenverkehr brachte (1996) 46 100 ausländische Besucher nach Vanuatu, v. a. Kreuzfahrtteilnehmer aus Australien und Neuseeland.
 
Außenwirtschaft:
 
Die Außenhandelsbilanz ist seit Jahren negativ (Einfuhrwert 1994: 83,5 Mio. US-$; Ausfuhrwert: 20,7 Mio. US-$). Trotz stark gesunkener Weltmarktpreise ist Kopra mit einem Exportanteil von (1995) 43 % nach wie vor wichtigstes Ausfuhrgut vor Fisch, Kakao, Fleisch, Holz und Manganerz. Haupthandelspartner sind Australien, Japan und die Niederlande.
 
Verkehr:
 
Das Straßennetz umfasst 1 130 km. Überseehäfen sind Vila auf Efate und Luganville auf Espiritu Santo. Die größten Flughäfen befinden sich nahe der Hauptstadt Vila und auf Espiritu Santo.
 
 
Die vor mehr als 3 000 Jahren (etwa seit 1300 v. Chr.) von Melanesiern teilweise besiedelten Inseln wurden 1606 von dem spanischen Seefahrer Pedro Fernández de Quirós entdeckt (1768 Wiederentdeckung durch den Franzosen L. A. de Bougainville) und erhielten 1774 von J. Cook den Namen Neue Hebriden. Seit der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts wanderten Europäer ein (christliche Mission, beginnender Sandelholzeinschlag). Nach kolonialpolitischen Rivalitäten schlossen Großbritannien und Frankreich 1887 einen Vertrag über die gemeinsame Verwaltung der Inseln (seit 1906 Kondominium, Vertrag 1914 ergänzt). Im Zweiten Weltkrieg waren die Neuen Hebriden ein bedeutender Militärstützpunkt der Alliierten gegen die Japaner.
 
Träger der Unabhängigkeitsbewegung wurde die 1971 als »New Hebrides National Party» gegründete VAP. 1977 erlangten die Neuen Hebriden innere Autonomie. Nach dem Wahlsieg der VAP (1979) kam es 1980 unter Jimmy Stevens, dem Führer der 1966 gegründeten Partei »Na-Griamel«, zu einem erfolglosen (v. a. von Siedlern französischer Herkunft unterstützten) Sezessionsversuch der Insel Espiritu Santo. Am 30. 7. 1980 wurden die Neuen Hebriden als Vanuatu (etwa »das Land, das sich aus dem Meer erhebt«) eine unabhängige Republik innerhalb des Commonwealth of Nations, im September 1981 erfolgte die Aufnahme in die UNO. Erster Staatspräsident war Ati George Kalkoa, der sich nach seiner Wahl, einer melanesischen Sitte folgend, Sokomanu (»Führer von Tausenden«) nannte. Der langjährige Premierminister (1979-91) und Vorsitzende der VAP (1972-91) Walter Hayde Lini vertrat das Programm eines »melanesischen Sozialismus«. Im April 1983 erklärte sich Vanuatu per Gesetz zur atomwaffenfreien Zone. Gemeinsam mit Papua-Neuguinea und den Salomoninseln schloss Vanuatu im März 1988 ein Abkommen über Grundsätze einer engeren Zusammenarbeit (Bildung der so genannten »Melanesische Speerspitzen-Gruppe« mit einer panmelanesischen Zielsetzung). Machtkämpfe innerhalb der VAP führten im Januar 1989 zur Amtsenthebung von Präsident Sokomanu, dessen Nachfolger Fred Timakata wurde. Der im September 1991 an einem Misstrauensvotum gescheiterte Premierminister Lini wurde durch Donald Kalpokas (ab 1991 Vorsitzender der VAP) abgelöst. Die Parlamentswahlen im Dezember 1991 gewann die oppositionelle UMP, die mit Maxime Carlot Korman den Premierminister stellte (bis Dezember 1995, erneut Februar bis September 1996). Im März 1994 wurde der zur frankophonen Bevölkerungsgruppe gehörende UMP-Politiker Jean-Marie Leyé zum Staatspräsidenten gewählt. Nach Serge Vohor (UMP; Regierungschef 1995-96 und 1996-98) übernahm 1998 erneut Kalpokas das Amt des Premierministers.
 
 
S. Gundert: Der histor. Rahmen der wirtschaftl. u. polit. Entwicklung von V. (1984);
 S. Gundert: Mission u. Wanderarbeit in V. (1986);
 H. D. Joosten: Die Stätte des Lasters. Kolonialgesch. des engl. u. frz. Kondominiums der Neuen Hebriden (1987);
 F. Valjavec: Wege der Tradition. Aspekte kultureller Wechselbeziehungen in V. u. Neukaledonien (1995).

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Va|nu|a|tu [vænu:'ɑ:tu:]; -s: Inselstaat im Pazifischen Ozean.

Universal-Lexikon. 2012.