Commonwealth of Nations
Als dominierende See- und Kolonialmacht war Großbritannien 1914 an der Seite seiner Ententepartner Frankreich und Russland in den Krieg gegen die Mittelmächte Deutschland und Österreich-Ungarn eingetreten. Es hatte zwar den Krieg als Sieger beenden können, aber letztlich nur dank des entscheiden den Eingreifens der Vereinigten Staaten, die sich nun anschickten, den Briten die Führungsrolle in der Welt streitig zu machen.
Die Weltlage hatte sich seit dem Kriegsbeginn 1914 grundlegend verändert, ebenso die Verhältnisse im britischen Empire. Die britische Kriegserklärung vom 4. August 1914 war noch für das gesamte Empire ausgesprochen worden, aber der Kriegsverlauf und die Heranziehung der kolonisierten Völker zum Fronteinsatz in Europa und an anderen Kriegsschauplätzen hatte die schon vorhandene Tendenz zur Loslösung von der Kolonialmacht noch offensichtlicher gemacht.
Die Kriegskonferenzen der Jahre 1917/18 führten zur faktischen Anerkennung der Dominien Kanada, Australien, Neuseeland und Südafrikanische Union als gleichberechtigte Staaten innerhalb des britischen Empire. Diese Entwicklung kam auch auf den Friedenskonferenzen 1919 zum Ausdruck, an denen diese Staaten bereits mit eigenen Delegationen teilnahmen. Die Parlamente berieten und ratifizierten den Versailler Vertrag, und als selbstständige Mitglieder wurden sie in den Völkerbund aufgenommen.
Parallel zu dieser Entwicklung gab es bereits in der frühen Nachkriegszeit Unabhängigkeitsbewegungen in den Kronkolonien, so besonders in Indien, wo es bald zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen der Kolonialmacht und der indischen Bevölkerung kam, die durch die erfolgreiche Teilnahme Indiens am Weltkrieg zusätzliches Selbstbewusstsein erlangt hatte. Eine Lösung musste auch für die noch immer ungelöste irische Frage gefunden werden; nach einem mehr als zweijährigen britisch-irischen Kleinkrieg wurde die Insel 1921 geteilt, eine Perspektive, die keine Seite befriedigte. Während die Nordprovinzen (Ulster) weiter zu Großbritannien gehörten, erhielt der Südteil als Irischer Freistaat mit eigener Regierung und eigenem Parlament einen dominionähnlichen Status.
Nachdem den Dominien bereits das Recht zum souveränen Abschluss von Staatsverträgen zuerkannt worden war, übernahm erst die Imperial Conference von 1926 die wegweisende, vom ehemaligen Außenminister Arthur J. Balfour formulierte Definition der Dominien als »autonome Gemeinschaften innerhalb des britischen Empire, gleich im Status«. Die »Balfour-Formel« galt für die Dominien Kanada, Australien, Neuseeland, die Südafrikanische Union und den Irischen Freistaat. Newfoundland bewahrte lange seine Selbstständigkeit und wurde erst 1949 zehnte Provinz Kanadas. Die Dominien waren im »Commonwealth of Nations« verbunden durch gemeinsame Treueverpflichtungen gegenüber der Krone als dem Symbol der Einheit des Empire. Die Beschlüsse von 1926 wurden 1931 mit dem Westminster-Statut staatsrechtlich bestätigt. Daneben existierten im Empire weiterhin Kronkolonien und Protektorate.
II
Commonwealth of Nations
['kɔmənwelθ əv 'neɪʃnz], offizielle Bezeichnung für eine Staatengemeinschaft, die aus dem britischen Kolonialreich (British Empire) hervorgegangen ist. Im Westminster-Statut von 1931 wurde zunächst der Name British C. of N. verfassungsrechtlich festgelegt; im Zuge der Entkolonialisierung verstand sich die Gemeinschaft nicht mehr als »british« (britisch), sondern als »multiracial« (vielrassiges) C. of N. Es besteht aus Members of the Commonwealth, unabhängigen, gleichberechtigten und in freier Vereinigung verbundenen Staaten, in denen der britische Monarch entweder Staatsoberhaupt ist und durch einen Generalgouverneur vertreten wird (z. B. Kanada, Neuseeland, Australischer Bund) oder lediglich symbolisch als Haupt des C. of N. anerkannt ist (z. B. in den Republiken Indien, Bangladesh und in den Monarchien Malaysia, Tonga). Den unabhängigen Staaten des C. of N. steht der Austritt aus dem Verband jederzeit frei, sie können aber auch auf Beschluss der Commonwealthmitglieder ausgeschlossen werden (1995 Nigeria bei einer Aufrechterhaltung seiner Militärdiktatur für 1997 angedroht); eine gegenseitige Bündnispflicht besteht nicht. Die alle zwei Jahre stattfindenden Konferenzen der Staats- und Regierungschefs (Commonwealth-Konferenzen) dienen der Klärung gemeinsamer Probleme. Seit 1965 unterhalten die Mitgliedsländer in London ein koordinierendes Commonwealth-Sekretariat; eine zentrale Rolle übernahm das britische Ministerium für Auswärtiges und C.-Angelegenheiten. Entwicklungshilfe wird u. a. durch den Commonwealth Fund for Technical Corporation betrieben.
Britisches Reich und Commonwealth.
Mitglieder
(1995): Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland (samt abhängigen Gebieten), Antigua und Barbuda, Australischer Bund, Bahamas, Bangladesh, Barbados, Belize, Botswana, Brunei, Dominica, Gambia, Ghana, Grenada, Guyana, Indien, Jamaika, Kamerun, Kanada, Kenia, Kiribati, Lesotho, Malawi, Malaysia, Malediven, Malta, Mauritius, Namibia, Nauru, Neuseeland, Nigeria (Mitgliedschaft auf Beschluss des C. of N. 1995 für zwei Jahre ausgesetzt), Pakistan, Papua-Neuguinea, Saint Christopher and Nevis, Saint Lucia, Saint Vincent and the Grenadines, Salomoninseln, Sambia, Seychellen, Sierra Leone, Simbabwe, Singapur, Sri Lanka, Südafrika, Swasiland, Tansania, Tonga, Trinidad und Tobago, Tuvalu, Uganda, Vanuatu, Westsamoa, Zypern.
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Britisches Reich: Rule Britannia!
Großreiche: Kolosse auf tönernen Füßen?
britisch-französisches Ringen um die Vorherrschaft in der Welt (1700 bis 1815): Eine Insel auf dem Weg zur Weltmacht
Britisches Empire: Das erste britische Empire in Nordamerika
Indien (1526 bis 1857): Von den Moguln zu den Briten
Südafrika zwischen Niederländern und Briten (1652 bis 1840): Europäer am Kap
Indien: Indien unter britischer Herrschaft
Imperialismus: Kulturelle Mission oder Platz an der Sonne
Entkolonialisierung: Das Ende der Kolonialherrschaft und die Bewegung der Blockfreien
Universal-Lexikon. 2012.