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Guinea-Bissau
Gui|nea-Bis|sạu [gi… ]; -s:
Staat in Westafrika.

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Guinea-Bissạu
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 36 125 km2
 
Einwohner: (2000) 1,3 Mio.
 
Hauptstadt: Bissau
 
Amtssprache: Portugiesisch
 
Nationalfeiertag: 24. 9.
 
Währung: CFA-Franc
 
Zeitzone: 1100 Bissau = 1200 MEZ
 
[gi-], amtlich portugiesisch Repụ́blica da Guinẹ́-Bissạu [-gi-], deutsch Republik Guinea-Bissau, Staat in Westafrika, am Atlantischen Ozean, zwischen Senegal und Guinea, mit 36 125 km2 etwas größer als Baden-Württemberg, (2000) 1,3 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Bissau, Amtssprache Portugiesisch, Verkehrssprache ein kreolisches Portugiesisch (»Crioulo«). Währungseinheit ist der CFA-Franc. Zeitzone: Westeuropäische Zeit (1100 Bissau = 1200 MEZ).
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Die am 7. 7. 1999 in Kraft getretene Verfassung bestimmt Guinea-Bissau als präsidiale Republik und garantiert das mit der Verfassungsänderung von 1991 eingeführte Mehrparteiensystem (Aufhebung der bis dahin in der Verfassung von 1984 verankerten Monopolstellung der Staats- und Einheitspartei PAIGC [Partido Africano da Independência da Guiné e Cabo Verde]). Staatsoberhaupt ist der auf fünf Jahre direkt gewählte Präsident (einmalige Wiederwahl möglich). Trägerin der Legislative ist die Nationale Volksversammlung (Assembleia Nacional Popular), ein Einkammerparlament, dessen 102 Abgeordnete für eine Legislaturperiode von fünf Jahren gewählt werden (Wahlrecht ab dem 18. Lebensjahr). An der Spitze der Regierung steht der Premierminister, der vom Präsidenten ernannt wird.
 
Parteien:
 
Seit 1991 wurden zwölf Oppositionsparteien legalisiert. Zu den einflussreichsten Parteien neben dem PAIGC zählen die Resistência da Guiné-Bissau-Movimento Bafatá (RGB-MB) und der Partido da Renovação Social (PRS).
 
Wappen:
 
Das 1973 angenommene Wappen zeigt eine goldene Muschel, aus der Palmzweige sprießen; oben der schwarze Stern des PAIGC; Wahlspruch: »Unidade, Luta, Progresso« (»Einigkeit, Kampf, Fortschritt«).
 
Nationalfeiertage:
 
24. 9., der an die Ausrufung der unabhängigen Republik 1973 erinnert.
 
Verwaltung:
 
Guinea-Bissau ist in drei Provinzen mit acht Regionen gegliedert; die Hauptstadt Bissau bildet eine eigene Verwaltungseinheit. Alle wesentlichen Staatsfunktionen werden zentral wahrgenommen.
 
Recht:
 
Im Rechtssystem wurden die portugiesischen Gesetze übernommen, soweit diese mit der Verfassung des unabhängigen Guinea-Bissau in Einklang standen. Dem Obersten Gerichtshof nachgeordnet sind Regional- und Volksgerichte.
 
Streitkräfte:
 
Die Gesamtstärke der Wehrpflichtarmee (Rekrutierung nach Auswahlverfahren) beträgt etwa 8 500, die der paramilitärischen Kräfte (Gendarmerie) 2 000 Mann. Die Streitkräfte bestehen fast ausschließlich aus Heerestruppen, die v. a. in ein Panzerbataillon und vier Infanteriebataillone gegliedert sind. Die Ausrüstung an Großgerät umfasst hauptsächlich zehn ältere Kampfpanzer vom Typ T-34, 15 leichte Panzer, einige Kampfflugzeuge (MiG-17) und 13 Patrouillenboote.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Guinea-Bissau ist ein Flachland (30-40 m über dem Meeresspiegel). Seine 160 km lange Küste (mit ausgedehnten Wattzonen) ist durch tief ins Land eingreifende Ästuare und vorgelagerte Inseln (Bissagosinseln) gegliedert. In den Ästuaren sind die Gezeiten bis 100 km landeinwärts bemerkbar; der dadurch bewirkte Rückstau führt v. a. in der Regenzeit zu weiten Überschwemmungen. Die Mangroven- und Regenwälder des Küstengebiets gehen nach Osten in Feuchtsavanne über; das Gelände steigt im Südosten auf 300 m über dem Meeresspiegel an.
 
Klima:
 
Es herrscht randtropisches Klima mit einer Regenzeit von Mai bis Anfang November. Die Niederschläge, die zu Anfang und am Ende der Regenzeit in Gewittergüssen, im Juli und August in von den Südwestwinden herangebrachten starken Dauerregen fallen, erreichen Jahressummen von 2 300 mm im äußersten Süden und nehmen nach Norden auf 1 200 mm ab (Bissau und Bafatá im zentralen Teil um 1 600 mm). Die mittleren Temperaturmaxima (im April) liegen bei 26-28 ºC (absolute Maxima 40-41 ºC), die mittleren Minima (im Januar) bei 21 ºC (absolute Minima bei 11-15 ºC).
 
Bevölkerung:
 
Die einheimische Bevölkerung gehört zu etwa 25 Völkern und Stämmen. Die größte Bevölkerungsgruppe bilden die Balante (25 %); sie leben wie die Bidjogo in geschlossenen, kaum von anderen Stämmen durchsetzten Gebieten. Die Lebensräume der Fulbe (20 %), der Malinke (12 %) und der anderen Stämme sind durch Wanderungen und Überlagerung gekennzeichnet. Syrer und Libanesen sind v. a. Händler. Das jährliche Bevölkerungswachstum beträgt (1985-94) 2,1 %. In Städten leben 22 % der Bevölkerung; größte Stadt und Haupthafen ist Bissau (125 000 Einwohner).
 
Religion:
 
Die Religionsfreiheit ist durch die Verfassung garantiert. Über 50 % der Bevölkerung gehören traditionellen afrikanischen Religionen an; etwa 40 % bekennen sich als sunnitische Muslime der malikitischen Rechtsschule zum Islam, der v. a. im Osten und Süden des Landes verbreitetet ist. Die rd. 8 % Christen gehören überwiegend der katholischen Kirche (exemtes Bistum Bissau) an. Es besteht eine kleine protestantische Kirche (»Igreja Evangélica da Guiné«); die anglikanische Gemeinde gehört zur anglikanischen Kirche der Provinz Westafrika.
 
Bildungswesen:
 
Zwar besteht eine offizielle Schulpflicht vom 7. bis 13. Lebensjahr, tatsächlich besuchen aber nur unter 50 % der Jungen und Mädchen eine Primarschule. Bei weiterführenden Schulen (drei- oder sechsjährige Sekundarschule) liegt die Schulbesuchsquote bei unter 10 %. Die Analphabetenquote beträgt 66,4 %.
 
Publizistik:
 
Presse: 1991 wurden Gesetze im Sinne der Pressefreiheit erlassen. In der Hauptstadt erscheinen das Regierungs-Blatt »Nô Pintcha«, »Baguerra« (oppositionell), »Espresso-Bissau« und »Banobero« (unabhängig). - Nachrichtenagentur: Agência Noticiosa da Guiné (ANG). - Rundfunk: Die staatliche »Radiodifusão Nacional da República da Guiné-Bissau« verbreitet ein landesweites Hörfunkprogramm in portugiesischer Sprache und hat mit portugiesischer Unterstützung den Aufbau eines eigenen Fernsehens eingeleitet.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Das Agrarland Guinea-Bissau gehört, gemessen an seinem Bruttosozialprodukt je Einwohner von (1994) 240 US-$, zu den ärmsten Ländern der Erde. Der wirtschaftliche Aufschwung wird durch hohe Auslandsverschuldung (1993: 691,7 Mio. US-$) und raschen Preisverfall gehemmt. Die Inflationsrate lag im Zeitraum 1985-94 bei durchschnittlich 66 % pro Jahr.
 
Landwirtschaft:
 
1993 arbeiteten 77 % der Erwerbstätigen im Agrarbereich. Ackerbau und Viehhaltung dienen überwiegend der Selbstversorgung. Das Hauptnahrungsmittel Reis wird v. a. im niederschlagsreichen Süden und Westen angebaut. Im Osten dominieren Mais und Hirse neben Maniok, Süßkartoffeln und Gemüse. Exportprodukte sind Cashewnüsse, Palmkerne, Erdnüsse und Baumwolle. Die landwirtschaftlichen Erträge werden häufig durch Trockenheit und Heuschreckenschwärme dezimiert.
 
Forstwirtschaft:
 
Der Waldbestand, der noch ein Drittel der Landesfläche bedeckt, verringert sich zunehmend durch Brandrodung und Brennholzeinschlag (Holzeinschlag 1992: 572 000 m3).
 
Fischerei:
 
Die Fischereiwirtschaft ist in den letzten Jahren ausgebaut worden. Fanglizenzen wurden v. a. an Portugal, Spanien, Frankreich sowie Russland vergeben und stellen eine wichtige Devisenquelle dar. Die eigene Fangmenge an Meeresfischen betrug 1993 nur 5 100 t.
 
Bodenschätze:
 
Mit Ausnahme der Kohleförderung werden die Bodenschätze bisher kaum genutzt. Die umfangreichen Bauxit- und Phosphatlagerstätten werden wegen zu hoher Investitionskosten und unzureichender Infrastruktur noch nicht abgebaut. 1989 wurde im Offshorebereich mit Erdölbohrungen begonnen.
 
Industrie:
 
Das verarbeitende Gewerbe beschränkt sich auf die Weiterverarbeitung von Agrargütern wie Reis, Erdnüssen, Palmkernen, Baumwolle und Holz.
 
Außenwirtschaft:
 
Der Außenhandel ist seit der Unabhängigkeit Guinea-Bissaus 1973 durch eine negative Handelsbilanz gekennzeichnet (1993: Import 61,5 Mio. US-$; Export 16 Mio. US-$). Wichtigste Ausfuhrwaren sind Ölsaaten, Cashewnüsse, Erdnüsse, Palmkerne, Baumwolle und Fisch. Bedeutendster Handelspartner ist Portugal.
 
Verkehr:
 
Das Verkehrsnetz ist nur schwach entwickelt. Es gibt keine Eisenbahn; von den rd. 4 000 km Straßen sind nur rd. 15 % befestigt. Mit Ausnahme des Nordostens verfügt Guinea-Bissau jedoch über gute Binnenwasserstraßen. Die vier größten Flusshäfen und der wichtigste Seehafen Bissau wurden ausgebaut und modernisiert. Der internationale Flughafen Bissalanca befindet sich nahe der Hauptstadt Bissau.
 
 
Das Gebiet des heutigen Guinea-Bissau wurde 1446 von Portugiesen entdeckt. Bedeutende vorkoloniale Staaten sind nicht überliefert.
 
1588 errichteten Portugiesen die ersten Festlandsniederlassungen, 1687 gründeten sie Bissau. 1879 wurde das Gebiet als Portugiesisch-Guinea eigene Kolonie, 1951 Überseeprovinz (Hauptstadt: bis 1942 Boloma, danach Bissau), die 1955 Autonomie erhielt. 1956 gründeten antikoloniale Intellektuelle von den Kap-Verde-Inseln und aus Portugiesisch-Guinea die Afrikanische Unabhängigkeitspartei (Partido Africano da Independência da Guiné e Cabo Verde, Abkürzung PAIGC) für beide Länder. Nach der blutigen Niederschlagung eines Hafenarbeiterstreiks in Bissau am 3. 8. 1959 begann der PAIGC unter Führung L. Cabrals 1963 mit Unterstützung des Nachbarstaats Guinea einen Guerillakrieg gegen Portugal. Trotz Gegenoffensiven der Kolonialmacht konnte der PAIGC mit der Zeit größere Landesteile als »befreite Zonen« eigenständig verwalten und dort am 24. 9. 1973 die unabhängige Republik Guinea-Bissau ausrufen.
 
Vorsitzende des Staatsrates und damit Staatspräsident wurde L. Cabral. Nach der Revolution in Portugal (25. 4. 1974 erkannte die neue portugiesische Regierung am 10. 9. 1974 die staatliche Unabhängigkeit Guinea-Bissaus und von Kap Verde an, beide durch den PAIGC politisch eng miteinander verbunden. Außenpolitisch wandte sich Guinea-Bissau den westlichen Industriestaaten zu, besonders der Europäischen Gemeinschaft (1975 Beitritt zum Lomé-Abkommen). Die Furcht vor einer Vorherrschaft Kap Verdes in Partei (PAIGC) und Staat löste am 14. 11. 1980 einen Militärputsch einheimischer Offiziere gegen Präsident Cabral aus. Nach seinem Sturz übernahm J. B. Vieira (* 1939; als Guerillaführer bekannt unter dem Namen »Nino«) das Amt des Staatsratsvorsitzenden und Staatspräsidents; der PAIGC teilte sich, Kap Verde nahm seitdem eine eigenständige Entwicklung. Vieira, der 1981 auch die Funktion eines Generalsekretärs des PAIGC übernommen hatte, wurde 1984 als Staatschef bestätigt. Nach starkem internationalen Druck wurde 1991 ein Mehrparteiensystem verfassungsmäßig garantiert. Bei den Parlamentswahlen im Juli 1994 setzte sich die Regierungspartei und ehemalige Einheitspartei PAIGC nach massiver Behinderung der Opposition klar durch; bei den gleichzeitigen Präsidentschaftswahlen konnte sich in einem zweiten Wahlgang im August 1994 Amtsinhaber Vieira knapp behaupten. Der im Juni 1998 entbrannte Bürgerkrieg wurde im November 1998 durch ein Friedensabkommen beendet, das u. a. Wahlen im Herbst 1999 vorsah. Durch einen Militärputsch im Mai 1999 wurde Staatspräsident Vieira gestürzt und Malam Bacai Sanha (PAIGC) als Übergangspräsident eingesetzt. Bei den Parlamentswahlen im November 1999 setzten sich die oppositionellen Parteien PRS und RGB durch; aus den Präsidentschaftswahlen ging im Januar 2000 Kumba Yala (PRS) als Sieger hervor.
 
 
J. M. McCarthy: G.-B. and Cap Verde Islands. A comprehensive bibliography (New York 1977);
 T. Paulini: G.-B. Nachkoloniale Entwicklung eines Agrarstaates (1984);
 U. Schiefer: G.-B. zw. Weltwirtschaft u. Subsistenz (1986);
 Wolfgang Meier: Problematik sozialrevolutionärer Regime in der »dritten Welt«. Eine vergleichende Betrachtung der Entwicklungen in G.-B. (1974-1990) u. Nicaragua (1979-1990) (1993).

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Gui|nea-Bis|sạu; -s: Staat in Westafrika.

Universal-Lexikon. 2012.