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Wallis
Wạl|lis, das; -:
Schweizer Kanton.

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I
Wạllis
 
das, französisch Le Valais [lə va'lɛ], Kanton im Süden der Schweiz, 5 225 km2, (1999) 275 600 Einwohner (davon 16,6 % Ausländer); die Bevölkerung ist zu 60 % französisch-sprachig und überwiegend katholisch; Hauptstadt ist Sitten (Sion). Die Kantonsgrenzen zeichnen im Norden und Süden weitgehend das Einzugsgebiet der oberen Rhone (mit der steilen Abdachung der Berner Alpen und dem größten Teil der Walliser Alpen) bis zu deren Mündung in den Genfer See nach.
 
Recht:
 
Nach der Verfassung vom 8. 3. 1907 (zahlreiche Änderungen) liegt die Gesetzgebung beim Großen Rat (Grand Conseil), dessen 130 Mitglieder (wie deren Ersatzmänner) nach dem Proporzverfahren auf vier Jahre gewählt werden (Frauenstimmrecht seit 1970). Verfassungsänderungen und Gesetze unterliegen dem obligatorischen Referendum. 8 000 Stimmberechtigte können Gesetzesänderungen anbegehren. Exekutive ist der Staatsrat (Conseil d'État), der aus fünf Mitgliedern besteht und nach Majorzverfahren für jeweils vier Jahre gewählt wird; dabei ist mindestens ein Staatsrat aus dem oberen, dem unteren und dem mittleren Kantonsteil von den entsprechenden Wahlberechtigten zu wählen. Oberste Gerichte sind das Kantonsgericht, das Versicherungsgericht, die Strafkammer und das Verwaltungsgericht mit Sitz in Sitten.
 
Wappen:
 
Es zeigt das seit 1220 nachweisbare silbernrot gespaltene Wappen der Stadt Sitten und ist seit 1507 mit pfahlweise gestellten Sternen (seit 1815 insgesamt 13 für die gleiche Anzahl der Zenden oder Bezirke des Kantons) in rotsilbern gewechselten Farben belegt.
 
Landesnatur:
 
Der Kanton reicht vom Gotthardmassiv im Osten bis zum Montblanc- und Aiguilles-Rouges-Massiv im Wallis. Im Pfynwald bei Leuk verläuft die Sprachgrenze zwischen dem deutschen-sprachigen Oberwallis und dem französischen-sprachigen Mittel- und Unterwallis. Oberster Talabschnitt der hier Rotten genannten Rhone ist das Goms. Das mittlere Rhonetal ist auf seiner Südseite durch eine Vielzahl langer Seitentäler gekennzeichnet, von denen einige sich zu weltbekannten Fremdenverkehrsgebieten (z. B. Matter- und Saastal) entwickelt haben, andere, wie das Val d'Anniviers, das Val d'Hérémence und das Val de Bagnes, vorwiegend der Energiegewinnung dienen. Die Täler auf der Nordseite (bekannt ist das kultur- und volksgeschichtlich eigenständige Lötschental mit dem Fremdenverkehrsort Blatten) sind dagegen relativ kurz; die ausgeprägten Terrassen am Sonnenhang ab etwa 1 500 m über dem Meeresspiegel bieten günstige Voraussetzungen für den Fremdenverkehr (Rieder- und Bettmeralp im Goms; Crans-Montana). Das Unterwallis beginnt am Rhoneknie bei Martigny; es umfasst v. a. die westliche Talseite bis zum Genfer See und die anschließenden Savoyer Alpen mit dem Trienttal und dem Val d'Illiez.
 
Klima:
 
Das Wallis zählt zu den klimatisch begünstigten Regionen der Schweiz. Die von 3 000 bis über 4 000 m über dem Meeresspiegel hohen Bergen umrahmten Walliser Täler gehören ebenso wie das im Regenschatten liegende Haupttal der Rhone zu den niederschlagsärmsten und wärmsten Gebieten des Landes. Die Schneegrenze liegt erst bei 3 260 m über dem Meeresspiegel, Almweiden reichen bis in eine Höhe von 2 840 m über dem Meeresspiegel.
 
Bevölkerung:
 
Die neunjährige Schulpflicht umfasst sechs Jahre Primarschule und drei Jahre Orientierungsschule (OS), die in Real- und Sekundarabteilung oder in Leistungsgruppen (Niveaus) in den Hauptfächern Deutsch/Französisch/Mathematik aufgeteilt ist. Im Anschluss an die zweite OS-Klasse erfolgt der Übertritt ins fünfjährige Gymnasium, Typen A-E. Nach der OS können folgende Schulen besucht werden: Berufsvorbereitungsschule, Diplommittelschule, Handelsmittelschule, Landwirtschaftsschule, kaufmännische und gewerbliche Berufsschule. Im tertiären Bereich gibt es folgende Ausbildungsstätten: höhere Wirtschafts- und Verwaltungsschule, Ingenieurschule, Tourismusfachschule, höhere Fachschule für Wirtschaftsinformatik, Kunstschule, Konservatorium, sozialpädagogisches Ausbildungszentrum.
 
Wirtschaft:
 
Das Wallis hat in den letzten Jahrzehnten einen umfassenden wirtschaftlichen Strukturwandel erfahren. Von den (1995) 132 700 Erwerbstätigen gehören 11,9 % dem Agrarsektor an und 27,7 % dem Industriesektor. Aufgrund der Entwicklung des Tourismus stieg v. a. der Beschäftigtenanteil im Dienstleistungsbereich auf 60,4 % an. Mit einem Volkseinkommen je Einwohner von (1995) 31 913 sfr liegt das Wallis jedoch an letzter Stelle unter den 26 Kantonen (Schweiz: 45 276 sfr).
 
Die landwirtschaftliche Nutzfläche umfasst 113 458 ha (davon 23,1 % Ackerland und Wiesen, 8,5 % für Obst- und Weinbau, 68,4 % Almweiden). Infolge der Niederschlagsarmut spielt der Bewässerungsfeldbau eine bedeutende Rolle. Während in den Seitentälern der Rhone Milchviehhaltung im Rahmen der Almwirtschaft (stark rückläufig) betrieben wird, herrschen im Rhonetal Ackerbau, ferner Wein- (Walliser Weine) und Obstbau auf südexponierten Terrassen und Hängen vor. Die Rebfläche bildet das größte schweizerische Weinbaugebiet (rd. 57 % der schweizerischen Weinbaubetriebe befinden sich im Wallis). In den Obstanlagen werden auch plantagenähnliche Spezialkulturen (u. a. Aprikosen, Tomaten, Spargel) angebaut. Das große Potenzial an hydroelektrischer Energie (das Wallis erbringt rd. ein Drittel der schweizerischen Stromerzeugung) bildete die Grundlage zur Industrialisierung; hervorzuheben sind v. a. Metallverarbeitung, Maschinen- und Fahrzeugbau, chemische, Holz- sowie Nahrungsmittelindustrie. Große Bedeutung hat der Fremdenverkehr mit den Hauptzentren Saas Fee, Zermatt, Crans-Montana, Verbier, Champéry und dem Mineralbad Leukerbad sowie zahlreichen Sommerfrischen und Wintersportplätzen.
 
Verkehr:
 
Durch das Wallis führen die Eisenbahnlinien Paris-Lausanne-Simplon-Mailand sowie Bern-Lötschberg-Simplon-Mailand, ferner die Furka-Oberalp-Bahn von Brig-Glis nach Disentis. Straßenpässe bilden Teile wichtiger internationaler (Simplon, Großer Sankt Bernhard und Col de la Forclaz) und nationaler Verkehrsverbindungen (Nufenenpass, Furka, Grimsel).
 
Geschichte:
 
Das Gebiet des heutigen Kantons wurde 25 v. Chr. von den Römern erobert und gehörte später zur Provinz Raetia. Mitte des 5. Jahrhunderts drangen Burgunder ins Unterwallis ein, Alemannen siedelten sich später im Oberwallis an (Walser). König Rudolf III. von Burgund (✝ 1032) verlieh die damalige Grafschaft Wallis 999 dem Bischof von Sitten, der bei der Vereinigung Burgunds mit dem Heiligen Römischen Reich Lehnsmann des Kaisers wurde und sich wenig später gegen das im Unterwallis begüterte Savoyen durchzusetzen hatte. Den ihn in diesem Kampf unterstützenden sieben Zenden (bäuerliche Gemeindeorganisationen im Oberwallis) wurden Anfang des 14. Jahrhunderts umfangreiche Rechte zugestanden. 1475-77 eroberten sie das bis dahin savoyische Unterwallis und verwalteten es bis 1798 als gemeine Herrschaft. 1416 wurde das Wallis zugewandter Ort der Eidgenossenschaft. Im 16. Jahrhundert erzwangen die Zenden ihre Unabhängigkeit vom Bischof; der reformierte Glaube wurde unter dem Einfluss der katholischen Orte Anfang des 17. Jahrhunderts zurückgedrängt. Durch Napoleon Bonaparte wurde das Wallis nach der Eroberung durch französische Revolutionstruppen 1802 zur unabhängigen Republik (Freistaat) erklärt, 1810 zum französischen »Département du Simplon«. 1814 wurde das Wallis Kanton der Eidgenossenschaft; 1845-47 war es Mitglied des Sonderbunds.
 
Literatur:
 
Das Oberwallis im Bild, hg. v. L. Imesch, 3 Bde. (Brig 1-21980-83);
 L. Carlen u. J.-M. Biner: Kultur des W. im MA. (ebd. 1981);
 J.-M. Biner: Kultur des W. 1500-1800 (ebd. 1984);
 J. Mathieu: Eine Agrargesch. der inneren Alpen: Graubünden, Tessin, W. 1500-1800 (Zürich 1992);
 A. Cordonier: Das W. im Buch. Bibliograph. Führer (Sitten 1995).
 
II
Wallis
 
['wɔlɪs],
 
 1) George Augustus, Maler schottischer Herkunft, * Merton (heute zu London) 15. 2. 1770, ✝ Florenz 15. 3. 1847; lebte ab 1786 meist in Italien, u. a. 1794-1806 in Rom, wo er sich mit A. J. Carstens anfreundete. Von ihm angeregt, malte er seine romantischen »Ossian-Landschaften«, die Madame de Staël in ihrem Roman »Corinna oder Italien« beschreibt. 1812 malte Wallis Ansichten des Heidelberger Schlosses.
 
 2) John, englischer Mathematiker, * Ashford 3. 12. 1616, ✝ Oxford 8. 11. 1703; studierte in Cambridge Philosophie und Theologie, anschließend im Selbststudium Mathematik und erhielt 1649 eine Professur für Geometrie in Oxford, offensichtlich in Zusammenhang mit seiner Dechiffrierkunst, die er weiterhin zur Entzifferung von Geheimkorrespondenz für die Regierung einsetzte. Wallis war auch ein Mitbegründer der Royal Society. Seine Hauptarbeitsgebiete betrafen die Algebra, Geometrie und Infinitesimalmathematik.
 
Ausgabe: Opera mathematica, 3 Bände (1693-99, Nachdruck 1972).
 
Literatur:
 
C. J. Scriba: Studien zur Mathematik des J. W. (1966);
 J. F. Scott: The mathematical work of J. W. (New York 21981).
 
 3) Samuel, britischer Seefahrer, * Fentonwoon (Cornwall) 1728, ✝ London 21. 1. 1795; segelte 1766 von Plymouth aus mit P. Carteret über Madeira durch die Magellanstraße in den Pazifik, um den Südkontinent aufzufinden. 1767 entdeckte er unbekannte Inselgruppen (u. a. Teile der Gesellschaftsinseln, darunter Tahiti) und gelangte nach Batavia (Jakarta); reiste 1768 auf der Kaproute zurück; schrieb ein Reisetagebuch.
 

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Wạl|lis, das; -: Schweizer Kanton.

Universal-Lexikon. 2012.