Goldküste (veraltet)
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Gha|na ; -s:
Staat in Afrika.
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I Ghana,
Fläche: 238 537 km2
Einwohner: (2000) 19,5 Mio.
Hauptstadt: Accra
Amtssprache: Englisch
Nationalfeiertage: 6. 3. und 1. 7.
Zeitzone: 1100 Accra = 1200 MEZ
amtlich englisch Republic of Ghana [rɪ'pʌblɪk əf 'gɑːnə], deutsch Republik Ghana, Staat in Westafrika, am Golf von Guinea zwischen der Republik Elfenbeinküste im Westen, Burkina Faso im Norden und Togo im Osten, 238 537 km2, (2000) 19,5 Mio. Einwohner. Hauptstadt ist Accra, Amtssprache Englisch; Verkehrssprachen sind Twi, Fanti, Ga, Ewe und Dagbani; Währung: 1 Cedi (C̸) = 100 Pesewas (p). Uhrzeit: 1100 Accra = 1200 MEZ.
Staat und Recht:
Nach der am 7. 1. 1993 in Kraft getretenen Verfassung (am 28. 4. 1992 durch Referendum gebilligt) ist Ghana eine präsidiale Republik Staatsoberhaupt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte und oberster Inhaber der Exekutive (Regierungschef) ist der mit weit reichenden Vollmachten ausgestattete Präsident. Er wird auf 4 Jahre direkt gewählt (einmalige Wiederwahl möglich). Erzielt im ersten Wahlgang keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit, so findet im zweiten Wahlgang eine Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Bewerbern statt. Der Präsident ernennt den Vizepräsidenten und die übrigen Mitglieder des Kabinetts, die vom Parlament bestätigt werden müssen. Die Legislative liegt beim Einkammerparlament, dessen 200 Abgeordnete für 4 Jahre nach Mehrheitswahlrecht gewählt werden. Der Staatsrat (25 die Regionen repräsentierende Mitglieder, die vom Präsidenten ernannt werden) und der aus Angehörigen der Streitkräfte sowie ehemaligen Regierungsmitgliedern bestehende Nationale Sicherheitsrat sind Beratungsorgane des Staatsoberhauptes. Die neue Verfassung fixiert ein Mehrparteiensystem mit strikter Gewaltenteilung und garantiert allgemeine Menschen-, Freiheits- und Bürgerrechte.
Parteien:
Einflussreichste der erst seit dem 18. 5. 1992 offiziell wieder zugelassenen Parteien sind die New Patriotic Party (NPP), der National Democratic Congress (NDC), der Peoples National Convention (PNC) sowie die Peoples Convention Party (PCP).
Das Wappen zeigt im Schild ein mit dem britischen Löwen belegtes Georgskreuz (Symbol für die Zugehörigkeit zum Commonwealth), die Bilder in den vier Ecken stehen für die örtliche Verwaltung (»Sprachkennerstab« und Zeremonialschwert), die Staatsgewalt (Festung über See) und die wirtschaftliche Grundlage des Landes (Kakaobaum und Goldförderanlage); über dem Schild und um die Hälse der schildhaltenden Adler der schwarze Leitstern der afrikanischen Freiheit, unter dem Schild Spruchband mit der Inschrift »Freedom and Justice« (»Freiheit und Gerechtigkeit«).
Nationalfeiertage:
6. 3., zur Erinnerung an die Erlangung der Unabhängigkeit 1957; daneben wird der 1. 7. als »Tag der Republik« begangen.
Ghana besteht aus zehn Regionen, untergliedert in 112 Verwaltungsbezirke.
Das Rechtssystem basiert auf englisches Recht und wurde nationalen Rechtsgewohnheiten angepasst. Die Gerichtsbarkeit wird in oberster Instanz vom Obersten Gerichtshof, dem Appellationsgericht und dem Verfassungsgericht ausgeübt. Darunter existieren Bezirks-, Distrikts- und örtliche Gerichte. Außerhalb der Gerichtsorganisation stehen »Public Tribunals«, die bestimmte Straftaten wie u. a. Diebstahl, Unterschlagung und Korruption verhandeln, deren Urteile mit Rechtsmitteln jedoch nicht angegriffen werden können. Besonders auf dem Lande wird im Eigentums- und Familienrecht vielfach Gewohnheitsrecht angewandt.
Die Gesamtstärke der Freiwilligenarmee beträgt etwa 6 000, die der paramilitärischen Kräfte (Volksmiliz und Präsidentengarde) rd. 5 000 Mann. Das Heer - im Wesentlichen in zwei Infanteriebrigaden gegliedert - hat 4 300 Soldaten, die Marine 800 und die Luftwaffe 900 Mann. Die Ausrüstung umfasst neben leichten Waffen 6 Spähpanzer, 6 leichte Kampfflugzeuge und 4 Schnellboote.
Landesnatur und Bevölkerung:
An die über 500 km lange, weitgehende Ausgleichsküste mit Lagunen und die etwa 30 km breite Küstenebene schließen sich Hochebenen an, die im Südosten vom Akwapimrücken (zwischen Accra und dem Volta; etwa 200 m über dem Meeresspiegel) und vom Togo-Atakora-Gebirge (östlich des unteren Volta und des Oti; bis 876 m über dem Meeresspiegel) überragt werden. Den zentralen Teil des Landes nimmt das Hügelland von Ashanti (bis 788 m über dem Meeresspiegel) ein, den gesamten Norden das Voltabecken, das durch markante Schichtstufen begrenzt ist und durch die Nebenflüsse des Volta in mehrere Plateaus gegliedert wird. Der Volta entwässert mit seinen Quell- und Nebenflüssen zwei Drittel des Landes. Durch den Bau des Staudamms von Akosombo rd. 100 km nordöstlich von Accra entstand mit 8 482 km2 Fläche der größte Stausee der Erde (Volta, Stauseen, Übersicht).
Ghana hat tropisches Klima mit zwei Regenzeiten im Süden (Mai/Juni und Oktober/November) und einer Regenzeit im Norden (Juli bis September); jährliche Niederschläge im Süden rd. 1 500 mm (im westlichen Küstenabschnitt um 2 200 mm, um Accra 750 mm), im Norden 1 000-1 200 mm. Die monatlichen Durchschnittstemperaturen liegen an der Küste zwischen 24 ºC (August) und 27,5 ºC (März/April), im Norden zwischen 25º C und 31 ºC; im Norden variieren jedoch die Temperaturen im mittleren Tagesgang zwischen 23 ºC und 33 ºC. Die relative Luftfeuchtigkeit liegt an der Küste um 80 % (sie sinkt nur in der Trockenzeit nachmittags auf 65-75 %), im Norden bei 60-70 % in der Regen- und 35 % tagsüber in der Trockenzeit (nachts auch dann 75 %). Im Norden weht während der Trockenzeit der trocken-heiße Harmattan aus der Sahara.
Auf einen schmalen Saum mit Strand- und Lagunenvegetation (nur im Voltadelta Mangrove) folgen Küstendickicht und Küstengrasland, an das sich ein von Wald geprägtes Gebiet (das südwestliche Dreieck des Landes mit immergrünem tropischen Regenwald und regengrünem Feuchtwald) und dann die verschiedenen Savannen anschließen.
Sie besteht aus über 100 Stammesgruppen, die mehr als 75 afrikanische Sprachen und Dialekte sprechen. Die größte Gruppe bilden die Akan (Ashanti, Fante u. a., insgesamt 52 % der Einwohner). Die Ewe (12 %) leben im Osten (und in Togo). Im Norden wohnen Mosi (16 %), Dagomba u. a. (12 %), außerdem Hausa, Fulbe, Mande u. a. Etwa 2 Mio. Ghanaer leben im Ausland. Die traditionelle Sozialordnung der Stämme löst sich (besonders im Süden) allmählich auf. Die Sozialstruktur Ghanas zeigt eine verhältnismäßig breite wohlhabende und gebildete Mittelschicht. Das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum beträgt (1985-94) 3,1 %. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte beträgt 82 Einwohner je km2, sie ist im Norden erheblich geringer als in der Küstenregion; die stärkste Bevölkerungs-Konzentration weist die Region um die Hauptstadt Accra mit 487 Einwohner je km2 auf. Die städtische Bevölkerung beträgt (1994) 36 %. Die Hauptstadt Accra hatte 1994 als Agglomeration (Accra-Tema) 1,9 Mio. Einwohner; Kultur- und Bildungszentrum ist die Provinzhauptstadt Kumasi mit 385 200 Einwohnern; weitere Großstädte sind Tamale (151 100 Einwohner) und Sekondi-Takoradi (103 600 Einwohner).
Alle Religionsgemeinschaften sind rechtlich gleichgestellt. Über 60 % der Bevölkerung sind Christen: rd. 13 % gehören der katholischen Kirche an, rd. 25 % verschiedenen protestantischen Kirchen und Gemeinschaften (Presbyterianer, Pfingstkirchen, Adventisten, Methodisten u. a.), rd. 20 % unabhängigen Kirchen, rd. 2 % der anglikanischen Kirche (Provinz Westafrika). Rd. 16 % sind sunnitische Muslime der malikitischen Rechtsschule. Neben ihnen hat die Mission der Ahmadija-Bewegung erfolgreich in Ghana Fuß gefasst (v. a. unter den Dagomba). Etwa 20 % der Bevölkerung bekennen sich zu den traditionellen afrikanischen Religionen, wobei jedoch der Anteil derer, die auch als Christen oder Muslime weiterhin bestimmte Formen traditioneller afrikanischer Religiosiät pflegen, weitaus höher ist.
Offiziell besteht zehnjährige Schulpflicht für Sechs- bis Sechzehnjährige (sechs Jahre Grundschule, sieben Jahre Sekundarschule, davon vier Jahre obligatorisch). Neben dem staatlichen Schulwesen existieren Privatschulen, die aus früheren Missionsschulen hervorgegangen sind. Darüber hinaus gibt es weiterführende Schulen besonders für Berufs- und Lehrerbildung. Die Analphabetenquote beträgt 33,6 %. Ghana hat drei wissenschaftliche Hochschulen: University of Ghana, nördlich von Accra in Legon bei Achimota (als College 1948 gegründet, Universitätsstatus seit 1961), University of Science and Technology, Kumasi (als College 1951 gegründet, Universitätsstatus seit 1961) und das University College of Cape Coast (gegründet 1962).
Presse: In der neuen Verfassung ist Presse-, Medien- und Meinungsfreiheit verankert. Die meisten Zeitungen und Zeitschriften erscheinen in staatlichen Verlagsunternehmen, in Accra u. a. »The Ghanaian Times«, die Abendzeitung »People's Daily Graphic« und eine Reihe von Zeitschriften; wichtigste Monatszeitschrift ist die oppositionelle »African Flamingo«. - Nachrichtenagentur: »Ghana News Agency/GNA« (gegründet 1957), Sitz: Accra. - Rundfunk: Die öffentlich-rechtliche »Ghana Broadcasting Corporation/GBC« (gegründet 1935) verbreitet zwei landesweite Hörfunkprogramme in Englisch und sechs Landessprachen sowie in Französisch, außerdem seit 1965 ein landesweites Fernsehprogramm. Eine ohne offizielle Genehmigung auf Sendung gegangene Rundfunkgesellschaft wurde gewaltsam geschlossen und durfte auch nach Protesten zunächst nicht wieder senden.
Wirtschaft und Verkehr:
Anfang der 1960er-Jahre war Ghana das reichste Land Westafrikas, hat aber infolge politische Instabilität, staatliche Misswirtschaft und zu niedriger Erzeugerpreise in der Landwirtschaft sowie langer Dürreperioden viel von seiner Wirtschaftskraft verloren. In einem Strukturanpassungsprogramm, das unter der Aufsicht von IWF und Weltbank steht, werden v. a. Bereiche des Agrarsektors gefördert (Bewässerung, Infrastruktur, Vermarktung) mit dem Ziel, landwirtschaftliche Erzeugnisse zur Selbstversorgung der Bevölkerung und als Exportgüter zu produzieren. Zwar stieg das Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von (1986) 320 US-$ auf (1994) 430 US-$, jedoch müssen bei einer Auslandsverschuldung von (1992) 4,3 Mrd. US-$ 27 % der Exporteinnahmen für den Schuldendienst aufgewendet werden. Auch eine Inflationsrate von jährlich 28 % im Zeitraum von 1985-94 dämpft die wirtschaftliche Entwicklung. Die Einführung einer Mehrwertsteuer in Höhe von 17,5 % musste von der Regierung zurückgenommen werden, weil sie Preissprünge bis zu 300 % verursacht hatte. Zur Konsolidierung des Staatshaushaltes werden seit 1994 Aktien von Staatsbetrieben verkauft. Zudem wurden für ausländische Investoren zahlreiche Anreize und Sicherheitsgarantien geschaffen.
Der Agrarbereich ist der wichtigste Wirtschaftszweig, in dem knapp die Hälfte der Erwerbstätigen arbeiten. Wichtigstes Anbau- und Ausfuhrprodukt ist Kakao. Ghana hatte 1992 bei einer Erntemenge von 300 000 t einen Weltmarktanteil von 12 % und lag hinter der Republik Elfenbeinküste und Brasilien an dritter Stelle. Das Hauptanbaugebiet liegt westlich und östlich von Kumasi in der Waldzone. Wichtigste Anbauprodukte als Grundnahrungsmittel sind neben Gemüse und Hülsenfrüchten v. a. Mais, Maniok, Jamswurzel, Taro, Hirse, Reis und Bananen. Wegen wechselhafter Witterungsbedingungen ist eine dauerhafte Selbstversorgung aber nicht sichergestellt. Die Viehwirtschaft (v. a. Rinder, Schafe, Ziegen) ist wegen häufiger Dürreperioden und der Verbreitung der krankheitsübertragenden Tsetsefliege im Wesentlichen auf die nördliche Savanne und den Raum um Accra beschränkt.
1991 waren noch 35 % der Landesfläche von Ghana bewaldet. Jedoch stellt die zunehmende Waldrodung eine Gefahr für das ökologische Gleichgewicht des Landes dar. Neben der Gewinnung von Nutz- und Brennholz (1991: 1,6 Mio. m3 beziehungsweise 11 Mio. m3) werden große Waldflächen zur Erschließung neuer landwirtschaftlicher Anbauflächen abgeholzt oder durch Brandrodung zerstört.
Bei einer Küstenlänge von über 500 km und 10 000 km2 Binnengewässern (v. a. Voltastausee) verfügt Ghana über ein großes Fischfangpotenzial. 1991 betrug die Fangmenge 365 000 t (davon 16 % Süßwasserfische).
An mineralischen Rohstoffen verfügt Ghana neben Gold und Diamanten auch über Manganerze und Bauxit. Der Bergbau, v. a. die Goldgewinnung, hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Über 90 % des geförderten Goldes stammen aus dem Untertagebau im westlichen Ashanti. Im Zeitraum von 1987-92 wurde die Fördermenge auf 31 t Gold verdreifacht. Die Zentren der Diamantengewinnung liegen nördlich von Axim und bei Oda in Südghana.
Die Energiewirtschaft basiert weitgehend auf den Wasserkraftwerken Akosombo und Kpong am Volta. Dennoch entfallen 30 % der Importausgaben auf Erdölprodukte.
Hauptstandorte des produzierenden Gewerbes sind Accra, die Hafenstädte Tema (neben der Aluminiumhütte u. a. Erdölraffinerie) und Sekondi-Takoradi sowie im Landesinnern Kumasi. Das Schwergewicht liegt im Textil- und Nahrungsmittelgewerbe sowie auf Aluminiumverhüttung und Holzverarbeitung. Im Waldgebiet des Südwesten arbeiten Sägewerke und große Furnier- und Sperrholzfabriken.
Neben der Küstenzone mit Badestränden und zahlreichen Wassersportmöglichkeiten gibt es eine Vielzahl historischer Sehenswürdigkeiten, wie z. B. Festungen, von denen einst Sklaven verschifft wurden, und Schlösser der Kolonialzeit, von denen mehrere Objekte von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt wurden. 1992 kamen 200 000 Besucher nach Ghana.
Da der Anteil des Kakaos am Gesamtexport von (1986) 65 % auf (1992) 31 % zurückgegangen ist und die Handelsbilanz auch durch die Ausfuhr von Metallen und Metallwaren (30 %) und Holz (13 %) nicht ausgeglichen werden konnte, gibt es seitdem einen deutlichen Einfuhrüberschuss (1992: Einfuhr 1,6 Mrd. US-$; Ausfuhr 1,07 Mrd. US-$). Wichtigste Außenhandelspartner sind Großbritannien, Deutschland, die USA und die Niederlande.
Verkehr:
Das Verkehrsnetz ist zwar relativ dicht, die Einrichtungen und Betriebsmittel sind aber zum Teil in einem schlechten Zustand. Das 953 km lange Eisenbahnnetz beschränkt sich auf den südlichen Landesteil und verbindet die drei wichtigsten Städte Accra, Kumasi und Sekondi-Takoradi. Nur 7 500 km des 38 000 km langen Straßennetzes sind befestigt. Über die Ost-West-Fernstraße von Lomé (Togo) über Accra und Kumasi nach Abidjan (Republik Elfenbeinküste) ist Ghana an das afrikanische Fernstraßennetz angeschlossen. Binnenschifffahrt gibt es v. a. auf dem Voltasee. Tiefwasserhäfen sind Takoradi (Export von Kakao, Holz, Bergbauprodukten u. a.) und Tema (Einfuhrhafen). Internationaler Flughafen ist Kotoka bei Accra.
Seit etwa 1200 wanderten Völker der Akan-Sprachgruppe (Akan) in das heutige Ghana ein. 1471 erreichten portugiesische Seefahrer die Küste; in der Folgezeit unterhielten dort Portugiesen (bis 1624), Engländer (seit 1553), Niederländer (1612-1871), Dänen (1658-1850) und der Kurfürst von Brandenburg (Groß-Friedrichsburg; 1683-1717) befestigte Handelsstützpunkte an der »Goldküste«. Haupthandelsobjekt war der aus dem Hinterland stammende Goldstaub. Größere Bedeutung erlangte im 18. Jahrhundert der Handel mit Sklaven, die im Hinterland durch Kriegszüge, v. a. der Ashanti, eingefangen und dann durch Zwischenhändler aus den Küstenorten an die Europäer verkauft wurden. Nach dem Verbot des Sklavenhandels durch das Londoner Parlament 1807 übernahm die britische Regierung schrittweise direkte Verwaltungsfunktionen und proklamierte 1850 die Kolonie Goldküste, während einige Fürsten (Chiefs) der zwischen Küste und Ashanti sesshaften Fanti versuchten, von 1844 bis nach 1870 in einer Konföderation, die einige Elemente europäischer Staats- und Rechtsordnung übernahm, eine selbstständige Entwicklung unter britischem Schutz einzuleiten. 1863-1901 führte die britische Kronkolonie Goldküste mehrere Kriege gegen die Ashanti, bis deren Land und weiter nördlich gelegene Gebiete als »Protektorate« eingegliedert werden konnten. Nach Übernahme der verbliebenen niederländischen und dänischen Küstenplätze, nach Grenzverträgen mit Frankreich (1898) und dem Deutschen Reich (1899) sowie der Übernahme West-Togos als Völkerbundsmandat (1922) war die Grenze des heutigen Ghanas gezogen.
Schon vor 1939 und während des Zweiten Weltkriegs drängten Chiefs und einheimische Intellektuelle auf Zulassung von Afrikanern zu höheren Verwaltungsämtern und auf innere Autonomie der Kolonie. 1947 entstand als politische Partei mit dem Fernziel der Unabhängigkeit die »United Gold Coast Convention« (UGCC) unter J. K. K. B. Danquah (* 1894, ✝ 1965), der auch vorschlug, die Goldküste in Ghana umzubenennen. Die UGCC berief aus London K. Nkrumah zu ihrem Generalsekretär. Während eine rein afrikanische Kommission 1958 eine Autonomieverfassung entwarf, brach Nkrumah mit der UGCC, gründete die aktivistische »Convention People's Party« (CPP) und forderte die sofortige Selbstregierung. Nach einem CPP-Wahlsieg wurde Nkrumah 1951 erster Premierminister, 1954 erhielt die Goldküste Autonomie. Am 6. 3. 1957 wurde das Land als Ghana unabhängig, am 1. 7. 1960 Republik (mit Nkrumah als Präsident), verblieb jedoch im Commonwealth.
In den folgenden Jahren entwickelte Nkrumah in Ghana ein diktatorisches, von einem Kult um seine Person bestimmtes Regierungssystem, das er 1964 im Rahmen einer neuen Verfassung als Einparteiensystem organisierte (Erhebung der CCP zur Einheitspartei). Seit 1961 suchte er sozialistische Vorstellungen zu verwirklichen (Ausweitung des Staatssektors in der Wirtschaft, Wirtschaftsplanung nach sowjetischem Vorbild), ließ aber den Kakaoanbau (besonders in seiner Funktion als Schlüsselbereich für die Devisenbeschaffung) in Privathand. Private Auslandsinvestitionen sollten v. a. die Industrialisierung Ghanas vorantreiben. Außenpolitisch leitete er eine antiwestliche, panafrikanisch bestimmte Politik ein, die sich auf die Bildung einer Unionsregierung für das ganze entkolonisierte Afrika richtete; mit diesem Programm blieb Nkrumah in der 1963 gegründeten OAU isoliert. Mehrere afrikanische Regierungen, besonders die der Nachbarstaaten Togo und Elfenbeinküste, beschuldigten Ghana der Unterstützung von Umsturzbewegungen in ihren Ländern. Wirtschaftskrisen (u. a. Staatsverschuldung, Versorgungsengpässe, Arbeitslosigkeit) sowie der Argwohn führender Offiziere und Beamter über eine bevorstehende Umgestaltung der Gesellschaft im kommunistischen Sinne führten im Februar 1966 zum Sturz Nkrumahs durch einen Militärputsch; die CCP wurde aufgelöst.
Ein Befreiungsrat übergab 1969 nach demokratischen Wahlen die Regierung an K. A. Busia, den Vorsitzenden der siegreichen Progressive Party. Unter seiner Führung setzte Ghana die 1966 eingeleitete, an Hilfe aus den Industriestaaten der westlichen Welt orientierte Politik fort, die jedoch scheiterte. Nach dem Sturz der Regierung Busia durch einen erneuten Militärputsch im Januar 1972 versuchte der neue Staatschef Oberst Ignatius K. Acheampong (* 1931, hingerichtet 1979) ein Regierungssystem ohne Parteien einzuführen. Ein Sparprogramm, das der wirtschaftlich schwierigen Lage Rechnung tragen sollte, löste 1977 Unruhen aus. Unter dem Druck der Streitkräfte trat Acheampong 1978 zurück. 1979 übernahm nach einem Militärputsch Leutnant J. Rawlings die Regierung und ließ mehrere der früheren Staatschefs unter dem Vorwurf der Korruption hinrichten, übergab jedoch nach Parlamentswahlen im selben Jahr die Macht an eine zivile Regierung unter Hilla Limann (* 1934), den Führer der People's National Party (PNP). Um die Jahreswende 1981/82 putschte Rawlings erneut; nach zunächst diktatorischer Herrschaft leitete er Anfang der 1990er-Jahre ein wirtschaftliches Sanierungsprogramm und eine allmähliche Demokratisierung ein. 1992 wurden nach einem Verfassungs-Referendum politische Parteien legalisiert und grundlegende Menschenrechte garantiert. Die ersten Präsidentschaftswahlen seit dem Militärputsch 1981/82 bestätigten im November 1992 Rawlings im Amt des Staats- und Regierungschefs (Wiederwahl Dezember 1996). Stärkste politische Kraft wurde bei den Parlamentswahlen 1992 (Boykott durch die Oppositionsparteien) und 1996 der NDC. Im Februar 1994 kam es im Norden des Landes wegen des unterschiedlichen Rechts auf Landerwerb zu blutigen Stammeskonflikten mit Tausenden von Toten. Da Rawlings bei den Wahlen im Dezember 2000 nicht mehr kandidieren konnte, wurde der ehemalige Oppositionspolitiker John Kufuor (NPP) zu seinem Nachfolger gewählt. Bei den gleichzeitig abgehaltenen Parlamentswahlen wurde die NPP stärkste Partei.
K. B. Dickson: A historical geography of G. (London 1969);
K. B. Dickson: A new geography of G. (ebd. 1970);
F. Ansprenger u. a.: Die polit. Entwicklung G.s von Nkrumah bis Busia (1972);
I. Wilks: Asante in the nineteenth century (London 1975);
J. Lühring: Urbanisierung u. Entwicklungsplanung in G. (1976);
L. Reuke: Befreier oder Erlöser? Militär u. Entwicklung in G. (21977);
K. Arhin: West African traders in G. in the nineteenth and twentieth centuries (London 1979);
C. Mahn: Period. Märkte u. zentrale Orte. Raumstrukturen u. Verflechtungsbereiche in Nord-G. (1980);
S. von Gnielinski: G. (1986);
W. Thomi: Struktur u. Funktion des produzierenden Kleingewerbes in Klein- u. Mittelstädten G.s (1988);
Political parties and democracy in Ghana's Fourth Republic, hg. v. K. A. Ninsin u. a. (Accra 1993).
II
Ghana,
ehemaliges westafrikanisches Reich, Gana.
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Gha|na; -s: Staat in Afrika.
Universal-Lexikon. 2012.