Akademik

Somalia
So|ma|lia; -s:
Staat in Ostafrika.
Dazu:
So|ma|li|er, der; -s, -;
So|ma|li|e|rin, die; -, -nen;
so|ma|lisch <Adj.>.

* * *

Somalia,
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 637 657 km2
 
Einwohner: (2000) 11,53 Mio. Einwohner.
 
Hauptstadt: Mogadischu
 
Amtssprache: Somali
 
Nationalfeiertage: 26. 6. und 1. 7.
 
Währung: 1 Somalia-Schilling (So. Sh.) = 100 Centesimo (Cnt.)
 
Zeitzone: 1400 Mogadischu = 1200 MEZ
 
amtliche Namen: Somali Jamhuuriyadda Soomaaliya [dʒam-], arabisch Al-Djumhurijja as-Somalijja [-dʒum-], deutsch Republik Somalia, Staat in Nordostafrika, auf der Somalihalbinsel, grenzt im Norden an den Golf von Aden, im Osten an den Indischen Ozean, im Südwesten und Westen an Kenia, im Westen an Äthiopien, im Nordwesten an Djibouti, 637 657 km2, (2000) 11,53 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Mogadischu, Amtssprache Somali. Währung: 1 Somalia-Schilling (So.Sh.) = 100 Centesimo (Cnt.). Uhrzeit: 1400 Mogadischu = 1200 MEZ.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Die Verfassung von 1979, nach der Somalia eine präsidiale Republik mit Einparteiensystem war, wurde im Januar 1991 außer Kraft gesetzt. Aufgrund andauernder Machtkämpfe zwischen rivalisierenden Rebellenbewegungen und -milizen existierten bis zum Sommer 2000 weder Parlament und Regierung noch sonstige handlungsfähige staatliche Strukturen. Nach mehreren erfolglosen Versöhnungskonferenzen einigten sich 26 Milizenführer am 22. 12. 1997 auf die Bildung eines Übergangsparlaments und eines 13-köpfigen Präsidialrats, der unter Vorsitz des Ministerpräsidenten als Interimsregierung agieren und einen Präsidenten wählen sollte. Die Präsidentenwahl erfolgte, nachdem ihre Realisierung mehrfach verschoben worden war, im August 2000 in Djibouti. Im Oktober setzte der neu gewählte Präsident in Mogadischu die von ihm ernannte Regierung in ihr Amt ein.
 
Parteien:
 
Wichtigste der stark von Volksgruppen und Clans beeinflussten Rebellenbewegungen sind: Somali National Alliance (SNA), Somali Salvation Alliance (SSA), United Somali Congress (USC), Somali National Front (SNF), Somali Salvation Democratic Front (SSDF) und Somali People's Democratic Union (SPDU).
 
Wappen:
 
Das Wappen zeigt im hellblauen, mit einer Mauerkrone versehenen Schild einen weißen, fünfstrahligen Stern; unter dem Schild je zwei flach gekreuzte Speere und Palmenzweige, drapiert mit einem Band. Als Schildhalter dienen zwei Leoparden.
 
Nationalfeiertage:
 
Nationalfeiertage sind der 26. 6. (Unabhängigkeitstag) sowie der 1. 7. (Staatsgründungstag).
 
Verwaltung:
 
Somalia ist in 18 Regionen mit 84 Bezirken gegliedert.
 
Recht:
 
Das Recht entwickelte sich unter italienischem, britischem, traditionellem und islamischem Einfluss. Infolge des Bürgerkrieges brachen Recht und Justiz zusammen. An Bedeutung gewannen dadurch Scharia-Gerichte.
 
Streitkräfte:
 
Ende der 1980er-Jahre noch etwa 65 000 Mann umfassend, lösten sich die somalischen Streitkräfte seitdem als Gesamtheit auf. Die fast ausschließlich mit älterem Gerät v. a. sowjetischer und amerikanischer Herkunft, doch in relativ großer Menge ausgestatteten Einheiten und Verbände stehen nun entweder in Diensten einer der Clans, oder sie agieren -ohne Bindung an irgendeine Autorität - auf eigene Faust.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Somalia hat eine Küstenlänge von über 3 300 km. Der nördliche Landesteil, die Somalihalbinsel, ist eine steil gestellte Scholle, die sich nach Süden zum Indischen Ozean abdacht, während sie zum Golf von Aden hin mit einem durch Staffelbrüche stufenartig gegliederten Hang rasch abfällt. Die höchste Erhebung wird mit 2 408 m über dem Meeresspiegel im Surud Ad erreicht. Die Küste ist in diesem Bereich äußerst steil und felsig; lediglich westlich von Berbera ist eine sich auf 100 km verbreiternde Küstenebene ausgebildet. Südsomalia ist eine Rumpfebene in etwa 500 m über dem Meeresspiegel, an die sich südlich die weite Aufschüttungsebene der beiden einzigen Dauerflüsse, Juba und Webe Shebele, die aus dem Äthiopischen Hochland kommen, anschließt. An der südlichen Küste, der eine Kette von Korallenriffen vorgelagert ist, ist ein 10-50 km breiter Dünenstreifen ausgebildet, in dem der Webe Shebele versickert.
 
Klima:
 
Somalia hat monsunales Klima mit Niederschlägen von April bis Oktober (vorherrschend Südwestmonsun) im Süden und mit Winterniederschlägen (vorherrschend Nordostmonsun) im Norden. Die Jahressumme der Niederschläge ist gering; sie liegt an der Südostküste bei 320-390 mm, an der Nordküste nur bei 50 mm; lediglich die höheren Lagen erhalten mehr Niederschläge (um 760 mm). Die mittleren Temperaturen der wärmsten Monate (im Norden Juni bis August; im Süden März und April) liegen bei 36-42 ºC, die der kühlsten Monate bei 28-33 ºC.
 
Vegetation:
 
Somalia ist im Süden weitgehend eine Trockensavanne, im Norden eine Halbwüste. An Juba und Webe Shebele wachsen Galeriewälder. In der Trockenzeit lässt sich nur in den Wadis Grundwasser ergraben (in 2-3 m Tiefe).
 
Bevölkerung:
 
Die Mehrheit der Bevölkerung sind Angehörige der Somalistämme (Somal); daneben gibt es Minderheiten von Bantu und Arabern. Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt als Voll- oder Halbnomaden. In den Bürgerkriegswirren (seit 1991) stehen sich die Clans und Stämme gegenüber. Es besteht nur geringe Bereitschaft, eine staatliche Ordnung anzuerkennen. Krieg und Dürre führten seit den 80er-Jahren zu Vertreibung und umfangreichen Fluchtbewegungen von Millionen von Menschen. Die bereits in den 70er-Jahren eingeleitete (Zwangs-)Umsiedlung von 120 000 Nomaden aus dem Norden in den Süden scheiterte. Viele kehrten in den Norden zurück, die im Süden verbliebenen betreiben Viehhaltung. Als Folge des Ogadenkrieges zwischen Somalia und Äthiopien musste Somalia in den 80er-Jahren mehr als 1 Mio. Flüchtlinge aufnehmen, v. a. Somal aus Ogaden, aber auch Oromo, Amhara u. a., besonders aus dem Süden Äthiopiens. Ende 1996 gab es in Somalia noch etwa 250 000 Binnenflüchtlinge; über 400 000 Somal sind in die Nachbarländer geflohen. Somalia hat ein durchschnittliches jährliches Bevölkerungswachstum (1985-95) von 1,9 %. Der Anteil der städtischen Bevölkerung beträgt (1994) 26 %. Die größten Städte sind Mogadischu (1995: etwa 1 Mio. Einwohner), Hargeysa (400 000 Einwohner), Kismaju und Merca (jeweils etwa 100 000 Einwohner).
 
Religion:
 
Die gesamte einheimische Bevölkerung bekennt sich, wenige Ausnahmen ausgenommen, zum sunnitischen Islam (v. a. der schafiitischen Rechtsschule), der de facto Staatsreligion ist und in Gestalt von Scharia-Gerichten gegenwärtig die tragende (einzige) Säule des Rechtswesens bildet. Neben der islamischen Bevölkerung leben heute (2000) nur wenige Hundert ausländische Christen in Somalia, darunter einhundert Katholiken im exemten Bistum Mogadischu (errichtet 1975), das zurzeit quasi mit der einzigen in ihm bestehenden Pfarrei identisch ist.
 
Bildungswesen:
 
Das ohnehin unterentwickelte Schulwesen ist durch Bürgerkrieg und Zerfall staatlicher Strukturen weitestgehend zusammengebrochen. Zum Ende der Ära Siad Barre wurden nur 10 % der schulpflichtigen Jahrgänge an den sechsjährigen Primarschulen eingeschult. Eine geordnete Weiterbildung ist erschwert, für die Landbevölkerung derzeit unmöglich. Nachdem Somali 1972 zur Amts- und Unterrichtssprache erhoben wurde, wuchs die Alphabetisierung vorübergehend; jetzt liegt sie wieder bei 24,1 %. Eine Universität (gegründet 1969) gibt es in Mogadischu.
 
Publizistik:
 
Die Printmedien haben in Somalia eine geringe Bedeutung; Tageszeitungen sind »The Country« (gegründet 1991) und »Xiddigta Oktobar«. Nachrichtenagenturen sind »Somali National News Agency« (SONNA) und seit 1990 »Horn of Africa«. Der Hörfunk ist das wichtigste Informationsmedium; zu empfangen sind der islamische Sender »Holy Koran Radio«, die von UNESCO und OAU finanzierte »Voice of Peace«, ferner aus Mogadischu die Radioanstalten der dort präsenten Kriegsparteien sowie im Nordteil des Landes (»Somaliland«) zwei Sender verfeindeter Clans. Ein von Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten finanziertes Fernsehprogramm kann nur im 30-km-Radius um Mogadischu empfangen werden.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Die Viehwirtschaft der Nomaden ist die ökonomische Grundlage Somalias. Gemessen am Bruttosozialprodukt je Einwohner von (1990) 150 US-$ gehört Somalia zu den ärmsten Ländern der Erde. Die wirtschaftliche Situation hat sich durch den Bürgerkrieg und Verfall der staatlichen Ordnung drastisch verschlechtert. Hunger, Armut und Zerstörung prägen das Land, das auf ständige internationale Hilfe, v. a. mit Nahrungsmitteln, angewiesen ist. Seit dem Abzug der UN-Truppen 1995 kontrollieren rivalisierende Clan-Milizen die Wirtschaft Somalias. Lediglich im Norden, in der 1991 ausgerufenen »Republik Somaliland«, hat sich die Lage durch den Export von Lebendvieh in die Länder am Persischen Golf etwas gebessert.
 
Landwirtschaft:
 
Im landwirtschaftlichen Sektor arbeiteten 1995 etwa 74 % der Erwerbstätigen. Nur ein geringer Teil des Landes ist für den Ackerbau geeignet (rd. 1,04 Mio. ha Ackerland, 16 000 ha Dauerkulturen), knapp die Hälfte lässt sich als Weideland (28,85 Mio. ha) nutzen. Das Schwergewicht der Landwirtschaft liegt daher auf der Viehhaltung in Form des Nomadismus. Durch permanente Überweidung ist es zu starken Erosionsschäden gekommen. Im Norden werden v. a. Kamele (1994: 6 Mio.), Ziegen und Schafe gehalten, in der Zentral- und Südregion kommen Rinder (5 Mio.) hinzu. Während Rinder v. a. zum Verkauf als Lebendvieh und zur Milcherzeugung gehalten werden, dienen Schafe (13 Mio.) und Ziegen (12 Mio.) zur Fleischerzeugung, Kamele als Lasttiere und zur Milcherzeugung. Die Produktivität der Herden ist sowohl bei Fleisch als auch bei Milch sehr gering. Im Ackerbau werden für den Export neben Bananen (1994: 43 000 t) v. a. Zuckerrohr und Baumwolle angebaut. Der Ackerbau konzentriert sich auf die bewässerten Anbauflächen in den Flusstälern des Juba und Webe Shebele im Somalia. Die wichtigsten Anbauprodukte v. a. der kleinbäuerlichen Subsistenzlandwirtschaft sind Mais, Hirse, Maniok und Gemüse.
 
Forstwirtschaft:
 
Als Wald ausgewiesen werden (1992) 9 Mio. ha. Das eingeschlagene Holz (1994: 8,6 Mio. m3) wird meist als Brennholz verwendet.
 
Fischerei:
 
Mit einer Küstenlänge von rd. 3 300 km hat Somalia große Möglichkeiten für den Fischfang. Das Hauptfanggebiet liegt zwischen Guardafui und Hafun an der nördlichen Ostküste. Die Fangmenge betrug 1994 nur 16 300 t.
 
Bodenschätze:
 
Bodenschätze werden bisher kaum abgebaut; bekannt sind Vorkommen von Erdöl und Erdgas, Eisenerz, Zinn, Kupfer, Gips, Mangan und Uranerz. Bei Mogadischu wird Meersalz gewonnen.
 
Industrie:
 
Die Industrie ist wenig entwickelt; sie beschränkt sich v. a. auf die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte: Baumwollentkernung, Zuckerraffinerien, Fisch- und Fleischkonservenfabriken, Gerbereien, Schuhfabriken. Außerdem bestehen eine Zementfabrik und eine kleine Erdölraffinerie.
 
Außenwirtschaft:
 
Die Außenhandelsbilanz ist durchweg negativ (Einfuhrwert 1994: 269 Mio. US-$, Ausfuhrwert: 130 Mio. US-$). Exportiert werden v. a. Lebendvieh, Bananen sowie Häute und Felle. Die wichtigsten Handelspartner sind Saudi-Arabien, Italien, Kenia und die USA. 1995 hatte Somalia 2,68 Mrd. US-$ Auslandsschulden.
 
Verkehr:
 
Das Verkehrswesen ist nur unzureichend entwickelt. Da es keine Eisenbahnen gibt, konzentriert sich der Binnentransport fast vollständig auf den Straßenverkehr. Das Straßennetz (1995: 23 700 km) weist erhebliche Lücken auf. Neben dem Hafen der Hauptstadt Mogadischu sind Kismaju und Merca im Süden am Indischen Ozean sowie Berbera am Golf von Aden die wichtigsten Seehäfen. Der internationale Flughafen liegt westlich von Mogadischu.
 
 
Den alten Ägyptern waren die Küsten der Somalihalbinsel vermutlich als Punt bekannt. Seit dem 9. Jahrhundert stand das Land unter islamisch-arabischem Einfluss, die Somal bekehrten sich zum Islam. 1698-1874 war die Nordostküste im Besitz des Sultans von Maskat und Oman, danach in ägyptischer Hand. Die Südostküste gehörte 1866-92 zum Sultanat Sansibar.
 
Ende des 19. Jahrhunderts teilten europäische Kolonialmächte die Halbinsel auf. Am Ausgang des Roten Meeres besetzte Frankreich 1888 Djibouti und bildete 1896 die Kolonie Französisch-Somaliland. Die westliche und zentrale Nordküste wurde 1884/85 von Großbritannien als Gegenküste zum Flottenstützpunkt Aden annektiert und 1887 zum Protektorat Britisch-Somaliland erklärt. Durch Verträge mit mehreren Sultanen wurde 1889 an der Küste des Indischen Ozeans das Protektorat Italienisch-Somaliland gebildet, das 1892 um das sansibar. Mogadischu und weitere Küstenplätze, 1924 um Kismaju nach Süden erweitert wurde. Kaiser Menelik II. von Äthiopien eroberte 1891 das Innere der Somalihalbinsel (Ogaden). Die Grenzen Äthiopiens zur britischen Kolonie wurden 1897, zur italienischen 1908 (im genauen Verlauf umstritten) festgelegt. 1936-41 bildete Italienisch-Somaliland mit dem zuvor von Italien eroberten Äthiopien und Eritrea die Kolonie Italienisch-Ostafrika.
 
Nach deren Eroberung durch britische Truppen im Zweiten Weltkrieg (1941) stand Italienisch-Somaliland bis 1950 unter britischer Militärverwaltung, dann setzten die Vereinten Nationen in einem Treuhandabkommen für zehn Jahre Italien wieder als Verwaltungsmacht ein. In dieser Zeit bemühten sich Großbritannien und Italien um koordinierte politische Fortschritte zur Selbstregierung. Als Führungspartei setzte sich die »Somali Youth League« (SYL) durch. Bei der Erlangung der staatlichen Unabhängigkeit am 1. 7. 1960 verschmolzen das britische und das italienische Gebiet zur Republik Somalia; Französisch-Somaliland (1967-77 Afar-und-Issa-Territorium) wurde als Djibouti am 27. 6. 1977 unabhängig.
 
Am 20. 6. 1961 erhielt Somalia eine Verfassung. Gestützt auf die SYL, übernahm Aden Abdullah Osman, 1967 Abd ar-Rashid Shermarke das Amt des Staatspräsidenten; beide entstammten dem früher von Italien beherrschten Landesteil. Vorwürfe von Wahlfälschung und Regierungskorruption führten am 15. 10. 1969 zur Ermordung Shermarkes, am 21. 10. 1969 zum Putsch der Armee unter General Mohammed Siad Barre. Unter Außerkraftsetzung der Verfassung rief dieser als Vorsitzender des Obersten Revolutionsrates und Staatschef die sozialistisch orientierte »Somalische Demokratische Republik« aus. Auf der Basis der am 1. 7. 1976 gegründeten »Somali Revolutionary Socialist Party« (SRSP) wandelte Siad Barre Somalia in einen Einparteienstaat um.
 
Die Außenpolitik von Somalia war seit der Unabhängigkeit stark bestimmt von dem Ziel, unter Gebietsansprüchen an Kenia und Äthiopien alle Somal in einem Staat zu vereinigen. Dabei kam es 1964 und 1977-78 zu schweren Grenzkonflikten mit Äthiopien. 1977 marschierten somalische Truppen in die von Somal besiedelte äthiopische Provinz Ogaden ein, um dieses Gebiet Somalia einzuverleiben. Besonders aufgrund der starken militärischen Hilfe der UdSSR und Kubas für Äthiopien erlitt Somalia 1978 eine schwere Niederlage. Angesichts der sowjetischen Parteinahme für Äthiopien hatte Somalia bereits 1977 den Freundschafts- und Kooperationsvertrag mit der UdSSR von 1974 gekündigt und mehrere Tausend sowjetische Berater ausgewiesen. 1981 erlaubte es den USA vertraglich, den Hafen Berbera militärisch zu nutzen. In der Bundesrepublik Deutschland gewann Somalia Ansehen, nachdem es im Oktober 1977 der Bundesgrenzschutzgruppe GSG 9 auf dem Flughafen Mogadischu den Einsatz gegen Terroristen erlaubt hatte. Vor dem Hintergrund immer wieder aufflackernder Grenzkonflikte mit Äthiopien erhielt Somalia Militärhilfe von den USA. Im April 1988 schloss es Frieden mit Äthiopien; zu diesem Zeitpunkt hielten sich mehr als 800 000 Flüchtlinge aus Äthiopien in Somalia auf.
 
Angesichts kriegsbedingter Flüchtlingsströme, Dürrekatastrophen und Grenzkonflikte geriet Somalia in den Sog einer wachsenden Wirtschaftskrise. Auf der Grundlage besonders von Abkommen (1985 und 1987) mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) suchte Präsident Siad Barre (1986 als einziger Kandidat erstmals von der Bevölkerung gewählt) dieser Entwicklung entgegenzuwirken. 1987 rief die Regierung den »nationalen Notstand« aus. In enger Verbindung mit dieser Entwicklung entstanden seit 1988/89 zahlreiche von Clans und Volksgruppen getragene Aufstandsbewegungen gegen die Diktatur Siad Barres, so u. a. im Norden »Somali National Movement« (SNM), im Süden »United Somali Congress« (USC) und »Somali Patriotic Movement« (SPM). Während sich im Norden die SNM gegen die Regierungstruppen durchsetzte, eroberte der USC Mogadischu, und die SPM besetzte große Teile des Südens. Bei den Kämpfen kam es zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Nach der Flucht von Siad Barre im Januar 1991 brachen Kämpfe zwischen rivalisierenden Aufstandsbewegungen v. a. im Süden aus. Auf einer »Versöhnungskonferenz« am 22. 7. 1991 wurde Ali Mahdi Mohammed (USC) als neuer Staatspräsident bestätigt. Im Norden rief die SNM am 18. 5. 1991 die unabhängige Republik »Somaliland« aus, die international nicht anerkannt wurde. Im September 1991 brachen in Mogadischu Kämpfe zwischen Stammesgruppen innerhalb des USC aus, so der Truppen unter Führung von Ali Mahdi Mohammed und Einheiten der von der USC abgespaltenen »Somali National Alliance« (SNA) unter General M. F. H. Aidid.
 
Aufgrund der besonders seit 1992 das ganze Land ergreifenden Hungerkatastrophe infolge des Bürgerkrieges, der trotz wiederholter Versuche nicht beendet werden konnte, begann nach einem Beschluss des UN-Sicherheitsrates vom 3. 12. 1992 die multinationale Militäraktion »Restore Hope« (»Neue Hoffnung«), um die Verteilung von Hilfsgütern und die Entwaffnung der rivalisierenden Parteien durchzusetzen sowie den inneren Frieden wiederherzustellen und beim Wiederaufbau politischer Institutionen und der Wirtschaft zu helfen. 1993/94 nahmen an der Aktion rd. 30 000 Soldaten aus 20 Staaten teil, darunter ein Kontingent der Bundeswehr (Stationierungsort Belet Huen). Während die Ernährungslage der Bevölkerung verbessert werden konnte, führte die geplante Entwaffnung der Milizen zu blutigen Kämpfen v. a. zwischen UN-Einheiten und der Miliz unter Aidid. Nach dem Scheitern einer nationalen Versöhnungskonferenz, die im März 1993 die Bildung einer provisorischen Regierung beschloss, sowie von zahlreichen Friedensgesprächen unter UN-Vermittlung begannen die USA am 17. 12. 1993 offiziell mit dem Abzug ihrer Truppen; bis März 1994 folgten die Truppen aller beteiligten westlichen Staaten, im März 1995 die letzten UN-Truppen aus afrikanischen und asiatischen Ländern. Mehrere Anläufe zu einer friedlichen Beilegung des immer wieder zwischen verschiedenen Milizen aufflammenden Bürgerkriegs blieben weiterhin erfolglos; vielmehr breiteten sich die Kampfhandlungen Ende 1994/Anfang 1995 auch auf bislang wenig umkämpfte Landesteile aus, woraufhin sich auch zahlreiche Hilfsorganisationen zurückzogen. Bei den Kämpfen wurde am 1. 8. 1996 Aidid, der sich am 15. 6. 1995 zum Staatspräsidenten hatte proklamieren lassen, getötet. Sein Sohn Hussain Mohammed Aidid ernannte sich daraufhin selbst zu Staatspräsidenten Wiederholte Versöhnungskonferenzen konnten das innerstaatliche Chaos, das Machtvakuum und den Bürgerkrieg nicht beenden, an dem sich etwa 450 Clans beteiligten und der v. a. getragen wurde von den Hauptrivalen und beiden »Staatspräsidenten« Ali Mahdi Mohammed, der 1997 mit weiteren Milizenführern den »Somali National Salvation Council« (SNSC) bildete, und H. M. Aidid (SNA). Eine weitere Gruppe bildeten die Truppen unter Hassan Ali Atto, die sich von H. M. Aidid abgespalten hatten. Auch ein 1997 unterzeichnetes Friedensabkommen wurde nicht eingehalten. Verschärft wurde die Situation durch Dürre, Überschwemmungen (besonders 1997), Hunger und Seuchen sowie Flüchtlingsströme. Schließlich konnte nach Verhandlungen, die im Mai 2000 in Djibouti begannen und an denen zahlreiche Clanvertreter teilnahmen, am 13. 8. 2000 ein Übergangsparlament (von den Clanchefs ernannte Parlamentarier) eingesetzt werden, das mit Wirkung vom 27. 8. 2000 Abdikassim Salad Hassan zum Staatspräsidenten ernannte. Da jedoch das Übergangsparlament und der Staatspräsident nicht von allen Clanchefs anerkannt worden war, kam es in der Folgezeit v. a. in Mogadischu wiederholt zu Kämpfen zwischen Truppen der Übergangsreg. und Einheiten verschiedener Clans.
 
 
S. Touval: Somali Nationalism (Cambridge, Mass., 1963);
 A. G. Mirreh: Die sozialökonom. Verhältnisse der nomad. Bevölkerung im Norden der Demokrat. Rep. S. (Berlin-Ost 1978);
 D. D. Laitin u. S. S. Samatar: S. Nation in search of a state (Boulder, Colo., 1987);
 I. M. Lewis: A modern history of S. (Neuausg. Boulder, Colo., 1988);
 H. Krech: Der Bürgerkrieg in S. 1988-1996. Ein Hb. (1996);
 J. A. Mubarak: From bad policy to chaos in S. How an economy fell apart (Westport, Conn., 1996);
 V. Matthies: Äthiopien, Eritrea, S., Djibouti (31997);
 J. Prendergast: Crisis response. Humanitarian band-aids in Sudan and S. (London 1997);
 J. Tonati: Politik u. Gesellschaft in S. 1890-1991 (1997).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
UN: Die gewandelte Rolle der UNO
 

* * *

So|ma|lia; -s: Staat in Ostafrika.

Universal-Lexikon. 2012.