Moore
['mʊə],
1) Brian, kanadischer Schriftsteller irischer Herkunft, * Belfast 25. 8. 1921, ✝ Malibu (Calif.) 11. 1. 1999; lebte 1948-59 in Kanada, dann in Kalifornien. Die religiösen oder politischen Probleme und psychisch-sexuellen Konflikte seiner Romanfiguren resultieren meist aus ihrer Stellung zwischen verschiedenen Kulturen und Nationen und dem Verlust aller Gewissheiten (»Judith Hearne«, 1955, deutsch »Die einsame Passion der Judith Hearne«; »Catholics«, 1972, deutsch »Insel des Glaubens«, auch unter dem Titel »Katholiken«; »Black robe«, 1985, deutsch »Schwarzrock«). Mehrere seiner Romane schildern die Suche nach innerer Orientierung aus weiblicher Perspektive (»I am Mary Dunne«, 1968, deutsch »Ich bin Mary Dunne«; »The doctor's wife«, 1976, deutsch »Die Frau des Arztes«).
Weitere Werke: Romane: The feast of Lupercal (1957); deutsch auch unter dem Titel Ein Sühnefest); The luck of Ginger Coffey (1960; deutsch Ein Optimist auf Seitenwegen, auch unter dem Titel Ginger Coffey sucht sein Glück); The emperor of ice-cream (1965; deutsch Der Eiscremekönig); The great Victorian collection (1975; deutsch Die große viktorianische Sammlung); The temptation of Eileen Hughes (1981; deutsch Die Versuchung der Eileen Hughes); Cold heaven (1983; deutsch Kalter Himmel); The color of blood (1987; deutsch Die Farbe des Blutes); Lies of silence (1990; deutsch Dillon); No other life (1993; deutsch Es gibt kein anderes Leben); The statement (1995; deutsch Hetzjagd).
J. O'Donoghue: B. M. A critical study (Dublin 1991).
2) Charles Willard, amerikanischer Architekt, * Benton Harbor (Michigan) 31. 10. 1925, ✝ Austin (Texas) 16. 12. 1993; Schüler von L. I. Kahn; war Leiter des Fachbereichs Architektur an der University of California, Berkeley (1962-65), und an der Yale University (1965-69), unterhielt seit 1959 Planungsbüros mit wechselndem Mitarbeiterstab (1962-70 Moore, D. Lyndon, W. Turnbull, R. Whitaker: »MLTW«; seit 1975 Moore, W. Grover, R. Harper, in Essex, Conneticut). 1991 gründete er Moore/ Andersson Architects. Moores Architektur, anfangs dem handwerklich traditionalistischen, an Scheunen erinnernden Shingle-Style der amerikanischen Westküste verwandt, ist gekennzeichnet durch bewusste Naivität im spielerischen Umgang mit geometrischen Formen, Materialien und Farben und ironischen Zitaten historischer Baustile. Die Piazza d'Italia (1977-78) in New Orleans (La.) gilt als eines der Hauptwerke der Postmoderne. Sein Wettbewerbsbeitrag für die IBA in Berlin war die Bebauung des Tegeler Hafengeländes (1980-87) mit Wohnbauten, Kultur- und Freizeitzentrum (besonders bemerkenswert der Industriearchitektur assoziierende Bau der Humboldt-Bibliothek, 1987-88). Zu seinen letzten Projekten gehört das Kaufhaus »Peek & Cloppenburg« in Leipzig (Wettbewerbssieg 1992, 1994 verändert fertig gestellt).
Weitere Werke: Moore House, Orianda, Calif. (1962); Sea Ranch, Big Sur, Calif. (1963-65); Clubhaus der Architekturfakultät, Santa Barbara, Calif. (1966-68); Klotz House, Westerly, R. I. (1968); Kresge College, Santa Cruz, Calif. (1966-74); Church of the Nativity, Rancho Santa Fe, Calif. (1989); University of Oregon Science Complex, Eugene, Oregon (1990); Nishiokamoto Wohnanlage, Kōbe (1992).
Schrift: Chambers for a memory palace (herausgegeben 1994, mit D. Lyndon; deutsch Ortskenntnis).
G. Allen: C. M. (a. d. Amerikan., 1981);
M., Ruble, Yudell (London 1993);
Architekten - C. M., bearb. v. D. Hezel (41995).
3) George Augustus, irischer Schriftsteller, * Ballyglass (County Mayo) 24. 2. 1852, ✝ London 21. 1. 1933; studierte 1872-82 in Paris Malerei, wandte sich dann jedoch der Literatur zu. 1901 nach Irland zurückgekehrt, stand er zeitweise der keltischen Renaissance nahe; 1903 konvertierte Moore zum Protestantismus; ab 1911 lebte er in England. Moore schrieb, zunächst vom französischen Naturalismus (É. Zola, E. de Goncourt) beeinflusst, den Roman »Esther Waters« (1894; deutsch u. a. als »Arbeite und bete«) über das Schicksal eines Dienstmädchens sowie den religiösen Doppelroman »Evelyn Innes« (1898) und »Sister Teresa« (1901; beide deutsch unter dem Titel »Irdische und himmlische Liebe«). Zeugnis für Moores zunehmende Wendung zu religiösen Fragen ist der Roman »The brook Kerith« (1916), eine Art Rekonstruktion des Lebens Jesu. Moore verfasste auch mehrere autobiographische Werke, u. a. »Confessions of a young man« (1888, revidiert 1926) und »Hail and farewell« (3 Bände, 1911-14, revidiert 1925), sowie von I. S. Turgenjew (»The untilled field«, 1903) und G. Flaubert (»Celibate lives«, 1927) beeinflusste Kurzgeschichten.
Ausgaben: The Carra edition, 21 Bände (1922-24); The works. Uniform edition, 20 Bände (1924-33); Letters, herausgegeben von J. Eglinton (1942).
E. Gilcher: A bibliography of G. M., 2 Bde. (Dekalb, Ill., 1970-88);
R. Paczesny: Synkretismus als epochales Problem. Überlegungen zum Romanwerk G. M.s (1985).
4) George Edward, britischer Philosoph, * London 4. 11. 1873, ✝ Cambridge 24. 11. 1958; studierte Philologie und Philosophie in London und Cambridge, wo er B. Russell kennen lernte, wurde 1911 Lektor in Cambridge, 1925 Professor für Philosophie ebenda Anfangs stand Moore unter dem Einfluss des Idealismus von F. H. Bradley. Die kritische Auseinandersetzung mit dessen Ideen in »The refutation of idealism« (1903) gilt als Beginn des eigenständigen Philosophierens von Moore. Es ist gekennzeichnet durch analytische Schärfe einerseits und starke Betonung des Commonsense andererseits. Seine Untersuchungen zur Sprache machten Moore neben Russell zum Begründer der (sprach-)analytischen Philosophie. Während Letzterer sich überwiegend an der formalen Sprache der Logik orientierte, widmete sich Moore v. a. der Umgangssprache und wurde damit zum Wegbereiter der Ordinary language philosophy. - Das wichtigste Anwendungsgebiet der mooreschen Analysen war die Ethik; hier vertrat er eine intuitionistische Grundposition (die Bedeutung von »gut« lässt sich nicht definieren), die viele Berührungspunkte zum Utilitarismus aufwies (eine Handlung ist dann richtig, wenn sie ein maximales Maß an Gutem realisiert). Der Ethik galten auch die beiden einzigen Bücher, die Moore geschrieben hat: »Principia ethica« (1903; deutsch) und »Ethics« (1912; deutsch »Grundprobleme der Ethik«).
Ausgabe: Eine Verteidigung des Common Sense. Fünf Aufsätze aus den Jahren 1903-1941 (1969).
G. J. Warnock: Engl. Philosophie im 20. Jh. (a. d. Engl., 1971).
5) Gerald, englischer Pianist, * Watford 30. 7. 1899, ✝ London 13. 3. 1987; begann als Konzertpianist und wurde einer der führenden Klavierbegleiter (u. a. von Elisabeth Schwarzkopf, H. Hotter, Christa Ludwig, D. Fischer-Dieskau, Y. Menuhin, P. Casals).
Schriften: The unashamed accompanist (1943; deutsch Freimütige Bekenntnisse eines Begleiters); Am I too loud? (1962; deutsch Bin ich zu laut?); The Schubert song cycles (1975; deutsch Schuberts Liederzyklen); Farewell recital. Further memoirs (1978; deutsch Abschiedskonzert. Weitere Erinnerungen); Poet's love. The songs and cycles of Schumann (1981; deutsch Dichterliebe).
6) Henry, britischer Bildhauer, Zeichner und Grafiker, * Castleford (bei Leeds) 30. 7. 1898, ✝ Much Hadham (County Hertfordshire) 31. 8. 1986; besuchte u. a. das Royal College of Art in London, an dem er 1926-32 auch lehrte. 1932-39 unterrichtete er an der Kunstschule in Chelsea. Für die Entwicklung seines Stils waren die Kunst der Naturvölker und die archaische Kunst von ebenso großer Bedeutung wie die eigene Naturverbundenheit. Zentrales Thema seiner monumentalen Plastiken sind Menschen, als Einzelfiguren (oft liegend) oder auch zu Gruppen (häufig Mutter und Kind) zusammengestellt. Die Figuren wachsen aus Formen, die in einem spannungsreichen Wechselspiel teils nach rhythmischen, teils nach tektonischen Gesichtspunkten gestaltet sind. Neben naturnahen Werken stehen deformierte und abstrakte, neben Freiplastiken auch architekturgebundene Arbeiten. Die innere und äußere Form der Plastiken ist häufig verschachtelt; sie haben oft eine schrundige Oberfläche. Moore arbeitete bis 1945 v. a. in Stein und Holz, später meist in Bronze.
Während des Zweiten Weltkriegs schuf Moore eindringliche farbige Zeichnungen von Menschen, die in den Londoner U-Bahn-Schächten Schutz vor Bombenangriffen suchten (»shelter drawings«). Sie haben sein plastisches Werk nachhaltig beeinflusst. Neben Skulpturen, Skizzen und Zeichnungen entstanden auch Radierungen und Lithographien (Einzelblätter und Zyklen). Moore gehört zu den bedeutendsten Bildhauern des 20. Jahrhunderts.
Werke: Liegende (Stein, 1938; London, Tate Gallery); König und Königin (Bronze, 1952-53; u. a. Antwerpen, Middleheim Park); Der Krieger (Bronze, 1953-54; Mannheim, Kunsthalle); Drei aufrechte Figuren (Bronze, 1955-56; Otterlo, Rijksmuseum Kröller-Müller); Liegende (Stein, 1956-58; Paris, UNESCO-Gebäude); Liegende (Bronze, 1963-65; New York, Lincoln Art Center); Large two forms (Bronze, 1966 und 1969; u. a. Bonn, Bundeskanzleramt); Großer Bogen (Marmor, 1980; London, Kensington Gardens).
Schriften: H. Moore on sculpture (1966; deutsch Über die Plastik); Energy in space (1973; deutsch Energie im Raum).
Complete sculpture, hg. v. A. Bowness, 6 Bde. (London 1-51977-88);
Plastiken 1912-1980, hg. v. D. Mitchinson (a. d. Engl., 1981);
H. M., bearb. v. G. C. Argan (a. d. Ital., Neuausg. 1989);
H. M. - complete drawings, hg. v. A. Garrould, auf mehrere Bde. ber. (London 1994 ff.);
H. M., Ursprung u. Vollendung, hg. v. C. Allemand-Cosneau u. a., Ausst.-Kat. Städt. Kunsthalle, Mannheim (1996).
7) Marianne Craig, amerikanische Lyrikerin, * Saint Louis (Missouri) 15. 11. 1887, ✝ New York 5. 2. 1972; studierte am Bryn Mawr College, 1925-29 Herausgeberin der avantgardistischen Literaturzeitschrift »The Dial«; stand zeitweise den Imagisten nahe. Ihre Gedichte, ironisch-intellektuell in Ton und Perspektive, weisen überraschende Metaphern sowie eine unkonventionelle, an der gesprochenen Sprache orientierte Metrik auf; sie zielen auf die authentische Beobachtung, die im präzisen Bild eine ästhetisch-philosophische Dimension erhält.
Werke: Observations (1924); What are years (1941); Nevertheless (1944); Complete poems (1967); Unfinished poem (herausgegeben 1972).
Gedichte (1954, Auswahl); Kein Schwan so schön, ausgewählt und übersetzt von J. Brôcan (2001).
G. Schulman: M. M. The poetry of engagement (Urbana, Ill., 1986);
B. F. Engel: M. M. (Neuausg. Boston, Mass., 1989).
8) Michael Kenneth, neuseeländischer Politiker, * Whakatane (Region Bay of Plenty) 28. 1. 1949; 1984-90 Minister für Außenhandel und Marketing, 1990 Außenminister; seit 1. 9. 1999 Generaldirektor der Welthandelsorganisation.
9) Roger George, britischer Filmschauspieler, * London 14. 10. 1927; wurde v. a. bekannt als Fernsehserienstar (u. a. in »Simon Templar«, 1967-68); seit den 70er-Jahren James-Bond-Darsteller (»Leben und sterben lassen«, 1973; »Im Angesicht des Todes«, 1984).
Weitere Filme: Flucht nach Athena (1979); Sunday Lovers (1980); Das nackte Gesicht (1984); Feuer, Eis & Dynamit (1990); The Quest - Die Herausforderung (1996).
10) Stanford, amerikanischer Biochemiker, * Chicago (Illinois) 4. 9. 1913, ✝ New York 23. 8. 1982; seit 1952 Professor am Rockefeller Institute of Medical Research in New York. Moore trug wesentlich zur Aufklärung von Struktur und Wirkungsweise des Enzyms Ribonuklease bei. Er erhielt hierfür mit C. B. Anfinsen und W. Stein 1972 den Nobelpeis für Chemie.
11) Thomas, irischer Dichter, * Dublin 28. 5. 1779, ✝ Sloperton Cottage (bei Chippenham, County Wiltshire) 25. 2. 1852; Jurist; 1803-18 Admiralitätsbeamter auf den Bermudas; bereiste 1819-23 Amerika, Frankreich und Italien. Moore schrieb schon früh Gedichte. Nach der Herausgabe von »A selection of Irish melodies« (1808-34, 10 Teile; deutsch »Irische Melodien«), nostalg. oder sentimental-empfindsamen Liedern zu Klavierbegleitung, die auf alte irische Melodien zurückgreifen, wurde er als »Barde Irlands« gefeiert. Er verfasste daneben populäre orientalische Verserzählungen (»Lalla Rookh«, 1817; deutsch »Lalla Rukh«) sowie Gesellschaftssatiren (»The Fudge family in Paris«, 1818). Nach dem Tod seines Freundes Lord Byron vernichtete Moore dessen hinterlassene »Memoirs«, edierte jedoch den Band »Letters and journals of Lord Byron, with notices of his life« (1830).
Ausgaben: Werke, herausgegeben von T. Oelckers, 5 Bände (21843).
The poetical works, herausgegeben von A. D. Godley (1929, Nachdruck 1979).
T. Tessier: The bard of Erin. T. M.'s Irish melodies 1808-1834 (ebd. 1981).
Universal-Lexikon. 2012.