Wạllenstein,
Albrecht Wenzel Eusebius von, Herzog von Friedland (seit 1625) und Mecklenburg (seit 1629), Fürst von Sagan (seit 1628), genannt der Friedländer, Feldherr des Dreißigjährigen Krieges, * Hermanitz (heute Heřmanice, Tschechische Republik) 24. 9. 1583, ✝ (ermordet) Eger 25. 2. 1634; aus dem Adelsgeschlecht Waldstein (tschechisch Valdštejn oder Valdštýn). Wallenstein wuchs unter deutsch-protestantischem Einfluss auf. Nach kurzem Studium in Altdorf bei Nürnberg (1599) empfing er auf Reisen besonders in Italien (bis 1602, u. a. Studien in Bologna und vermutlich in Padua) entscheidende Eindrücke. Ab 1604 im militärischen Dienst der Habsburger (Kämpfe in Ungarn, 1617 in Venedig), sicherte er seinen Aufstieg 1606 (1601?) mit dem Übertritt zum Katholizismus. 1609 heiratete er die Witwe Lucretia von Vičkov (✝ 1614), die ihm reiche Grundherrschaften in Mähren hinterließ. Während des Böhmischen Aufstands (1618/19) zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges blieb Wallenstein kaisertreu, verlor deshalb seinen gesamten Besitz, kämpfte als Obrist eines eigenen Kürassierregiments gegen die Rebellen, wurde nach der Schlacht am Weißen Berg (bei Prag) am 8. 11. 1620 Militärbefehlshaber in Nordböhmen und 1621 Mitglied des Wiener Hofkriegsrats. 1622 zum »Gubernator des Königreichs Böhmen« ernannt, zeichnete Wallenstein für die Militärverwaltung des Landes verantwortlich und damit für die Konfiskation der Güter der vertriebenen Aufständischen. Als Mitglied des Prager Münzkonsortiums erwarb Wallenstein durch Spekulationen große Ländereien im Nordosten Böhmens (mit Friedland, Jitschin, Reichenberg) und avancierte zu einem der mächtigsten Grundherren. 1623 heiratete er Elisabeth Isabella Katharina von Harrach (✝ 1656), die Tochter von K. Graf von Harrach, einem der engsten Vertrauten des Kaisers, wurde zum Generalwachtmeister ernannt, in den Reichsfürstenstand erhoben (1624; Fürstentum Friedland) und kämpfte in Südmähren gegen die Truppen von G. Bethlen von Iktár. Als 1625 Christian IV. von Dänemark gemeinsam mit Ernst II. von Mansfeld zur Unterstützung des Niedersächsischen Reichskreises gegen den Kaiser und die Liga aufbrach, bot Wallenstein auf eigene Kosten ein Heer von 24 000 Mann zur Verstärkung der Truppen der Liga unter J. T. Graf von Tilly auf und wurde zum »oberstkommandierenden« General (»Generalissismus«) ernannt. Den Unterhalt des Heeres bestritt er teils aus systematisch erhobenen Kontributionen aus dem ganzen Reich, teils durch Lieferungen aus seinem Herzogtum Friedland, das er durch weitsichtige Wirtschaftsführung in einen Musterstaat moderner Prägung verwandelte. Im August 1625 marschierte Wallensteins Armee ins Reich, vereinigte sich im Oktober mit den Truppen Tillys und unterbrach den dänischen Vormarsch. 1626 schlug er Ernst II. von Mansfeld an der Dessauer Elbbrücke (25. 4.) und trieb ihn von dort bis in die Weißen Karpaten. 1627 vertrieb er Christian IV. von Dänemark und stieß nach Zerschlagung des dänischen Heeres bis nach Nordjütland (Oktober 1627) vor. Im von Wallenstein mit Christian IV. ausgehandelten Verständigungsfrieden von Lübeck (22. 5. 1629 erreichte die Macht des Kaisers ihren Höhepunkt. Unter Erlass der kaiserlichen Schulden erhob Ferdinand II. 1629 Wallenstein in den Reichsfürstenstand, verlieh ihm die Herzogtümer der geächteten Herzöge von Mecklenburg und bestätigte den Besitz des Fürstentums Sagan (seit 1628). Gleichzeitig ernannte er Wallenstein zum »General des ozeanischen und baltischen Meeres«. Aufgrund seiner eigenen und der kaiserlichen Machtfülle stieß Wallenstein zunehmend auf Kritik, auch wenn der Kaiser sich seinen weit reichenden Plänen zur Errichtung einer Erbmonarchie im Reich bei Wahrung religiöser Toleranz, verbunden mit dem Bestreben, die Einflussnahme fremder Mächte im Reich auszuschalten, weitgehend versagte. Die in Opposition stehenden Reichsfürsten um Maximilian I. von Bayern und die mit diesem verbündeten Jesuiten erzwangen auf dem Regensburger Kurfürstentag (1630) die Absetzung Wallensteins. Zur gleichen Zeit landete der schwedische König Gustav II. Adolf mit 13 000 Mann auf Usedom. Sein unaufhaltsamer Vormarsch, die Niederlagen Tillys und die Eroberung nahezu ganz Deutschlands durch die Schweden zwangen den Kaiser, Wallenstein dringend um erneute Aufstellung einer Armee und die Übernahme des Kommandos zu bitten. Nach langem Zögern willigte Wallenstein ein und erhielt in der Göllersdorfer Kapitulation (13. 4. 1632 unbeschränkte Vollmacht für Kriegführung und Friedensverhandlungen. Binnen vier Monaten hatte er ein Heer von 100 000 Mann rekrutiert; er manövrierte im Frühjahr 1632 Gustav Adolf aus Bayern heraus, lieferte ihm Anfang September die kriegsgeschichtlich bedeutende Abwehrschlacht an der Alten Veste bei Nürnberg und traf am 16. 11. mit dem König erneut bei Lützen zusammen. In dieser schwersten Schlacht des ganzen Krieges, die unentschieden endete, verlor Gustav Adolf sein Leben. Das Jahr 1633 wurde von den Versuchen Wallensteins bestimmt, teils durch seine militärische Überlegenheit, teils durch Friedensgespräche (v. a. mit Sachsen) die Basis eines allgemeinen Reichsfriedens zu schaffen und die fremden Mächte aus Deutschland hinauszudrängen. Im Herbst nötigte er Brandenburg zum Waffenstillstand, zögerte jedoch - wegen des angestrebten Friedens mit Sachsen -, in Süddeutschland dem bayerischen Kurfürsten Maximilian I. gegen die Truppen Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar zu Hilfe zu kommen. Nach dem Tod Gustav Adolfs gewannen die Gegner Wallensteins erneut beim Kaiser die Oberhand. Ihre Hauptmotive waren Wallensteins reichspolitisches Konzept, sein Widerstand gegen das direkte Eingreifen Spaniens in Deutschland, seine Konzessionsbereitschaft Sachsen gegenüber, seine religiöse Toleranz und seine Überzeugung, dass ein rascher Friede um des Reiches willen notwendig und möglich sei. Nach dem als Rebellion gewerteten 1. »Pilsener Revers« vom 11. 1. 1634 entschloss sich Kaiser Ferdinand II., Wallenstein erneut abzusetzen (Absetzungspatente vom 24. 1. und 18. 2.). Ausschlaggebend war die Unterstellung eines geplanten Hochverrats; als »Beweise« sollten v. a. die hinhaltende Kriegführung 1633 und Wallensteins Beharren auf seinen Vollmachten gelten, die auch das Recht auf Friedensverhandlungen einschlossen. Nach der Ächtung (ohne förmliche Verhängung der Reichsacht) fielen fast alle Offiziere (W. Graf von Butler, M. Reichsgraf Gallas, J. Gordon) von Wallenstein ab. Er wurde mit seinen Vertrauten C. Freiherr von Ilow, A. E. Terzka und Wilhelm Kinský (* 1574 oder 1582) am 25. 2. 1634 in Eger ermordet. Der Versuch Ferdinands II., den angeblichen Hochverrat durch Dokumente zu belegen und den Mord nachträglich zu rechtfertigen, scheiterte. Gleichwohl blieb die Verratsfrage bis ins 20. Jahrhundert für die Geschichtsschreibung - zu Unrecht - der Ausgangspunkt für die Gesamtbeurteilung Wallensteins, der bedeutendsten Persönlichkeit des Dreißigjährigen Krieges.
Von den zahlreichen Wallenstein gewidmeten literarischen Werken sind hervorzuheben die Dramentrilogie F. Schillers (»Wallensteins Lager«, »Die Piccolomini«, »Wallensteins Tod«, 1800) und der Roman A. Döblins (»Wallenstein«, 2 Bände, 1920) sowie die romanhafte Biographie G. Manns (»Wallenstein. Sein Leben«, 1971).
J. Janáček: Valdštejn a jeho doba (Prag 1978);
H. Diwald: W. (Neuausg. 1987);
C. Kampmann: Der Wiener Hof u. W.s Untergang, in: Vorträge zur Justizforschung, Bd. 2, hg. v. H. Mohnhaupt u. D. Simon (1993);
R. Pfefferkorn: W. u. die Reichsidee (1998).
Wallenstein
Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein (eigentlich Valdštejn) wurde am 24. September 1583 als Sohn eines Landadligen im ostböhmischen Hermanitz geboren. Von Hause aus Angehöriger der Böhmischen Brüder, trat er wohl bald nach dem Beginn seiner militärischen Laufbahn (1604) zum katholischen Glauben über. 1607 wurde er Kämmerer am Hof des späteren Kaisers Matthias. Das durch seine Ehe mit einer der reichsten Großgrundbesitzerinnen Mährens erworbene Vermögen ermöglichte es Wallenstein, als militärischer Unternehmer auf eigene Rechnung Söldner anzuwerben und sie dem Kaiser zur Verfügung zu stellen. Beim Böhmischen Aufstand 1618-21 kämpfte er auf kaiserlicher Seite und erhob als Militärverwalter Kontributionen aus den besetzten Gebieten zum Unterhalt der Truppen. Durch geschickte Spekulationen erwarb er riesige Besitzungen aus konfiszierten Gütern böhmischer Rebellen. Der Herzog von Friedland, wie er sich ab 1625 nennen durfte, entwickelte seinen vom Kaiser zum Fürstentum erhobenen Besitz mit gründlicher wirtschaftlicher Sachkenntnis zum Musterland.
Als sich der Dreißigjährige Krieg nach Norddeutschland verlagerte, stellte er sich erneut dem Kaiser zur Verfügung. Die weitgehende Selbstständigkeit des Generalissimus, vor allem hinsichtlich der Ausweitung des Werbungsgebiets und des Kontributionssystems, ließ ihn freilich in Konkurrenz zur katholischen Liga geraten. Wallensteins militärische Erfolge stärkten zunächst nicht nur seine Position (1628 belehnte ihn Ferdinand II. mit dem Herzogtum Mecklenburg), sondern sie verhalfen auch dem Kaiser zu einer ungeahnten Machtsteigerung. Dagegen erhob sich jedoch der Widerstand der Reichsfürsten, und durch die gegenreformatorische Politik des Kaisers versteifte sich der Widerstand in den besetzten protestantischen Gebieten. Während Wallenstein ehrgeizige Pläne verfolgte (z. B. Aufbau einer kaiserlichen Flotte zur Beherrschung der Ostsee), zeichnete sich das Eingreifen Gustav Adolfs von Schweden ab. In dieser Situation musste der Kaiser unter dem Druck der Fürsten auf dem Regensburger Kurfürstentag im August 1630 Wallenstein entlassen und seine Truppen reduzieren.
Der Siegeszug der Schweden durch Deutschland zwang Ferdinand jedoch bald, Wallenstein erneut um die Aufstellung einer Armee und die Übernahme des Kommandos zu bitten. Nach langem Zögern willigte dieser im April 1632 unter der Bedingung unbeschränkter Vollmachten für Kriegführung und Friedensverhandlungen ein. Nach dem Tod Gustav Adolfs bei Lützen im November 1632 gewannen Wallensteins Gegner beim Kaiser wieder die Oberhand. Die hinhaltende Kriegführung des Generalissimus und seine Verhandlungen mit Schweden und Sachsen nährten den Verdacht, er wolle sich vom Kaiser abwenden. Wallensteins wahre Absichten sind allerdings bis heute umstritten. Der ihm unterstellte Hochverrat konnte nie eindeutig bewiesen werden. Andererseits wurden seine weit schauenden politischen Ziele - Schaffung eines allgemeinen Reichsfriedens und Ausschaltung der auswärtigen Mächte - immer von taktischem Kalkül und persönlichem Ehrgeiz überschattet. Als der Kaiser ihn im Januar 1634 zum zweiten Mal absetzte und ihn überdies ächtete, fielen fast alle Offiziere trotz einer Ergebenheitserklärung (Pilsener Revers) von Wallenstein ab, und am 25. Februar wurde er in Eger ermordet.
Universal-Lexikon. 2012.