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Zucker
Diabetes mellitus (fachsprachlich); Harnruhr; Zuckerkrankheit; Zuckerharnruhr; Diabetes

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Zu|cker ['ts̮ʊkɐ], der; -s, -:
a) aus bestimmten Pflanzen hergestelltes, meist in Form einer weißen, feinkörnigen Substanz verwendetes Nahrungsmittel zum Süßen von Speisen:
für den Teig zuerst Mehl und Zucker mischen, dann mit Butter und Ei verkneten; er trinkt den Kaffee ohne Zucker.
Zus.: Fruchtzucker, Industriezucker, Milchzucker, Puderzucker, Rübenzucker, Vanillezucker, Würfelzucker.
b) eine wasserlösliche chemische Verbindung:
für die Verbrennung des Zuckers braucht der Körper Insulin.
Zus.: Blutzucker, Harnzucker.

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Zụ|cker 〈m. 3
1. 〈i. w. S.〉 niedrigmolekulares Kohlenhydrat
2. 〈i. e. S.〉 aus bestimmten Pflanzen (Zuckerrohr, Zuckerrübe) u. Früchten gewonnenes Kohlenhydrat von süßem Geschmack
● ein Löffel (voll) \Zucker; ein Stück \Zucker ● seinem Affen \Zucker geben 〈fig.〉 einer schlechten Gewohnheit, einer Schwäche nachgeben; er hat \Zucker 〈umg.〉 er leidet an der Zuckerkrankheit; sein: das ist \Zucker! 〈fig.; umg.〉 das ist gut, fein, nettgebrannter, brauner \Zucker; gestoßener, klarer \Zucker ● die Ostereier waren aus \Zucker; Kaffee mit \Zucker und Milch oder Sahne; den Tee mit \Zucker süßen; das ist süß wie \Zucker; nehmen Sie \Zucker zum Kaffee? [<ahd. zuccer <mlat. zuccarum, zuccara, ital. zucchero <arab. sukkar <pers. schäkär <aind. sarkara „Sand, Kies“]

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Zụ|cker [über ahd. zuccer, altfrz. zuchre, mlat. zuccarum, lat. saccharum u. griech. sákcharon zu arab. sukkar (aus Sanskrit s̓akara̅ = Kies, Sand, gemahlener Zucker)]:
1) gemeinspr. Bez. für Saccharose (Rohrzucker, Rübenzucker etc.);
2) fachspr. Sammelbez. für niedermol. Kohlenhydrate, im Einzelnen für die kristallinen, mehr oder weniger süß schmeckenden u. wasserlöslichen Monosaccharide (einfache Zucker) u. die Di-, Tri-, Tetra- etc. Oligosaccharide (zusammengesetzte oder höhere Zucker). Früher teilte man die Z. ein in Einfach-, Zwei-, Drei-, Vier-, Mehrfachzucker u. Vielfachzucker (Polysaccharide); Glykolipide u. Glykoproteine nannte man konjugierte (2) Zucker. Im Fachjargon wurden früher sogar manche anorg. süßlich schmeckenden Stoffe als Z. bezeichnet (Blei(II)-acetat als Bleizucker).

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Zụ|cker , der; -s, (Sorten:) - [mhd. zuker < ital. zucchero < arab. sukkar < aind. śárkarā = Kieselsteine; gemahlener Zucker]:
1.
a) aus bestimmten Pflanzen (bes. Zuckerrüben u. Zuckerrohr) gewonnene, süß schmeckende [feinkörnige, lockere, weiß aussehende] Substanz, die ein Nahrungsmittel darstellt:
weißer, brauner, feiner, gestoßener, gemahlener Z.;
gesponnener Z. (österr.; Zuckerwatte);
ein Pfund Z.;
ein Esslöffel [voll] Z.;
ein Stück Z. (Würfelzucker);
die Früchte sind süß wie Z.;
Z. herstellen, gewinnen, raffinieren;
nimmst du Z. in den, zum Kaffee?;
etw. mit Z. süßen, zubereiten;
den Tee ohne Z. trinken;
Z. sein (salopp; in Begeisterung, Bewunderung hervorrufender Weise schön, gut, wunderbar, herrlich sein: das Mädchen, deine Idee ist Z.);
jmdm. Z. in den Hintern/Arsch blasen (derb; jmdn. [in schmeichlerischer Weise] übermäßig verwöhnen);
b) (Chemie) kristalline, wasserlösliche Verbindung aus Sacchariden.
2. <o. Pl.>
a) (Medizinjargon) Kurzf. von Blutzuckerspiegel:
den Z. bestimmen;
b) (ugs.) Kurzf. von Zuckerkrankheit:
sie ist an Z. erkrankt.

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Zucker
 
[mittelhochdeutsch zuker, von italienisch zucchero über arabisch sukkar von altindisch śárkarā »Kieselsteine«, »gemahlener Zucker«], im chemisch fachsprachlichen Sinn zusammenfassende Bezeichnung für die kristallinen, wasserlöslichen, meist süß schmeckenden Kohlenhydrate aus den Reihen der Mono- und Oligosaccharide; im allgemeinsprachlichen Sinn Bezeichnung für das Disaccharid Saccharose, das v. a. aus Zuckerrohr und Zuckerrüben (Rohr- beziehungsweise Rübenzucker), daneben auch in geringem Umfang aus einigen anderen Pflanzen, z. B. Zuckerahorn, Zuckerhirse und Zuckerpalme, gewonnen wird. Dieser »gewöhnliche« Zucker ist eine gut kristallisierende, angenehm süß schmeckende Substanz, die beim Erhitzen auf mehr als 200 ºC in ein braun gefärbtes Gemisch verschiedener Röstprodukte (Karamell) übergeht. In Lösung zeigt Zucker optische Aktivität und dreht die Ebene von linear polarisiertem Licht nach rechts. Bei Einwirkung verdünnter Säuren wird Zucker in ein äquimolares Gemisch der Monosaccharide D-Glucose und D-Fructose (Invertzucker) hydrolysiert.
 
Gewinnung:
 
Die Saccharose liegt in den Pflanzen fertig gebildet vor; sie wird heute in meist hoch mechanisierten und zum Teil automatisierten Fabriken mit Verarbeitungskapazitäten von einigen Hundert bis einigen Tausend t Rohstoff je Tag aus ihnen abgetrennt. Wegen der Verderblichkeit der Rohstoffe müssen Zuckerfabriken in engem räumlichen und organisatorischen Kontakt mit den Anbauern stehen;ddarüber hinaus ist es erforderlich, dass sie sich dem landwirtschaftlichen Rhythmus anpassen, besonders durch unterbrechungslose Schichtarbeit während der erntebedingten »Kampagne«, auf die für den Rest des Jahres eine völlige Produktionspause folgt.
 
Da sich der saccharosehaltige Saft bei der Zuckerrübe in den Wurzeln, beim Zuckerrohr in den Stängeln befindet, ist der technologische Prozess am Anfang verschieden. Die Zuckerrüben werden entblattet geliefert und nach gründlichem Waschen in Schneidemaschinen durch rotierende Messer in Schnitzel zerlegt. Um den Austritt des Saftes aus den Pflanzenzellen zu ermöglichen, werden die Zellen durch Wärmeeinwirkung (Brühen) teilweise zerstört; die Schnitzel passieren langsam einen Extraktionsapparat, in dem ihnen durch entgegenströmendes Wasser die Saccharose u. a. lösliche Stoffe entzogen werden. Der Extrakt wird dann zu Zucker weiterverarbeitet; die als Rückstand verbleibenden ausgelaugten Zuckerrübenschnitzel werden als Viehfutter verwendet. - Das Zuckerrohr ist in seinen warmen Anbaugebieten nicht lagerungsfähig und muss dort im Tempo seiner Verarbeitung geerntet und zur Fabrik gebracht werden. Die Stängel werden durch rotierende Messer oder Hammermühlen (Shredder) zerfasert und durchlaufen dann ein Mühlentandem aus einigen hintereinander geschalteten Walzenpressen, wobei sie mehrfach befeuchtet werden (Imbibition). Der durch das Imbibitionswasser verdünnte saccharosehaltige Saft geht zur weiteren Zuckerfabrikation; die ausgepressten Zuckerrohrstängel werden als Bagasse weiterverwendet.
 
Die aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr gewonnenen Extrakte beziehungsweise Presssäfte (Rohsaft) enthalten 13-17 % Trockensubstanz, die zu 85-90 % aus Saccharose besteht und daneben zahlreiche Nichtzuckerstoffe (Salze, Säuren, Proteine, Pektine u. a.) enthält. Im Gegensatz zu den ursprünglichen Zellsäften ist der Rohsaft infolge oxidativer und enzymatischer Vorgänge dunkelgrau bis schwarz gefärbt und trübe. Bei der Saftreinigung wird der Rohsaft zunächst mit Kalkmilch und gebranntem Kalk versetzt, wobei der größte Teil der Nichtzuckerstoffe ausfällt; danach leitet man (meist mehrmals) Kohlendioxid ein, um das überschüssige Calciumhydroxid als Calciumcarbonat auszufällen (Carbonatation). Durch mehrmaliges Filtrieren werden die ausgefällten Substanzen abgetrennt; die Filterrückstände enthalten neben 40 % Wasser bis zu 30 % Calciumcarbonat sowie Kaliumsalze, Phosphate u. a. und werden meist als Dünger verwendet. Der verbleibende neutrale Klarsaft wird anschließend mit Schwefeldioxid, Aktivkohle oder Ionenaustauschern aufgehellt und nach nochmaliger Filtration als hellgelber Dünnsaft der Verdampfstation zugeleitet. Hier wird er in mehreren Stufen zu einem goldgelben Konzentrat, dem Dicksaft, mit 68-72 % Trockensubstanz eingedampft, der anschließend wieder filtriert und in Eindampfkristallisatoren so lange weiter eingedickt wird, bis ein Teil des Zuckers auskristallisiert.
 
Die aus Kristallen und Muttersirup bestehende Kochmasse (Maische) wird in Kühlkristallisatoren abgelassen, in denen die Kristalle weiter wachsen. Die fertige Füllmasse kommt dann in Zentrifugen, in denen der Muttersirup von den Kristallen abgeschleudert wird. Die Kristalle sind in ihrem Innern farblos und bestehen aus fast reiner Saccharose, sind aber auf den Oberflächen mit einem anhaftenden Film von dunklem Muttersirup bedeckt und dadurch noch unrein und gelb (Rohzucker). Durch Waschen mit Wasser (Affination) wird in den Weißzuckerfabriken die unreine Schicht von den Kristalloberflächen entfernt, wodurch man einen weißen Verbrauchszucker (Affinade) erhält. Der ablaufende Muttersirup ist noch nicht an Saccharose erschöpft und wird erneut in Eindampf- und Kühlkristallisatoren und Zentrifugen behandelt, wodurch sich ein zweites, eventuell noch ein drittes Produkt geringerer Qualität ergibt, das durch einfache Affination nicht mehr ausreichend gereinigt werden kann. Solche minderen Rohzucker werden meist mit Dünnsaft wieder aufgelöst und dem normalen Dicksaft zugefügt, wodurch man als einziges Produkt eine sehr gute Affinade erhält. Die minderen Rohzucker können aber auch für sich in Wasser gelöst und nach Reinigung durch Aktivkohle oder Ionenaustauscher zu Raffinade umkristallisiert werden. Der letzte Rest, der als Ablauf bei Affinations- oder Raffinationsverfahren zurückbleibt und aus dem sich wirtschaftlich weiterer Zucker nicht auskristallisieren lässt, heißt Melasse. - Aus 100 kg Zuckerrüben gewinnt man 12-15 kg Zucker, etwa 3,4 kg Melasse und 45 kg Nassrübenschnitzel (4,5 kg Trockenschnitzel).
 
Neben den Weißzuckerfabriken gibt es, v. a. in den Exportländern, Rohzuckerfabriken, die ausschließlich nicht affinierten Rohzucker herstellen. In den Bestimmungsländern wird dieser Zucker in Raffinerien weiterverarbeitet, die jedoch keine Verbindung zur Landwirtschaft haben und während des ganzen Jahres arbeiten.
 
Sorten:
 
Unterschiede zwischen Rohr- und Rübenzucker werden im Handel nur bei den Rohzuckern gemacht, da bei ihnen die Unreinheiten die Geschmacksnuancen oder die Weiterverarbeitungsmöglichkeiten bestimmen. Bei Weißzucker findet keine Unterscheidung statt, da selbst mindere Qualitäten zu über 99 % aus Saccharose bestehen. Raffinaden gehören mit 99,9 % Saccharosegehalt zu den reinsten Stoffen, die großindustriell gewonnen werden.
 
Die meisten Sortenunterschiede beziehen sich auf Aussehen oder äußere Form des Zuckers, z. B. bei Kristallzucker die Angaben »grob« oder »fein« auf die Kristallgröße. Puderzucker ist feinstgemahlen; Instantzucker, der sich ohne Rühren löst, wird durch Agglomerieren von Puderzucker mit Dampf hergestellt; Kandiszucker wird durch langsame Kristallisation aus gesättigten Lösungen von reinem Zucker (brauner Kandiszucker unter Zugabe von Zuckercouleur) gewonnen; Würfelzucker entsteht durch Pressen von etwas angefeuchtetem Kristallzucker (ähnlich werden auch Zuckerhüte, Zuckerbrote u. a. Formzucker hergestellt). Flüssige Zucker, die besonders in der Lebensmittelindustrie verwendet werden, bestehen im Allgemeinen aus wässrigen Lösungen von Saccharose (meist mit standardisiertem Gehalt an Invertzucker). Brauner Zucker besteht aus unvollständig gereinigtem Rohzucker oder aus Weißzucker, dem Zuckercouleur oder Melasse zugesetzt wurde. - Zucker mit Zusätzen sind z. B. die Pektine enthaltenden Gelierzucker und die Lebensmittelfarbstoffe enthaltenden farbigen Zucker; spezielle Vergällungsmittel werden den für Fütterungszwecke in der Landwirtschaft verwendeten Futterzucker zugesetzt.
 
Verwendung:
 
Zucker zählt heute zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln des Menschen; in den industrialisierten Ländern z. B. werden durchschnittlich 10-15 % des täglichen Nährstoffbedarfs durch Zucker gedeckt. Daneben ist Zucker (häufig in Form zuckerhaltiger Nebenprodukte der Zuckergewinnung, v. a. Melasse) Ausgangsmaterial für einige biochemische Prozesse, z. B. für die Gewinnung von Äthylalkohol durch Gärung, für die Gewinnung von Zitronensäure oder für die Hefeproduktion. Da Zucker zu den nachwachsenden Rohstoffen gehört, versucht man zunehmend, ihn auch als Ausgangsmaterial für die Herstellung chemischer Produkte (z. B. von Tensiden, Zuckerester) zu nutzen.
 
Zucker als Nahrungsmittel:
 
Beim Verdauungsvorgang wird Zucker zu Glucose und Fructose gespalten und im Dünndarm schnell resorbiert. Die Glucose ist für die Funktion aller Organe, besonders für die Muskeltätigkeit und für die Funktion des Gehirns, das Glucose normalerweise als einzigen Energielieferanten verwendet, unentbehrlich; das Gehirn ist daher besonders empfindlich gegen einen zu niedrigen Blutglucosespiegel (»Blutzuckerspiegel«); die Umsetzung der Glucose im Stoffwechsel, für die auch Vitamin B1 benötigt wird, wird vom vegetativen Nervensystem und von Hormonen gesteuert. Die Leber vermag Glucose in Glykogen umzuwandeln, zu speichern und als Glucose wieder an das Blut abzugeben. - Reiner Zucker enthält, im Gegensatz z. B. zu stärke- oder zuckerhaltigen Nahrungsmitteln wie Getreideprodukten, Kartoffeln, Gemüse oder Obst keinerlei Wirkstoffe (Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente); auch in braunem Zucker sind meist nur äußerst geringe Mengen z. B. an Mineralstoffen enthalten. Zucker ist also stets als reiner Energieträger (»Kalorienträger«) anzusehen. Der Nährwert von 1 g Zucker beträgt 16,8 kJ (4,0 kcal). Bei vermehrter Zufuhr kann Zucker in Fett umgewandelt werden.
 
Große Bedeutung kommt dem Zucker bei der Entstehung der Zahnkaries (Karies) zu, da bakterielle Enzyme der Mundbakterien aus Zucker extrazelluläre Polysaccharide aufbauen können, die einen wesentlichen Bestandteil der Zahnbeläge (Plaques) bilden. Während jedoch der in Speisen oder Getränken enthaltene Zucker nur einen geringen Einfluss auf die Entstehung kariöser Schäden hat, wird die Karies besonders durch klebrige Zuckerprodukte (Bonbons, Sirupe u. a.), die lange in Kontakt mit den Zähnen bleiben, gefördert.
 
Wirtschaft:
 
Die weltweite Ernte von Zuckerrohr (v. a. Süd- und Mittelamerika sowie Asien) stieg auf 1 252,26 Mio. t (1998). Die Anbaufläche stieg auf 19,4 Mio. ha. Die größten Mengen wurden 1998 (jeweils in Mio. t) geerntet in Brasilien (338,3), Indien (265,0), China (85,6), Pakistan (53,1), Mexiko (48,9), Thailand (46,0), Australien (41,0), Kuba (35,0) und Indonesien (27,5). Die Produktion von Zucker aus Zuckerrohr betrug (in Mio. t Rohzuckerwert) in Brasilien 19,2, Indien 14,2, China 8,5, Australien 5,8, Mexiko 5,2, Thailand 4,3 und Kuba 3,2.
 
Die v. a. in Europa eingebrachte Welternte von Zuckerrüben stieg 1998 auf 258,8 Mio. t, die Anbaufläche sank auf 6,9 Mio. ha. Haupterzeugerländer waren 1998 (jeweils in Mio. t) Frankreich (31,4), die USA (29,6), Deutschland (26,8), die Türkei (20,0), die Ukraine (16,0), Polen (15,1), China (14,0), Italien (12,5) und Russland (10,8). Die größten Mengen an Rübenzuckers(in Mio. t Rohzuckerwert) produzierten die USA (7,4), Frankreich (4,6), Deutschland (4,0), die Türkei (2,7), die Ukraine (1,9), Polen (2,2) und Russland (1,4). Die Weltzuckererzeugung aus Zuckerrohr und Zuckerrüben betrug 127, 62 Mio. t Rohzuckerwert.
 
An der Weltzuckererzeugung hat der Rohrzucker seit 1970 einen Anteil von rd. zwei Dritteln (bis Anfang des 20. Jahrhunderts rd. die Hälfte). Nur etwa ein Zehntel der Zuckerproduktion wird über die Börsen gehandelt. Neben dem Handel über den freien Markt gibt es zwischen einigen Abnehmer- und Lieferländern langfristige Abkommen mit Präferenzpreisen, z. B. haben sich die EG-Staaten im Lomé-Abkommen verpflichtet, jährlich 1,3 Mio. t Zucker aus den Vertragsstaaten zum EG-Preis aufzukaufen. Aufgrund starker Produktions- und Preisschwankungen wurden seit 1937 »Internationales Zuckerabkommen« abgeschlossen, die zuletzt 1977 erneuert wurden. - In den EG-Staaten wird den Rübenbauern und Zuckerfabriken aufgrund der Marktordnung für Zucker (Agrarmarktordnungen der EG) eine Quotenregelung mit Grund- und Höchstquote auferlegt, wobei nur die Grundquote einer Abnahmegarantie unterliegt.
 
Geschichte:
 
In der Antike war Zucker unbekannt; gesüßt wurde mit Honig, in Anbauländern des Zuckerrohrs, besonders Indien, auch mit dessen Saft. Bereits im »Arthashastra« werden Zucker und Zuckerrohr sowie die Gewinnung, Verwendung und Besteuerung verschiedener Zuckersorten erwähnt. Die Kristallisation von reinem Zucker aus dem Saft des Zuckerrohrs wurde wahrscheinlich in Indien im 4. Jahrhundert n. Chr. entdeckt. Vermittler dieser Kenntnis im Abendland waren die Araber, die die Raffinationsmethoden vervollkommneten und von Persien über Alexandria bis nach Venedig verbreiteten; weitere Kenntnisse gelangten zur Zeit der Kreuzzüge nach Europa. Zucker war zunächst ein vielfältig verwendetes Arzneimittel, besonders in der arabischen Medizin; auch in den Apotheken Europas spielte er v. a. als Heil- und Stärkungsmittel eine wesentliche Rolle. Ende des 16. Jahrhunderts wurden in Augsburg (1573) und Dresden (1587) erste deutsche Zuckerraffinerien errichtet, die v. a. importierten amerikanischen Rohrzucker verarbeiteten. Dennoch blieb Zucker eine Luxusware, bis seine Gewinnung aus Rüben (nach Entdeckung dieser Möglichkeit durch A. S. Marggraf, 1747, und dank der technischen Entwicklung durch F. C. Achard, 1801) bekannt wurde. Nach der durch Napoleon I. 1806 verhängten Kontinentalsperre kam es in Deutschland und Frankreich zur Gründung mehrerer, jedoch noch unrentabel arbeitender Rübenzuckerfabriken; ab 1811 wurde in Frankreich der Import von Rohrzucker verboten und die Produktion von Rübenzucker stark gefördert. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Gewinnung von Rübenzucker zu einem leistungsstarken Industriezweig, der zu einem Konkurrenten der Rohrzuckerproduktion wurde.
 
Literatur:
 
H. Blume: Geography of sugar cane (Berlin 1985);
 B. Jaenicke: Die internat. Z.-Übereinkommen von 1977 u. 1984 (1985);
 S. W. Mintz: Die süße Macht. Kulturgesch. des Z. (a. d. Amerikan., 1987);
 J. H. Galloway: The sugar cane industry. An historical geography from its origins to 1914 (Cambridge 1989);
 J. Schröder: Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz der EG-Z.-Marktpolitik (1991);
 
Zum Beispiel Z., bearb. v. E. Launer (1998).
 

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Zụ|cker, der; -s, (Sorten:) - [mhd. zuker < ital. zucchero < arab. sukkar < aind. śárkarā = Kieselsteine; gemahlener Zucker]: 1. a) aus bestimmten Pflanzen (bes. Zuckerrüben u. Zuckerrohr) gewonnene, süß schmeckende [feinkörnige, lockere, weiß aussehende] Substanz, die ein Nahrungsmittel darstellt: weißer, brauner, feiner, gestoßener, gemahlener Z.; ein Pfund Z.; ein Esslöffel [voll] Z.; ein Stück Z. (Würfelzucker); die Früchte sind süß wie Z.; Z. herstellen, gewinnen, raffinieren; nimmst du Z. in den, zum Kaffee?; etw. mit Z. süßen, zubereiten; Kaffee mit Milch und Z.; Statt Tee gibt's Wasserkakao, sehr heiß, mit viel Z. (Dorpat, Ellenbogenspiele 25); den Tee ohne Z. trinken; *Z. sein (salopp; in Begeisterung, Bewunderung hervorrufender Weise schön, gut, wunderbar, herrlich sein): das Mädchen, deine Idee ist Z.; jmdm. Z. in den Hintern/Arsch blasen (derb; jmdn. [in schmeichlerischer Weise] übermäßig verwöhnen): Andere rackern sich ab, und dir blasen sie Z. in den Hintern (Bieler, Bär 255); b) (Chemie) kristalline, wasserlösliche Verbindung aus Sacchariden: Diese einfachen Z. entstehen bei der Photosynthese der Pflanzen (MM 29. 10. 70, 3); das Hormon Insulin, das für die Glykogenbildung in den Körperzellen und die Verbrennung des -s notwendig ist (Medizin II, 158). 2. <o. Pl.> a) (Med. Jargon) kurz für ↑Blutzuckerspiegel: den Z. bestimmen; b) (volkst.) kurz für ↑Zuckerkrankheit: Mein Onkel hat hochgradig Z. (Ott, Haie 24); sie ist an Z. erkrankt.

Universal-Lexikon. 2012.