Akademik

Arzt
Mediziner; Weißkittel (umgangssprachlich); Halbgott in Weiß (umgangssprachlich); Doktor

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Arzt [a:ɐ̯ts̮t], der; -es, Ärzte ['ɛ:ɐ̯ts̮tə], Ärz|tin ['ɛ:ɐ̯ts̮tɪn], die; -, -nen:
Person, die Medizin studiert hat und die staatliche Erlaubnis hat, Kranke zu behandeln:
der behandelnde Arzt; den Arzt aufsuchen, holen, rufen lassen, konsultieren; zum Arzt gehen; ich muss noch meine Ärztin anrufen.
Syn.: Doktor (ugs.), Doktorin (ugs.).
Zus.: Augenarzt, Augenärztin, Frauenarzt, Frauenärztin, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Hals-Nasen-Ohren-Ärztin, Hautarzt, Hautärztin, Kinderarzt, Kinderärztin, Nervenarzt, Nervenärztin, Tierarzt, Tierärztin, Zahnarzt, Zahnärztin.

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Arzt 〈m. 1uMedizin-, Heilkundiger mit Hochschulausbildung u. Approbation ● den \Arzt konsultieren; praktischer \Arzt 〈nur noch umg.〉 Arzt, der sich nicht auf ein Fachgebiet spezialisiert hat; Ggs Facharzt; abtanzen, feiern, trinken bis der \Arzt kommt 〈fig.; umg.〉 bis zum Umfallen; zum \Arzt gehen [<ahd. arzat <spätlat. archiater <grch. archiatros „Oberarzt“]

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Arzt , der; -es, Ärzte [mhd. arzet, arzāt, ahd. arzāt < spätlat. archiater < griech. archi̓atros = Oberarzt, zu: archi- (Architekt) u. iatrós = Arzt]:
jmd., der nach Medizinstudium u. klinischer Ausbildung die staatliche Zulassung (Approbation) erhalten hat, Kranke zu behandeln (Berufsbez.):
der behandelnde, leitende A.;
er ist praktischer A.;
den A. fragen, konsultieren, holen;
zum A. gehen;
bis der A. kommt (ugs.; ohne [zeitliche] Begrenzung, ohne Einschränkung, bis zum Überdruss: feiern, bis der A. kommt).

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Arzt
 
[althochdeutsch arzāt, über spätlateinisch archiater aus griechisch archíatros »Oberheilkundiger«], Berufsbezeichnung für Männer oder Frauen (Ärztinnen), die nach einer wissenschaftlichen Ausbildung den Heilberuf ausüben und zum Führen dieser Bezeichnung aufgrund der Approbation berechtigt sind.
 
 Berufsbild
 
Aufgaben des Arztes sind, Krankheiten zu erkennen, zu heilen oder zu lindern und das Leben, auch das werdende, zu schützen. Er hat der Gesundheit des einzelnen wie der Gesamtbevölkerung zu dienen. Dazu gehören auch Gesundheitsberatung, Krankheitsvorsorge, -früherkennung und Wiedereingliederung (Rehabilitation) Kranker und Behinderter in die Gesellschaft.
 
Der Beruf des Arztes ist einer der ältesten der Menschheitsgeschichte und, in verschiedenen Ausprägungen, Bestandteil der Kultur aller Völker. Seinem Wesen nach ist er ein freier Beruf, auch dann, wenn der Arzt im Angestellten- oder Beamtenverhältnis tätig ist. Er versteht sich, trotz zunehmender Spezialisierung in Gebiete und Teilgebiete der Medizin, als einheitlicher Beruf und sucht damit der Forderung zu entsprechen, den Menschen aus ärztlicher Sicht stets in seiner Ganzheit (Leib und Seele) zu sehen. Das Bild des Arztes ist, zumindest in den Augen der Öffentlichkeit, überwiegend naturwissenschaftlich geprägt. Neben der Schulmedizin gibt es aber seit jeher, in den letzten Jahren nicht zuletzt unter dem Einfluss einer zunehmenden Technisierung der Medizin eher verstärkt, Tendenzen zur Anwendung wissenschaftlich nicht (oder noch nicht) erklärbarer Methoden in Diagnostik und Therapie. Dazu gehören die Erfahrungsheilkunde (z. B. Außenseiterverfahren, alternative Medizin), innerhalb dieser die Homöopathie und bestimmte Bereiche der Naturheilkunde, die zunehmend auch fernöstliche Behandlungsverfahren, z. B. die Akupunktur, einbeziehen. Die früheren Randgebiete der Schulmedizin wie Psychosomatik oder Sozialmedizin sind inzwischen weitgehend in die Lehrpläne der wissenschaftlich-analytischen Medizin eingegliedert.
 
Das Berufsbild des Arztes hat sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Es ist gekennzeichnet durch eine immer stärker werdende Spezialisierung sowie auch Technisierung innerhalb der Medizin. Zum einen wachsen hierdurch die Möglichkeiten, dem Patienten zu helfen, andererseits wird die fachübergreifende Zusammenarbeit der Ärzte immer bedeutsamer. Der größte Teil der Ärzte ist heute nicht mehr in eigener Praxis, sondern in Institutionen (Krankenhäuser, öffentlicher Gesundheitsdienst, Verwaltungen, pharmazeutische Industrie und Betriebe) tätig. Gesetzgebung und Verwaltungen greifen immer stärker in ärztliches Handeln ein. Schließlich unterliegt der Arzt heute - nicht zuletzt unter dem Einfluss der Massenmedien - mehr als früher gesellschaftliche Kritik, aber auch der fachlichen Überprüfung und Überwachung wirtschaftlichen Behandlungsweise durch hierfür legitimierte Berufskollegen.
 
 Ausbildung, Zulassung zum Beruf
 
In Deutschland findet die Ausbildung zum Arzt auf der Grundlage der Hochschulreife an den medizinischen Fakultäten der wissenschaftlichen Hochschulen statt. Sie gliedert sich in einen vorklinischen (besonders theoretisch-naturwissenschaftlichen) Teil (mindestens vier Semester) mit ärztlicher Vorprüfung und einen klinischen Teil (mindestens sechs Semester) sowie ein praktisches Jahr in einem dafür zugelassenen Krankenhaus. Nach Bestehen der Prüfungen (ärztliche Vorprüfung [Physikum], ärztliche Prüfung) erteilt der Staat zunächst nur eine befristete Berufserlaubnis als Arzt. Die Approbation wird erst nach einer anschließenden Praktikumszeit (Arzt im Praktikum; 18 Monate nach §§ 34 a-34 d Approbationsordnung für Ärzte in der Fassung vom 14. 7. 1987) erteilt. Bestandteile der Ausbildung sind eine Ausbildung in erster Hilfe, ein Krankenpflegedienst von zwei Monaten und eine Famulatur von vier Monaten.
 
Die Erwartungen, die im Anschluss an die neue Approbationsordnung von 1970 hinsichtlich einer Ausbildungsreform (besonders in Richtung eines verstärkten Praxisbezugs) geknüpft wurden, haben sich nur zum Teil erfüllt. Es wird kritisiert, dass die Ausbildung immer noch zu stark an Spezialfragen der Medizin orientiert sei. Die trotz Numerus clausus (seit 1965) ständig zunehmende Zahl von Medizinstudenten hat nach Auffassung vieler Beteiligter zu einer Überforderung der Hochschulen, der klinischen Einrichtungen und des Lehrpersonals geführt.
 
Unabhängig von der Approbation kann der Arzt durch Promotion den Titel eines Doktors der Medizin (Dr. med.) erwerben; dieser ist jedoch nicht Voraussetzung für die Ausübung des Berufs.
 
In Österreich ist die Universitätsausbildung ähnlich; der klinische Teil kann jedoch erst nach dem ersten Rigorosum begonnen werden. Nach Ablegung des zweiten und dritten Rigorosums erfolgt die Promotion zum Dr. med. oder Dr. med. univ. (Doktor der gesamten Heilkunde). Die Berufsausübung als praktischer Arzt verlangt eine dreijährige praktische Tätigkeit in einer Universitätsklinik oder einem dafür zugelassenen Krankenhaus. In der Schweiz ist ein sechsjähriges Studium vorgeschrieben, die weiteren Regelungen sind kantonal unterschiedlich. Das eidgenössische Arztdiplom berechtigt den Anspruch auf eine Bewilligung zur Berufsausübung in allen Kantonen; der Doktorgrad wird hierfür nicht vorausgesetzt.
 
 Weiterbildung, Fortbildung
 
Ziel der Weiterbildung ist es, Ärzte nach Abschluss ihrer Berufsausbildung im Rahmen einer Berufstätigkeit eingehende Kenntnisse und Erfahrungen in den Gebieten, Teilgebieten und Bereichen zu vermitteln, für die neben der Berufsbezeichnung zur Ankündigung einer speziellen ärztlichen Tätigkeit weitere Bezeichnungen geführt werden dürfen.
 
Mit der Weiterbildung kann erst nach der Approbation als Arzt oder nach Erteilung der Erlaubnis zur Ausübung des ärztlichen Berufes begonnen werden; der Beginn der Weiterbildung zum Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen setzt auch eine abgeschlossene zahnärztliche Ausbildung voraus.
 
Die Weiterbildung umfasst insbesondere die Vertiefung der Kenntnisse und Fähigkeiten in der Verhütung, Erkenntnis und Behandlung von Krankheiten, Körperschäden und Leiden einschließlich der Wechselbeziehungen zwischen Mensch und Umwelt sowie in der Begutachtung und den notwendigen Maßnahmen der Rehabilitation und Qualitätssicherung.
 
Dauer und Inhalt der Weiterbildung richten sich nach den Bestimmungen der Weiterbildungsordnung. Die dort angegebenen Weiterbildungszeiten sind Mindestzeiten. Die Weiterbildung in den Gebieten und Teilgebieten ist ganztägig und in hauptberuflicher Stellung durchzuführen. Wenn eine ganztägige Weiterbildung nicht möglich ist, kann die Weiterbildung halbtägig erfolgen, wobei diese Zeit bis zur Hälfte anrechnungsfähig ist.
 
Innerhalb der vorgeschriebenen Weiterbildungszeit für ein Gebiet soll mindestens ein Jahr unter Leitung eines Arztes abgeleistet werden, der im vollen Umfang zur Weiterbildung ermächtigt ist.
 
Wer als Arzt eine Gebietsbezeichnung führt, hat sich in seiner Berufsausübung grundsätzlich auf dieses Gebiet zu beschränken.
 
Von der formellen Weiterbildung zu unterscheiden ist die Fortbildung des Arztes. Er soll seine Kenntnisse und Berufserfahrungen stets auf dem gesicherten Stand der medizinischen Wissenschaft und des ärztlichen Handelns halten; dazu ist er nach dem Gesetz und der Berufsordnung verpflichtet.
 
 Ärztliche Ethik
 
An das ethische Verhalten des Arztes werden von der Gesellschaft seit jeher besondere Anforderungen gestellt. Diese sind festgelegt im Arztgelöbnis (früher »Eid des Hippokrates«), ferner in gesetzliche Vorschriften, die den Arzt verpflichten, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und dem ihm im Zusammenhang mit dem Beruf entgegengebrachten Vertrauen zu entsprechen. Zur aktuellen Problematik medizinischer Ethik gehört v. a. die Sterbehilfe sowie allgemein der Themenkreis der »Humanität am Krankenbett«; nicht unumstritten sind auch bestimmte Aspekte des Embryotransfers (Insemination, In-vitro-Fertilisation), der Organtransplantation (Transplantation) oder der Gentechnologie. Über die Einhaltung der ethischen Verhaltensnormen und der vom Berufsstand selbst aufgestellten Berufsordnung wachen die Ärztekammern; bei Zuwiderhandlungen werden ärztliche Berufsgerichte tätig.
 
 Sozialversicherung und private Krankenversicherung
 
Der Arzt ist - ebenso wie die Institutionen des Gesundheitswesens - weitgehend in die gesetzliche Sozialversicherung eingebunden und findet in der Zusammenarbeit mit ihr auch einen wesentlichen Teil seines wirtschaftlichen Einkommens. Dem sozialversicherten Patienten (Kassenpatient) werden die ärztlichen Leistungen als Dienstleistungen zur Verfügung gestellt, die er auf Krankenschein oder ähnlichen Berechtigungsschein bezieht. Die Honorierung in dem rechtlichen Dreiecksverhältnis Arzt-Patient-Sozialleistungsträger übernimmt der Leistungsträger, z. B. die Krankenkasse, in Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Der Patient behält aber auch hier unter allen zugelassenen Kassenärzten freie Arztwahl.
 
Wenn der Patient bei einem Unternehmen der privaten Krankenversicherung für ärztliche Behandlung versichert ist, berührt dies seine Rechtsbeziehungen zum Arzt nicht. Die private Versicherung erstattet, je nach dem Versicherungstarif, ganz oder teilweise die vom Patienten gezahlten Honorare.
 
 Berufsorganisation
 
Jeder Arzt gehört kraft des Gesetzes der für ihn örtlich zuständigen Ärztekammer an; wenn er kassenärztlich tätig sein will, gehört er auch obligatorisch der Kassenärztlichen Vereinigung an. Daneben gibt es freiwillige Zusammenschlüsse in wissenschaftlichen Fachgesellschaften zur Förderung von Forschung und Wissenschaft, ferner in Berufsverbänden, welche die speziellen, zumeist wirtschaftliche Belange vertreten, sowie in freien Verbänden (Marburger Bund, Hartmannbund u. a.), die allgemeine berufspolitische und wirtschaftliche Belange der Ärzteschaft insgesamt oder bestimmter Gruppierungen wahrnehmen.
 
 Recht
 
Status des Arztes:
 
Der ärztliche Beruf ist kein Gewerbe, sondern ein freier Beruf (§ 1 Bundesärzteordnung).
 
Behandlungspflicht:
 
Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient beruht in der Regel auf einem Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB), da der Arzt vor allem das Bemühen um Heilung schuldet. Nach den Umständen des Einzelfalls kann auch ein Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) vorliegen, wenn ein bestimmter Erfolg (z. B. Anfertigung einer Prothese, eines wissenschaftlichen Gutachtens) geschuldet ist. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestimmt § 76 Absatz 4 Sozialgesetzbuch V, dass der Arzt dem Kassenpatienten zur Sorgfalt nach den Vorschriften des bürgerlichen Vertragsrechts verpflichtet ist. Der approbierte und niedergelassene Arzt kann nicht gezwungen werden, einen bestimmten Patienten zu behandeln. Allerdings ist er gegenüber jedem, der sich in akuter Not befindet, zur Behandlung verpflichtet; unterlässt er dies, kommt eine Strafbarkeit wenigstens wegen unterlassener Hilfeleistung in Betracht.
 
Haftung:
 
Die Haftung des Arztes ist aus Vertrag oder unerlaubter Handlung möglich. Anknüpfungspunkt für die Schadensersatzpflicht oder strafrechtliche Haftung ist insbesondere die fehlende Einwilligung des Patienten in den konkreten Eingriff (eine solche fehlt auch, wenn der Arzt die ärztliche Aufklärungspflicht verletzt). Trotz wirksamer Einwilligung kann der Arzt haften, wenn ihm oder seinen Erfüllungsgehilfen ein Fehler unterläuft, der allgemein menschlicher, organisatorischer oder eigentlich medizinischer Art sein kann. Im Prozess muss der Patient den Behandlungsfehler und die Kausalität zwischen Behandlungsfehler und eingetretenem Schaden nachweisen. Die Frage, ob ein vom Arzt zu vertretender Behandlungsfehler (»Kunstfehler«) vorliegt, wird anhand eines speziellen Maßstabs ermittelt: Es ist zu klären, ob zum Zeitpunkt seiner Vornahme der Eingriff »medizinisch indiziert« (»angezeigt«) war, also nach den persönlichen und sachlichen Gegebenheiten geboten oder wenigstens vertretbar war und ob er »nach den Regeln der ärztlichen Kunst« (»lege artis«) vorgenommen wurde. Tritt trotz Beachtung dieser Grundsätze der erstrebte Behandlungserfolg nicht ein, ist der Arzt insoweit weder zivil- noch strafrechtlich haftbar. Rechtlich umstritten ist die Frage, ob der zum Wohle des Patienten durchgeführte ärztliche Eingriff den Tatbestand einer Körperverletzung im Sinne der §§ 223 ff. StGB erfüllt, dessen Rechtswidrigkeit und Strafbarkeit durch die Einwilligung des Patienten entfalle (so die Rechtsprechung). Dagegen wird in der Rechtswissenschaft auch die Auffassung vertreten, dass der zu Heilzwecken und nach den Regeln der ärztlichen Kunst vorgenommene Eingriff bereits tatbestandsmäßig keine Körperverletzung sei.
 
Schweigepflicht, Schweigerecht:
 
Staatliches Strafrecht (§ 203 StGB) und ärztliches Standesrecht verpflichten den Arzt zur Verschwiegenheit über alles, was ihm in Ausübung seines Berufs über seine Patienten anvertraut oder bekannt geworden ist. Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient setzt voraus, dass nichts von dem bekannt wird, was letzterer seinem Arzt anvertraut. Damit unterliegen besonders Untersuchungsbefunde, Diagnosen, Behandlungsverfahren, persönliche Lebensumstände wie überhaupt die Tatsache einer ärztlichen Behandlung als »Patientengeheimnis« der Schweigepflicht des Arztes. Diese besteht auch nach dem Tod des Patienten oder nach einer Praxisübernahme fort und umfasst auch die berufsmäßigen Gehilfen des Arztes sowie alle, die sich in der Ausbildung befinden. Sie besteht gegenüber jedermann, also auch gegenüber Angehörigen und Bekannten des Patienten, Behörden und Gerichten (gegenüber letzteren gemeint § 53 StPO, Berufsgeheimnis).
 
Der Patient kann den Arzt von der Schweigepflicht entbinden, was den Arzt als Zeugen im Straf- und Zivilprozess zur Aussage verpflichtet. Durch Gesetz sind dem Arzt Meldepflichten auferlegt. Schließlich darf oder muss der Arzt in Ausnahmefällen die Schweigepflicht zur Wahrung eines höheren Rechtsguts seinerseits durchbrechen.
 
Ärztliche Aufklärungspflicht:
 
Die Rechtsprechung hat in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung für die ärztliche Aufklärungspflicht sehr bestimmte Maßstäbe entwickelt. Danach ist der Arzt verpflichtet, den Patienten wenigstens »im großen und ganzen« darüber zu unterrichten, was mit ihm geschehen soll, welche Gefahren eine Behandlung (ein Eingriff) oder deren Unterlassen mit sich bringen kann. Die Art und Weise der Unterrichtung steht im Ermessen des Arztes. Er kann hierbei einerseits eine etwaige Sachkunde des Patienten berücksichtigen sowie andererseits etwaige mögliche psychologische Rückwirkungen auf diesen. Die Pflicht zur Aufklärung ist dann verschärft, wenn z. B. die Möglichkeit von Misserfolgen und/oder unerwünschten Nebenwirkungen ein bestimmtes Maß überschreitet. Sie muss ferner dann umfassend sein, je weniger notwendig ein Eingriff aus medizinischer Sicht ist, wie z. B. bei kosmetischen Operationen. Ist die Einwilligung des Patienten zu einem geplanten Eingriff nicht erreichbar, z. B. bei Ohnmacht oder bei etwaigen Änderungen und/oder Erweiterungen des Eingriffs während einer Operation, die aufgrund der Diagnose nicht von vornherein für möglich gehalten werden mussten, dann bedarf es ihrer nicht. Die Beweislast dafür, dass der Patient entsprechend informiert wurde, liegt bei Haftung aus unerlaubter Handlung beim Arzt. Da mangelnde Aufklärung die Einwilligung in den geplanten Heileingriff aufhebt und damit die Möglichkeit der Schadenersatzforderung eröffnet, die sich auch gegen Krankenhausträger richten kann, verlangen letztere in der Regel die schriftliche Form der Einwilligung.
 
Meldepflichten:
 
Die Schweigepflicht des Arztes ist bei einer Reihe von Tatbeständen durch das Gesetz durchbrochen, soweit dies das übergeordnete Interesse der Allgemeinheit erfordert. Meldepflicht besteht u. a. bei bestimmten Infektionskrankheiten nach dem Bundesseuchengesetz (Seuche, meldepflichtige Krankheiten), bei Geschlechtskrankheiten unter bestimmten Voraussetzungen (§ 12 Geschlechtskrankheitengesetz) sowie bestimmten körperlichen oder geistigen Behinderungen von Kindern (Bundessozialhilfegesetz), bei Berufskrankheiten (§§ 3 ff. Berufskrankheiten-VO), bei notwendiger Einweisung in psychiatrischen Krankenhäuser und bei Kenntnis bevorstehender Kapitalverbrechen durch Anzeige nach § 138 StGB. Ferner muss der Arzt nach dem Personenstandsgesetz in bestimmten Fällen Geburten und Sterbefälle beim Standesamt melden.
 
Aufzeichnungen:
 
Der Arzt hat über seine Feststellungen und Maßnahmen Aufzeichnungen anzufertigen und diese mindestens 10 Jahre aufzubewahren; sie unterliegen den Vorschriften über die Schweigepflicht. Umstritten ist die Frage, inwieweit der Patient einen Anspruch auf Einsichtnahme in die ihn betreffenden Krankenunterlagen hat. Allgemein wird ein solcher Anspruch bejaht. Er gilt nicht uneingeschränkt; ausgenommen sind z. B. Aufzeichnungen, die nicht konstatieren, sondern erwägen, also ein schriftliches Selbstgespräch des Arztes sind; ferner können therapeutische Rücksichten gegen den Patienten selbst und schutzwürdige Interessen Dritter das Einsichtrecht einschränken. Auch können sich Einschränkungen aus dem Datenschutzrecht ergeben.
 
Honorar:
 
Für seine Leistungen hat der Arzt Anspruch auf Honorar. Grundlage ist die Gebührenordnung für Ärzte, von der jedoch durch Einzelvereinbarung abgewichen werden kann.
 
Notfallbereitschaftsdienst, Rettungswesen:
 
Der Arzt soll für seine Patienten stets leistungsbereit sein. Er trägt für sie auch außerhalb der üblichen Sprechstunden oder Dienstzeiten die Verantwortung. Zur Erleichterung der Dienstpflichten der niedergelassenen Ärzte haben Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen fast überall in Deutschland einen organisierten Notfallbereitschaftsdienst eingerichtet. Er übernimmt besonders nachts sowie in den sprechstundenfreien Zeiten die Aufgaben des behandelnden Arztes. Daneben besteht nach Landesrecht ein mit Not(fall)-Ärzt, Notarztwagen, Krankentransportwagen und Hubschraubern ausgestattetes Rettungswesen.
 
 Statistik
 
Das Netz der ärztlichen Versorgung in Deutschland hat sich zunehmend verdichtet. Die Zahl der berufstätigen Ärzte stieg 1995 auf 267 186. Die Zuwachsrate zum Vorjahr betrug 2,8 %.Von ihnen wirkten rd. 48 % im Krankenhaus, 41 % in freier Praxis und 11 % bei Gesundheitsbehörden oder sonstigen Institutionen. Der Anteil der Ärztinnen an der Gesamtärztezahl stieg auf nunmehr 94 097, das entspricht 35,2 %.
 
Die Anzahl der Ärzte ohne ärztliche Tätigkeit betrug 1995 59 574. Arbeitslos waren nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes vom September 1994 7 811 Ärzte.
 
 Geschichte
 
Feldärzte sind bereits aus dem alten Ägypten bekannt, Hofärzte wirkten am Hof der Seleukiden in Antiochia. Inder, Ägypter, Griechen und Araber betrachteten die Heilkunde als Geheimwissenschaft. So gehörten die Priester Äskulaps einem geheimen Orden an, der medizinische Kenntnisse vermittelte; ihr Zeichen war der Äskulapstab. Der bedeutendste dieser Äsklepiaden war Hippokrates. Die Hippokratiker operierten in Alexandria und verbreiteten von dort die spezielle Kunst der Chirurgie. In Rom gab es schon ein staatliches Gesundheitswesen unter den archiatri populares. Römische Ärzte wirkten später am Hof der Merowinger und an anderen Königshöfen, dann auch an den Sitzen geistlicher und weltlicher Fürsten. Roger I. von Sizilien und der Staufer Friedrich II. legten den Grund zu einer fortschrittlichen Medizinalverfassung. In Deutschland führte man eine solche im 16. Jahrhundert ein (Brandenburg-Preußen z. B. 1573). Im 15. Jahrhundert bürgerte sich für den gelehrten Arzt in Deutschland die Bezeichnung Doctor, im 16. Jahrhundert die Bezeichnung Arzt ein. Neben den Ärzten wirkten noch Bader und Aderlasser, v. a. auf dem Gebiet der Chirurgie. Erst durch die Reform des Gymnasiums unter W. von Humboldt wurden Abitur und Universitätsstudium der unumgängliche ärztliche Bildungsweg. 1808 schufen die Reformer in Preußen eine wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen. Diese setzte Abitur und vier Jahre Ausbildung fest. Im Zuge der fortschreitenden Spezialisierung entwickelten sich besonders im 19. Jahrhundert die einzelnen fachärztlichen Berufszweige. Nach 1871 entstand das Reichsgesundheitsamt. Die Bundesstaaten richteten Medizinalkollegien ein oder bildeten in den Innen- oder Kultusministerien entsprechende Abteilungen. Sie regelten das Ausbildungswesen und führten die alten Medizinaltaxen in die neuen Gebührenordnungen über, approbierten, überwachten die Tätigkeit der Ärzte, das Krankenhauswesen, die Vorschriften über Hygiene, das Krankenversicherungswesen und die Apotheken.
 
Literatur:
 
D. Franzki: Die Beweisregeln im A.-Haftungsprozeß (1982);
 M. Arnold: Der Beruf des A. in der Bundesrep. Dtl. (21984);
 
A. u. Heilkunde. Vom Asklepiospriester zum Klinikarzt, bearb. v. H. Goerke (21987);
 H. Narr: Ärztl. Berufsrecht, Losebl. (21988 ff.);
 F. F. Stobrawa: Die ärztl. Organisationen (21989);
 A. Laufs: A.-Recht (51993);
 W. Schell: A.-Pflichten - Patientenrechte (41993).
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Verantwortung des Arztes im 21. Jahrhundert
 

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Arzt, der; -es, Ärzte [mhd. arzet, arzāt, ahd. arzāt < spätlat. archiater < griech. archíatros = Oberarzt, zu: archi- (↑Architekt) u. iatrós = Arzt]: jmd., der nach Medizinstudium u. klinischer Ausbildung die staatliche Zulassung (Approbation) erhalten hat, Kranke zu behandeln (Berufsbez.): der behandelnde, leitende A.; den A. fragen, konsultieren, holen; zum A. gehen.

Universal-Lexikon. 2012.