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Adler
Ad|ler ['a:dlɐ], der; -s, -:
großer Greifvogel mit kräftigem Hakenschnabel und starken Krallen:
Adler sind beliebte Wappentiere.
Syn.: König der Lüfte (dichter.).

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Ad|ler 〈m. 3
1. 〈Zool.〉 großer Raubvogel mit sehr kräftigem Schnabel: Aquila
2. 〈Astron.〉 Sternbild der Äquatorzone des Himmels
[<mhd. adelare „edler Aar“; → Aar]

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Ad|ler , der; -s, -:
1. [mhd. adler, adelar(e), eigtl. = Edelaar, zu mhd. ar (Aar), das auch die »unedlen« Jagdvögel wie Bussard u. Sperber bezeichnete] großer Greifvogel mit kräftigem Hakenschnabel, befiederten Läufen u. starken Krallen.
2. stilisierter Adler (als Wappentier):
der preußische A.
3. <o. Pl.> Sternbild beiderseits des Himmelsäquators.

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I
Adler,
 
1) im weiteren Sinn nicht genau definierte Sammelbezeichnung für große, kräftige Arten der Greifvogelfamilie Habichtartige, wie Seeadler, Fischadler, Affenadler, Schlangenadler - Im engeren Sinn die Gattung Aquila, die neun Arten umfasst und hauptsächlich in der Alten Welt verbreitet ist. Alle Adler jagen selbst, sie gehen selten an Aas. Hauptbeute sind bodenlebende Wirbeltiere, v. a. Säuger, die sie aufgrund der außerordentlichen Sehschärfe ihrer Augen (Greifvögel) selbst aus großer Höhe erspähen. Adler segeln gut in Aufwinden. Beim Niederstoßen packt der Adler die Beute so mit den Fängen, dass drei Zehen nach vorn weisen und die große dolchartige Hinterkralle nach hinten in den Körper sticht. Durch den Griff wird die Beute erstickt. Die Weibchen legen in ein meist großes, aus Zweigen gebautes Nest (Horst) 2-3 Eier, jedoch wird häufig nur ein Junges aufgezogen. Ihr Bestand ist durch menschlichem Einfluss gefährdet, alle Arten sind geschützt. Der Steinadler (Aquila chrysaetos), mit einer Größe von 75-88 cm (bis 2,30 m Spannweite), lebt in Eurasien, Nordafrika und Nordamerika; in Deutschland nur in den Alpen. Der Kaiseradler (Aquila heliaca) ist etwas kleiner als der Steinadler (Größe 78-83 cm; Spannweite bis 2,15 m). Er lebt im Mittelmeerraum, auf der Balkanhalbinsel und in Asien bis zur Mongolei. Etwa gleich groß (66-78 cm; Spannweite bis 2 m) ist der Steppenadler (Aquila nipalensis), der in den Steppen Kasachstans und der Mongolei sowie im Norden und Südwesten Afrikas beheimatet ist. Beide ernähren sich vorwiegend von kleinen Nagern. Der Kaffernadler (Aquila verreauxi; Größe 75-95 cm) lebt in Afrika südlich der Sahara; der Schreiadler (Aquila pomarina; Größe 61-66 cm; Spannweite bis 1,70 m) kommt in Indien, in der Türkei, Osteuropa und westwärts bis in die Norddeutsche Tiefebene vor. Er ist ein Zugvogel. Der sehr ähnliche Schelladler (Aquila clanga; Größe 66-73 cm; Spannweite bis 1,85 m) bewohnt wasserreiche Gebiete und lebt von Wassergeflügel und Fischen.
 
In der Kunst des Alten Orients ist der Adler ein vielfach abgewandeltes Symboltier: Als Mischwesen stellt der löwenköpfige Adler (Imdugud) eine drohende oder auch Gefahr abwehrende Dämonengestalt dar; die Bedeutung des doppelköpfigen Adlers, v. a. auf Rollsiegeln und auf Reliefs im hethitischen Bereich (Alaca Hüyük, Adler schlägt Hasen), bleibt unklar. In der Antike sind Adler auf unzähligen Marmorreliefs, Vasenbildern, Gebrauchsgegenständen, Münzen und Gemmen, als Akroterion und auf Giebelfeldern der Tempel (Aetoma, »Adlerfeld«) abgebildet. Anregungen aus Asien führten dazu, dass die Goten seit dem 5. Jahrhundert große Adlerfibeln und Schnallen mit krummschnäbeligen Adlerköpfen fertigten. Aus der Bauplastik des Mittelalters sind die romanischen Adlerkapitelle, aus der kirchlichen Gebrauchskunst die Adlerpulte hervorzuheben. Der Adler erscheint in der Malerei häufig als Symbol des Evangelisten Johannes und der Himmelfahrt Christi, ferner als Attribut zahlreicher Heiliger.
 
Mythos, Volksglaube:
 
Allgemein gilt der Adler als Symbol der Herrschaft und des Göttlichen. Schon in den frühen Hochkulturen (Ägypten, Mesopotamien) sah man im Adler und verschiedenen Mischwesen (Greif) den Vogel der Könige und Götter. Im altindischen »Rigveda« tritt er als Garuda mit den Göttern Indra und Vishnu auf. Der sagenhafte sumerische König Gilgamesch wurde von einem Adler gerettet. Bei den Griechen war der Adler Symbol des Zeus, in Rom als Zeichen Jupiters Sinnbild der kaiserlichen Macht und in der Apotheose Zeichen der Göttlichkeit des Kaisers. Darüber hinaus betrachtete man den Adler bei den Völkern des Altertums und bei den Germanen als Glück bringenden Orakelvogel. In mittelalterlicher Zeit bezeichnete er auch die günstigste Stelle für einen Kirchen- oder Burgbau. Adlerfedern waren bei vielen nordamerikanischen Indianerstämmen ein Zeichen der Tapferkeit.
 
In der Heraldik ist der Adler neben dem Löwen das am weitesten verbreitete Wappenbild. Er findet sich als Staats- und Stadtzeichen in Babylon, oft mit einem Löwenkopf vereint, auch als Doppeladler; als Heereszeichen zuerst in Persien, seit 305 v. Chr. unter den Ptolemäern auch in Ägypten. In Rom wurde der Adler zum Reichssymbol; er war Feldzeichen der römischen Legionen, Münzzeichen sowie Zepter- und Helmschmuck. Mit der Kaiserkrönung Karls des Großen (800) kam der römische Adler als Symbol nach Deutschland. Hier wurde er auf dem Zepter und an Bauten, seit den Staufern auf Siegeln und Münzen (z. B. dem Augustalis) geführt; zur weiteren Entwicklung des Adlers als Wappentier im Heiligen Römischen Reich und in Deutschland Reichsadler. In Frankreich wurde der Adler zum Hauptzeichen des napoleonischen Kaisertums. Als Hoheitssymbol bildet der einköpfige Adler die Grundfigur mehrerer Staatswappen (z. B. Ägypten, Bundesrepublik Deutschland, Irak, Libyen, Mexiko, Österreich, Polen, Syrien, USA); im Vorderen Orient dient er auch als Emblem islamischer Helden.
 
 2) Astronomie: lateinisch Aquila, Abkürzung Aql, ein Sternbild der Äquatorzone; im Sommer am Abendhimmel sichtbar. Der hellste Stern im Adler ist Atair, er gehört zum Sommerdreieck. Durch das Sternbild zieht sich die Milchstraße.
 
II
Adler,
 
1) die, tschechisch Ọrlice [-tsɛ], linker Nebenfluss der Elbe in der Tschechischen Republik, 134 km lang; entsteht aus der Wilden Adler (103 km) und der Stillen Adler (100 km), die im Adlergebirge entspringen, mündet bei Königgrätz.
 
 2) zu Sotschi gehörender Schwarzmeerkurort in Russland mit internationalem Flughafen.
 
III
Adler,
 
1) Alfred, österreichischer Arzt und Tiefenpsychologe, * Wien 7. 2. 1870, ✝ Aberdeen (Schottland) 28. 5. 1937; arbeitete von 1902 bis zum Bruch mit der psychoanalytischen Schule 1911 eng mit S. Freud zusammen. Adler ist der Begründer der Individualpsychologie. Er sah die Hauptantriebe des Menschen nicht wie S. Freud im Sexualtrieb, sondern im Streben nach Geltung und Macht und der Entfaltung des Gemeinschaftsgefühls. Neurose und Psychose sind für Adler Resultate eines fehlgeleiteten Überlegenheitsstrebens bei dem Versuch, Minderwertigkeitserlebnisse, bedingt durch soziale Konflikte oder eine organische Beeinträchtigung, zu kompensieren.
 
Werke: Studie über die Minderwertigkeit von Organen (1907); Über den nervösen Charakter (1912); Menschenkenntnis (1927).
 
Zeitschrift für Individualpsychologie (1914-37); ab 1923 unter dem Titel Internationale Zeitschrift für Individualpsychologie.
 
Ausgabe: A.Adlers Individualpsychologie, herausgegeben von H. L. Ansbacher u. a. (41995).
 
Literatur:
 
Ein Österreicher namens A. A. Seine Individualpsychologie - Rückschau u. Ausblick, hg. v. E. Ringel u. a. (Wien 1977);
 
Die Individualpsychologie A. A.s. Ein Lb., hg. v. Rainer Schmidt (Neuausg. 1989);
 H. Orgler: A. A. (31989).
 
 2) Dankmar, amerikanischer Architekt deutscher Herkunft, * Stadtlengsfeld 3. 7. 1844, ✝ Chicago (Illinois) 16. 4. 1900; kam 1854 in die USA und wurde 1869 selbstständiger Architekt in Chicago. Das Büro »Adler & Sullivan« (seit 1881; L. H. Sullivan) schuf eine Reihe der wichtigsten Bauten der Chicagoer Schule.
 
 3) Friedrich, Schriftsteller, * Amschelberg (heute Kosová Hora, Mittelböhmisches Gebiet) 13. 2. 1857, ✝ Prag 2. 2. 1938; lebte in Prag, 1918 Dolmetscher der tschechischen Nationalversammlung; schrieb Lyrik (»Vom goldenen Kragen«, Prag 1907), Dramen (»Zwei Eisen im Feuer«, 1900, nach Calderón); übersetzte besonders aus dem Spanischen.
 
 4) Friedrich, österreichischer Sozialist, * Wien 9. 7. 1879, ✝ Zürich 2. 1. 1960, Sohn von 10); bekämpfte während des Ersten Weltkrieges als Führer der sozialistischen »Linken« die Kriegsziele der österreichischen Sozialdemokraten. Am 21. 10. 1916 erschoss er den Ministerpräsidenten K. Graf von Stürgkh, wurde zum Tod verurteilt, 1918 amnestiert. Während der Revolution war er Führer der Arbeiterräte, lehnte aber die Errichtung einer österreichischen Räterepublik entschieden ab. 1923-40 war er Generalsekretär der Sozialistischen Arbeiter-Internationale u. a. in Zürich, London und Brüssel.
 
Literatur:
 
J. Braunthal: Victor u. F. A. (Wien 1965).
 
 5) Guido, österreichischer Musikforscher, * Eibenschitz (heute Ivančice bei Brünn) 1. 11. 1855, ✝ Wien 15. 2. 1941; war Professor in Prag, seit 1898 in Wien.
 
Werke: Der Stil in der Musik (1911, 21929; Nachdruck 1973).
 
Herausgeber: Denkmäler der Tonkunst in Österreich (1894-1938); Studien zur Musikwissenschaft (1913-38); Handbuch der Musikgeschichte (1924, 21930; Nachdruck 1975, 3 Bände).
 
 6) H. G. (Hans Günther), Schriftsteller, * Prag 2. 7. 1910, ✝ London 21. 8. 1988; war 1941-45 in nationalsozialistischen Konzentrationslagern inhaftiert; lebte seit 1947 in London. Adler wurde bekannt durch seine dokumentarische Darstellung des KZ Theresienstadt (»Theresienstadt, 1941-1945. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft«, 1955). In seiner erzählenden Prosa gestaltete er jüdisches Daseinsgefühl.
 
Weitere Werke: Erzählungen: Unser Georg (1961); Eine Reise (1962); Der Fürst des Segens (1964); Sodoms Untergang (1965); Ereignisse (1970).
 
Romane: Panorama (1968); Die unsichtbare Wand (herausgegeben 1989).
 
Essays: Der verwaltete Mensch. Studien zur Deportation der Juden aus Deutschland (1974); Die Freiheit des Menschen (1976).
 
Lyrik: Stimme und Zuruf (1980); Blicke (1980).
 
 7) Jankel, polnischer Maler, * Tuszyn (bei Lodz) 26. 7. 1895, ✝ Aldbourne (bei Swindon) 25. 4. 1949; ließ sich 1922 in Düsseldorf nieder, wo er Kontakte zu rheinischen Künstlergruppen knüpfte. 1933 emigrierte er nach Frankreich, seit 1940 lebte er in Schottland. Unter dem Einfluss von P. Picasso und F. Léger malte er v. a. figürliche Kompositionen: Porträts, Stillleben und Szenen, die von der jiddischen Folklore bestimmt werden.
 
Literatur:
 
J. A. Ausst.-Kat. Städt. Kunsthalle, Düsseldorf (1985).
 
 8) Max, österreichischer Gesellschaftswissenschaftler und sozialistischer Theoretiker, * Wien 15. 1. 1873, ✝ ebenda 28. 6. 1937; Professor in Wien, bemühte sich um eine Synthese der Lehren I. Kants und K. Marx' sowie um den Entwurf einer sozialistischen Kultur- und Lebenslehre. Mit O. Bauer, K. Renner und R. Hilferding war er einer der führenden Vertreter des Austromarxismus. (Marxismus)
 
Werke: Der Marxismus als proletarische Lebenslehre (1922); Das Soziologische in Kants Erkenntniskritik (1925); Lehrbuch der marxistischen Geschichtsauffassung (1930-32).
 
 9) Paul, Schriftsteller, * Prag 3. 4. 1878, ✝ Königsaal (tschechisch Zbraslaw) 8. 6. 1946; lebte in Hellerau (heute zu Dresden), dann in Prag (während der nationalsozialistischen Herrschaft im Versteck); schrieb expressionistische Lyrik (veröffentlicht in der »Aktion«) und Prosa; ferner: »Vom Geist der Volkswirtschaft« (1917).
 
 10) Victor, österreichischer Politiker, * Prag 24. 6. 1852, ✝ Wien 11. 11. 1918, Vater von 4); entstammte einer großbürgerlich-jüdischen Familie, wirkte in Wien als Armenarzt. Seine anfänglichen Verbindungen zu den Deutschnationalen (1882 Mitwirkung am »Linzer Programm«) gab er 1883 nach Begegnungen mit F. Engels und A.Bebel auf und schloss sich der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs an, deren verschiedenen Gruppierungen er auf dem Hainfelder Parteitag (30. 12. 1888-1. 1. 1889) zu einigen vermochte (Gründung der SPÖ). Seit 1889 Parteivorsitzender, wirkte Adler führend an der Ausbildung des Austromarxismus mit (u. a. Brünner Nationalitätenprogramm 1899); 1889 war er Gründer und bis 1918 Chefredakteur des Parteiorgans »Arbeiterzeitung«. Auch in der Zweiten Internationale errang er eine führende Stellung. Seit 1905 im Abgeordnetenhaus, setzte er sich 1914-18 für die Erhaltung Österreich-Ungarns als demokratischer Nationalbund ein. Am 30. 10. 1918 wurde er in der provisorischen Regierung der Republik Deutsch-Österreich Staatssekretär des Äußeren und setzte sich für den Anschluss an das Deutsche Reich ein.

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Ad|ler, der; -s, - [1: mhd. adler, adelar(e), eigtl. = Edelaar, zu mhd. ar (↑Aar), das auch die „unedlen“ Jagdvögel wie Bussard u. Sperber bezeichnete]: 1. großer Greifvogel mit kräftigem Hakenschnabel, befiederten Läufen u. starken Krallen: Die Möwen ... hielten ihre Flügel still wie große A. (Ott, Haie 226). 2. stilisierter Adler (als Wappentier): der preußische A.; In der Kathedrale stehen die Särge der Zaren, weiße Marmorsarkophage, vergoldete kaiserliche A., silberne und goldene Totenkränze (Koeppen, Rußland 146). 3. <o. Pl.> Sternbild beiderseits des Himmelsäquators.

Universal-Lexikon. 2012.