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Bronzekunst
Bron|ze|kunst 〈[brɔ̃:sə-] od. [brɔ̣ŋsə-] f. 7u; unz.〉 Herstellung von Bildwerken od. kunstgewerbl. Gegenständen aus Bronze

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Bronzekunst
 
['brɔ̃ːsə-], die Herstellung figürlicher Bildwerke und kunsthandwerklicher Gegenstände in Bronzeguss, auch als Treibarbeit. Die Legierung aus Kupfer und Zinn (häufig im Verhältnis 4 : 1) ergibt Bronze im engeren Sinn; Zinn und Zink, auch Blei bei Hauptanteil Kupfer ergibt Rotguss; Kupfer nur mit Zink ergibt Gelbguss (Messing). Zu den Gießverfahren Bildguss. Im weiteren Sinn werden auch Kupferarbeiten zur Bronzekunst gezählt.
 
 Altertum
 
Im Alten Orient war die Bronzekunst früh hoch entwickelt, wobei neben verschiedenen Legierungen zuweilen auch reines Kupfer verwendet wurde. Rundplastiken wurden entweder über einen Kern aus Holz gehämmert oder über Ton gegossen. Früheste erhaltene Beispiele sind ein Schmuckfries vom Tempel der Ninhursanga aus Tell Obeid (um 2400 v. Chr.), der Hohlguss des Kopfes aus Ninive (wohl Naramsin) und verschiedene Kleinplastiken. Getriebene Bronzebleche fanden als Schutzwaffen (Schilde, Beinschienen, Zaumzeug) Verwendung, auch als Beschlag von Türen (Balawat) und Möbeln, oft gepunzt oder mit Ritzzeichnungen versehen. Hervorragende Werke aus altbabylonischer Zeit sind die getriebenen Löwenfiguren aus Mari. Aus Westiran stammen die Luristanbronzen des 2./1. Jahrtausend Zentrum der Bronzekunst im 1. Jahrtausend v. Chr. war offenbar Urartu, von wo aus Gegenstände (z. B. Kessel mit Attaschen) nach Griechenland exportiert wurden.
 
Bronze war während der gesamten Antike ein wichtiger Werkstoff der gebrauchsnahen Kleinkunst (Gefäße, Geräte, Waffen, jeweils mit figuralem Schmuck) wie auch für die Bildwerke, angefangen mit den voll gegossenen Votiven der geometrischen und archaischen Zeit (Olympia, Samos); früharchaisch sind mit Bronzeblech benagelte Holzskulpturen aus Dreros (Kreta). V. a. die klassische und die hellenistische Epoche weisen eine Vielzahl von Bronzestatuen (Hohlgüsse aus einem oder mehreren Stücken) auf: Wagenlenker aus Delphi, Gott aus dem Meer (Athen), Krieger von Riace (Reggio di Calabria, Museo Nazionale), Knabe von Marathon (Athen), Schiffsfund von Mahdia (Tunis) u. a.; unter den erhaltenen Bronzegefäßen überragt der griechische Krater von Vix an Größe alle bekannten; zu den bedeutenden Funden jüngster Zeit gehört der griechische Kessel von Hochdorf. In römischer Zeit gab es zahlreiche Bronzekopien griechischer Skulpturen sowie zeitgenössische Bronzestatuen: Augustus von Meroe (London, Britisches Museum), Marc Aurel (bis vor kurzem Kapitolsplatz in Rom), Großplastik aus Ostrom (Rom, Belgrad, Barletta). Die Kapitolinische Wölfin und die Chimäre von Arezzo zeigen die Fähigkeiten der Etrusker auf dem Gebiet der Großplastik; doch lag der Schwerpunkt etruskischer Bronzekunst in der Herstellung von Gefäßen, Geräten und Statuetten. Als Schmuck von Kästen, Dreifüßen und Wagenkörben dienten getriebene Bleche mit figürlichen Szenen; in der Spätarchaik bevorzugte man gegossenes Dekor (Vulci). Typisch etruskisch sind Griffspiegel mit gravierten mythologischen Szenen auf der Rückseite. Die Bronzen der keltischen Kunst zeigen etruskische Einflüsse, bleiben im Ornamentierungs- und Figurenstil aber sehr eigenständig. Die skythische Kunst ist zum Teil aus iranisch-vorderasiatischen Einflüssen abzuleiten.
 
 Europa seit dem Mittelalter
 
Wieder aufgenommen wurde die Bronzekunst unter Karl dem Großen (Gießhütte in Aachen). Mit den unter Bischof Bernward von Hildesheim um 1000 entstandenen Arbeiten begann ihre Blüte in romanischer Zeit. Aus den v. a. in Deutschland (Magdeburg) und im Maastal (Taufbecken des Reiner von Huy) arbeitenden Werkstätten gingen Meisterwerke der Bronzekunst hervor: Türflügel mit Reliefdarstellungen (Gnesen, Nowgorod), Kruzifixe, Taufbecken, kirchliches Gerät, Grabplatten und der Löwe von Braunschweig. Nachdem die Bronzekunst in der Gotik an Bedeutung verloren hatte, wandte sich ihr die Renaissance wieder zu: in Italien Ghiberti (Bronzetüren am Baptisterium in Florenz), Donatello (Reiterstandbild des Gattamelata in Padua), Verrocchio (Reiterstandbild des Colleoni in Venedig), in Deutschland besonders die Vischer-Werkstatt (Sebaldusgrab in Nürnberg). Zur Zeit des Manierismus waren die führenden Meister Cellini und Giovanni da Bologna, zu dessen in Deutschland tätigen Schülern A. de Vries, H. Gerhard und H. Reichle gehörten. Im Barock blühte die Bronzekunst v. a. in Frankreich. Der deutsche Hauptmeister war A. Schlüter (Reiterstandbild des Großen Kurfürsten in Berlin). Im 19. und 20. Jahrhundert ragen in Deutschland hervor: G. Schadow, C. Rauch (Reiterdenkmal Friedrichs des Grossen in Berlin), G. Kolbe und G. Marcks, in Frankreich A. Rodin und A. Maillol. Bedeutende Bronzeplastiker der Gegenwart sind H. Moore, A. Giacometti, M. Marini und G. Manzù.
 
 Ostasien
 
China:
 
Die Anfänge der chinesischen Bronzekunst sind nicht erforscht, fest steht lediglich, dass Bronze bereits in der Shangzeit (etwa 16. Jahrhundert bis etwa 1050 v. Chr.) zur Herstellung von Waffen und der im Ahnenkult benötigten Sakralbronzen verwendet wurde. In der Hanzeit (202 v. Chr.-220 n. Chr.) erlebte die Bronzekunst unter dem Einfluss des realistischen Tierstils der Steppenvölker eine Erneuerung, die sich besonders im Dekor der Bronzespiegel und der Gewandagraffen widerspiegelt. Der Verlust alter religiöser Vorstellungen, der tief greifende Einfluss taoistischem und konfuzianischem Gedankenguts auf die Organisation von Staat und Gesellschaft sowie das Ende der Menschenopfer im Grabkult und das Aufkommen tönerner Grabbeigaben markieren den Niedergang der bisherigen Bronzekunst. Unter dem Einfluss des Buddhismus entwickelte die Bronzekunst seit dem 4. Jahrhundert n. Chr. erneut Qualität, die bis in die Tangzeit (618-907) anhielt, jedoch durch die Buddhistenverfolgungen 845 ein jähes Ende fand. Das Interesse am Studium der Vergangenheit und der Wunsch, die Riten des Altertums wieder aufleben zu lassen, hatten in der Songzeit (960-1279) die ersten archäologischen Forschungen zur Folge, die zum Guss von Bronzegefäßen im archaischen Stil führten. Die buddhistische Bronzekunst der Yuan- (1271-1368) und Mingzeit (1368-1644) weist starke Einflüsse des tantristischen Buddhismus tibetanischer Prägung auf.
 
Japan:
 
In Japan, wo Bronzegeräte seit etwa 300 v. Chr. nachgewiesen werden konnten, entwickelte sich die Bronzekunst erst spät nach chinesischen Vorbildern: Zeremonialschwerter, Speerspitzen, Hellebarden, Sakralgeräte, Bronzen in Glockenform (Dōtaku), Spiegel (Kagami). Seit dem 7. Jahrhundert erscheinen Buddhastatuen, z. B. die Shakatrias des Tori Busshi im Hōryūji bei Nara (623), die Trias des Yakushi (2. Hälfte 7. Jahrhundert) ebenda, die als größtes Meisterwerk buddhistischer Kunst ganz Asiens gilt und an ihrem Sockel klassische Motive und vermutlich indische symbolische Tierfiguren aufweist, die die vielseitigen Einflüsse auf Japan zeigen. Der Guss der 16 m hohen Monumentalplastik des Daibutsu im Tōdaiji in Nara auf dem 1 000-blättrigen Lotossitz gelang erst beim dritten Versuch (746-749; 752 vergoldet; nach mehrfacher Beschädigung zuletzt 1692 neu gegossen). Von den über 200 Skulpturen der Narazeit, die erhalten blieben, sind die wenigsten noch im ursprünglichen Verband oder am alten Ort. Aus dem 13. Jahrhundert stammt der Daibutsu aus Kamakura.
 
Korea:
 
Zu den frühesten Beispielen der Bronzekunst in Korea (3. Jahrhundert v. Chr.-3. Jahrhundert n. Chr.) gehören Dolche, Rasseln und v. a. zweiösige Spiegel. Nach Einführung des Buddhismus (372) entstanden Bronzeplastiken, deren hervorragendste Exemplare, wie der Bodhisattva Maitreya vom späten 6. bis 7. Jahrhundert, aus dem Königreich Silla stammen (heute Seoul, Nationalmuseum). Weiterhin bezeugen Bronzeglocken in gewaltigen Ausmaßen (Durchmesser 2,30 m) die Leistungen der Gusstechnik bis ins 10. Jahrhundert.
 
 Südasien
 
In Indien reicht die Bronzekunst bis in die Harappakultur zurück, in der schon Kleinplastiken im Wachsausschmelzverfahren gegossen wurden. In den frühen historischen Epochen um Christi Geburt blieb die figurale Bronzekunst gegenüber der Steinbildnerei und Terrakottakunst im Hintergrund, doch bezeugen das Münzwesen und Einzelfunde (Flachbronzen von Sonkh) hohe künstlerische Qualität. Hervorragend ist eine 112 cm hohe Brahmafigur aus dem 6. Jahrhundert (Museum Karachi). Lokale Zentren der Bronzekunst entstanden seitdem v. a. in Swat und Kaschmir (hinduistisch und buddhistisch, Letztere nach Westtibet wirkend), Gujarat (jainistisch), Bihar (hinduistisch und buddhistisch, unter der Paladynastie) und Nepal, wo bis in die Gegenwart hinein die Feuervergoldung betrieben wird, sowie in Südindien, wo sie unter der Pallavadynastie und der Coladynastie hohes Niveau erreichte und die ceylonesische Bronzekunst beeinflusste. Seit dem 13. Jahrhundert wurde sie vergröbernd und schematisierend weitergeführt.
 
In Hinterindien und Indonesien ist seit etwa 500 n. Chr. die Bronzekunst verbreitet. Bedeutende Werke sind die buddhistischen Figuren der Dvaravatizeit in Thailand (6.-9. Jahrhundert), der Präkhmer- und Khmerzeit in Kambodscha und die sowohl buddhistischen als auch hinduistischen Werke der indojavanischen Zeit auf Java (7.-15./16. Jahrhundert). In der thailändischen Kunst hatte der Bronzeguss im Vergleich zu Steinskulpturen eine größere Bedeutung.
 
 Afrika
 
In ganz Schwarzafrika sind die Bronzearbeiten ausschließlich nach dem Wachsausschmelzverfahren hergestellt. Die frühesten Zeugnisse datieren ins 9. Jahrhundert (Igbo-Ukwu). Die meisten Stücke alter afrikanischer Bronzekunst wurden in Nigeria gefunden (Ife, Tsoede, Benin u. a.). Ferner spielte die Bronzekunst in der Saokultur (Tschadsee) und in der Kultur des Niger-Binnendeltas (Djenné, Mali) eine Rolle. In neuerer Zeit sind Bronzearbeiten von vielen Stämmen Westafrikas (Dogon, Dan, Baule, Senoufo, Bobo, Grusi, Akan und Yoruba) hergestellt worden: Arm- und Fußreifen, Ringe, Anhänger und Amulette, bei den Yoruba auch Kultfiguren. Aus dem Kameruner Grasland fanden Pfeifen und Pfeifenköpfe weite Verbreitung.
 
 Altamerika
 
Die Bronzekunst war nur als Kleinkunst in Peru, Bolivien und Nordwestargentinien bekannt; die ältesten Zeugnisse stammen aus La Aguada. Seit 400 v. Chr. wurden figürliche Griffe aus Kupfer in Peru hergestellt (Vicúsphase und Mochekultur). Einen Höhepunkt erreichte darin das Chimúreich, in dem nach dem Wachsausschmelzverfahren gefertigte Kleinplastiken die Griffenden z. B. von Messern und Spateln verzierten. In Kolumbien wurden ab 1000 n. Chr. vorher in Tumbaga hergestellte Kleinplastiken aus Kupfer gegossen. - In Mexiko kannte man nur kupferne verzierte Schellen.
 
Literatur:
 
A. Schweeger-Hefel: Afrikan. Bronzen (Wien 1948);
 H. Leisinger: Roman. Bronzen (Zürich 1956);
 H. R. Weihrauch: Europ. Bronzestatuetten. 15.-18. Jh. (1967);
 H. Berman: Bronzes. Sculptors and founders, 1800-1930, 4 Bde. (Chicago, Ill., 1974-80);
 A. Jacob: Bronzes de l'Afrique noire (Paris 1974);
 
Chin. Bronzen, bearb. v. C. Deydier (a. d. Frz., 1980);
 
Kunstschätze aus China (5000 v. Chr.-900 n. Chr.), hg. v. H. Brinker u. R. Goeppe, Ausst.-Kat. (Zürich 1980);
 E. A. Braun-Holzinger: Figürl. Bronzen aus Mesopotamien (1983);
 E. Eyo u. F. Willett: Kunstschätze aus Alt-Nigeria, Ausst.-Kat. (1983);
 P. C. Bol: Antike Bronzetechnik. Kunst u. Handwerk antiker Erzbildner (1985);
 
Archäolog. Bronzen, antike Kunst, moderne Technik, hg. v. H. Born, Ausst.-Kat. (1985);
 
Vergoldete Bronzen. Die Bronzearbeiten des Spätbarock u. Klassizismus, hg. v. H. Ottomeyer u. P. Proöschel (1986);
 
Corpus speculorum Etruscorum, hg. v. Dt. Archäolog. Inst. Berlin, auf 10 Bde. ber. (1987 ff.);
 R. Thomas: Griech. Bronzestatuetten (1992);
 E. von Erdberg: Ancient Chinese bronzes (Bad Wildungen 1993);
 
Die Bronzetüren des MA. 800-1250, bearb. v. U. Mende u. a. (Neuausg. 1994).

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Bron|ze|kunst, die <o. Pl.> (Kunstwiss.): Werke der Bildhauerei u. der Kleinkunst aus ↑Bronze (1).

Universal-Lexikon. 2012.