Raum|ord|nung 〈f. 20; unz.〉 Gesamtheit der Maßnahmen zur Gestaltung u. Verbesserung von Lebens- u. Arbeitsräumen in wirtschaftl., sozialer u. kultureller Hinsicht
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Raum|ord|nung, die (Amtsspr.):
zusammenfassende, übergeordnete, ordnende Planung der öffentlichen Hand, die die räumliche Entwicklung des Landes betrifft; Landesplanung.
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Raum|ordnung,
Raum|ordnungspolitik, fachübergreifendes staatliches Handeln unter der Zielsetzung, ein Staatsgebiet in seiner räumlichen Struktur (z. B. räumliche Verteilung von Wohnungen, Arbeitsstätten, Infrastruktur) zu entwickeln und gleichzeitig konkurrierende Nutzungsansprüche an den Raum aufeinander abzustimmen. Raumordnung ist der Oberbegriff für eine mehrstufige staatliche Planungshierarchie der Raumordnung auf Bundesebene, Landesplanung, Regionalplanung auf Planungsregionsebene und Bauleitplanung auf Gemeindeebene.
Die Begriffe Raumordnung und Landesplanung einerseits und Raumplanung andererseits werden häufig synonym verwendet. Der Doppelbegriff Raumordnung und Landesplanung ist in der Gesetzgebung gebräuchlich, die Bezeichnung Raumplanung steht häufig als Oberbegriff für die räumliche Planung der öffentlichen Hand auf allen Ebenen und Sachgebieten. Im Sprachgebrauch der Volkswirtschaftslehre wird anstatt von Raumordnung beziehungsweise Landesplanung zumeist von Regionalplanung gesprochen. Im Rechtssinne ist diese aber nur eine Unterform der Landesplanung.
Räumlicher Planung wurde bereits in vorchristlichen Hochkulturen betrieben: Regelung der Bodennutzung und der Bewässerung in Vorderasien und Ägypten, Erschließung des römischen Weltreiches durch Straßen, Befestigungsanlagen in China. Seit dem frühen Mittelalter ist in Europa eine planmäßige Siedlungstätigkeit zu verfolgen. Probleme der Raumordnung in neuen Dimensionen entstanden mit der Industrialisierung und zunehmenden Verstädterung. Sie gaben Anlass zu überörtlicher Zusammenarbeit und führten zu Beginn des 20. Jahrhunderts zur Bildung von freiwilligen Planungsverbänden. Nach 1933 wurde die Reichsstelle für Raumordnung zentral für Raumordnung und Landesplanung zuständig. Negative Wertvorstellungen gegenüber zentralen Planungen erschwerten nach 1945 den Neubeginn raumordnerischer Maßnahmen, die zunächst auf der Grundlage von Landesplanungsgesetzen (zuerst 1950 in Nordrhein-Westfalen) erfolgten.
Wissenschaftliche Grundlagen
Fundiert wird die Raumordnung durch Raumwirtschaftstheorie und Raumforschung. Die Raumwirtschaftstheorie erforscht und erklärt die räumliche Verteilung der Produktionsstandorte und des Verbrauchs der Güter sowie die räumliche Verteilung der Wohnstandorte und Beschäftigungsorte, soweit diese auf ökonomische Faktoren basiert. Sie stellt dabei eine Weiterentwicklung bisheriger Partialmodelle (regionale Mikroökonomik) der Standorttheorie (landwirtschaftliche Standorttheorie, Industriestandortlehre, Theorie räumlicher Konkurrenz) sowie der Theorie der zentralen Orte dar, indem sie die gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen Produktions-, Konsum- und Standortentscheidungen der einzelnen Wirtschaftssubjekte in verschiedenen Branchen und die daraus resultierenden ökonomischen Gesamtaktivitäten unter Berücksichtigung von Transportkosten im Raum darlegt (regionale Makroökonomik). Ein besonderes Problem sind Agglomerationsvorteile und -nachteile, die als externe Effekte bisher noch nicht zufriedenstellend in die Theorie integriert werden konnten.
Gegenstand der modernen Raumforschung ist der vom Menschen wirtschaftlich und technisch zu gestaltende Raum. Analysiert werden raumwirksame Faktoren und Maßnahmen sowie Instrumente der Gestaltung der räumlichen Entwicklung: Bevölkerung, Wirtschaft, technische und soziale Infrastruktur, Energie, Freizeit, Wohnen, Bodennutzung und Bodenmarkt, Umwelt.
Einrichtungen der Raumforschung sind die »Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung« in Bonn (seit 1. 1. 1998 Abteilung des »Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung«), die »Akademie für Raumforschung und Landesplanung« in Hannover, die »Deutsche Akademie für Städtebau und Landesplanung« in Berlin, das »Deutsche Institut für Urbanistik« in Berlin, das »Institut für Länderkunde« in Leipzig, das »Institut für Ökologische Raumentwicklung« in Dresden, das »Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung« in Berlin und das »Zentralinstitut für Raumplanung an der Universität Münster«. Dazu kommen weitere Institute im universitären Bereich.
Raumordnungsgesetz des Bundes
Art. 75 Nummer 4 GG erkennt dem Bund für den Bereich der Raumordnung nur eine Rahmenkompetenz zu, von der dieser erst 1965 durch Erlass des Raumordnungsgesetzes (ROG) Gebrauch gemacht hat. Kern des Gesammelten ist die Leitvorstellung für die Ordnung des Raumes der Bundesrepublik Deutschland, konkretisiert durch spezifische Grundsätze der Raumordnung. Das ROG wurde wiederholt novelliert (zuletzt 1997) und geänderten Rahmenbedingungen angepasst.
Raumordnung und Landesplanung sollen mit ihren konzeptionellen Planungen und mit ihrer Koordination eine räumliche Ordnung fördern, die der Verwirklichung der verfassungsmäßigen Grundwerte dient. Das ROG legt in § 1 die Aufgabe und Leitvorstellung der Raumordnung fest, wonach der Gesamtraum Deutschlands und die Teilräume durch zusammenfassende, übergeordnete Raumordnungspläne und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern sind. Leitvorstellung bei der Erfüllung dieser Aufgabe ist eine nachhaltige Raumentwicklung, die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung führt. Der Begriff der Nachhaltigkeit, der unter dem Eindruck der globalen Auswirkungen des fortschreitenden Urbanisierungsprozesses erstmals 1997 in das ROG eingeführt wurde, soll verdeutlichen, dass sich die künftige Raum- und Siedlungsentwicklung nur mit einem ökologisch verträglichen Entwicklungsmodell vereinbaren lässt, das dazu beiträgt, die natürlichen Lebensgrundlagen für kommende Generationen zu erhalten. Die Umsetzung der Leitvorstellung orientiert sich an allgemeinen gesellschaftspolitischen Zielvorstellungen in ihrer speziellen räumlichen Ausprägung wie freie Entfaltung der Persönlichkeit in der Gemeinschaft und in der Verantwortung gegenüber künftigen Generationen, Schutz und Entwicklung natürlicher Lebensgrundlagen, Schaffung von Standortvoraussetzungen für wirtschaftliche Entwicklungen, langfristige Offenhaltung der Gestaltungsmöglichkeiten der Raumnutzung, Stärkung der prägenden Vielfalt der Teilräume sowie Herstellung gleichwertiger (nicht: homogener) Lebensverhältnisse in allen Teilräumen. Bereits im ROG in der Fassung von 1991 ersetzte die Leitvorstellung eines Ausgleichs der räumlichen und strukturellen Ungleichgewichte der ehemals getrennten Teile Deutschlands das zuvor angestrebte Ziel der Wiedervereinigung. Zu schaffen sind ferner die räumlichen Voraussetzungen für den Zusammenhalt im größeren europäischen Raum. Nach dem Gegenstromprinzip hat die räumliche Entwicklung, Ordnung und Sicherung der Teilräume ebenso die Ordnung des Gesamtraums zu berücksichtigen wie die des Gesamtraums die Gegebenheiten und Erfordernisse seiner Teilräume.
Ein umfassender Katalog von 15 Grundsätzen konkretisiert in § 2 ROG die vorgegebene Aufgabe und Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung. Die Grundsätze sind gleichrangig und bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentliche Stellen gegeneinander und untereinander abzuwägen (raumbedeutsam sind Maßnahmen, die Grund und Boden in Anspruch nehmen oder die räumliche Entwicklung eines Gebietes beeinflussen). Zugleich dienen sie als Vorgabe für die Landesplanung der Länder, die ihrerseits die Verwirklichung der Grundsätze in Programmen und Plänen zu sichern hat. Für die Entwicklung des Gesamtraumes besitzen eine ausgewogene Siedlungs- und eine übergreifende Freiraumstruktur gleichrangigen Stellenwert. Grundsätzliche Bedeutung wird dem Erhalt der dezentralen Siedlungsstruktur mit ihrer Vielzahl leistungsfähiger Zentren und Stadtregionen beigemessen, flankiert durch den Ausbau eines leistungsfähigen öffentlichen Verkehrssystems und durch die Bereitstellung eines ausreichenden Angebots an Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Auf der anderen Seite sind die Freiräume in ihrer besonderen ökologischen Funktion zu sichern und zu entwickeln. Den Ländern wird explizit die Aufstellung weiterer landesspezifische Grundsätze eingeräumt, soweit diese nicht den Grundsätzen des ROG widersprechen.
Zielsystem
Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung werden in den Programmen und Plänen der Länder ausgewiesen und haben für die Landes- und Regionalplanung Bindungswirkung. Das Zielsystem umfasst einen umfangreichen Katalog von Festlegungen bezüglich der strukturellen Gebietskategorien (Verdichtungsräume, zurückgebliebene Gebiete), der zentralen Orte (Orte, die für ihre Verflechtungsbereiche Funktionen der Daseinsvorsorge übernehmen wie Ober-, Mittel- und Unterzentren), der Achsensysteme, der Funktionen von Räumen und Gemeinden (wie Vorranggebiete für Natur und Landschaft oder für die Rohstoffsicherung, Heilbäder), der Richtzahlen und Richtwerte (im Sinne von Orientierungswerten wie angestrebte Regionsbevölkerung) sowie von Festlegungen für die Fachplanungen (z. B. bei der Standortwahl von Krankenhäusern oder der Linienführung von Verkehrswegen).
Instrumente
Eine Reihe raumordnungspolitische Instrumente leitet sich unmittelbar aus dem ROG ab. Als »Sicherungsinstrument« gewährleistet das Raumordnungsverfahren (§ 15 ROG), dass raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmen, und bedeutet zu einem frühen Zeitpunkt Planungssicherheit. Mit ihm verbunden ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Rechtsgrundlagen zum Raumordnungsverfahren schaffen die Länder (außer Berlin, Bremen und Hamburg). Unter das Instrument der Sicherung fällt auch die befristete Untersagung raumordnungswidriger Planungen und Maßnahmen (§ 12 ROG), das eingesetzt wird, wenn zu befürchten ist, dass andernfalls künftige Ziele der Raumordnung und Landesplanung unmöglich gemacht oder doch wesentlich erschwert werden. Als typisches »Zwangsmittel« schränken Raumordnungsklauseln in Fachplanungsgesetzen, Baugenehmigungen nach dem Bundesbaugesetzbuch und die Bindungswirkungen von Raumordnungsprogrammen und Raumordnungsplänen die Entscheidungsfreiheit von Betroffenen deutlich ein. Demgegenüber motivieren »Anreizmittel« durch räumlich gezielte Finanzhilfen zu Investitionen an raumordnungspolitisch gewünschten Standorten. Die diesbezügliche Gemeinschaftsaufgabe »Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur« (GRW) hat ihre verfassungsrechtliche Verankerung in Art. 91a Grundgesetz. Wesentliche »Gestaltungsmittel« ergeben sich im Infrastrukturbereich durch die Linienbestimmungsverfahren der Fernverkehrswege (Eisenbahnen, Bundesstraßen, Bundeswasserstraßen, Flughäfen).
Planungen
Bund und Länder verabschiedeten 1975 das Bundesraumordnungsprogramm (BROP), das den Versuch eines gesamträumlichen und überfachlichen Orientierungsrahmens darstellt für raumwirksame Planungen und Maßnahmen unter Nutzung von Bundesmitteln. Stärker als im ROG tritt hier die Leitvorstellung der Raumordnung, Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen in allen Teilräumen, in den Vordergrund. Das BROP war aber kein vollzugsfähiges Programm; es zeigte einen zu hohen Grad der Unverbindlichkeit sowohl für Bundesressorts als auch für Länder. Trotz wiederholter Forderungen kam es zu keiner Fortschreibung des BROP.
Die »Programmatischen Schwerpunkte der Raumordnung« (1985) bekräftigten - ohne Bezug auf das BROP - nun den gesetzlichen Auftrag der Raumordnung, gesunde und gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilräumen zu schaffen. Zur Erfüllung dieses Auftrags genoss insbesondere der damalige Westteil Berlins und das Zonenrandgebiet Priorität. Gleichzeitig wurde beim Abstimmungsprozess raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen einer Verzahnung von Raumordnung und Umweltschutz größte Bedeutung beigemessen.
Grundlegende Änderungen der Rahmenbedingungen zu Beginn der 90er-Jahre (Einigung Deutschlands, Öffnung Europas) erforderten ein neues räumliches Leitbild und eine Raumordnungsstrategie für Gesamtdeutschland. Bund und Länder erarbeiteten den »Raumordnungspolitischen Orientierungsrahmen« (1993) mit der besonderen Zielrichtung, die Entwicklungsdefizite in den neuen Ländern rasch abzubauen und Anpassungsmaßnahmen in den alten zu unterstützen. Der Organisationsrahmen stellt Grundmuster und Prinzipien für eine angestrebte Raumstruktur dar, enthält aber keine planerische Festlegung. Er kennzeichnet die künftige Raumstruktur anhand der fünf Leitbilder Siedlungsstruktur (Förderung der dezentralen Konzentration, Ausbau von Städtenetzen), Umwelt (nachhaltige Sicherung der Umweltpotenziale), Verkehr (weiterer Ausbau der Raum- und Siedlungsstruktur unter dem Aspekt der Verkehrsentlastung), Europa (Deutschland als neue Schnittstelle in Europa) sowie Ordnung und Entwicklung (Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse als langfristige Entwicklungsaufgabe, Abbau von räumlichen Ungleichheiten insbesondere durch Förderung der regionalen Eigenentwicklung). Die Ministerkonferenz für Raumordnung beschloss in Fortsetzung der Bemühungen um eine Neuorientierung der Raumordnung einen »Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen« (1995) zur Konkretisierung der Leitbilder, zur Erprobung von neuen Instrumenten der Umsetzung und zum Erfahrungsaustausch zwischen Akteuren und Öffentlichkeit.
Nach den verfassungsrechtlichen Grundsätzen eines föderalistischen Staatsaufbaus fallen den verschiedenen Staats- und Verwaltungsebenen unterschiedlicher Aufgaben der Raumordnung zu. Aus der Gegenüberstellung der Rahmenkompetenz des Bundes für die Raumordnung in Art. 75 Nummer 4 GG und der konkurrierenden Bundeskompetenz für das Bodenrecht in Art. 74 Nummer 18 GG ergibt sich eine Begrenzung der Raumordnung auf die überörtliche Planung. Da der Bund von seiner Rahmenkompetenz nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht hat, sind die Landesgesetze zum Teil durch eine verwirrende sachliche oder terminologische Vielfalt gekennzeichnet.
Auf der Bundesebene ist das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau für die Raumordnung zuständig. Koordinierungsgremium des Bundes ist der »Interministerielle Ausschuss für Raumordnung« (IMARO). In den Ländern sind als »Oberste Landesplanungsbehörde« entweder die Ministerpräsidenten oder eigene Fachministerien zuständig. Gemeinsames Beratungsgremium des Bundes und der Länder ist die »Ministerkonferenz für Raumordnung« (MKRO). Die Entschließungen der MKRO haben Verbindlichkeitscharakter. In den größeren Flächenländern ist für die zweite Ebene der Landesplanung die nicht ländereinheitlich organisierte Regionalplanung zuständig. (Planungsregionen sind spezifische Planungsräume, Regierungsbezirke oder Kreise.) Für die Ebene der EU sieht der Vertrag über die EU keine originäre Raumordnungskompetenz vor. Europäische Raumordnungsminister haben aber 1994 die Erstellung eines Europäischen Raumentwicklungskonzeptes vereinbart.
Die gegenwärtige Organisation der Raumordnung weist hinsichtlich ihrer Durchsetzung und Effizienz Schwachstellen auf. Diese resultieren u. a. aus dem Auseinanderfallen von Zuständigkeiten im Planungs- und Durchsetzungsbereich sowie aus dem Querschnittscharakter der Raumordnung: Raumordnungspolitische Entscheidungen beschränken sich oft auf die Zielbestimmung und die Erstellung von Raumordnungsplänen. Entscheidungen über die Realisierung der Pläne werden außerhalb der institutionalisierten Trägerschaft der Raumordnung insbesondere von den Fachministerien wie Verkehr, Wirtschaft, Land- und Forstwirtschaft, Umwelt sowie auf anderen Planungsebenen und v. a. von privaten Investoren im Rahmen ihrer Standortentscheidungen getroffen. Obwohl es schwierig ist, Fachplanungen zu koordinieren (z. B. Verkehrsausbauplanungen mit raumordnerischen und ökologischen Gesichtspunkten optimal abzustimmen), kann die Raumordnungspolitik ihre Ziele nur indirekt durch eine solche Koordination der raumwirksamen Maßnahmen der Fachplanungsträger realisieren.
Auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wurden ab 1945 wieder Landesplanungsstellen gegründet, die bis zur Auflösung der Länder 1952 Bestand hatten. Noch starke landesplanerische Elemente wies bis 1964 die Gebietsplanung als Leitplanung für die langfristige Entwicklung der Wirtschaftsgebiete aus. Ein stabiles Element der räumlichen Planung blieb die Siedlungsstrukturplanung. Im Sinne einer umfassenden sozialistischen gesamtstaatlichen Planung war das Instrument der »Territorialplanung« angelegt. Mit wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten der DDR klammerte diese aber immer weitere Bereiche aus (Umwelt, Stadtzentren, technische Infrastruktur) und konzentrierte sich nur noch auf wenige Bereiche (Wohnungsbau-, Kohle- und Engergie-, Mikroelektronikprogramm).
Die Entwicklung der Raumordnung in Österreich vollzog sich parallel zu Deutschland. Der Entwurf eines ersten Landesplanungsgesetzes erfolgte 1937 für Oberösterreich. Nach dem Zweiten Weltkrieg erließ als erstes Bundesland Salzburg ein Raumordnungsgesetz (1956) als Grundlage für die örtliche und überörtliche Raumplanung. Bis 1974 folgten mit Ausnahme von Wien (dort verschiedene Rechtsgrundlagen aus dem Stadtentwicklungsbereich) alle übrigen Länder mit Raumordnungs- beziehungsweise Raumplanungsgesetzen. Der Begriff »Raumordnung« ist in der Bundesverfassung unbekannt, die Bundes-Verfassungsgesetznovelle führte 1962 den Begriff »Raumplanung« ein. Aufgrund der Verfassungsrechtslage besitzt der Bund keine übergeordnete Raumordnungskompetenz. Seine raumwirksamen Planungsbefugnisse beschränken sich auf die vom Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zuerkannten Kompetenzen (Ressortplanungen, z. B. Verkehrspolitik). Alle übrigen für die Raumordnung bedeutsamen Angelegenheiten (»überörtliche Raumplanung«) fallen nach Art. 15 Absatz 1 B-VG in den Wirkungsbereich der Länder. Art. 118 Absatz 3 Z 9 B-VG gewährleistet den Gemeinden die »örtliche Raumplanung« im eigenen Wirkungsbereich. Koordinierungsgremium für raumrelevante Planungen und Maßnahmen zwischen den Gebietskörperschaften ist seit 1971 die Österreich. Raumordnungskonferenz (ÖROK). Die ÖROK beschloss 1991 ein neues handlungsorientiertes österreichisches Raumordnungskonzept, das die Funktion einer Verwaltungsrichtlinie hat, gleichzeitig aber zur Information der interessierten Öffentlichkeit dient.
In der Schweiz kam es zu Beginn der 1930er-Jahre zu einer ersten Diskussion über die Landesplanung. Verfassungsrechtliche Grundlage bilden Art. 22ter (Eigentumsgarantie) und Art. 22quarter (Raumplanung) aufgrund eines Volksentscheids von 1969. Das Bundesgesetz über Raumplanung (1979) regelt als Rahmengesetz die raumwirksamen Tätigkeiten. Der Bund erarbeitet Konzepte und Sachpläne. Die Raumplanung erfolgt in den Kantonen aufgrund kantonaler Richtpläne, die sowohl konzeptionellen als auch programmatischen Charakter haben. Die Nutzungspläne auf Gemeindeebene legen Zweck, Ort und Maß der Bodennutzung allgemein verbindlich fest.
R.-Bericht, hg. vom Bundesministerium für R., Bauwesen u. Städtebau (1975 ff., unregelmäßig);
R.-Bericht, hg. v. der Österr. R.-Konferenz (Wien 1975 ff.);
E. von Böventer u. a.: Raumwirtschaft I-III, in: Hwb. der Wirtschaftswiss., hg. v. W. Albers u. a., Bd. 6 (1981);
K.-A. Boesler: R. (1982);
U. Brösse: R.-Politik (21982);
W. Erbguth: R.- u. Landesplanungsrecht (1983);
K. Schliebe: R. u. Raumplanung in Stichworten (1985);
B. Dietrichs: Die Berücksichtigung von Umweltbelangen in R., Landes- u. Regionalplanung (1989);
Hwb. der R., hg. v. der Akad. für Raumforschung u. Landesplanung (1995);
Raumordnungspolit. Handlungsrahmen, hg. vom Bundesministerium für R., Bauwesen u. Städtebau (1995).
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Raum|ord|nung, die (Amtsspr.): zusammenfassende, übergeordnete, ordnende Planung der öffentlichen Hand, die die räumliche Entwicklung des Landes betrifft; Landesplanung.
Universal-Lexikon. 2012.