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Personennamen
Personennamen,
 
Eigennamen, die eine Person bezeichnen; dazu gehören die Vornamen (Taufnamen) und die Familiennamen.
 
 Indogermanische und germanische Personennamen
 
Die Personennamen entstanden in älterer Zeit als Rufnamen, von denen einige den heutigen Vornamen entsprechen. Die Bildungsweise des größten Teils dieser Namen ist in fast allen indogermanischen Sprachen gleich und somit sehr alt. Es handelt sich um Zusammensetzungen aus zwei Gliedern, für die fast ausschließlich Substantive und Adjektive verwendet werden (Sieg-fried »Sieg - Friede«; Ger-hard »Speer - stark«; griechisch Timo-theos »Ehre - Gott«). Die germanischen Personennamen zeigen mehrere Besonderheiten: 1) Männer- und Frauennamen sind klar unterschieden, da von den jeweils zweiten Namensbestandteilen einige nur den männlichen Personennamen zukommen (z. B. Maskulina wie »brant«, »ger«, Adjektiva wie »hart«, »mar«, »bald«), andere nur den weiblichen Personennamen (Feminina wie »hilt«, »burg«, Adjektiva wie »lind«). 2) Neben den zweigliedrigen Personennamen gibt es aber seit alter Zeit auch eingliedrige, jedoch in weitaus geringerer Anzahl (Karl, Bruno, Ernst). Die zweigliedrigen Rufnamen konnten schon seit alters gekürzt werden, sodass heute neben den Vollformen viele Kurzformen vorkommen (Bernd aus Bernhard). 3) Der erste Namensbestandteil darf mit dem zweiten keinen Stabreim bilden (z. B. gibt es den Namen »Haduhart« nicht). - Die Namengebung war zugleich mit einem »Heilswunsch« verbunden: Ein Eberhard sollte »so stark wie ein Eber« werden. Deshalb sind bestimmte Bedeutungsfelder häufig im Namensgut vertreten: z. B. Kampf und Krieg (Wiegand »Kämpfer«, Hedwig »Streit - Kampf«); Ruhm, Sieg, Friede (Rudolf »Ruhm - Wolf«); starke und kluge Tiere (Wolfram »Wolf - Rabe«); Waffen und Ausrüstung (Brünhild »Brünne - Kampf«); Kraft und Tüchtigkeit, Berühmtheit (Dietmar »Volk - berühmt«, Ludwig »berühmt - Kampf«); Volk und Land (Dietrich »Volk - Herrscher«); Liebe und Freundschaft (Gertrud »Speer - lieb«).
 
Neben diesen germanisch-deutschen Rufnamen stehen Namen aus fremden Sprachen. Seit dem 8. Jahrhundert werden ins Deutsche christliche Personennamen übernommen, bei denen zuerst die Namen aus dem Alten Testament (also hebräischer Abkunft) überwiegen, z. B. Adam »Erdgeborener, Mensch«, Johannes »Gott ist gnädig«. Danach treten auch Namen des Neuen Testaments, z. B. griechische (Andreas »der Mannhafte«, Petrus, Peter »Fels«), und mit der Entwicklung der klösterlichen Kultur lateinische Namen auf (Benedictus »der Gesegnete«, Clemens »der Milde«). Weite Verbreitung finden diese Namen seit dem 12. Jahrhundert mit der gesteigerten Heiligenverehrung (Nikolaus, Christoph, Sebastian; Elisabeth, Anna, Katharina, Margarete, Maria). Die heimischen Rufnamen wurden in den folgenden Jahrhunderten von diesen kirchlichen Namen stark zurückgedrängt. Eine Gegenbewegung begann in der Zeit des Humanismus und der Reformation. Einerseits wurden die Namen des Alten Testaments wieder bevorzugt (David, Tobias, Isaak, Samuel), andererseits wurden neue christliche Namen in deutscher Sprache gebildet (Gotthold, Gottlieb, Gotthelf, Fürchtegott, Traugott, Leberecht). An der Übernahme von Vornamen aus anderen Sprachen lassen sich auch kulturelle Einflüsse (u. a. vermittelt durch die Werke der englischen, französischen, italienischen und spanischen Literatur) ablesen (z. B. englisch Edgar, Fanny, Clarissa; französisch Charlotte, Eduard, Emil; italienisch Beatrice, Laura; spanisch Carmen). Die Gegenwart ist durch eine Fülle verschiedenster Namen und Namensformen sowie eine internationale Verflechtung des Namengutes (die häufig zu wechselnden »Modenamen« führt) gekennzeichnet, an dem aber auch alte Namen sowie ihre Kurz- und Koseformen noch großen Anteil haben.
 
Die Familiennamen sind erheblich jünger als die Rufnamen (Vornamen) und im Deutschen noch keine 1 000 Jahre alt. Sie sind heute noch nicht in allen Ländern üblich. Im Orient beginnen sie sich erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts infolge des Einflusses moderner Verwaltungssysteme durchzusetzen (z. B. in der Türkei gesetzlich seit 1934, in Ägypten seit 1955). Bis dahin genügten der Rufname und der Vatersname. - Die Entstehung der Familiennamen ist an eine Vielzahl von Ursachen geknüpft. So reichte seit dem 12. Jahrhundert die Zahl der zur Verfügung stehenden Rufnamen zur Identifizierung einer Person nicht mehr aus, da immer mehr Menschen den gleichen Namen trugen, zumal in den Familien Namen häufig an Kinder und Enkel weitergegeben wurden. Der Bevölkerungszuwachs in den mittelalterlichen Städten machte aber eine Unterscheidung der Personen in Verwaltung, Verkehr und Handel erforderlich. Dafür wurden zuerst Beinamen gebildet (Johannes dictus Magnus, Cunrat geheizen der Rouber), aus denen später die Geschlechts- und Familiennamen hervorgingen. Dies gilt v. a. für Beinamen, die erblichen Eigenschaften und Besonderheiten benannten (z. B. bei der ostgotischen gens Rosomonorum, zu mittelhochdeutsch roseme »Sommersprosse«); ferner boten die unter Konrad II. 1037 erblich werdenden Lehen die Möglichkeit zur Entstehung fester Wohnsitznamen, zunächst beim hohen (z. B. Wittelsbacher, Habsburger), danach auch beim niederen Adel. Vergleichbares gilt für das Bürgertum etwa im Rahmen der vom Vater auf den Sohn vererbten Berufe. Hörige und Knechte blieben aber noch lange ohne festen Familiennamen; sie wurden mit dem Vornamen und der Angabe der Herrschaft bezeichnet. Auch Frauen trugen zunächst keinen eigenen Familiennamen, sondern den Namen des Vaters oder des Mannes, oft mit der Endung -in. Die Entwicklung begann in Deutschland in den großen Städten am Rhein (Straßburg, Speyer, Mainz, Köln) und war im gesamten deutschen Sprachgebiet zu Anfang des 15. Jahrhunderts abgeschlossen (in einzelnen Reliktgebieten erst im 19. Jahrhundert). Im Zeitalter des Humanismus wurden zahlreiche Namen ins Lateinische oder Griechische übersetzt (z. B. Weber in Textor). Die Familiennamen konnten gebildet werden: 1) nach Rufnamen (Vornamen; am häufigsten zunächst nach dem Muster Matthias Heinrichs, d. h. »Matthias, der Sohn Heinrichs«, später wurden auch Kurzformen zu Familiennamen, z. B. Dietze; mit Ableitungssuffix gebildet: Warneking, zu Warneke, von Wernher); 2) nach der Herkunft (Bayer, Schwab, Schlesinger [Schlesien], Böhme, Adenauer [Adenau in der Eifel], Furtwängler [Furtwangen]); 3) nach der Wohnstätte (Imhof zu »im Hof«, Amend zu »am Ende [des Ortes]«, Bachmann »am Bach wohnend«); 4) nach dem Beruf (Bäcker, Fischer, Bauer, Schneider, Müller, Böttcher, Zimmermann); 5) Schleifnamen gehen auf den Brauch der Gesellentaufe in den Zünften zurück und sind dem Sachinventar des jeweiligen Handwerks entnommen: Zwirn (Schneider), Hammer (Schmied), Schuh (Schuster), Stöhr (Fischer); 6) Übernamen (Spitznamen) halten besondere körperliche oder geistige Eigenschaften fest (Rauchfuß »rauer, behaarter Fuß«, Gernreich, Dickkopf, Langbein, Lachnit »lache nicht«).
 
In den Namen kommt auch die Sprachform der Landschaft zum Ausdruck, in der sie gebildet wurden (so sind Lautunterschiede häufig an Namen erkennbar, z. B. Möller gegenüber Müller). Die Sprachgeographie spiegelt sich besonders in Berufsnamen (die landschaftlichen Synonyme Fleischer, Schlachter, Metzger, Metzler, Fleischhauer, Fleischhacker u. Ä. zeigen sich auch in den Berufsbezeichnungen der entsprechenden Gegenden).
 
Fremdsprachige Namen im deutschen-sprachigen Raum sind v. a. slawischer (im ostdeutschen Sprachkontaktgebiet, durch Binnenwanderung vor dem Ersten Weltkrieg im Ruhrgebiet, durch tschechische Einwanderung in Ost-Österreich) oder französischer (durch Einwanderung der Hugenotten, z. B. Fontane, Savigny), gelegentlich auch ungarischer (z. B. Dohnanyi, Juhasz) Herkunft. In jüngerer Zeit sind durch die Einbürgerung von Ausländern auch Namen der jeweiligen Herkunftsländer aufgekommen.
 
Zum Recht Namensrecht.
 
 Personennamen anderer Völker
 
Mit den übrigen Italikern haben die Römer das indogermanische System der Namengebung völlig aufgegeben. Reste lassen sich in Kurznamen wie Manius (aus Mane-gnatos »zu guter Stunde geboren«) erkennen. Bis 500 v. Chr. bestand Einnamigkeit, erhalten bei den Frauen, die nur den Gentilnamen in weiblicher Form trugen (Tullia, Tochter des M. Tullius Cicero). Auch bei den Männern war zunächst der wichtigste Name der der Sippe (Gentilname), meist ein auf -ius gebildetes Patronymikon (z. B. Julius Flaminius). Es gab nur wenige (dem Gentilnamen vorangestellte) Vornamen, die daher in der Schrift abgekürzt werden konnten (C. = Gaius, T. = Titus); zum Teil waren sie bloße Ordinalzahlen (Quintus »der Fünfte«, Decimus »der Zehnte«, Postumus »der Letzte«, nach dem Tod des Vaters geboren). Damit wurde die Reihenfolge, möglicherweise auch der Monatstag der Geburt der Söhne angegeben. Der an dritter Stelle stehende Beiname (Cognomen) diente zur Unterscheidung der Zweige einer Sippe (Lucius Cornelius Scipio). Zuweilen tritt an die dritte oder vierte Stelle ein Beiname aufgrund berühmter Taten (P. Cornelius Scipio Africanus) oder bestimmter Merkmale (z. B. Barbatus »der Bärtige«, Plautus »der Plattfüßige«). Vor- und Gentilnamen wurden seit der Zeit Diokletians durch neue Namen auf -ius verdrängt, die teils aus lateinischen, teils aus griechischen Stämmen gebildet sind (Prudentius, Auxentius, Athanasius, Eusebius). Im 4./5. Jahrhundert hatten diese neuen Namen die alten Namenfolgen meist verdrängt.
 
Die Russen besitzen nur noch ganz wenige altslawische zweistämmige Personennamen; die meisten Vornamen sind hebräische und griechische Heiligennamen (z. B. Iwan, Pjotr, Pawel, Andrej, Wassilij, Nikolaj; Marja, Anna). Die Patronymika auf -owitsch (-ewitsch) und -owna (-ewna) werden im Russischen mit den Vornamen, aber ohne Familiennamen, in der höflichen Anrede verwendet. Die russischen Familiennamen sind zum großen Teil auch ursprünglich Patronymika.
 
Die Personennamen der Semiten sind sehr mannigfaltig; neben einfachen Namen aus Adjektiven (arabisch Hasan »schön«) oder Tiernamen (hebräisch Debora »Biene«, aramäisch Tabitha »Gazelle«) stehen Zusammensetzungen mit Gottesnamen im Genitiv (punisch Hannibal »Gnade Baals«, arabisch Abd Allah »Knecht Gottes«, hebräisch Obadja »Diener Jahwes«) oder Satznamen (hebräisch Jischmael »Gott hört«, babylonisch Mannu-ki-ili »Wer ist wie Gott«, assyrisch Tukulti-apal-Eschara »mein Helfer ist der Sohn des Eschara«).
 
Die Araber und die übrigen Bekenner des Islam verwenden teils altererbte (Omar, Othman), teils aus der Bibel entlehnte Namen (Ibrahim aus Abraham, Dawud aus David), teils künstliche Neubildungen wie Taha und Jasin (eigentlich Buchstabenkombinationen vor Koransuren). Zu diesen Namen tritt der Name des Vaters mit Ibn »Sohn«, der oft zum Hauptnamen wird (Ibn Kutaiba), und der des Sohnes mit Abu »Vater« (Abu Bekr) als Ehrenname (»Kunja«), außerdem die Bezeichnung der Herkunft aus einem Stamm (Al-Masudi) oder einem Land (At-Tabari »aus Tabaristan«), die »Nisbe«. Hinzu kommt häufig noch ein Spitzname (»Lakab«); seit dem 10. Jahrhundert wurden im Orient Ehrennamen mit ad-Din »der Religion« oder ad-Daula »der Regierung« beliebt, die oft zu Hauptnamen wurden (Salah ad-Din = Saladin).
 
Die Familiennamen der Juden in Europa und besonders in Deutschland waren im Mittelalter als bürgerliche Namen der Landessprache (Godeschalk, Süßkind), als Synagogenname dem Hebräischen (Juda, Benjamin) entnommen; bei diesen wurde zur Unterscheidung zum Teil der Name des Vaters beigefügt (Benjamin ben Baruch; danach später Bildungen wie Mendelssohn u. a.). Die Emanzipation seit dem Ende des 18. Jahrhunderts machte Familiennamen notwendig. Wo sie allmählich freiwillig angenommen wurden, waren sie häufig Herkunftsnamen nach Ländern (Spanier), Orten (Geisenheimer, seltener Geisenheim; Frankfurter oder Popper, nach der hebräischen Abkürzung Pp für Frankfurt am Main); auch Hausnamen (Hirsch, Stern, Rothschild). Hebräische Namen wurden übersetzt (Juda in Löw) oder umgebildet (Isaak in Itzig, Hitzig). Auch Standesnamen konnten beibehalten werden, z. B. Cohen »Priester«; das hebräische meir »erleuchtend«, »der Lehrer« wurde dem deutschen Familiennamen Meier angeglichen.
 
Die Familiennamen (»xing«) der Chinesen gehen hauptsächlich auf die Gentilnamen (»shi«) der ehemaligen adeligen Oberschicht zurück. Sie sind meist einsilbig, oft Landschaftsnamen (Zhou, Song), seltener Berufsbezeichnung (Suma »Marschall«) oder andere Appellative (Sun »Enkel«). Als Vornamen werden der bei der Kindesannahme vom Vater gegebene Rufname (»ming«), der im 20. Lebensjahr erworbene Mannes- oder Ehrenname (»zi«), daneben frei gewählte Beinamen und Pseudonyme (»hao«), im Ahnenkult Postumnamen (»shi«, »Miaohao«) geführt. Bei der Aufzählung wird der Familienname zuerst genannt.
 
Bei den Japanern führten vor 1870 nur der Adel, die Samurai und wenige Privilegierte einen Familiennamen, von denen viele auf alte Geschlechternamen (»uji«, »sei«) zurückgehen, z. B. Fujiwara, Minamoto, dazu der Einzelne zunächst einen Jugendnamen (»yomyō«), dann einen Erwachsenennamen (»nanori«, »jitsumyō«) und den Rufnamen (»zokumyō«, »tsūshō«). Die Unterklassen hatten nur einen Rufnamen und manchmal familienweise geführte Berufs- und Firmenbenennungen. Seit 1870 ist die Führung eines Familiennamens und eines lebenslang beibehaltenen Individualnamens vorgeschrieben.
 
Literatur:
 
A. Bach: Dt. Namenkunde, 3 Bde. in 5 Tlen. (2-31974-81);
 G. Drosdowski: Duden Lex. der Vornamen (21974);
 M. Gottschald: Dt. Namenkunde. Unsere Familiennamen nach ihrer Entstehung u. Bedeutung (51982);
 W. Seibicke: Die P. im Dt. (1982);
 
P. u. Identität, hg. v. R. Härtel (Graz 1997);
 
Duden, Das große Vornamenlex., bearb. v. R. u. V. Kohlheim (1998).

Universal-Lexikon. 2012.