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Han|del ['handl̩], der; -s:1.
a) Kauf und Verkauf von Waren, Gütern:
ein lebhafter, blühender Handel mit Lederwaren, Medikamenten; eine Ausweitung des Handels anstreben.
Zus.: Antiquitätenhandel, Drogenhandel, Getreidehandel, Kunsthandel, Waffenhandel.
b) aus dem Kauf und Verkauf von Waren, Gütern bestehender Wirtschaftsbereich:
der Handel hält eine Preiserhöhung für unvermeidlich.
Zus.: Buchhandel, Einzelhandel, Großhandel.
c) kleineres Unternehmen, Ladengeschäft:
er betreibt in einem Vorort einen kleinen Handel mit Gebrauchtwagen.
Zus.: Weinhandel.
2. [geschäftliche] Abmachung, Vereinbarung, bei der etwas ausgehandelt wird:
ein vorteilhafter, schlechter Handel; einen Handel abschließen, rückgängig machen.
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Hạn|del1 〈m.; -s; unz.〉
1. gewerbsmäßiger Ein- u. Verkauf von Waren (Groß\Handel, Klein\Handel)
2. Vertrag über Ein- od. Verkauf, Geschäft
3. Vereinbarung
● einen \Handel abschließen, rückgängig machen; einen \Handel betreiben; \Handel treiben ● ambulanter, internationaler, privater \Handel; blühender, lebhafter \Handel; ein böser, guter \Handel ● \Handel mit Südfrüchten; \Handel mit den benachbarten Staaten [Rückbildung aus handeln]
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Hạn|del2 〈m. 5u; meist Pl.〉
1. Streit, Rechtsstreitigkeit (Rechts\Handel)
2. Rauferei, Schlägerei
● Händel anfangen, beginnen, haben, stiften, suchen; sich in Händel mit jmdm. einlassen; Händel mit jmdm. haben, suchen; in Händel mit jmdm. geraten; in Händel verwickelt werden [→ Handel1]
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1. Teilbereich der Wirtschaft, der sich dem Kauf u. Verkauf von Waren, Wirtschaftsgütern widmet; Gesamtheit der Handelsunternehmen; ↑ Geschäftswelt (1):
der H. hält eine Preiserhöhung für unvermeidlich;
die Verbände von H. und Industrie, H. und Gewerbe.
2.
a) das Kaufen u. Verkaufen, Handeln mit Waren, Wirtschaftsgütern:
ein blühender, lebhafter H.;
der H. mit Waffen;
der internationale, überseeische H.;
wir [be]treiben mit diesen Ländern H.;
den H. mit dem Ausland unterbinden;
das Medikament wurde aus dem H. gezogen, genommen (wird nicht mehr verkauft);
das Buch ist [nicht mehr] im H. (ist [nicht mehr] lieferbar);
ein neues Produkt in den H. bringen;
☆ H. und Wandel (veraltend; das gesamte geschäftliche u. gesellschaftliche Leben u. Treiben in einem Gemeinwesen);
c) Handelsfirma, Handelsunternehmen:
er hat, betreibt einen kleinen H. mit Gebrauchtwagen;
sie haben einen H. in Obst u. Gemüse aufgemacht.
der H. ist nicht zustande gekommen;
einen H. mit jmdm. [ab]schließen, machen, eingehen;
☆ mit jmdm. in den H. kommen (mit jmdm. ins Geschäft kommen, in etw. übereinkommen).
Streit, handgreifliche Auseinandersetzung:
einen H. austragen;
Händel suchen, stiften, anfangen;
Händel mit jmdm. haben.
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Handel,
im weiten funktionellen Sinn Übertragung (insbesondere durch Verkauf, aber auch durch Miete, Pacht oder Besitzübertragung) von wirtschaftlichen Gütern (Nominal- und Sachgüter, Informationen, Rechte, Dienstleistungen) durch Haushalte oder Betriebe auf ein anderes Wirtschaftssubjekt. Beim Handel im engen funktionellen Sinn beschaffen Marktteilnehmer Güter, die sie in der Regel nicht selbst be- oder verarbeiten (Handelswaren) von anderen Marktteilnehmern und setzen sie an Dritte ab. In der Praxis wird der Begriff im Allgemeinen auf den Austausch von Sachgütern (noch häufiger von beweglichen Sachgütern) eingeschränkt. Handel im institutionellen Sinn umfasst jene Institutionen (Handelsunternehmen, Handelsbetrieb, Handlung), deren wirtschaftliche Tätigkeit ausschließlich oder überwiegend dem Handel im funktionellen Sinne zuzurechnen ist. In der amtlichen Statistik gehören alle Institutionen zum Handel, deren wirtschaftliche Tätigkeit überwiegend darin besteht, bewegliche Sachgüter zu beziehen und ohne mehr als handelsübliche Be- oder Verarbeitung weiterzuveräußern und/oder zwischen Verkäufern und Käufern von Waren zu vermitteln. Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Institution liegt dann im Handel, wenn aus der Handelstätigkeit eine größere Wertschöpfung resultiert als aus einer zweiten oder aus mehreren sonstigen Tätigkeiten. Für die Zuordnung zum Handel ist es gleichgültig, ob die Waren in eigenem Namen für eigene oder für fremde Rechnung (Kommissionsgeschäft) im engeren Wortsinn gehandelt oder ob sie nur vermittelt, d. h. in fremden Namen für fremde Rechnung, abgesetzt werden. Die dem Handel zugeordneten Unternehmungen werden in der amtlichen Statistik in drei Kategorien gegliedert: 1) Kfz-Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kfz, Tankstellen; 2) Handelsvermittlung und Großhandel (ohne Handel mit Kfz); 3) Einzelhandel (ohne Handel mit Kfz und ohne Tankstellen), Reparatur von Gebrauchsgütern.
Betriebsformen
Als Betriebsform (Betriebstyp) bezeichnet man eine Kategorie von Handelsbetrieben mit gleichen oder ähnlichen Kombinationen von Merkmalen, die über einen längeren Zeitraum beibehalten werden. Durch die Wahl der Betriebsform legt ein Handelsbetrieb seine Struktur, sein Leistungsspektrum und seinen Marktauftritt fest. Wandlungen auf dem Absatz- oder Beschaffungsmarkt sowie interne Veränderungen (z. B. als Folge des technischen und organisatorischen Fortschritts) können zu einer Dynamik der Betriebsformen, d. h. zur Entstehung neuer, zur Weiterentwicklung bestehender und zum Wegfall von Betriebsformen führen.
Die zahlreichen Formen des Handels werden nach verschiedenen Merkmalen unterschieden, z. B. nach dem räumlichen Tätigkeitsfeld (Binnenhandel, Außenhandel), nach den Handelsgütern (z. B. Gebrauchtwarenhandel), nach den Eigentumsverhältnissen der Waren (Eigenhandel, Kommissionshandel, Handelsvermittler) oder nach den Handelsstufen (Einzelhandel, Großhandel). Beschaffung und/oder Absatz von Gütern innerhalb der nationalen Grenzen eines Staates wird als Binnenhandel, Beschaffungs- und/oder Absatztätigkeit über die nationalen Grenzen als Außenhandel bezeichnet. Eigenhandel erfolgt in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, Kommissionshandel in eigenem Namen und auf fremde Rechnung. Handelsvermittlung ist die Anbahnung und Pflege der Verbindungen zwischen Handelspartnern zur Förderung von Absatz und/oder Beschaffung, ohne dass Eigentum an Ware erworben wird. Zu den wichtigsten Handelsvermittlern zählen Handelsvertreter (selbstständige Gewerbetreibende, die ständig damit betraut sind, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen) und Handelsmakler (selbstständige Gewerbetreibende, die ohne ständiges Vertragsverhältnis zu einem Auftraggeber für diesen Verträge vermitteln oder Gelegenheiten zum Abschluss von Verträgen nachweisen). Gebrauchtwarenhandel ist die Vermarktung von Waren, die von privaten oder gewerblichen Verwendern bereits genutzt wurden und ohne oder mit Aufarbeitung weiterhin nutzungsfähig sind.
Zwischen den Handelsbetrieben kann es sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Sicht zu Verbundsystemen (Kooperationsformen) kommen; dazu zählen u. a. Einkaufsverbände (z. B. Einkaufsgenossenschaften), freiwillige Ketten und Franchisesysteme.
Theoretische Begründung und empirisches Erscheinungsbild
Die Existenzberechtigung von Handelsbetrieben wird in der Theorie durch unterschiedliche Sichtweisen erschlossen. Einen Versuch, die Produktivität des Handels nachzuweisen, stellen die Handelsfunktionenkataloge dar. Die Handelsfunktionen (z. B. Überbrückung von Raum und Zeit, Zusammenstellung von Sortimenten, Quantitätsfunktion, Maßnahmen zur Qualitätssicherung) werden von den in die Distribution eingebundenen Marktteilnehmern durch Einsatz der unternehmenspolitischen Instrumente bewirkt. Nach einem anderen theoretischen Ansatz entstehen Handelsbetriebe, wenn die Kosten zur Überwindung von Spannungen zwischen anbietenden und nachfragenden Stufen bei Einschaltung des Handels geringer sind als bei einem direkten Kontakt zwischen Lieferant und Abnehmer (Handel als Transaktionskosten-Spezialist). Mikroökonomisch betrachtet sind die Aktivitäten des Handels Ausdruck eines gewinnmaximierenden Verhaltens. Das Ausmaß der Handelsleistungen wird mithilfe einer Nachfrage- und einer Kostenfunktion des Händlers abgeleitet. Die Nachfragefunktion ist im Wesentlichen bestimmt durch die von den Verbrauchern nachgefragte Menge in Abhängigkeit von den Aktionsparametern des Händlers. Die Kostenfunktion setzt sich zusammen aus dem Einstandspreis der Waren und Leistungen, der nachgefragten Menge, dem Ausmaß der erbrachten Distributionsleistungen sowie den Kosten der Inputfaktoren, die zur Bereitstellung der Handelsleistungen erforderlich sind. Der entscheidungstheoretische Ansatz geht der Frage nach, welche Handlungsmöglichkeiten ein Betrieb im gegebenen Umfeld hat und welche Alternative zur Zielerreichung am besten geeignet erscheint.
Der Anteil des Handels an der Bruttowertschöpfung ging in der Bundesrepublik Deutschland von (1960) 13,2 % auf (1993; Angaben für das gesamte Bundesgebiet) 10,4 % zurück. 1993 waren 3,9 Mio. Erwerbstätige in Handelsbetrieben tätig (1987: 3,3 Mio.); das entspricht 10,9 % aller Erwerbstätigen (1987: 14,2 %). Davon waren rd. 82 % sozialversicherungspflichtig beschäftigt; 18,6 % aller Beschäftigten waren Teilzeitkräfte, im E.-Handel allein beträgt der Anteil 26,1 % (alte Bundesländer). Der Frauenanteil der im Handel Beschäftigten liegt in den alten Bundesländern bei 54,5 %, in den neuen Ländern bei 57,4 %. Vom Umsatz des Handelssektors entfallen (1992, bezogen auf das gesamte Bundesgebiet) 61,1 % auf den Großhandel (1984: 63,5 %), 38 % auf den Einzelhandel (1984: 35,3 %) und 0,9 % (1984: 1,2 %) auf die Handelsvermittlung. Die Handelsspannen sind besonders im Einzelhandel seit 1960 gestiegen, während das steuerliche Betriebsergebnis kontinuierlich sank und 1994 bei 2,6 % des Bruttoumsatzes lag. Besondere Bedeutung haben die Konzentrationsprozesse im Handel; allerdings lässt sich der Rückgang der Anzahl der Handelsbetriebe durch die von der amtlichen Statistik nunmehr für das gesamte Bundesgebiet ausgewiesenen Zahlen nicht exakt belegen.
Neben der Konzentration äußert sich die Dynamik des Handels auch in den Marktanteilsverschiebungen zwischen den verschiedenen Betriebsformen. So sind z. B. im Einzelhandel von 1980 bis 1995 die Marktanteile (gemessen am gesamten Einzelhandelsumsatz) der Verbrauchermärkte und Selbstbedienungswarenhäuser (von 11,9 % auf 17,5 %), der Fachmärkte (von 2,0 % auf 14,0 %) sowie der kleinen und mittleren Selbstbedienungsläden (von 18,0 % auf 21,8 %) gestiegen, während die traditionellen Fachgeschäfte (1980: 55,4 %, 1995: 35,4 %) und die Warenhäuser (1980: 7,2 %, 1995: 5,8 %) Anteile verloren.
Der Austausch von Gütern ist in allen Gesellschaftsformen und zu allen Zeiten anzutreffen. Aus Frühformen der Sozialisation (geschlossene Hauswirtschaft) und aus primitiven Kulturen ist der Tausch von eigenen Überschussgütern gegen solche benachbarter Völker an bestimmten Tauschplätzen überliefert. Die Kulturen des Altertums kannten bereits Läden und ganze Budenstraßen (z. B. entlang dem Marsfeld im alten Rom) sowie die Institution des Fernhandels. Die geographisch und klimatisch günstigen Bedingungen im östlichen Mittelmeerraum ermöglichten am frühesten einen überregionalen Warenverkehr. So entwickelte Ägypten seit dem 4. Jahrtausend v. Chr. einen ausgedehnten Handel nach allen Richtungen. Besonders rege war der Handel in Babylonien vom 20. bis 18. Jahrhundert v. Chr. mit einfachen lokalen Marktbetrieben, aber auch mit hoch entwickelten Unternehmungen, an denen Palast und Tempel beteiligt waren. In der Hochphase wurden Luxusgüter zwischen Ägypten, Arabien, Indien, dem Kaspischen Meer, dem Schwarzen und dem Ägäischen Meer gehandelt. Das nachfolgende Persische Reich vermochte diese Stellung im Handel nicht einzunehmen. Noch ehe es seinen Höhepunkt erreicht hatte, bildeten sich im Mittelmeerraum stark dem Meer zugekehrte Machtzentren aus. Schon zu Beginn des 3. Jahrtausends v. Chr. vermittelten die Kreter den Warenaustausch zwischen Ägypten und der südöstlichen Mittelmeerküste. Um 1400 v. Chr. brach die Handelsmacht der Kreter unter dem Ansturm der griechischen Achaier zusammen. Haupterben des kretischen Handels waren die Phöniker, die längs der Küste des Libanons ihren Handel von Sidon und Tyros aus bis ins Schwarze Meer und den westlichen Mittelmeerraum ausweiteten, wobei sie an eigenen Exportgütern Glaswaren und Purpurstoffe lieferten. Die assyrische Eroberung zu Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. schränkte die Handelshegemonie von Tyros ein und ermöglichte die Entfaltung der griechischen Rivalen. Athen wuchs zum führenden Gewerbe- und Handelsstaat. Durch die Eroberungszüge Alexanders des Großen wurde der damalige Weltverkehr stark erweitert; die eroberten Gebiete in Asien und Afrika wurden durch griechische Kolonien erschlossen und mit dem griechischen Handelssystem verbunden. Im westlichen Mittelmeer verstanden es lediglich die Karthager, die bis Cornwall und längs der westafrikanischen Küste bis zu den Kanarischen Inseln gelangten, neben den Griechen als Handelsmacht zu bestehen. Sie unterlagen ebenso wie die Etrusker den aufstrebenden Römern.
Die Bedeutung des Imperium Romanum für den Handel lag einerseits darin, dass es mit römischem Recht und einem System einheitlicher Münzen, Maße und Gewichte eine Basis für den geregelten Warenaustausch innerhalb des Mittelmeerraums schuf, die auch das in Provinzen organisierte und durch Straßen erschlossene Binnenland sowie den Austausch mit den jenseits der Grenzen lebenden Völkern mit einbezog, andererseits aber auch darin, dass die passive Handelsbilanz Roms durch Edelmetallzahlungen ausgeglichen wurde (Aufgabe der Tauschbasis).
Der Niedergang des Römischen Reiches brachte auch einen Rückgang der Geldwirtschaft zugunsten der Naturalwirtschaft. In den am Ende der Völkerwanderungszeit erhaltenen städtischen Zentren (z. B. im merowingischen Gallien) bestanden Fernhandelsbeziehungen fort, die von Syrern, Griechen und Juden wahrgenommen wurden. Einschnitte brachten die Invasionen der Araber und der Wikinger, doch entwickelten sich neue Fernhandelsverbindungen, die einerseits über den Persischen Golf bis nach Indien und China führten, andererseits durch Europa nach dem slawischen Osten reichten. Die Wikinger leiteten über die Russland mit dem Orient und Byzanz verbindenden Handelswege einen Teil dieses Fernhandels über Skandinavien nach dem Westen.
Die Gründung der Städte im Europa des 11. und 12. Jahrhunderts fiel mit der Niederlassung der umherziehenden Wanderkaufleute (Hausierer) zusammen. Handelslager an Rastplätzen bildeten neben Klöstern, Fürstensitzen und Fron- und Teinhöfen (Stapelplätze für auswärtige Kaufleute) den Ausgangspunkt für Stadtgründungen. Während des gesamten Mittelalters trugen v. a. Kaufleute zur baulichen Gestaltung der Städte (Ladengeschäfte, Gewölbe, Marktstände) bei.
Die Kreuzzüge des 12. Jahrhunderts, die Reconquista, die von Mitteleuropa nach Osten und Südosten ausgreifende Siedlungsbewegung und das Aufblühen der Hanse - bis zum Dreißigjährigen Krieg die führende Handelsmacht in Nord- und Ostsee - waren begleitet von einer Reihe von Neuerungen im Schiffbau (Kogge, dann Karavelle), Kanal- und Schleusenbau sowie der Erschließung der Alpenpässe.
Zu gleicher Zeit wandelte sich die Organisation des Fernhandels: Während der Kaufmann früher seine Waren selbst begleitete, wurden die Geschäfte nun vermehrt vom heimatlichen Kontor aus gelenkt. Korrespondenz, doppelte Buchführung und Aufbau eines Netzes von Handelsniederlassungen ermöglichten dies. Im Seehandel entstanden selbstständige Schifffahrtsunternehmen (Reedereien). Der Überseehandel wurde nach und nach von Portugal, Spanien, den Niederlanden, England und Frankreich übernommen. In Portugal wurde der Seehandel ein Staatsmonopol, in Spanien das Privileg einer Gruppe begünstigter Kaufleute (besonders in Sevilla). Die anderen Seemächte, England voran, entwickelten staatlich gestützte Handelskompanien. Lissabon, Brügge, dann Antwerpen, Amsterdam, Hamburg und London sind durch diesen neuartigen Überseehandel groß geworden. Der alte Landhandel der Araber und Türken mit Asien wurde beeinträchtigt, jedoch nicht verdrängt. Sein entscheidender Rückgang begann erst, als sich die Niederländer im Pazifischen Ozean festsetzten.
Im 16. Jahrhundert und bis zu Cromwells Navigationsakte von 1650/51 waren die Niederlande die führende Seemacht, wurden dann aber von England überholt, das diese Rolle bis zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert behaupten konnte. Die Entwicklung des deutschen Handels verlief sehr viel gebrochener. Der Wohlstand Deutschlands im 16. Jahrhundert sicherte neben dem Transithandel einen umfangreichen inländischen Verbrauch. Auch Rohstoffe wurden zur Weiterverarbeitung eingeführt (Wolle, Baumwolle, Edelmetalle, Kupfer u. a. Metalle, Farbstoffe). Die Hanse konnte sich behaupten, wenn auch vom niederländisch-englischen Wettbewerb bedrängt.
Mit dem Merkantilismus tauchten großstädtische Passagen für den gehobenen Luxusbedarf auf; Vorläufer waren die ersten Warenhäuser in Frankreich. In Europa verbreitete sich seit 1815 im Zuge des Liberalismus der Freihandel. Die durch die industrielle Revolution bewirkte Steigerung der gewerblichen Produktion und die Umwälzungen im Verkehrs- und Nachrichtenwesen sowie im Geld- und Kreditwesen, der Abbau der Zollschranken (Deutscher Zollverein) und das Instrument des Handelsvertrages mit der Meistbegünstigungsklausel schufen eine Basis, auf der sich der Welthandel ausweiten und verflechten konnte, wobei sich Großbritannien (seit dem 18. Jahrhundert) als führende Handelsmacht behauptete. Gleichzeitig gewannen Kolonien an Bedeutung. In gegenseitiger Rivalität weiteten die Mächte, voran Großbritannien und Frankreich, ihre kolonialen Besitzungen zu weltumspannenden Imperien aus. Der Übergang vom Bimetallismus zum Goldstandard aufgrund der großen Goldfunde seit 1847 stärkte die Stabilität des internationalen Geldaustausches. Mit dieser Entfaltung wandelte sich das alte atlantische Austauschverhältnis zu einem komplexen System mit multilateralen Beziehungen, wobei sich das Schwergewicht zugunsten der Industrierohstoffe verlagerte.
Mit der industriellen Revolution nahm die Verstädterung zu, und die Bevölkerungszahlen stiegen. Der Massenbedarf war mit traditionellen Verteilungsstrukturen nicht mehr zu bewältigen; so kam es v. a. in den Städten zu einer stürmischen Entwicklung des Kleinhandels, und es entstand der Großhandel als Bindeglied zwischen Einzelhandel und Industrie. Es kam zur Herausbildung verschiedener Einzelhandelsbranchen.
Der Erste Weltkrieg zerstörte das liberale Welthandelsgefüge. Der Grundsatz der Meistbegünstigung wurde aufgegeben, harte handelspolitische Auseinandersetzungen waren neben neuen protektionistischen Maßnahmen die Folge. Mitte der 1920er-Jahre befand sich der Handel wieder auf dem Vorkriegsniveau; besonders stark entwickelten sich Warenhäuser, Filialisten und Einkaufsgenossenschaften.
Die Weltwirtschaftskrise (1929-32) führte jedoch zu einem schweren Rückschlag. Die Anfang der 1930er-Jahre einsetzende, auch vom technischen Fortschritt (z. B. Automobil, Flugzeug) profitierende Aufwärtsentwicklung wurde vom Zweiten Weltkrieg unterbrochen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm der Welthandel einen raschen Aufschwung, wozu besonders internationale Freihandelsabkommen (z. B. GATT) und die Schaffung von Integrationsräumen (z. B. EG, EFTA, RGW) beitrugen. Auffällige Umstrukturierungen der Warenströme waren u. a. die Folge der Industrialisierung in Entwicklungs- und Schwellenländern, des stark zunehmenden intrasektoralen Handels zwischen Industrieländern, der Internationalisierung vieler Unternehmen und Produktionsketten und (seit 1973) der Erdölpreisentwicklung.
Seit den 50er-Jahren expandierten v. a. Großbetriebsformen des Handels; Teile des mittelständischen Einzelhandels, die sich allein nicht mehr behaupten konnten, schlossen sich mit Großhandelsunternehmen zu freiwilligen Ketten zusammen. Kleinere Betriebe gerieten mehr und mehr ins Abseits und bildeten das Nachfragepotenzial für eine neue Betriebsform, den Cash-and-carry-Großhandel. Die Einführung der Selbstbedienung brachte Rationalisierungsvorteile. Das bisher eher homogene Preisgefüge wurde aufgebrochen, und Discounter drangen insbesondere im Lebensmittelbereich vor. Standortverknappung in den Innenstädten und eine zunehmend mobilere Bevölkerung führten zu neuen großflächigen Verkaufsstätten auf der grünen Wiese, den Verbrauchermärkten und SB-Warenhäusern. Die elektronische Datenverarbeitung wird weitere Automatisierungen der Betriebsabläufe ermöglichen (Warenwirtschaftssysteme).
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Außenhandel · Einzelhandel · Großhandel · Markt
H.-J. Jaeck: Der Markt im Wandel der Jahrtausende (1979);
K. Strohmeyer: Warenhäuser (1980);
Unters. zu H. u. Verkehr der vor- u. frühgeschichtl. Zeit in Mittel- u. Nordeuropa, hg. v. K. Düwel u. a., 6 Bde. (1985-89);
B. Tietz: Dynamik im H., 3 Bde. (1992-93);
L. Müller-Hagedorn: H.-Betriebe, in: Hwb. der Betriebswirtschaft, hg. v. W. Wittmann u. a., Bd. 1 (51993);
L. Müller-Hagedorn: H.-Marketing (21993);
B. Tietz: Binnenhandelspolitik (21993);
B. Tietz: Der H.-Betrieb (21993);
L. Berekoven: Grundlagen des Marketing (51993);
L. Berekoven: Erfolgreiches Einzelhandelsmarketing (21995);
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
Globalisierung und wirtschaftliche Entwicklung
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1Hạn|del, der; -s [spätmhd. handel = Handel(sgeschäft); Rechtsstreit, rückgeb. aus ↑handeln]: 1. Teilbereich der Wirtschaft, der sich dem Kauf u. Verkauf von Waren, Wirtschaftsgütern widmet; Gesamtheit der Handelsunternehmen; ↑Geschäftswelt (1): der H. hält eine Preiserhöhung für unvermeidlich; die Verbände von H. und Industrie, H. und Gewerbe. 2. a) das Kaufen u. Verkaufen, Handeln (1 a) mit Waren, Wirtschaftsgütern: ein blühender, lebhafter H.; der H. mit Waffen wurde untersagt; es begann unter der Jugend in der Stadt ein schwunghafter H. mit Frankenknochen (Küpper, Simplicius 42); b) Warenaustausch; Geschäftsverkehr: der internationale, innerdeutsche, überseeische H.; eine Ausweitung des -s anstreben; den H. mit dem Ausland unterbinden; wir [be]treiben mit diesen Ländern H.; H. treibende Völker; dass die für die EG geltenden technischen Normen unmittelbare Auswirkungen auch für alle Staaten haben, die mit der Gemeinschaft H. treiben (Brückenbauer 11. 9. 85, 25); das Medikament wurde aus dem H. gezogen (wird nicht mehr verkauft); das Buch ist [nicht mehr] im H. (ist [nicht mehr] lieferbar); ein neues Produkt in den H. bringen (zum Kauf anbieten); Durch eine ungenügende Fertigungskontrolle kommen Geräte in den H., die schlecht abgestimmt sind (Hamburger Abendblatt 30. 5. 79, 43); *H. und Wandel (veraltend; das gesamte geschäftliche u. gesellschaftliche Leben u. Treiben in einem Gemeinwesen); c) [Laden]geschäft, kleineres Unternehmen: er hat, betreibt in der Vorstadt einen kleinen H. mit Gebrauchtwagen; sie haben einen H. in Obst u. Gemüse aufgemacht; wo sein Vater ... seit vielen Jahren den gewinnträchtigen H. mit Registrierkassen führte (Kühn, Zeit 269). 3. [geschäftliche] Abmachung, Vereinbarung, bei der etw. ausgehandelt wird; ↑Geschäft (1 a): ein vorteilhafter, günstiger H.; der H. ist nicht zustande gekommen; einen H. mit jmdm. [ab]schließen, machen, eingehen; sich auf, in einen H. einlassen; Geben Sie mir die Hälfte des Wertes ... und der H. soll richtig (gültig) sein (Th. Mann, Krull 187); *mit jmdm. in den H. kommen (mit jmdm. ins Geschäft kommen, in etw. übereinkommen).
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2Hạn|del, der; -s, Händel <meist Pl.> [1↑Handel]: a) (geh.) Streit, handgreifliche Auseinandersetzung: die beiden haben einen H. auszutragen; Händel suchen, stiften, anfangen; Händel mit jmdm. haben; Könnt ihr den H. nicht unter euch ausmachen ...? (Th. Mann, Herr 55); Die Kaiserin will eine Art Abwehrdienst ... ins Leben rufen, um den blutigen Händeln ... vorzubeugen (Benrath, Konstanze 140); ∙ b) Sache, Angelegenheit: Der Offizier der Runde blieb bei uns stehen und wollte eben fragen, was wir hier so spät zu schaffen hätten ... Ich sagte ihm kurz den ganzen H. (Cl. Brentano, Kasperl 349).
Universal-Lexikon. 2012.