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Zins
Aufwand; Ertrag; Aufschlag; Abgabe; Verzinsung

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Zins [ts̮ɪns], der; -es, -en:
in Prozenten ausgedrückter Betrag, den jmd. von der Bank für seine Einlagen erhält oder den er für zeitweilig ausgeliehenes Geld bezahlen muss:
er hat ein Sparbuch und bekommt dafür 3 Prozent Zinsen; sie muss für ihr Darlehen 6 Prozent Zinsen zahlen; die Wertpapiere bringen Zinsen.
Syn.: Ertrag.
Zus.: Bankzins, Darlehenszins, Verzugszins, Wucherzins.

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Zịns 〈m. 23
1. Abgabe, Steuer
2. Miete, Pacht (Miet\Zins)
3. 〈Pl.〉 \Zinsen prozentual berechnete Entschädigung für leihweise Überlassung von Kapital
● das Kapital bringt, trägt \Zinsen; \Zinsen zahlenhohe, geringe \Zinsen ● ein Kapital auf \Zinsen legen so anlegen, dass es Zinsen bringt; jmdm. etwas auf \Zinsen leihen; von seinen \Zinsen leben (ohne das Kapital anzugreifen); Darlehen zu 4 % \Zinsen; →a. Zinseszins [<ahd. zins „Abgabe“ <lat. census „Schätzung, Steuer“; zu censere „schätzen“] Siehe auch Info-Eintrag: Zinsen - info!

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Zịns , der; -es, -en u. -e [mhd. zins = Abgabe, Tribut, (Pacht-, Miet)zins; (nach Prozenten berechneter) Betrag für die Überlassung von Kapital, ahd. zins = Abgabe, Tribut, (Pacht-, Miet)zins < lat. census, Zensus]:
1. <Pl. -en; meist Pl.> (nach Prozenten berechneter) Betrag, den jmd. von der Bank für seine Einlagen (8) erhält od. den er für zeitweilig geliehenes Geld bezahlen muss:
hohe, niedrige, 4 % -en;
die -en sind gefallen, gestiegen;
die Wertpapiere tragen, bringen -en;
jmdm. etw. mit -en/mit Z. und Zinseszins zurückzahlen (sich gehörig an jmdm. rächen).
2. <Pl. -e> (landsch., bes. südd., österr., schweiz.) 1Miete (1).
3. <Pl. -e> Kurzf. von Grundzins.

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Zins
 
[von lateinisch census »Steuerkataster«, »Vermögen«], allgemein der Preis für die zeitlich befristete (selten unbefristete) Überlassung eines Vermögensgegenstands (Kapital). Der Zins stellt insoweit die Entlohnung des Produktionsfaktors Kapital dar (Kapitalzins); Zinsen zählen deshalb zu den Besitzeinkommen. Die Bezeichnung Zins wird meist auf die am häufigsten vorkommende Bedeutung als Preis für die Inanspruchnahme einer bestimmten Geldsumme (Geldkapital) in Form eines Kredits oder Darlehens beschränkt (Geldzins, Kreditzins, Darlehenszins), während das entsprechende Entgelt für die leihweise Nutzung von Realkapital (Mietzins, Pachtzins) vielfach nur noch Miete oder Pacht heißt. Als Zins wird oft sowohl der Zinssatz als Prozentsatz der geliehenen Geldsumme pro Zeiteinheit (in der Regel auf ein Jahr berechnet, Jahreszins) bezeichnet als auch der Zinsbetrag in Geldeinheiten (Zinsertrag, Zinseinnahmen, Zinseinkünfte aus der Sicht des Gläubigers beziehungsweise Kreditgebers, Zinskosten, Zinsaufwand, Zinsausgaben aus der Sicht des Schuldners beziehungsweise Kreditnehmers). Die Zinsen werden nach der Zinsformel berechnet (Zinsrechnung).
 
 Formen
 
In der Betriebswirtschaftslehre sind verschiedene Betrachtungsweisen zu unterscheiden. So kennt das betriebliche Rechnungswesen Zinsen auf das Fremd- und auf das Eigenkapital. Während die Fremdkapitalzinsen in Form der Kreditkosten bekannt sind, erfordert die Kostenrechnung auch den Ansatz von Eigenkapitalzinsen, da alle Zinsen für das betriebsnotwendige Kapital als kalkulatorische Zinsen in die Stückkosten eingehen sollen. Als kalkulatorischer Zinssatz (Kalkulationszinsfuß) gilt dabei die vom Unternehmen beziehungsweise den Eigentümern gewünschte Mindestverzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals. Orientierungsgrößen sind innerbetrieblichen Größen wie durchschnittliche Umsatz- oder Kapitalrentabilität oder außerbetrieblichen Größen wie die durchschnittliche Rentabilität der Branche oder der Marktzinssatz als Zinssatz, zu dem am Kapitalmarkt langfristig Gelder aufgenommen oder angelegt werden können. Der Kalkulationszinsfuß spielt auch bei den verschiedenen Verfahren der Investitionsrechnung eine Rolle. In der Finanzbuchhaltung sind im Rahmen der Gewinn-und-Verlust-Rechnung Zinsaufwendungen und Zinserträge gesondert auszuweisen. Zu den Aufwandszinsen zählen neben den Zinsen für Anleihen, Darlehen und Kredite auch der Diskont von Wechseln sowie Kreditbeschaffungskosten. Ertragszinsen sind v. a. Erträge aus Beteiligungen, aus festverzinslichen Wertpapieren (auch aus Floating rate notes) und Bankguthaben.
 
Die Volkswirtschaftslehre unterscheidet seit J. G. K. Wicksell zwischen natürlichem Zins (originärer Zins, Güterzins), der gemäß der Grenzproduktivitätstheorie der Grenzproduktivität des Kapitals entspricht, und Marktzins (abgeleiteter Zins, Geldzins), der jeweils für die Überlassung von Kapital bezahlt werden muss. Der Marktzins schwankt stets um den natürlichen Zins. Die Kreditaufnahme lohnt sich nach Wicksell, solange der Güterzins über dem Marktzins liegt; dies führt zu einer verstärkten Investitionstätigkeit (kumulative wicksellsche Prozesse als Grundlage der monetären Konjunkturtheorie). Der Zins im volkswirtschaftlichen Sinn ist lediglich der auf die Entlohnung des Produktionsfaktors Kapital entfallende Teil des Sozialprodukts. Dieser Nettozins ergibt sich aus dem Bruttozins, der auch in dem Zins einkalkulierte Risikoprämien und Entschädigungen für die Dienstleistungen des Kreditgebers enthält.
 
Wie jeder Preis wird auch die Höhe des Zinses von Angebot und Nachfrage am Markt für Geldkapital bestimmt. Dieser Markt, an dem sich gemäß dem Preismechanismus ein Gleichgewichtszins ableiten lässt, besteht in der Realität aus einer Vielzahl von Teilmärkten mit jeweils unterschiedlichen Angebots- und Nachfragebedingungen und somit unterschiedlichen Zinssätzen. Diese werden v. a. beeinflusst von der Dauer der leihweisen Überlassung von Kapital (Laufzeit), von Risikoüberlegungen (z. B. Rückzahlungs- und Inflationsrisiko des Gläubigers, Bonität des Schuldners), vom Organisationsgrad des jeweiligen Marktes und den jeweiligen Marktteilnehmern. So werden u. a. Zinssätze am Geldmarkt (Geldmarktsätze) für Kredite der Notenbank an die Geschäftsbanken (z. B. Diskontsatz) und für Kredite der Geschäftsbanken untereinander (z. B. Tages-, Monatsgeldsatz), Zinssätze für Bankkredite (z. B. Kontokorrentkredite, Darlehen) sowie Zinssätze am Kapitalmarkt (z. B. Zinssätze für festverzinsliche Wertpapiere) unterschieden.
 
Alle Zinssätze auf den verschiedenen Teilmärkten sind voneinander abhängig beziehungsweise stehen in einem bestimmten Verhältnis zueinander (Zinsstruktur). So wird z. B. von der Geldmarktabhängigkeit des Kapitalmarkts gesprochen, d. h., Geldmarktzinsen bestimmen als Leitzinsen das Zinsniveau auf anderen Teilmärkten (z. B. Spareckzins, Umlaufrendite am Anleihemarkt). Die Zinsstruktur ist im Normalfall dadurch gekennzeichnet, dass der Zins für langfristiges Kapital höher ist als der Zins für kurzfristiges Kapital (normale Zinsstruktur).
 
Weiter gebräuchliche Zinsbegriffe aus dem Bank- und Börsenwesen sind: 1) Sollzins (Aktivzins, Aufnahmezins) als Entgelt, das der Kunde für den in Anspruch genommenen Kredit an die Bank zu zahlen hat, und Habenzins (Passivzins, Anlagezins) als Vergütung der Bank an die Kunden für hereingenommene Gelder (v. a. Sicht-, Termin- und Spareinlagen); die Differenz zwischen Soll- und Habenzins ist die Zinsspanne; 2) Nominalzins als der auf den Nennwert von Wertpapieren bezogene Zinssatz und Effektivzins (Rendite) als Zinssatz, der aus dem Verhältnis zwischen Zinsertrag und Kaufpreis oder Kurswert eines Wertpapiers resultiert; als Effektivzins wird auch die jährliche Gesamtbelastung durch einen Kredit bezeichnet (Effektivverzinsung); 3) Realzins als der um die jeweilige Inflationsrate bereinigte Zins, wirtschaftstheoretisch der Kaufkraftunterschied, der sich unter Berücksichtigung inzwischen eingetretener allgemeiner Preisänderungen zwischen der Kaufkraft eines Geldbetrages am Anfang und am Ende einer Periode zuzüglich der gezahlten Zinsen ergibt.
 
 Recht
 
Im Zivilrecht kann die Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen auf Vertrag (Vertragszins) oder Gesetz (gesetzlicher Zins), z. B. beim Schuldnerverzug, beruhen. Unerheblich ist dabei, welche Bezeichnung die Parteien für die Vergütung überlassenen Kapitals wählen; so sind beim Teilzahlungskredit auch die »Kreditgebühren« Zinsen, die bei der Berechnung des effektiven Jahreszinses berücksichtigt werden müssen (§ 4 Verbraucherkreditgesetz). Der regelmäßige gesetzliche Zinssatz, der dann gilt, wenn die Parteien keinen bestimmten Zinssatz vereinbart haben, beträgt 4 % (§ 246 BGB), bei beiderseitigen Handelsgeschäften 5 % (§ 352 HGB), für Regressansprüche aus Wechsel und Scheck 2 % über dem Diskontsatz, mindestens aber 6 % (Art. 48 Absatz 1 Nummer 2, 49 Nummer 2 Wechselgesetz, Art. 45 Nummer 2, 46 Nummer 2 Scheckgesetz). Erheblich überhöhte vertragliche Zinsen können zur Nichtigkeit des Geschäfts wegen Sittenwidrigkeit führen. - Weitere Regelungen gelten für Zinseszins und Zwischenzinsen sowie bei Kündigung eines verzinslichen Darlehens.
 
Das österreichische bürgerliche Recht enthält Bestimmungen über Zinsen in § 1 333 ABGB (Verzugszins) sowie im Gesammelten vom 14. 6. 1868. Danach beträgt der gesetzliche Regelzins 4 %; im Handelsrecht gilt die dem deutschen Recht entsprechende inhaltsgleiche Regelung des § 352 HGB. Für Verbraucherkreditverträge gibt es zwar Sonderregelungen, z. B. nach § 33 Bankwesengesetz 1993 für die Berechnung des effektiven Jahreszinssatzes beziehungsweise nach der Verbraucherkredit-VO 1994 für von Gewerbetreibenden gewährte Kredite, doch werden darin keine Höchstzinssätze festgelegt.
 
Im schweizerischen Recht beträgt der Verzugszins, falls die Parteien keinen höheren Zinssatz vereinbart haben, 5 % (Art. 104 Absatz 1 OR); unter Kaufleuten können für die Zeit, in der der übliche Bankdiskont am Zahlungsort 5 % übersteigt, die Verzugszinsen zu einem höheren Zinsfuß berechnet werden (Art. 104 Absatz 3 OR). Sind Vertragszinsen geschuldet, ohne dass deren Höhe durch Vertrag, Gesetz oder Übung bestimmt ist, so beträgt der Zinssatz ebenfalls 5 % (Art. 73 Absatz 1 OR). Im Wechsel- und Checkregress beläuft sich der Zins auf 6 % (Art. 1 045 Absatz 1 Ziffer 2 und Art. 1130 Ziffer 2 OR). Die Kantone sind befugt, öffentlich-rechtliche Bestimmungen über Missbräuche im Zinswesen aufzustellen (Art. 73 Absatz 2 OR); von dieser Möglichkeit haben einige Kantone Gebrauch gemacht (Interkantonales Konkordat über Maßnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen vom 8. 10. 1957 ). Das Bundesgesetz über den Konsumkredit vom 8. 10. 1993 enthält eine Bestimmung über die Berechnung des effektiven Jahreszinses bei Verbraucherkrediten, die mit der EG-Richtlinie Nummer 87/102 vom 22. 12. 1986 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit und der EG-Richtlinie Nummer 90/88 vom 22. 2. 1990 übereinstimmt.
 
Steuerrechtlich
 
sind Zinsen als Kapitaleinkünfte zu versteuern (Kapitalertragsteuer). - Steuerverfahrensrechtlich sind Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis nur zu verzinsen, soweit dies gesetzlich vorgeschrieben ist (§ 233 AO). Wurden Steuern gestundet, sind Stundungszinsen zu entrichten (§ 234 AO). Auch hinterzogene Steuern sind zu verzinsen (§ 235 AO). Für Steuernachforderungen und -erstattungen, die nach dem 31. 12. 1988 entstanden sind, ist die Vollverzinsung eingeschränkt; der Zinslauf beginnt erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Steueranspruch entstanden ist (§ 233 a AO). Die Zinsen betragen in allen Fällen 0,5 % pro Monat (§ 238 AO).
 
 Zinstheorien
 
Während lange Zeit die Frage der ethisch-moralischen Berechtigung von Zinsen im Vordergrund der Überlegungen stand, kann von wirtschaftswissenschaftlichen Zinstheorien erst seit den Erklärungsmodellen der Physiokraten gesprochen werden. Die Fruktifikationstheorie (A. R. J. Turgot) geht von der physiokratischen Auffassung aus, dass der Boden der alleinige wertschaffende Faktor in der Volkswirtschaft sei. Da durch Erwerb von Grund und Boden jederzeit ein Reinertrag (»produit net«) erzielt werden kann, muss auch für das Kapital in jeder anderen Verwendungsweise ein Zins in Höhe des Bodenertrages gezahlt werden, da sonst alles Kapital in Grund und Boden angelegt werden würde.
 
Die daran anschließenden Zinstheorien lassen sich in zwei Gruppen gliedern. Die eine Gruppe begründet den Zins mit der Gegenwartsvorliebe des Menschen, der gegenwärtige Bedürfnisse höher einschätzt als zukünftige. N. W. Senior sieht in seiner Abstinenztheorie im Zins die Entschädigung für das Opfer, das der Kapitalbesitzer durch den Verzicht auf unmittelbaren Konsum leistet. Nach der Agiotheorie (E. von Böhm-Bawerk) liegt die Ursache des Zinses in der Höherbewertung der Gegenwartsgüter gegenüber den Zukunftsgütern. Die Preistheorie (K. G. Cassel) erklärt den Zins als Preis der Kapitaldisposition (temporärer Konsumverzicht). Die zweite Gruppe von Zinstheorien begründet den Zins mit der Produktivität des Kapitaleinsatzes. Die Produktivitätstheorie erblickt den Ursprung des Zinses in der produktionssteigernden Wirkung der Kapitalverwendung. Die Nutzungstheorie basiert auf der Prämisse, dass neben der Substanz des Kapitals auch seine Nutzung eine selbstständige wirtschaftliche Bedeutung hat. W. Eucken, Wicksell und F. A. von Hayek erklären die Produktivität des Kapitals und die Quelle des Zinses mit der Mehrergiebigkeit längerer Produktionswege (Produktionsumwege). Nach der Grenzproduktivitätstheorie (J. B. Clark) ist der Zins gleich dem Grenzwertprodukt des Kapitals, d. h. dem physischen Grenzprodukt, multipliziert mit dem Preis des Produktes. Die dynamische Zinstheorie (J. A. Schumpeter) sieht die Entstehungsursache des Zinses in der Anwendung neuer, ertragreicherer Kombinationen der Produktionsfaktoren durch die »dynamischen« Unternehmer. Eine wachsende Wirtschaft liegt auch den Theorien von M. E. L. Walras, V. Pareto und I. Fisher zugrunde. Die Ausbeutungstheorie (K. Marx) fasst den Zins als den dem Arbeiter vorenthaltenen Mehrwert auf.
 
Unter dem Einfluss der Lehre von J. M. Keynes entstand eine Reihe monetärer Zinstheorien. Nach der Liquiditätstheorie hängt der Zins nicht nur von der Produktivität des Kapitals und vom Sparen (Angebot) ab, sondern auch von der vorhandenen Geldmenge und dem psychologisch zu erklärenden jeweiligen Liquiditätsbedürfnis der Wirtschaftssubjekte (Unternehmen, private und öffentliche Haushalte). Die Liquiditätstheorie geht davon aus, dass die Anleger die (risikolose) Vermögenshaltung in Form von Geld der in Wertpapieren vorziehen, weil letztere einem Kursrisiko unterliegt. Zur Wertpapierhaltung werden sie sich nur entschließen, wenn sie für das damit eingegangene Risiko einen Ertrag in Form eines Zinses erhalten. Der Zins wird steigen, wenn die Geldmenge knapper wird (Liquiditätseffekt). Durch die Geldverknappung nimmt das Verhältnis der risikolosen Geldhaltung im Vergleich zur risikobehafteten Wertpapierhaltung ab, sodass risikoscheue Anleger letztere nur zu steigenden Zinsen aufrechterhalten werden. Auch ein Anstieg der Einkommen wirkt zinssteigernd (Einkommenseffekt). Bei steigendem Einkommen wird ein größerer Teil der vorhandenen Geldmenge für Transaktionszwecke benötigt, sodass es für die Vermögenshaltung praktisch zu einer Geldverknappung kommt. Schließlich lösen steigende Inflationserwartungen einen Zinsanstieg aus (Preiserwartungseffekt). Sparer verlangen einen gemäß der Inflationsrate höheren Zins, weil sie einen bestimmten realen Zinsertrag anstreben; Investoren sind zur Zahlung des um die Inflationsrate erhöhten Zinses bereit, weil sich mit der Inflationsrate auch ihre nominalen Erlöse entsprechend erhöhen. Die drei Effekte können kombiniert auftreten. Löst eine Geldverknappung zunächst aufgrund des Liquiditätseffektes eine Zinssteigerung aus und führt der Zinsanstieg zu einer Verringerung der Einkommen, so kommt es über den Einkommenseffekt wieder zu einer Zinssenkung. Sie wird noch verstärkt, wenn sich mit der Geldverknappung niedrigere Inflationserwartungen verbinden, sodass auch über den Preiserwartungseffekt ein Zinsrückgang eintritt. In der Kredittheorie des Zinses (Theorie der ausleihbaren Fonds, B. Ohlin) wird anhand von Stromgrößen (weniger anhand von Bestandsgrößen) gezeigt, wie sich am Kreditmarkt durch das Zusammenspiel von Kreditangebot und -nachfrage ein Gleichgewichtszins bildet. Das Kreditangebot wird bestimmt durch den Umfang der Ersparnisse und verdienten Abschreibungen sowie durch die Erhöhung der Geldmenge durch das Bankensystem (Geldschöpfung). Bestimmungsgrößen der Kreditnachfrage sind die erwartete Ertragsfähigkeit des Kapitals (Kredite für Investitionen), das Vorziehen von Konsumausgaben (Kredite für Konsumzwecke) und Veränderungen beim Liquiditätsbedarf (Kassenhaltung).
 
Für die Erklärung des Verhältnisses verschiedener Zinssätze (Zinsstruktur) werden v. a. drei theoretische Ansätze herangezogen. Nach der Erwartungstheorie (Fisher) entspricht der langfristige Zins dem Durchschnitt der erwarteten kurzfristigen Zinssätze. Die Liquiditätsprämientheorie (J. R. Hicks) nimmt an, dass der Zins als Prämie für die zeitweilige Aufgabe von Liquidität umso höher sein muss, je länger die Bindungsdauer ist. Die Marktsegmentationstheorie geht von weitgehend getrennten Teilmärkten aus.
 
 Zinspolitik
 
Alle Maßnahmen des Trägers der Geldpolitik zur direkten Beeinflussung des allgemeinen Zinsniveaus und der Zinsstruktur einer Volkswirtschaft werden als Zinspolitik bezeichnet. Aus keynesianischer Sicht soll dabei über die Beeinflussung des Geld- und Kreditvolumens auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage im Hinblick auf wirtschaftspolitischen Ziele eingewirkt werden, weshalb Zinspolitik auch als Teilbereich der Geld- und Kreditpolitik angesehen wird. Die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Zinspolitik ergibt sich u. a. daraus, dass Zins als Kostenfaktor die Entscheidungen von Unternehmen und privaten Haushalten über Investitionen und die Anschaffung langlebiger Konsumgüter beeinflussen.
 
Im Allgemeinen bestimmt die Zentralbank über die Zinsen, zu denen sie den Banken Liquidität (Zentralbankgeld) bereitstellt, auch die Zinsen am Geldmarkt, also die kurzfristigen Zinsen in der Volkswirtschaft. Zinssteigerungen signalisieren in der Regel eine restriktive Zinspolitik. Die Zinspolitik wirkt über den kurzfristigen Zins aufgrund des Verbundes zwischen Geld- und Kapitalmarkt grundsätzlich auch auf die langfristigen Zinsen, jedoch kann dies auch von anderen Einflussfaktoren (z. B. Inflationserwartungen, Veränderung der Sparneigung, Zinspolitik des Auslands) überlagert werden. Durch die Erhöhung (Senkung) der Leitzinsen verteuern (verbilligen) die Zentralbanken die Refinanzierungsmöglichkeiten der Kreditinstitute, die als Folge die Konditionen ihrer Kreditgewährung verschlechtern (verbessern). Als »normal« gilt, dass die Geldmarktzinsen unter den Kapitalmarktzinsen liegen. Bei stark restriktiver Zinspolitik kann es jedoch auch zu einer inversen Zinsstruktur (kurzfristige Zinsen übersteigen die langfristigen) kommen. Bei freiem internationalen Kapitalverkehr und festen Wechselkursen ist zumindest kleinen Ländern eine eigenständige Zinspolitik kaum möglich, die Zinsen passen sich dort tendenziell an die der großen Länder an. Aufgrund einer eher binnenwirtschaftlich ausgerichteten Geld- und Währungspolitik kann es zu einem unterschiedlichen Zinsniveau verschiedener Länder kommen (Zinsgefälle), das durch international operierende Unternehmen und Anleger ausgenutzt wird (Zinsarbitrage).
 
 Geschichte
 
Zins war bereits im Alten Orient als Preis für Geld- und Naturalienleihe (Geld- und Fruchtzins) bekannt. Im antiken Rom wurde der Geldzins (lateinisch usurae »Nutzen«) zunächst im Zwölftafelgesetz geregelt und auf einen Höchstsatz von 1/12 des Kapitals beschränkt. Seit der jüngeren Republik galt der Höchstsatz der »centesimae usurae« (1 % monatlich); nach Cicero lag der Zinsfuß in der späten Republik zwischen 4 und 8 %. Im Corpus Iuris Civilis setzte Justinian I., den Großen, als üblicher Zinssatz 6 %, für Senatoren 4 %, für Gewerbetreibende 8 % und für Seedarlehen 12 % fest. - Die Erlaubnis, Zinsen zu nehmen, wurde seit alters von Zinsverboten begleitet. So geht das jüdische Zinsverbot auf das Alte Testament zurück, das die Zinsnahme zwar nicht generell, wohl aber unter Juden (2. Buch Mose 22, 24; 5. Buch Mose 23, 20 f.) untersagt, es wurde in seinen einzelrechtlichen Bestimmungen im Talmud niedergelegt. Das Neue Testament kennt den Zins als selbstvertändlichen Bestandteil des Wirtschaftslebens (Matthäus 25, 27), hebt jedoch im Zusammenhang des Verleihens den Gedanken der Nächstenliebe hervor (Lukas 6, 34 f.). Daraus abgeleitet und in Verbindung mit dem alttestamentlichen Zinsverbot formulierten Kirchenväter und Synoden (Elvira 306, Arles 314, Nicäa 325) das kanonische Zinsverbot, das in der Folge große geschichtliche Bedeutung erlangte. Zunächst auf Kleriker beschränkt, galt es (mit Ausnahme von Juden) seit karolingischer Zeit allgemein, was dazu führte, dass während des Mittelalters Zinsdarlehen grundsätzlich als Wucher betrachtet wurden. Im islamischen Kulturkreis gilt aufgrund des Korans (Suren 2, 275, 2, 278 und 3, 130) das Verbot, Zins (arabisch »riba«) zu nehmen. Ein im Voraus festgelegter Zins auf Gelddarlehen wird als ungerechtfertigter, weil ohne Risiko und eigene Leistung erlangter Gewinn (»Wucher«) angesehen und ist verboten. Erlaubt ist hingegen die Gewinnerzielung aus Handelsgeschäften und Vermietung von Gütern. Von einem generell praktizierten Zinsverbot in islamisch geprägten Staaten kann allerdings nicht gesprochen werden. So haben sich ausdrücklich als islamisch verstehende Finanzinstitute (v. a. islamische Banken) Formen des Geldgeschäfts entwickelt, die bei formaler Einhaltung des Zinsverbotes zu zinsähnlichen Effekten führen: z. B. die Erhebung von kostenorientierten Gebühren bei nominell zinsloser Kreditvergabe, die Beteiligung nominell zinsloser Sparguthaben am Gewinn oder Verlust von Bankgeschäften, die Erhebung fester (Gewinn-)Aufschläge bei Handelsgeschäften.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Banken · Diskont · Finanzmärkte · Geld · Investition · Kapitalmarkt · Keynesianismus · Konjunktur · Kredit · Preis · Sparen
 
Literatur:
 
F. A. Lutz: Z.-Theorie (21967);
 M. U. Chapra: Islam and the economic challenge (Leicester 1992);
 P. Anker: Z.-Struktur u. Z.-Prognose (1993);
 
Geldtheorie u. Geldpolitik, Beitrr. v. D. Duwendag u. a. (41993);
 R. Schmitz: Z.-Recht (1994);
 A. Bolz: Der Z. (21996);
 D. Nienstedt: Z.-Struktur, reales Wirtschaftswachstum u. Geldpolitik (1996);
 Klaus J. W. Schmidt: Geldpolit. Strategien, Z.-Struktur u. Inflationsentwicklung (1997);
 M. Borchert: Geld u. Kredit (51998);
 W. Filc: Theorie u. Empirie des Kapitalmarktzinses (21998);
 W. Filc: Z.-Regel für die europ. Geldpolitik (1998);
 P. Schaal: Geldtheorie u. Geldpolitik (41998).
 

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Zịns, der; -es, -en u. -e [mhd. zins = Abgabe, Tribut, (Pacht-, Miet)zins; (nach Prozenten berechneter) Betrag für die Überlassung von Kapital, ahd. zins = Abgabe, Tribut, (Pacht-, Miet)zins < lat. census, ↑Zensus]: 1. <Pl. -en; meist Pl.> (nach Prozenten berechneter) Betrag, den jmd. von der Bank für seine Einlagen (8) erhält od. den er für zeitweilig geliehenes Geld bezahlen muss: hohe, niedrige, 4 % -en; die -en sind gefallen, gestiegen; Sorge um steigende -en nach den amerikanischen Arbeitsmarktdaten dieser Woche ließen den Markt aber deutlich zurückfallen (Tagesspiegel 6. 8. 99, 18); die Wertpapiere tragen, bringen -en; er lebt von den -en seines Vermögens; *jmdm. etw. mit -en, mit Z. und Zinseszins zurückzahlen (sich gehörig an jmdm. rächen); ∙ am Z. (landsch.; [von einer Geldsumme] auf der Bank liegend u. Zinsen bringend): denn er hatte keine Kinder, wohl aber einen bezahlten Hof und hunderttausend Schweizer Franken am Z. (Gotthelf, Spinne 23). 2. <Pl. -e> (landsch., bes. südd., österr., schweiz.) 1Miete (1): Der Z. für Büros ... hingegen »teilt das Schicksal des allgemeinen Preisrückganges« (Kurier 2. 10. 93, 63). 3. <Pl. -e> kurz für ↑Grundzins: man ... verpachtete ihnen wohl auch zu billigem Z. ein Stückchen Land (Zuckmayer, Fastnachtsbeichte 202).

Universal-Lexikon. 2012.