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Ruanda
Ru|ạn|da; -s:
Staat in Zentralafrika.

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Ruạnda,
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 26 338 km2
 
Einwohner: (2000) 7,2 Mio. Einwohner
 
Hauptstadt: Kigali
 
Amtssprachen: Kinyaruanda, Französisch, Englisch
 
Nationalfeiertag: 1. 7.
 
Währung: 1 Ruanda-Franc (F. Rw) = 100 Centime
 
Zeitzone: 1300 Kigali = 1200 MEZ
 
Rwạnda, amtlicher Namen: französische République Rwandaise [repy'blik rwã'dɛːz], Kinyaruanda Repụblika y'u Rwạnda, deutsch Republik Ruanda, Binnenstaat in Ostafrika zwischen Uganda im Norden, Tansania im Osten, Burundi im Süden und Demokratische Republik Kongo im Westen, mit 26 338 km2 (25 060 km2 Landfläche) einer der kleinsten Staaten des afrikanischen Festlands und (2000) 7,2 Mio. Einwohner einer der am dichtesten besiedelten. Hauptstadt ist Kigali; Amtssprachen: Kinyaruanda, Französisch und Englisch. Währung: 1 Ruanda-Franc (F. Rw) = 100 Centime. Zeitzone: OEZ (1300 Kigali = 1200 MEZ).
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Nach der Verfassung vom 5. 5. 1995 ist Ruanda eine präsidiale Republik mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt mit exekutiven Vollmachten ist der Präsident (auf fünf Jahre direkt gewählt); die Exekutive liegt bei der Regierung der nationalen Einheit unter Vorsitz des Ministerpräsidenten. Anstelle der 1994 aufgelösten Nationalversammlung fungiert bis zur Durchführung freier Wahlen ein Übergangsparlament (Nationaler Entwicklungsrat; 70 Mitglieder) als Legislativorgan.
 
Parteien:
 
Einflussreichste Parteien sind der Front Patriotique Rwandais (FPR), der Mouvement Démocratique Républicain (MDR), der Parti Social-Democrate (PDS), der Parti Liberal (PL) und der Parti Démocrate Chrétien (PDC).
 
Wappen:
 
Das Wappen zeigt auf einem innerhalb eines Schildes befindliches gestürzten Dreieck (Symbol für die drei Volksgruppen) Hacke und Sichel, darauf aufgelegt Pfeil und Bogen; über dem Dreieck die amtliche Staatsbezeichnung, entlang der beiden anderen Dreieckseiten der Wahlspruch »Liberté, Coopération, Progrès« (»Freiheit, Zusammenarbeit, Fortschritt«). Auf dem oberen Schildrand sitzt eine weiße Taube, unterhalb des Schildes trägt ein Band einen Palmzweig. Die gesamte Darstellung liegt auf zwei Nationalflaggen, deren Stangen gekreuzt sind.
 
Nationalfeiertage:
 
Der 1. 7. erinnert an die Erlangung der Unabhängigkeit 1962.
 
Verwaltung:
 
Ruanda ist in 11 Präfekturen gegliedert.
 
Recht:
 
Nebeneinander stehen traditionelles und geschriebenes Recht, v. a. die aus dem ehemaligen Belgisch-Kongo übernommenen Gesetzbücher des Zivil- und Handelsrechts. Viele Rechtsbereiche sind nach der Unabhängigkeit 1962 neu geregelt oder modernisiert worden, so das Strafrecht (1977), das Familienrecht (1988) und Teile des Wirtschaftsrechts (Investitionsgesetz 1987, Gesellschaftsrecht 1988). Durch den Bürgerkrieg 1994 brach zeitweise die Justiz zusammen. - Das Gerichtssystem umfasst Kantonsgerichte für kleinere Zivilsachen und leichte Straftaten sowie auf Präfekturebene Gerichte erster Instanz für alle bedeutenderen Fälle, Berufungsgerichte und den Obersten Gerichtshof. Für die Straftaten im Zusammenhang mit dem Völkermord 1994 wurden besondere Strafkammern eingerichtet.
 
Streitkräfte:
 
Die Freiwilligenarmee, die sich hauptsächlich aus FPR-Kämpfern rekrutiert und v. a. Heeres- und Gendarmerieeinheiten umfasst, wird in ihrer Gesamtstärke auf rd. 33 000 Mann geschätzt und befindet sich im Aufbau.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Ruanda liegt auf einem in Schollen zerbrochenen Hochlandblock im ostafrikanischen Zwischenseengebiet. Der Westen gehört zum Bereich des Zentralafrikanischen Grabens mit dem 1 460 m über dem Meeresspiegel gelegenen Kiwusee (Grenze zur Demokratischen Republik Kongo) und seinem Abfluss, dem Rusisi. Ein steiler Anstieg von mehr als 1 000 m führt von der Grabensohle hinauf auf die östliche Grabenschulter in das kristalline Bergland von Hochruanda, dem Hauptsiedlungsgebiet des Landes mit Ackerland und Weiden sowie mit Bergwaldresten. Ihm schließt sich im Nordwesten, ebenfalls dicht besiedelt, das Massiv der Virungavulkane (im Karisimbi 4 507 m über dem Meeresspiegel) an. Den Osten bis zum Kagera nimmt die rd. 1 500-1 700 m über dem Meeresspiegel gelegene, von abflusslosen Seen durchsetzte Plateauzone ein, deren Flächen meist landwirtschaftlich genutzt, zu einem geringen Teil bewaldet sind, während sich in den tief eingeschnittenen, häufig versumpften, mit Papyrusdickicht bestandenen Tälern kaum Siedlungen finden. Entlang der Ostgrenze erstreckt sich das ausgedehnte Sumpfgebiet des Kagera mit dem Kagera-Nationalpark.
 
Klima:
 
Das wechselfeuchte tropische Klima, durch die Höhenlage gemäßigt, weist zwei Regenzeiten (März-April, Oktober-November) und eine stark ausgeprägte Trockenzeit (Mai-September) auf. Die Niederschläge, 800-1 000 mm im Osten des Landes, bis 3 000 m über dem Meeresspiegel auf 3 000 mm ansteigend, reichen im Allgemeinen für den Regenfeldbau aus. Die mittleren Temperaturminima liegen bei 10 ºC, die mittleren Maxima bei 26 ºC im Westen und bei 34 ºC im Osten.
 
Vegetation:
 
Im trockeneren Osten herrschen Trockensavannen vor, im Überschwemmungsgebiet des Kagera Sumpfgrasfluren und schwimmende Papyruspflanzenteppiche, im Zentrum Feuchtsavanne. Im Westen finden sich bis 2 500 m über dem Meeresspiegel tropischer Regenwald und Feuchtsavanne, darüber Bambus- und ab 2 600 m über dem Meeresspiegel Kosobaum-(Hagenia-abyssinica-)Wälder; die höchsten Lagen tragen alpine Vegetation (Kräuter, Moose).
 
Bevölkerung:
 
Das Volk (Nyaruanda) besteht aus drei ethnisch, wirtschaftlich und sozial scharf voneinander getrennten Gruppen. Als am längsten ansässige Einwohner gelten die rd. 20 000 Twa (Pygmäen) im Gebiet des Zentralafrikanischen Grabens im Südwesten. 1991 waren etwa 85 % der Einwohner Feldbau treibende Hutu (Bantu). Die meist Vieh züchtenden zu den Äthiopiden gehörenden Tutsi (Hima) machten rd. 14 % der Einwohner aus. Eine tiefe soziale Kluft zwischen der Masse der Landbevölkerung und der dünnen städtische Oberschicht, v. a. in Kigali, kennzeichnet die gesellschaftliche Situation ebenso wie die historischen Gegensätze zwischen Hutu und Tutsi. Typisch für das dicht besiedelte Land (274 Einwohner/km2) ist die Streusiedlung. Das durchschnittliche jährliche Bevölkerungswachstum beträgt (1985-95) 0,6 %. Einzige Großstadt ist die Hauptstadt Kigali (1995: 300 000 Einwohner); es folgen die Universitätsstadt Butare (43 400 Einwohner), Ruhengeri (29 000 Einwohner) und Gisenyi (25 500 Einwohner). Der Anteil der städtischen Bevölkerung beträgt (1995) 8 %.
 
Religion:
 
Es besteht Religionsfreiheit. Etwa 76 % der Bevölkerung gehören christlicher Kirchen an: rd. 48 % der katholischen Kirche (Erzbistum Kigali mit acht Suffraganbistümern), rd. 20 % protestantischen Kirchen (Adventisten, Presbyterianer, Pfingstler, Baptisten, Methodisten u. a.), rd. 8 % der anglikanischen Kirche von Ruanda (seit 1992 eine eigene Provinz innerhalb der Anglikanischen Kirchengemeinschaft). Im stetigen Wachstum befindet sich der Islam, dem wie auch den traditionellen afrikanischen Religionen jeweils rd. 10 % der Bevölkerung zugerechnet werden. Eine zahlenmäßig kleine religiöse Gemeinschaft sind die Bahai.
 
Bildungswesen:
 
Bis zum Bürgerkrieg bestand Schulpflicht vom 7. bis 15. Lebensjahr, wobei der Schulbesuch kostenlos war (Einschulungsquote: rd. 70 %). Die letzten beiden Jahre der achtjährigen Primarschule dienten der praktischen landwirtschaftlichen und handwerklichen Ausbildung. Darauf folgte die Sekundarschule oder eine dreijährige berufsorientierte Ausbildung. Die Analphabetenrate beträgt 37 %. Universität (gegründet 1963) in Butare (Außenstelle in Ruhengeri).
 
Publizistik:
 
In Kigali erscheinen u. a. die vom Informationsbüro herausgegebene Wochenzeitung »Imvaho« (gegründet 1960), das 14-täglich erscheinende Wirtschaftsblatt »Kinyamateka« (gegründet 1933) sowie das vom Präsidialbüro in französischer Sprache publizierte »Journal Officiel«. Nachrichtenagentur ist die staatliche »Agence Rwandaise de Presse« (ARP; gegründet 1975), Kigali. Die staatlich kontrollierte Hörfunkstation »Radiodiffusion de la République Rwandaise« (gegründet 1961) strahlt Programme in vier Sprachen aus. Mehrere vom Ausland her operierende Sender humanitärer Organisationen (»Radio Amaharo«, »Radio Agatashya«, »Radio UNAMIR«) senden seit 1994 nach Ruanda und in benachbarte Gebiete, in denen sich Flüchtlinge aufhalten.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Die Grundlagen der Wirtschaft sind durch den verheerenden Bürgerkrieg von 1990-94 und weitere gewaltsame Konflikte zwischen Hutu und Tutsi fast völlig zerstört. Der Wiederaufbau geht nur zögernd voran. Gemessen am Bruttosozialprodukt je Einwohner (1995) 180 US-$ gehört Ruanda zu den ärmsten Staaten Afrikas. Zudem hemmen unzureichende Transportmöglichkeiten, große Entfernungen zu anderen Märkten und geringe Kaufkraft der Bevölkerung die wirtschaftliche Entwicklung des meerfernen Binnenlandes.
 
Landwirtschaft:
 
Die Landwirtschaft (einschließlich Forstwirtschaft und Fischerei) bildet die Erwerbsgrundlage für (1995) 91 % der Erwerbstätigen, die über ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erwirtschaften. Die landwirtschaftliche Nutzfläche setzt sich zusammen aus (1992) 1,17 Mio. ha Ackerland (44 % der Landesfläche) und 450 000 ha Weideland (17 %); 550 000 ha sind Waldfläche (21 %). Die größte Bedeutung hat die Subsistenzlandwirtschaft. Angebaut werden v. a. Bataten, Maniok, Hirse, Bohnen sowie Mehlbananen, aus denen ein begehrtes alkoholisches Getränk hergestellt wird. Die Erträge reichen für die Ernährung der Bevölkerung nicht aus; Ruanda ist daher auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Kaffee und Tee sowie Pyrethrum und Chinarinde sind wichtige Exportprodukte. Die Viehhaltung (Rinder, Ziegen) ist relativ unbedeutend, zudem war Ende 1994 ein Großteil des Viehbestandes vernichtet.
 
Bodenschätze:
 
Bergbauprodukte sind Zinn (Zinnstein), Columbit, Beryllium, Gold und Wolframerz. Es wird vermutet, dass die Erdgasvorkommen im Kiwusee zu den weltweit größten zählen.
 
Industrie:
 
Das verarbeitende Gewerbe, dem vor 1994 nur 3 % der Erwerbstätigen angehörten, brach während des Bürgerkrieges infolge Energiemangels, Plünderungen und geflüchteter Arbeitskräfte fast völlig zusammen. Die wenigen Industriebetriebe verarbeiten v. a. landwirtschaftliche und bergbauliche Produkte.
 
Außenwirtschaft:
 
Seit Mitte der 70er-Jahre verzeichnet Ruanda ein ständig wachsendes Außenhandelsbilanzdefizit (1995 Einfuhrwert: 338 Mio. US-$, Ausfuhrwert: 91 Mio. US-$). Die Exporte beschränken sich auf wenige Agrarprodukte und Minerale, wobei Kaffee mit einem Anteil von zumeist über 60 % dominiert. Es folgen Tee, Zinn, Wolfram und Pyrethrum. Haupthandelspartner sind Belgien, Kenia, Deutschland und Frankreich.
 
Verkehr:
 
Als Binnenland mit schwierigen topographischen Verhältnissen abseits der großen Land- und Wasserwege befindet sich Ruanda in einer verkehrsmäßig äußerst ungünstigen Lage. Zudem wurde während des Bürgerkrieges das Straßennetz, v. a. die Brücken, stark beschädigt. Größte Bedeutung für den Außenhandel haben die Transitstrecken zum Indischen Ozean über Kampala (Uganda) nach Mombasa (Kenia) sowie die südliche Route über Bujumbura in Burundi zur tansanischen Hafenstadt Daressalam. Zudem besteht eine Transitverbindung über die Demokratische Republik Kongo zum Atlantik. Eisenbahnen gibt es nicht. Das inländische Straßennetz ist (1990) rd. 13 200 km lang. Auf dem Kiwusee wird etwas Binnenschifffahrt betrieben. Die beiden internationalen Flughäfen liegen nahe der Hauptstadt Kigali und in Kamembe nahe der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo.
 
 
Die vermutlich im 14. Jahrhundert in das Gebiet des heutigen Ruanda eingewanderte Bauernbevölkerung der Hutu wurde im 15.-16. Jahrhundert durch die von Norden her zuwandernde Rinderhirtenbevölkerung der Tutsi (Hima) überlagert. Die Tutsi, die jedoch nur etwa 15 % der Gesamtbevölkerung ausmachten, errichteten einen aristrokratischen Staat mit einem Mwami (König) an der Spitze. 1899 brachte das Deutsche Reich das Land unter sein Protektorat (Deutsch-Ostafrika). Es wurde durch einen militärischen Residenten verwaltet, der die Macht des Mwami nicht antastete. Nach dem Ersten Weltkrieg fiel Ruanda mit Burundi an Belgien, das beide Gebiete unter dem Namen Ruanda-Urundi 1920-46 als Mandat des Völkerbundes und 1946-62 als UN-Treuhandgebiet verwaltete. 1959 erhoben sich die Hutu und stürzten schließlich am 28. 1. 1961 die Tutsi-Herrschaft; gleichzeitig wurde durch den »Parti du Mouvement de l'Émancipation Hutu« (PARMEHUTU, deutsch »Partei der Bewegung für die Gleichstellung der Hutu«) die Republik ausgerufen. Am 1. 7. 1962 entließ die UNO den Staat Ruanda - unter Abtrennung von Burundi - in die Unabhängigkeit.
 
Die Überrepräsentierung der Tutsi in der sozialen Oberschicht führte jedoch zu ständigen inneren Unruhen und Konflikten. Im Juli 1973 erlangte Generalmajor Juvenal Habyarimana (* 1937, ✝ 1994) nach einem unblutigen Militärputsch die Macht; er löste das Parlament und die Parteien auf und setzte sich an die Spitze einer Militärregierung. Im Dezember 1978 nahm die Bevölkerung eine neue Verfassung an, die die Position des im selben Monat zum Staatspräsidenten gewählten Habyarimana stärkte (Wiederwahl 1983 und 1988) und den 1975 gegründeten MRND (Mouvement Révolutionnaire National pour le Développement, deutsche »Nationale Revolutionäre Bewegung für den Fortschritt«) als Einheitspartei etablierte. Nach blutigen ethnischen Auseinandersetzungen in Burundi kamen 1988 rd. 60 000 Hutu nach Ruanda.
 
Im Oktober 1990 drangen im Exil lebende Tutsi, gestützt auf den Front Patriotique Rwandais (FPR), von Uganda aus nach Ruanda ein und verwickelten fortan die von den Hutu dominierten Regierungs-Streitkräfte in schwere Kämpfe. Unter dem Druck der Tutsi-Offensive suchte die Regierung mit der Einführung eines Mehrparteiensystems 1991 die innenpolitischen Spannungen besonders zwischen der Hutu-Mehrheit und der Tutsi-Minderheit zu mildern. Nach dem Scheitern zahlreicher Waffenstillstandsvereinbarungen sollte das Friedensabkommen von Arusha (4. 8. 1993) den Bürgerkrieg beenden. Um den Friedensprozess zu überwachen, beschloss die UNO im Oktober 1993, eine Friedenstruppe sowie zivile Mitarbeiter nach Ruanda zu entsenden (UNAMIR-Einsatz bis 1996). Dennoch kam es nach dem Tod vonHabyarimana zusammen mit dem Präsidenten Burundis bei einem Flugzeugabsturz in Kigali am 6. 4. 1994 (Ursachen ungeklärt) zu einem sofortigen Wiederaufflammen des Bürgerkriegs. Dabei fielen rd. 1 Mio. Ruander (meist Tutsi und oppositionelle Hutu) einer systematischen Ausrottungspolitik durch regierungstreue Hutu-Milizen und das Militär sowie Tausende Hutu nach Racheakten der Tutsi zum Opfer, bevor sich die Tutsi-Truppen des FPR bis Anfang Juli 1994 durchsetzen und das ganze Land erobern konnten. Als Folge des Bürgerkriegs flohen schätzungsweise knapp 2 Mio. Ruander (hauptsächlich Hutu) in die Nachbarstaaten, v. a. nach Tansania und das damalige Zaire. Der siegreiche FPR unter der Führung von Paul Kagame (* 1958) setzte am 19. 7. 1994 eine neue Regierung mit dem gemäßigten Hutu Pasteur Bizimungu (* 1951) als Staatspräsident ein. Der staatliche Neuanfang (u. a. 1995 neue Verfassung) wurde überschattet durch den Völkermord 1994, den u. a. das Kriegsverbrechertribunal untersucht (so genanntes Ruanda-Tribunal), und erschwert durch die Rückkehr von Tutsi-Flüchtlingen (v. a. aus Uganda), Hutu-Flüchtlingen (v. a. aus Tansania) sowie von rd. 1 Mio. Hutu, die 1994 infolge des Bürgerkrieges in Ruanda in das damalige Zaire geflohen waren, jedoch nach der u. a. auch von Ruanda unterstützten Machtübernahme durch Kabila 1997 von dort wieder vertrieben wurden. Integrationsprobleme führten deshalb wiederholt zu innenpolitischen Spannungen sowie gegenseitige Racheakte zu Menschenrechtsverletzungen und blutigen Konflikten. Nach dem Rücktritt von Staatspräsident Bizimunguam 23. 3. 2000 wurde Paul Kagame (FPR-Vorsitzender) am 17. 4. 2000 als sein Nachfolger gewählt. Unter südafrikanischer Vermittlung schlossen die Präsidenten von Kongo und Ruanda am 30. 7. 2002 einen Friedensvertrag, der u. a. den Rückzug der ruandischen Streitkräfte aus Kongo, die dort seit 1998 militärisch intervenierten und zunächst Rebellenbewegungen gegen L. Kabila unterstützten, sowie die Entwaffnung der Hutu-Milizen, die von Kongo Kongo aus in Ruanda militärisch operierten, vorsieht.
 
 
R. Lemarchand: Rwanda and Burundi (London 1970);
 M. d'Hertefelt u. D. de Lame: Société, culture et histoire du Rwanda, 2 Bde. (Tervuren 1987);
 O. Werle u. K.-H. Weichert: R., ein landeskundl. Porträt (1987);
 R. Bindseil: R. u. Dtl. seit den Tagen Richard Kandts. Histor. Abriß der dt.-ruand. Beziehungen. .. (1988);
 
Als die Weißen kamen. R. u. die Dt. 1885-1919, bearb. v. G. Honke u. a. (1990);
 
Ein Volk verläßt sein Land. Krieg u. Völkermord in R., hg. v. H. Schürings (1994);
 F. Reyntjens: L'Afrique des Grands Lacs en crise (Paris 1994);
 H. Asche: Rwanda. Die Produktion eines ethn. Dramas (1995);
 A. Destexhe: Rwanda and genocide in the twentieth century (a. d. Frz., New York 1995);
 P. J. O'Halloran: Humanitarian intervention and the genocide in Rwanda (London 1995);
 
Les crises politiques au Burundi et au Rwanda (1993-1994). Analyses, faits et documents, hg. v. A. Guichaoua (Villeneuve d'Ascq 1995);
 C. Muyombano: R. Die histor. Ursachen des Bürgerkrieges (1995);
 
Rwanda. Le médias du génocide, hg. v. J.-P. Chrétien (Paris 1995);
 C. Braeckman: Rwanda. Histoire d'un génocide (Neuausg. Paris 1996);
 H. Strizek: R. u. Burundi von der Unabhängigkeit zum Staatszerfall (1996);
 C. P. Scherrer: Ethnisierung u. Völkermord in Zentralafrika. Genozid in Rwanda, Bürgerkrieg in Burundi u. die Rolle der Weltgemeinschaft (1997).
 

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Ru|ạn|da; -s: Staat in Zentralafrika.

Universal-Lexikon. 2012.