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Konfliktregelung
Konflịktregelung,
 
der Prozess des Austragens, der Bearbeitung und - möglicherweise - der Lösung eines Konflikts. Als Prozess zielt Konfliktregelung darauf ab, die einem Konflikt zugrunde liegende Differenz zweier oder mehrerer Positionen - sei es im Menschen selbst oder zwischen Individuen, gesellschaftlichen Gruppen oder Staaten - zu verringern oder zu beseitigen oder die Austragungsform eines Konflikts so zu verändern, dass Gewalt minimiert und Schaden begrenzt wird.
 
Die Strategien und Methoden der Konfliktregelung hängen von der Art des Konfliktes ab, d. h. davon, ob es sich um einen Interessen- oder Verteilungskonflikt einerseits oder einen Wert- oder Identitätskonflikt andererseits handelt. Während Interessen- und Verteilungskonflikte (zum Beispiel Tarifauseinandersetzungen in der Wirtschaft) tendenziell einem Kompromiss zugeführt werden können, ist dies bei Wert- oder Identitätskonflikten (zum Beispiel wegen religiöser, moralischer oder politischer Überzeugungen) nahezu unmöglich. Oftmals sind Wertkonflikte jedoch von Interessenkonflikten beziehungsweise dem Kampf um Macht begleitet, sodass versucht werden muss, diesen zu regeln. Bei Verhandlungen über Interessenkonflikte kommt es darauf an, den gemeinsamen Wert der zu treffenden Vereinbarung zu maximieren, sodass der Anteil, den die einzelne Konfliktpartei nach einem Kompromiss erhält, möglichst groß ausfällt.
 
 Koordination der Handlungsoptionen
 
Für die Konfliktregelung bedeutsam ist weiterhin, ob die Beziehung zwischen den Konfliktparteien symmetrisch oder asymmetrisch ist. Exakt symmetrische Konstellationen kommen in der Realität selten vor. In einer asymmetrischen Situation kann der Stärkere (topdog) den Schwächeren (underdog) zwingen, sich seiner Interessenlage oder seinen Wertpräferenzen anzupassen, oder ihn daran hindern, die eigenen Ziele zu verwirklichen. Ist die Situation nicht eindeutig asymmetrisch, sondern bestehen unterschiedliche wechselseitige Abhängigkeiten, so werden die Konfliktparteien eher geneigt sein, eine Veränderung ihrer Konstellation auszuhandeln, etwa durch die Suche nach einer Kompensation oder einem Kompromiss. Konflikte können entweder durch die Konfliktparteien selbst oder durch Hinzuziehung oder Intervention durch Dritte bearbeitet oder geregelt werden. Dementsprechend wird zwischen dyadischen (»Zwingen« und »Verhandeln«) und triadischen (»Vermitteln«, »Schlichten« und »Richten«) Methoden der Konfliktregelung unterschieden. Während W. von der Ohe die dyadische Methode wirtschaftlich unabhängigen Gemeinschaften und die triadische wirtschaftlich vernetzten, mit Herrschaftsformen ausgestatteten Gesellschaften zuordnet, wird nach Ulrike Wasmuht die dyadische Form eher in totalitären (Konfliktunterdrückung) und die triadische eher in demokratischen Systemen angewandt, etwa durch »vermittelnde« Instanzen wie Recht, Föderalismus und Pluralismus. Bei internationalen Konflikten überwiegt unbeschadet der inneren Ordnung der beteiligten Staaten die dyadische Form, weil es für Fälle der Gewaltanwendung keine übergeordnete Instanz mit wirksamen Sanktionsmöglichkeiten gibt (Anarchie des Staatensystems).
 
Hinsichtlich der Handlungsoptionen der Akteure (Konfliktparteien wie auch Drittparteien) ist zu unterscheiden zwischen assoziativen Strategien, bei denen die Parteien sich von ihren unterschiedlichen Positionen aus aufeinander zubewegen oder von dritter Seite in diese Richtung bewegt werden, und dissoziativen Strategien, bei denen sie sich trennen oder getrennt werden. Überlagert wird dies durch die Interessenlagen der Konfliktparteien und von eventuell einbezogenen Dritten. Eine Strategie kann so auf die Bewahrung einer Beziehungsstruktur oder auf deren Veränderung ausgerichtet sein.
 
Welche Strategien und Methoden bei der Konfliktregelung angewandt werden, hängt von der Ebene menschlichen Zusammenlebens, auf der der Konflikt ausgetragen wird, wie auch davon ab, ob die Akteure Individuen, Gruppen oder noch größere soziale Einheiten sind. Schließlich kommt es auch darauf an, in welchem Stadium sich ein Konflikt befindet und ob er gelöst werden kann. Hierbei ist nach Friedrich Glasl zwischen präventiven und kurativen Maßnahmen zu unterscheiden. Letztere sind auf internationaler Ebene nach Boutros Boutros-Ghali nochmals in die Aufgabenbereiche Friedensschaffung, -sicherung und -konsolidierung spezifiziert.
 
 Individuelle Konfliktregelung
 
Die individuelle Konfliktregelung ist Gegenstand psychologischer Forschung. Auch hier spielen unterschiedliche Modellvorstellungen eine Rolle. Ihre Aussagen über psychische Prozesse ergänzen einander jedoch teilweise.
 
1) Die feldtheoretische Konflikttheorie, die auf Kurt Lewin zurückgeht, nimmt an, dass Menschen in ihrer Alltagswelt in einem »Kräftefeld« konkurrierender Wünsche, Ziele und Ansprüche stehen. Diese bilden spezifische Konfliktfelder, ihre jeweilige Konstellation erfordert unterschiedliche Reaktionen. Lewin und seine Schüler unterscheiden die Konstellationen unter den Aspekten Annäherung und Vermeidung, die sich jedoch mit der Polarität von Assoziation und Dissoziation vergleichen lassen:
 
a) Annäherungs-Annäherungs-Konflikte: Bei der Wahl zwischen zwei positiv angesehenen Alternativen erfolgt die Konfliktregelung meist dadurch, dass die subjektiven Argumente für eine Alternative überwiegen. b) Vermeidungs-Vermeidungs-Konflikte: Bei der Wahl zwischen zwei Zwangslagen wird zunächst versucht, beiden aus dem Wege zu gehen, also das »Feld« zu verlassen. Gelingt dies nicht, so hängt die Konfliktregelung von der subjektiven Einschätzung der psychischen und physischen Folgen ab, die vom Eintritt jeder Alternative erwartet werden. Konflikte dieser Art lassen den Betroffenen oft lange schwanken, bevor eine Entscheidung getroffen wird. c) Annäherungs-Vermeidungs-Konflikte: Sie ergeben sich, wenn mit der Konfliktlösung sowohl Vorzüge als auch Nachteile verbunden sind. Konflikte dieser Art erzeugen den höchsten Grad von Entscheidungsunsicherheit.
 
2) Nach der von Leon Festinger entwickelten Theorie der kognitiven Dissonanz entstehen Konflikte, sobald Menschen einen Widerspruch zwischen ihrem Wissen und ihrem Handeln empfinden. Kommt es dabei zu einem Spannungsverhältnis, so mobilisiert das Individuum Energien und Strategien, um diesen Konflikt auszugleichen. Dabei ist die Richtung der Konfliktregelung offen.
 
3) Die Psychoanalyse Sigmund Freuds ist in ihrem theoretischen Kern eine Konfliktpsychologie. Freud führt die Universalität psychischer Konflikte darauf zurück, dass die vom Lustprinzip bestimmten Bedürfnisse und Triebe auf eine unmittelbare Befriedigung drängen, während die äußere Realität Triebverzicht oder sozial vorgeschriebene Formen der Triebbefriedigung verlangt. Um die eigenen Wünsche und Bedürfnisse mit den Angeboten und Verboten der Umwelt zu einem Ausgleich zu bringen, sind permanent Konflikte zu bewältigen. Im Falle einer gelungenen Konfliktregelung lernt das Ich, zwischen den inneren und äußeren Ansprüchen zu vermitteln. Im »inneren Konflikt« zwischen kontrollierendem Über-Ich und triebhaftem Es handelt das Ich Kompromisse wie Triebaufschub oder Frustrationstoleranz aus oder es greift handelnd in die äußere Realität ein, um sich neue Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung zu verschaffen. Ist das Ich dazu nicht in der Lage, kommt es zu »neurotischen Konflikten« und zur Konfliktregelung durch Abwehrmechanismen wie Verdrängung, Verschiebung oder Projektion, die zu einer völligen Verzerrung der Realitätswahrnehmung führen können.
 
4) Ein neues, integratives Modell der Bewältigung (Coping) von mit Konflikten verbundenen Belastungen unterscheidet zwischen bewertungs-, problem- und emotionsorientiertem Coping. Beim bewertungsorientierten Coping versucht ein Individuum in einer als bedrohlich wahrgenommenen Lage sich an vergleichbare Situationen zu erinnern, um daraus Bedeutungsmuster zu erkennen, die ihm helfen abzuwägen, was zur Konfliktregelung unternommen werden kann oder sollte. Beim problemorientierten Coping wird versucht, die Konfliktursache zu verändern oder zu beseitigen und sich mit den Folgen einer Konfliktlage auseinander zu setzen. Emotionsorientiertes Coping zielt darauf ab, die durch einen Konflikt hervorgerufenen Emotionen zu beherrschen. In welchem Maße eine Person über positive Copingressourcen für eine positive Konfliktregelung verfügt, hängt von ihrer Lebensgeschichte und dem sozialen Umfeld ab. Menschen mit vielfältigen sozialen Kontakten sind eher in der Lage, Konflikte zu bearbeiten, als solche, die sozial weniger integriert sind. Die aktuelle Konfliktregelung einer Person hängt schließlich von den Erfahrungen beim Umgang mit Konflikten ab. Sind diese positiv, entsteht häufig ein »Bewältigungsoptimismus«, der in Konflikten eine Chance zur persönlichen Weiterentwicklung sieht. Negative Erfahrungen können hingegen eine »Demoralisierung« oder »gelernte Hilflosigkeit« einer Person in Konfliktsituationen nach sich ziehen.
 
 Zwischenmenschliche Kommunikation und Konfliktregelung
 
Jedes zwischenmenschliche Verhalten ist nach Paul Watzlawick eine Handlung innerhalb eines Kommunikationsprozesses. Daraus folgt, dass sämtliche Konflikte durch Kommunikation entstehen und auch nur durch Kommunikation bewältigt werden. Kommunikationsstörungen können zur Verschärfung von Konflikten führen. Deshalb ist die Konfliktanalyse und intervenierende Konfliktregelung auch besonders auf die Erforschung von Kommunikationsstörungen ausgerichtet.
 
Konflikte werden grundsätzlich auf zwei Ebenen ausgetragen: Auf der inhaltlichen Ebene geht es den Parteien um die Klärung und/oder Veränderung ihrer Positionsdifferenz in Bezug auf einen bestimmten Gegenstand, auf der Beziehungsebene ist das Verhältnis zwischen den Konfliktparteien selbst Gegenstand des Konfliktes. Differenzen auf der inhaltlichen Ebene lassen sich vor allem dann überwinden oder ausgleichen, wenn aufgrund rationaler Überlegungen oder vor dem Hintergrund positiver emotionaler Beziehungen eine Bereitschaft zur Überwindung oder zum Ausgleich vorhanden ist und/oder Regeln bestehen oder vereinbart werden können, nach denen ein Ausgleich vorzunehmen ist. Hinzukommen muss dann jedoch noch eine der folgenden Bedingungen:
 
1) Der Gegenstand des Konflikts muss teilbar sein und in geteiltem Zustand beiden Konfliktparteien einen gleichen oder ähnlichen Nutzen bringen (zumindest darf die Teilung nicht von einer Seite als erheblicher Nachteil bewertet werden) oder
 
2) der Gegenstand des einen kann mit etwas getauscht werden, das der andere dafür haben will (zum Beispiel Realtausch oder aber Ware gegen Geld), oder
 
3) der Verzicht der einen Konfliktpartei kann mit der Aussicht auf einen anderen Vorteil durch die andere oder die dritte Partei ausgeglichen werden oder eine Partei kann dadurch, dass sie von einer Position abrückt, einen absehbaren erheblichen Schaden durch die andere Konfliktpartei oder die dritte Partei vermeiden. Aus den letzten beiden Bedingungen folgt für die Rolle der eventuell intervenierenden dritten Partei, dass es weniger auf ihre Neutralität als auf ihre Fähigkeit ankommt, den Konfliktparteien Vorteile zu verschaffen oder Schaden für den Fall anzudrohen, dass sie sich für Kompromisse unzugänglich zeigen.
 
4) Schließlich kann auch eine Güterabwägung unter dem Gesichtspunkt, eine Selbstschädigung zu vermeiden, ein Motiv sein, eine inhaltliche Position zu verlassen, beziehungsweise die dritte Partei kann die Streitparteien dazu bringen, solche Überlegungen anzustellen.
 
Differenzen auf der Beziehungsebene sind demgegenüber am ehesten dann zu entspannen oder zu überwinden, wenn zumindest eine Partei bereit ist, das Verhältnis zur anderen zu überprüfen und gegebenenfalls das eigene Verhalten zu ändern. Dies ist jedoch insbesondere dann schwierig, wenn die Beziehungsstörung aufgrund längerer Erfahrungen des Umgangs miteinander beziehungsweise unterschiedlicher Interpretationen gemeinsam erlebter Geschichte aufgebaut wurde und eventuell sogar als Teil der eigenen Identität erlebt wird. Erleichtert wird die Konfliktregelung auf dieser Ebene dadurch, dass a) die Parteien für ihre Auseinandersetzung Regeln akzeptieren, die einer unkontrollierten Eskalation entgegenwirken, oder b) eine als schwerwiegend erlebte Gefährdung durch einen Dritten die Parteien dazu veranlasst, wenigstens vorübergehend ihre Differenz beizulegen und eine Koalition gegen diesen zu bilden, oder c) es zu einer länger andauernden räumlichen Trennung der Konfliktparteien kommt, durch die vermieden wird, an der bloßen Gegenwart der anderen Anstoß zu nehmen.
 
Aus den Bedingungen für eine Erfolg versprechende Konfliktregelung wird deutlich: 1) Auf beiden Ebenen ist die Bereitschaft zumindest einer Partei, die eigene Position zu relativieren, eine wichtige Voraussetzung zur Konfliktregelung. Sie ist in der Realität eher bei inhaltlichen Differenzen gegeben, für die ein Kosten-Nutzen-Kalkül eine rationale Entscheidung erleichtert, ob die Verwirklichung eines umstrittenen Ziels den Aufwand lohnt, den die Überwindung des Widerstandes der anderen Konfliktpartei erfordert, und welche Handlungsoption gegebenenfalls die günstigste Relation im Verhältnis von psychischem und materiellem Aufwand und Nutzen bringt. 2) Das Vorhandensein und die Akzeptanz von Verhaltensregeln erleichtern auf beiden Ebenen den Umgang mit der Differenz. 3) Der Faktor Zeit spielt bei Beziehungskonflikten häufig eine andere Rolle als bei inhaltlichen. So lassen sich inhaltliche Differenzen in vielen Fällen entweder dauerhaft oder klar befristet (etwa in Form eines in seiner Gültigkeit festgeschriebenen Tarifvertrages) überwinden. Hingegen sind Beziehungsdifferenzen häufig Bestandteil einer schon länger andauernden Auseinandersetzung, die später wieder mit einem anderen Inhalt virulent werden kann.
 
Da inhaltliche Konflikte häufig von Beziehungskonflikten überlagert oder mit ihnen verknüpft sind, ist ihre Lösung durch die Parteien selbst oder Dritte besonders schwierig. Daher ist es für Bemühungen um Konfliktregelung wichtig, stets beide Ebenen im Blickfeld zu haben, denn bei jedem Kommunikationsakt werden nicht nur Inhalte, sondern auch - bewusst oder unbewusst - Aussagen über die Beziehungen zwischen den Teilnehmern übermittelt. Ob der Empfänger einer Mitteilung deren vollen Inhalt so versteht, wie er vom Sender gemeint ist, hängt somit nicht nur davon ab, dass es auf der Inhaltsebene keinen Informationsverlust gibt, sondern auch davon, wie der Empfänger den Sender auf der Beziehungsebene wahrnimmt. Für die Konfliktregelung ist es daher gleichermaßen wichtig wie auch schwierig zu erkennen, wie die Inhalte des Verhaltens der Parteien und die auf der Beziehungsebene dahinter liegenden Kommunikations- und Konfliktstrategien miteinander verwoben sind. Spannungen auf der Beziehungsebene sind häufig für den Konfliktverlauf und die Konfliktregelung wichtiger als die inhaltliche Differenzen. Sie lassen sich oftmals nicht durch Mittel, die auf der Inhaltsebene plausibel erscheinen (rationaler Diskurs, Kompromissfindung, Interessenausgleich), beheben, sondern nur durch eine Umstrukturierung der Beziehungen, gegebenenfalls sogar durch deren Auflösung (zum Beispiel Ehescheidung, Kündigung eines Arbeitsverhältnisses). Ihr Konfliktanteil muss deshalb bei der Analyse und Bearbeitung (die etwa bei Eltern-Kind- oder Partnerkonflikten auch eine Therapie sein kann) berücksichtigt werden. Bemühungen um eine Konfliktregelung in Gruppen (etwa zwischen Arbeitskollegen oder im Verhältnis Vorgesetzter und Untergebener) machen es häufig notwendig, einen außen stehenden Beobachter (Supervisor) und Berater (Moderator, Mediator) hinzuzuziehen, um Beziehungs- und Inhaltsanteile eines Konfliktes aufzuschlüsseln.
 
 Rollenkonflikte
 
Im Spannungsfeld von individueller und gesellschaftlicher Konfliktregelung liegen die Rollenkonflikte.
 
Hierbei unterscheidet man zwischen Intra- und Interrollenkonflikten, je nachdem, ob der Konflikt innerhalb einer bestimmten Rolle, die eine Person in ihrem gesellschaftlichen Umfeld zu spielen hat (etwa der des Abteilungsleiters zwischen den Erwartungen seiner Arbeitskollegen und den Ansprüchen der Firmenleitung), angelegt ist oder zwischen den Erwartungen an verschiedene Rollen, die eine Person in Bezug auf die unterschiedlichen Segmente ihres Umfeldes zu erfüllen hat (zum Beispiel Familienrolle versus Berufsrolle). Eine Konfliktregelung kann in beiden Fällen sowohl auf der Ebene des Rolleninhabers als auch auf der Ebene seines gesellschaftlichen Umfeldes angestrebt werden.
 
Individuelle Konfliktregelung kann in der Entscheidung für eine der Rollen oder in der Akzeptanz der Spannungen zwischen den unterschiedlichen Erwartungen oder in der Rollendistanz als Rücknahme des Engagements bestehen.
 
Kollektive Konfliktregelung erfordert ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass bestimmte Rollenmuster und damit verbundene Konflikte in der Sozialstruktur begründet sind. Dies kann auf die Tolerierung des Verhaltens der Betroffenen durch ihre Umwelt oder auf die Beseitigung der strukturellen Bedingungen dieser Konfliktlagen (etwa durch Änderung der Rollenbeschreibung) zielen.
 
 Konflikte zwischen Gruppen
 
Konflikte zwischen größeren sozialen Gruppen gleichen in einigen Aspekten denen zwischen Individuen, insofern als Gruppen, gesellschaftliche Organisationen, Staaten usw. ebenfalls aus Individuen bestehen. Dennoch haben sie Charakteristika, mit denen sie sich von den individuellen Konflikten unterscheiden, obwohl auch hier Kommunikationsprobleme auf der Inhalts- und Beziehungsebene von Bedeutung sind, ebenso Rollenkonflikte und deren Ritualisierung, zum Beispiel innerhalb eines Parlaments zwischen Regierung und Opposition.
 
Zu den besonderen Merkmalen von Konflikten zwischen Gruppen gehört deren positive Funktion im Sinne der Gruppendynamik: Sie stärken und sichern den inneren Zusammenhalt und die Herausbildung eines »Wirgefühls«, indem die Differenzen zu anderen Gruppen betont werden. Dies muss nicht zu einer Abwertung oder Feindschaft führen, kann diese aber zur Folge haben, vor allem, wenn beide Gruppen in einer Konkurrenzsituation stehen und der Gewinn der einen nur durch den Verlust der anderen zu erzielen ist.
 
 Bearbeitung gesellschaftlicher Konflikte
 
Strategien zur gesellschaftlichen Konfliktregelung hängen weitgehend von den ihnen zugrunde liegenden sozialphilosophischen Gesellschaftsbildern ab. Die Rechtfertigung des autoritären Staates als Instanz zur Konfliktregelung geht auf Thomas Hobbes zurück. Für ihn galt der »Krieg aller gegen alle« als Naturzustand, der nur dadurch zu vermeiden war, dass der Staat befugt wurde, unbeschränkte Gewalt über die Bürger auszuüben. Demgegenüber sieht Norbert Elias in der Herausbildung des staatlichen Gewaltmonopols einen wesentlichen Beitrag zum »Prozess der Zivilisation«. Dieses Monopol, verkörpert in der Polizei nach innen und im Militär nach außen, trägt ebenso wie die Entwicklung der Rechtsstaatlichkeit entscheidend dazu bei, die Gewaltanwendung bei der Austragung innergesellschaftlicher Konflikte einzuschränken. Die in westlichen Demokratien praktizierte Gewaltenteilung in Gesetzgebung, Gesetzesvollzug und Rechtsprechung wie auch ein klar geregeltes Verfahrensrecht verschaffen dem Bürger die Möglichkeit, in Rechtskonflikten mit anderen Bürgern, Organisationen oder dem Staat seine Interessen zu wahren.
 
Vollkommen anders ist der Konfliktregelungsansatz von Karl Marx. Im Zentrum seiner Theorie stehen sich ständig verschärfende Verteilungskämpfe und der zum Klassenkampf gesteigerte Gegensatz zwischen den besitzenden und herrschenden Klassen einerseits und den besitzlosen und unterdrückten Klassen andererseits. Für ihn ist das geeignete Mittel der Konfliktregelung die Enteignung der Enteigner, die mit dialektischer Notwendigkeit erfolgt und eine klassenlose Gesellschaft entstehen lässt.
 
Die moderne sozialwissenschaftliche Konflikttheorie (vor allem Ralf Dahrendorf) stellt die positiven Wirkungen von Konflikten heraus. Zwang und Herrschaft kennzeichnen danach jedes gesellschaftliche Zusammenleben. Sie mögen zwar Konflikte bewältigen, begründen aber stets auch neue. Konflikten und ihrem Austrag kommt daher die positive Funktion zu, zur Anpassung oder Erneuerung von Normen und Regeln beizutragen und somit sozialen Wandel zu fördern. Es kommt darauf an, Konflikte produktiv zu nützen und die Gesellschaft konfliktfähig zu machen. Eine solche Konfliktkultur ist somit ein Maßstab für die Modernisierungsfähigkeit eines sozialen Systems. Offene und mobile Gesellschaften sind auf Wandel angelegt und daher Herausforderungen eher gewachsen als starre Gesellschaftsstrukturen. Diese neigen zur »Konfliktverwaltung« (U. Wasmuht), mit deren Hilfe ein Konflikt an der Oberfläche befriedet wird, ohne dass er von seinen Ursachen her gelöst wird. Es kann auch versucht werden, notwendigen Wandel dadurch zu umgehen, dass Konflikte nach außen verlagert und Feindbilder aufgebaut werden, um innergesellschaftliche Konfliktparteien in einem »Wirgefühl« zu vereinen.
 
 Transformation internationaler Konflikte
 
Internationale Konflikte unterscheiden sich von zwischenmenschlichen und innergesellschaftlichen vor allem darin, dass keine übergeordnete Instanz über ein Sanktionspotenzial verfügt, um auf die Parteien dämpfend oder ihren Streit regulierend einzuwirken. Vielmehr befinden sich die Staaten in einer »anarchischen Machtordnung«, in der sie ihre Interessen zu wahren oder durchzusetzen versuchen. Dabei lässt sich eine defensive Haltung, der es um Selbstbehauptung gegenüber den Ansprüchen anderer internationaler Akteure geht, von einer offensiven unterscheiden, die auf Ausweitung des territorialen Besitzes, des Herrschafts- oder des Einflussbereiches angelegt ist. Dabei wird häufig Gewalt eingesetzt. Es ist immer wieder versucht worden, die Gewalt in den internationalen Beziehungen zu verringern oder zu beseitigen. Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang das Völkerrecht und das Kriegsrecht.
 
Darüber hinaus gab und gibt es Bemühungen, analog zur innerstaatlichen eine supranationale Ordnung zu schaffen, zum Beispiel in Form des Völkerbundes oder der Vereinten Nationen. Doch beide waren oder sind nicht in der Lage, sich über den Willen von Einzelstaaten hinwegzusetzen. Insbesondere mächtige Staaten streben jedoch immer wieder danach, sich zum Schiedsrichter einer regionalen oder sogar globalen Friedensordnung zu erheben. Dies gelang bisher aber nur für eine gewisse Zeit, weil hierdurch meist Konfliktpotenziale nur unterdrückt wurden, die sich aufstauten und in einem bestimmten Augenblick zum Ausbruch kamen, so etwa beim Zusammenbruch der Sowjetunion nach dem Ende des Ost-West-Konflikts.
 
Da es nicht möglich ist, die Konflikthaftigkeit der internationalen Beziehungen zu überwinden, kann es um des Weltfriedens willen nur darum gehen, Konflikte auf friedlichem Wege auszutragen. Eine Form stellt dabei unter anderem die - dem assoziativen Ansatz folgende - europäische Integration dar, in deren Rahmen eine stetig zunehmende Zahl wechselseitiger Abhängigkeiten zwischen den Mitgliedern entwickelt wurde, die allen daran Beteiligten deutlich macht, dass jeder Versuch, dem anderen zu schaden, zu einer noch größeren Selbstschädigung führen würde und dass durch Verhandlungen und kooperative Strategien für jeden Gewinne erzielt werden können.
 
In den 1970er- und 80er-Jahren wurde mit einem anderen Ansatz versucht, den Ost-West-Konflikt zu transformieren. Hierbei ging es darum, den Weg von der wechselseitigen nuklearstrategischen Gewaltandrohung (Abschreckung) zur »antagonistischen Kooperation« zu finden. Hierzu wurde auf verschiedenen Ebenen (bilateral zwischen den Supermächten, multilateral zum Beispiel im KSZE-Prozess) ein Netzwerk von Vereinbarungen geschaffen. Diese reichten von der Einigung über die Vermeidung von militärischen Zwischenfällen oder über begrenzte Abrüstungsmaßnahmen bis zu Maßnahmen der militärischen Vertrauensbildung, durch die die Gefahr von Überraschungsangriffen vermindert und damit der militärische Anteil an diesem mehrdimensionalen Konflikt entschärft werden konnte.
 
Mochten innerwestlich und im Ost-West-Bezug Ansätze der Politikverflechtung der Konflikttransformation dienen, so muss dies nicht auch für die Nord-Süd-Dimension gelten. Dort können von Fall zu Fall dissoziative Strategien sinnvoller sein, die die Einmischung der Industrieländer reduzieren und die Selbstentfaltung der Entwicklungsländer, die sich jedoch häufig an den Werten des Nordens orientieren, zur Geltung kommen lassen.
 
Literatur:
 
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Universal-Lexikon. 2012.