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Gregor
I
Gregor,
 
[griechisch, eigentlich »der Wache«, »der Wachsame«], Päpste:
 
 1) Gregor I., der Große (590-604), * Rom um 540, ✝ ebenda 12. 3. 604; Kirchenlehrer. Aus senatorischem Adel. Durch vorbildliche Verwaltung des Patrimonium Petri (Einrichtung einer zentralen Vermögensverwaltung) bereitete er die weltliche Macht des mittelalterlichen Papsttums und den Kirchenstaat vor. Die dadurch wachsende Entfremdung zum Byzantinischen Reich wurde durch Pflege der Beziehungen zu den Germanen aufgewogen. Gregor wurde zu einem der maßgeblichen Vermittler zwischen christlicher Antike und abendländischem Mittelalter sowohl in der Theologie als auch in der Praxis christlichen Lebens. Seine »Regula pastoralis«, die »Moralia in Job«, Homilien und »Dialogi« (Heiligenlegenden) prägten die folgenden Jahrhunderte, ebenso seine starke Förderung der Benediktregel. Seine liturgischen Reformen dienten v. a. der Ordnung und Bewahrung des Überlieferten (gregorianischer Gesang). - Heiliger (Tag: 3. 9.; bis 1969: 12. 3.).
 
 
Literatur:
 
C. Chazottes: Grégoire le Grand (Paris 1958);
 D. Roland: Activisme ou pastorale? Le message de Saint Grégoire le Grand (ebd. 1963);
 J. Richards: G. der Große. Sein Leben - seine Zeit (a. d. Engl., Graz 1983).
 
 2) Gregor II. (715-731), * Rom 668, ✝ ebenda 11. 2. 731; verband die germanischen Landeskirchen enger mit Rom; unterhielt gute Beziehungen zu den Langobarden; erteilte Bonifatius den Missionsauftrag (719) und die Bischofsweihe (722). Nach anfänglichem Frieden mit Byzanz kam es im Bilderstreit seit 726 zu scharfen Auseinandersetzungen mit Kaiser Leon III. - Heiliger (Tag: 11. 2.).
 
 3) Gregor III. (731-741), ✝ Rom 28. 11. 741; syrischer Herkunft; im Bilderstreit verurteilte Gregor 731 die Bilderfeinde, worauf der byzantinische Kaiser Leon III. Süditalien, Illyrien und Griechenland aus der kirchlichen Jurisdiktion Roms löste und dem Patriarchen von Konstantinopel unterstellte. Gregors Pontifikat war bestimmt durch den Übergang von der Lösung Roms aus dem byzantinischen Verband zu der allmählichen Hinwendung zu den Franken. - Heiliger (Tag: 28. 11.).
 
 4) Gregor IV. (827-844), ✝ Rom Januar 844; Römer; geweiht erst nach kaiserlicher Prüfung seiner Wahl; bestellte Ansgar zum ersten Bischof von Hamburg und zum päpstlichen Missionslegaten für den Norden; befestigte Ostia gegen die Sarazeneneinfälle.
 
 5) Gregor V. (996-999), früher Brun, * 972, ✝ Rom 18. 2. 999; Sohn Herzog Ottos von Kärnten (✝ 1004), Urenkel Ottos des Großen; erster deutscher Papst; von Otto III. benannt, den er 996 zum Kaiser krönte. Nach dessen Abzug aus Rom floh Gregor unter dem Druck des Patricius Johannes Crescentius Nomentanus (✝ 998), der mit byzantinischer Hilfe den Gegenpapst Johannes XVI. erhob.
 
 6) Gregor (VI.), Gegenpapst; im Juni 1012 vom römischen Adelsgeschlecht der Crescentier erhoben, floh Weihnachten 1012 zu Kaiser Heinrich II. nach Deutschland, der sich jedoch schon für Benedikt VIII. entschieden hatte.
 
 7) Gregor VI. (1045-46), früher Johạnnes Gratianus, ✝ Köln (?) etwa November 1047; erkaufte die Papstwürde von Benedikt IX.; Heinrich III. veranlasste seine Absetzung wegen Simonie auf der Synode von Sutri 1046 und verbannte ihn.
 
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Investiturstreit und Kirchenreform: Macht und Glaube
 
 
 8) Gregor VII. (1073-85), früher Hịldebrand, * Sovana (?) (heute zu Sorano, bei Grosseto) zwischen 1019 und 1030, ✝ Salerno 25. 5. 1085; Benediktiner; gewann als Archidiakon in Rom (ab 1059) wachsenden Einfluss an der Reformkurie. Ohne Beachtung des Papstwahldekrets von 1059 wurde Gregor 1073 formlos zum Papst erhoben. Erfüllt von religiösem Sendungsbewusstsein, kämpfte er leidenschaftlich bis zur Schroffheit für die »Reform« (gegen Simonie und Priesterehe; gregorianische Reform), für die Reinheit und Freiheit der Kirche in seinem Verständnis. Der Anspruch zur Verwirklichung seiner im Dictatus Papae (1075) formulierten Auffassungen ergab sich im Investiturstreit, der (mit unterschiedlicher Heftigkeit) jahrzehntelang alle abendländischen Staaten ergriff, die schärfste grundsätzliche Zuspitzung aber im Reich erfuhr (Canossa, 1077). Der von Gregor 1080 erneut verurteilte König Heinrich IV. antwortete auf der Synode von Brixen am 25. 6. 1080 mit der Erhebung des Gegenpapstes Klemens (III.), eroberte 1083/84 Rom und ließ sich von ihm zum Kaiser krönen. Gregor wurde dann Ende Mai 1084 vom Normannenherzog R. Guiscard aus der Engelsburg, in die er sich vor Heinrich IV. zurückgezogen hatte, befreit, musste aber nach der normannischen Plünderung Rom verlassen und starb als Gestürzter und Verbannter in Salerno. Trotz des persönlichen Scheiterns Gregors wurde unter seinem Pontifikat die nach ihm als ihrem bedeutendsten Vertreter benannte gregorianische Reform endgültig in der Kirche durchgesetzt. Von der Idee einer religiös bestimmten irdischen Ordnung ausgehend, repräsentiert im Papst als dem Nachfolger des Apostels Petrus und damit bestimmt durch die Überordnung der päpstlichen über die weltliche Gewalt, wurde Gregor zu einer der prägenden Persönlichkeiten der hochmittelalterlichen Welt. Er war einer der mächtigsten Päpste in der Kirchengeschichte. Sein Pontifikat bildete einen epochalen Höhe- und Wendepunkt in der Geschichte des Papsttums. - Heiliger (Tag: 25. 5.).
 
Literatur:
 
L. F. J. Meulenberg: Der Primat der röm. Kirche im Denken u. Handeln G.s VII. (Den Haag 1966);
 G. Koch: Auf dem Wege zum Sacrum Imperium (Wien 1972);
 C. Schneider: Prophet. Sacerdotium u. heilsgeschichtl. Regnum im Dialog 1073-1077 (1972);
 R. Wahl: Der Gang nach Canossa (Neuausg. 1979);
 U.-R. Blumenthal: G. VII. Papst zw. Canossa u. Kirchenreform (2001).
 
Weitere Literatur: Canossa, Heinrich IV. (Heilige Römische Reich), Investiturstreit.
 
 9) Gregor (VIII.), Gegenpapst (1118-21), genannt Burdinus (lateinisch »Esel«), früher Mauritius, Kloster Cava (?) nach August 1137; Bischof von Coimbra, Erzbischof von Braga; von Kaiser Heinrich V. gegen Gelasius II. aufgestellt, jedoch bald wieder preisgegeben; im April 1121 in Sutri von Calixtus II. gefangen genommen, blieb er bis zu seinem Tod in Haft.
 
 10) Gregor VIII. (21. 10.-17. 12. 1187), früher Albẹrtus de Mọrra, * Benevent, ✝ Pisa 17. 12. 1187; Chorherr; wurde 1178 Kanzler der römischen Kirche; hoffnungsvolle Ansätze seiner Regierung (Aussöhnung mit den Staufern) wurden durch seinen raschen Tod zunichte gemacht. Sein kurzes Pontifikat stand ganz im Zeichen der Vorbereitung des 3. Kreuzzuges.
 
 11) Gregor IX. (1227-41), früher Ugolino Graf von Segni ['sɛɲi], * Anagni (bei Frosinone) um 1170, ✝ Rom 22. 8. 1241; förderte schon als Kardinal entschieden neue Orden (v. a. Franziskaner und Dominikaner) und kirchliche Laienbewegungen. Sein Pontifikat war maßgeblich beherrscht von der Auseinandersetzung mit Kaiser Friedrich II. Gregor verband in seinem Pontifikat religiösen Eifer und härteste Machtpolitik. Er förderte die Mission, organisierte die Inquisition und veranlasste eine erste amtliche Sammlung kirchlicher Rechtsquellen und eigener Dekretalen, die als der »Liber Extra« ein Kernstück des Corpus Iuris Canonici bildet.
 
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Papsttum: Höhepunkt und Fall der päpstlichen Macht im Mittelalter
 
Avignonesisches Exil (1309 bis 1376): Die Päpste in Avignon
 
 
 12) Gregor X. (1271-76), früher Tebạldo Viscọnti, * Piacenza 1210, ✝ Arezzo 10. 1. 1276; Archidiakon in Lüttich. Sein Hauptanliegen war die Befreiung des Heiligen Landes. V. a. der finanziellen Vorbereitung eines (in der Folge nicht zustande gekommenen) Kreuzzuges galt das von ihm einberufene Konzil von Lyon 1274, das auch die Kirchenreform behandelte, die Papstwahl neu ordnete und die Union mit der orthodoxe Kirche beschloss, die jedoch keinen Bestand hatte.
 
 13) Gregor XI. (1370-78), früher Petrus Rogeri|i, * Rosiers-d'Égletons (?) (bei Tulle) 1329, ✝ Rom 27. 3. 1378; wurde 1348 durch seinen Onkel, Papst Klemens VI., Kardinal; umfassend gebildet; verurteilte als Papst 18 Sätze Wycliffs; seine Rückkehr nach Rom (1376/77) beendete das Avignon. Exil (Avignon).
 
 14) Gregor XII. (1406-15), früher Angelo Corrẹr ['andʒelo-], * Venedig um 1325, ✝ Recanati (bei Macerata) 18. 9. 1417; wurde 1390 lateinischer Patriarch von Konstantinopel, 1405 Kardinal; gewählt im Abendländischen Schisma. Nach dem Abfall seiner Kardinäle, seiner Absetzung durch das Konzil von Pisa 1409 und dem Verlust seiner meisten Anhänger ließ er auf dem Konstanzer Konzil seinen Verzicht erklären.
 
 15) Gregor XIII. (1572-85), früher Ugo Boncompagni [-'paɲi], * Bologna 1. 1. 1502, ✝ Rom 10. 4. 1585; Rechtslehrer an der Universität Bologna; wurde 1565 Kardinal und Legat in Spanien. Gregor förderte entschieden die innerkirchliche Reform (katholische Reform) und die Gegenreformation, besonders erfolgreich in Polen und in den (spanischen) Niederlanden; er unterstützte den Kampf Heinrichs III. von Frankreich gegen die Hugenotten; doch misslangen die katholische Restauration in Schweden, Unionspläne in Russland und eine Liga gegen die Türken. Besondere Aufmerksamkeit widmete er den deutschen Angelegenheiten (1573 Erneuerung der unter Pius V. als »Kardinalskongregation für Deutschland« errichteten »deutschen« Kardinalskongregation). Er förderte v. a. die Jesuiten bei der Mission in Indien und Japan. In Ausführung tridentinischer Dekrete veranlasste er eine amtliche Ausgabe des Corpus Iuris Canonici und die Reform des julianischen Kalenders (1582 als gregorianischer Kalender eingeführt). Er reorganisierte die Indexkongregation und baute das Collegium Romanum zur Gregoriana aus.
 
Literatur:
 
G. Fini: Un tentativo di unione religiosa di Roma con Mosca. Gregorio XIII e Ivan il Terribile, in: Oikumenikon, Jg. 7 u. 8 (Riano di Roma 1967-68).
 
 16) Gregor XIV. (1590-91), früher Niccolọ̀ Sfondrati, * Somma Lombardo (bei Varese) 11. 2. 1535, ✝ Rom 16. 10. 1591; wurde 1560 Bischof von Cremona, 1583 Kardinal. Politisch unerfahren, überließ Gregor die Amtsgeschäfte seinem Neffen Paolo Camillo Sfondrati (* 1561, ✝ 1618), den er 1590 zum Kardinal ernannt hatte und der unter spanischem Einfluss die Heilige Liga der französischen Katholiken gegen Heinrich IV. unterstützte.
 
 17) Gregor XV. (1621-23), früher Alessạndro Ludovisi, * Bologna 9. 1. 1554, ✝ Rom 8. 7. 1623; wurde 1612 Erzbischof von Bologna, 1616 Kardinal; überließ die Amtsgeschäfte seinem hoch begabten Kardinalnepoten Ludovico Ludovisi (* 1595, ✝ 1632). Innerkirchliche Reform (u. a. Reformierung des Papstwahlrechts) und aktive Gegenreformation wurden mit Nachdruck und Erfolg betrieben; u. a. Zentralisierung der Weltmission durch Errichtung der Propagandakongregation (1622); unter ihm gelang die Rekatholisierung Böhmens nach der Schlacht am Weißen Berge (1620).
 
 18) Gregor XVI. (1831-46), früher Bartolomeo Albẹrto Capellari, * Belluno 18. 9. 1765, ✝ Rom 1. 6. 1846; Kamaldulenser; gewählt unter österreichischem Einfluss (Metternich). Gregor war politisch unerfahren und weltfremd, beherrscht von Wunschbildern mittelalterlicher Kirchenmacht. Er versäumte die von den Großmächten dringend empfohlene Reform des zerbrechenden Kirchenstaates. »Neuerungen« in Welt und Kirche wurden verworfen, so z. B. die nationale Einigungsbewegung Italiens. Gregor bekämpfte jedes Staats- und Nationalkirchentum, trat im Streit um die Mischehen für katholische Grundsätze ein (Kölner Wirren) und bahnte die Vorherrschaft der »römischen Theologie« (Neuscholastik) an.
 
Literatur:
 
Acta Gregorii papae XVI, 4 Bde. (Rom 1901-04, Nachdr. Graz 1971).
 
II
Gregor,
 
Joseph, österreichischer Theaterhistoriker und Schriftsteller, * Tschernowzy 26. 10. 1888, ✝ Wien 12. 10. 1960; Gründer und Leiter der Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek; schrieb die Texte für die Opern »Daphne« (1938), »Friedenstag« (1938), »Die Liebe der Danaë« (1944) von R. Strauss, ferner expressionistische Gedichte und Erzählungen; theaterhistorische Werke.
 
Weitere Werke: Weltgeschichte des Theaters (1933); Shakespeare (1935); Das spanische Welttheater (1938); Kulturgeschichte des Balletts (1946); Geschichte des österreichischen Theaters (1948); Der Schauspielführer, 8 Bände (1953-67).
 
R. Strauss und J. Gregor. Briefwechsel 1934-49 (1955).

Universal-Lexikon. 2012.