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Schläger
Rowdy; Raufbold; Radaubruder; Schlägertyp; Keule; Prügel; Knüppel

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Schla|ger ['ʃla:gɐ], der; -s, -:
a) (zur Unterhaltungsmusik gehörendes) Lied, das für eine bestimmte Zeit sehr beliebt ist, eine eingängige Melodie und meist einen sentimentalen Text hat:
sie hörten, sangen den ganzen Tag Schlager; viele Ältere interessieren sich für die Schlager der 50er- und 60er-Jahre.
Syn.: Hit (ugs.), Lied, Schnulze (ugs. abwertend).
Zus.: Karnevalsschlager.
b) etwas, was zugkräftig ist, was großen Erfolg hat:
dieses Theaterstück ist der Schlager der Saison; diese Ware ist ein Schlager (wird sehr gut verkauft).
Syn.: Hit (ugs.), Knüller (ugs.), Renner (Jargon).
Zus.: Exportschlager, Messeschlager, Verkaufsschlager.

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Schla|ger 〈m. 3
1. populäres, eingängiges Musikstück; →a. Gassenhauer
2. Ware, die reißend abgesetzt wird, großen Erfolg hat

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Schla|ger, der; -s, - [urspr. wiener., wohl nach dem durchschlagenden Erfolg, der mit einem Blitzschlag verglichen wird]:
1. leicht eingängiges, meist anspruchsloses Lied, Musikstück, das für eine bestimmte, meist kürzere Zeit einen hohen Grad an Beliebtheit erreicht:
ein zündender, seichter, bekannter S.;
einen S. singen, spielen.
2. etw., was (für eine bestimmte Zeit) großen Erfolg hat, sich sehr gut verkauft:
Inlineskates sind in diesem Sommer der große S.

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Schlager,
 
Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Form des populären Liedes, die mit der sich herausbildenden Musikindustrie und den verankerten Mechanismen der Produktion und Verbreitung von Musik als Ware unmittelbar verbunden war. Der Begriff kommt eigentlich aus der Handelssprache, wo er einen Verkaufserfolg gleich welcher Art und womit bezeichnete. Auf Musik bezogen tauchte er gegen 1880 in Wien das erste Mal auf, ebenfalls als kommerzieller Erfolgsbegriff, der auf alle möglichen Genres und Gattungen der populären Musik, insbesondere auf die populären Tanzmelodien jener Zeit wie Walzer, Polka oder Galopp, aber auch auf Einzelstücke aus Operetten, aus Possen und Schwenken sowie auf Couplets und Gassenhauer Anwendung fand. Als die Komponisten dann dazu übergingen, ihre Kompositionen an den einmal zu Erfolg gekommenen Stücken zu orientieren, und die Verleger begannen, ihre Produkte gleich von vornherein mit dem Erfolgskennzeichen »Schlager« zu versehen, um damit als Kaufanreiz für die Notendrucke jene Popularität zu suggerieren, die diese Lieder ja eigentlich erst einzulösen hätten, entstand aus diesen so unterschiedlichen Formen der populären Musik allmählich eine selbstständige musikalische Gattung, der Schlager. Sie ist sowohl gekennzeichnet durch die kommerziellen Mechanismen ihrer Entstehung als auch durch die Wandlungen im Musikgebrauch, die sich als Folge der auf die Industrialisierung gegründeten Lebensweise vollzogen. So ist der Schlager seinem Wesen nach multifunktional, d. h. zugleich Musik zum Tanzen wie zum Zuhören, Spiegel des Lebensgefühls seiner Zeitgenossen wie auch unaufdringliche Hintergrundmusik. Dem entspricht andererseits ein leicht produzierbares stereotypes musikalisches Grundmodell, das sich im Verlauf seiner Entstehungsgeschichte als optimal herausgebildet hat und auf den unterschiedlichen Traditionslinien des populären Liedes aufbaut, insbesondere dem städtischen Gassenhauer. Mit seiner Kombination von Konstanten — dem formalen Aufbau nach dem Vers-Refrain-Schema, der Kadenz-Harmonik (Kadenz), der sequenzartigen (Sequenz), formelhaften Melodik, der begrenzten Thematik mit hohem Allgemeinheitsgrad — und Variablen — den verschiedenen Typen des Begleitrhythmus, dem Arrangement — stellt er eine Art Baukastenprinzip dar, nach dem Elemente aus den unterschiedlichsten Bereichen der populären Musik, vom Jazz über die lateinamerikanische Musik bis bin zur Rockmusik zu Schlagern synthetisiert und so kommerziell verwertet werden können. Den damit zwangsläufig verbundenen Verlust an Ausdruckskraft ersetzt die persönliche Ausstrahlung des Interpreten, der die schon bald in Arbeitsteilung von Komponist, Arrangeur und Texter hergestellten Einzelbestandteile zusammenzuhalten hat und aus dem Schlager eine hochgradig personalisierte Form von Musik werden ließ.
 
Die ersten Schlager in diesem Sinne kamen aus dem Bereich des Wiener Liedes und waren mit dem Namen von Alexander Girardi (1850-1918), einem österreichischen Schauspieler, Sänger und Komiker, als Interpreten verbunden, dessen enorme Popularität dem Wiener Lied als Schlager auch im Ausland zu schnellem Durchbruch verhalf. Die Tradition des Wiener Liedes lebte im Schlager noch lange unmittelbar fort, ist mit Liedern wie »Im Prater blühn wieder die Bäume« (1916) oder »Zwei Herzen im Dreivierteltakt« (1930) von Robert Stolz (1880-1975) bis heute lebendig geblieben. Als Anfang des 20. Jahrhunderts das Wiener Lied auch Berlin erreichte, wurde die Praxis, populär gewordene Lieder selbstständig als Schlager zu verbreiten, sehr schnell aufgegriffen. Vor allem die Komponisten der Berliner Operette, Paul Lincke (1866-1946), Victor Hollaender (1866-1940), weiterhin Jean Gilbert (1879-1942), Rudolf Nelson (1878-1960) und Walter Kollo (1878-1940), begannen jetzt ihre Kompositionen für das musikalische Unterhaltungstheater so anzulegen, dass gleich von vornherein Einzelnummern als Schlager herauslösbar waren. Auf diese Weise entstanden inzwischen klassisch gewordene Beispiele der Gattung wie »Das macht die Berliner Luft« und »Schenk mir doch ein kleines bisschen Liebe«, die aus Paul Linckes Operette »Frau Luna« (1899) kamen, oder »Puppchen, du bist mein Augenstern« aus Jean Gilberts Operetten-Posse »Puppchen« (1912). Mit dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie im Ergebnis des Ersten Weltkrieges verlagerte sich der Schwerpunkt der Entwicklung des europäischen Schlagers dann endgültig auf Berlin. Hier hatten sich neben der Operette die Revue-Bühnen (Revue) und Kabaretts inzwischen als die verbreitetste Form der musikalischen Bühnenunterhaltung etabliert, die nicht nur zu einer wichtigen Plattform für die sehr bald schon alles überschwemmenden musikalischen Einflüsse aus Amerika wurden, sondern vor allem auch die Herausbildung und Entwicklung des Schlagers als eigenständigen Liedtyp stimulierten, fand er hier doch eine geradezu ideale Heimstatt. Neben den schon erwähnten Komponisten, die nun auch für die Revue-Bühnen zu arbeiten begannen, machten sich hier vor allem Hugo Hirsch (1884-1961) u. a. mit den Revuen »Das hat die Welt noch nicht gesehn« (1924) und »Berlin ist Mode« (1927) sowie der in Wien gebürtige Ralph Benatzky (1884-1957) u. a. mit der Revue »Für dich« (1925) einen Namen. Typische Beispiele aus der Unzahl der für solche Revuen geschriebenen Lieder mit ihrer meist nur kurzlebigen Popularität waren seinerzeit etwa »Adieu, Mimi« (1926) von Ralph Benatzky oder »Ein Flip, ein Gin, ein Mädel« (1926) von Walter Kollo. Mit der Operetten-Diva Fritzi Massary (1882-1969) fand der Schlager in den Zwanzigerjahren hier auch seinen ersten großen Star. Im Gegensatz zu den Revue-Schlagern, die ganz auf den Schauwert der Darbietung ausgerichtet waren und vor allem von den fülligen Orchester-Arrangements lebten, entstand in den intimeren Kabaretts ein eher chansonähnlicher (Chanson), witzig-pointierter Liedtyp oft ausgesprochen frivolen Charakters. Er wurde nicht mehr »besetzt« wie noch die großen Revuen, sondern unmittelbar für seine Interpreten und deren persönliche Eigenart geschrieben. Trude Hesterberg (1892-1967), Gussy Holl (1888-1979), Claire Waldoff (1884-1957) und Otto Reutter (1870-1931) profilierten sich hier noch in der Vorkriegszeit mit Couplets, deren kommerzielle Verwertung sie in das Umfeld des Schlagers brachte; eine Traditionslinie, die in den Zwanzigerjahren dann durch Blandine Ebinger (1904-1993), Annemarie Hase (1900-1971), Rosa Valetti (1897-1937) und die Comedian Harmonists fortgesetzt wurde. Zu den Komponisten, die sich in den Zwanzigerjahren darauf spezialisierten, gehörten insbesondere Fred Raymond (1900-1954) und Rudolf Nelson, aber auch Walter Kollo und Friedrich Hollaender (1896-1976). Beispiele für diesen Schlagertyp sind etwa »Ich hab das Fräul'n Helen baden sehn« (1925) und »In einer kleinen Konditorei« (1928) von Fred Raymond, »Tante Paula liegt im Bett und isst Tomaten« (1928) und »Mein Papagei frisst keine harten Eier« (1928) von Walter Kollo sowie »Veronika, der Lenz ist da!« (1930) und »Ich hab für dich 'nen Blumentopf bestellt« (1930) aus dem Repertoire der Comedian Harmonists.
 
Die Bedeutung von Kabarett und Revue liegt nicht nur in der Herausbildung des Schlagers als selbstständiger Liedtyp, für den der strenge achttaktige Periodenbau ebenso charakteristisch wurde wie die auf den Dreiklangsbildungen beruhende Melodik mit ihren häufigen Akkordbrechungen und der Sequenzierung kurzer Floskeln sowie die prägnante, von den Tanzformeln (Tanzmusik) abgeleitete Rhythmik. Sowohl das Kabarett wie die Revue hatten vor allem die Funktion eines Katalysators für die nach dem Ersten Weltkrieg rapide zunehmenden musikalischen Einflüsse aus den USA. Schon in den zehner Jahren hatte Irving Berlins (1888-1989) »Alexander's Ragtime Band« (1911) als Schlager auch in Europa Furore gemacht. Die Jazz-Faszination (Jazz) und die aus dem Jazzdance abgeleiteten Tanzmoden führten in den Zwanzigerjahren zu einem immer stärkeren Interesse an der populären Musik Amerikas. Es kam zu Gastspielen amerikanischer Ensembles und Orchester mit immensem Erfolg, die Revue-Bühnen begannen, sich an den Broadway-Shows zu orientieren. Einen Höhepunkt fand diese Entwicklung mit den Ende der Zwanzigerjahre aus den USA kommenden ersten kommerziellen Tonfilm-Produktionen (Filmmusik), »The Jazz Singer« (Regie: L. Bacon, 1927) und »The Singing Fool« (Regie: L. Bacon, 1928). Nach ihrem Vorbild entstand jetzt eine Unzahl von Film-Musicals, Musikfilmen und Film-Revuen, die fortan zur Basis für die Entwicklung des Schlagers wurden. Filme wie »Liebeswalzer« (Regie: W. Thiele, 1929), »Die drei von der Tankstelle« (Regie: W. Thiele, 1929) oder »Die Privatsekretärin« (Regie: W. Thiele, 1930) verhalfen in Deutschland dem Film-Schlager zum Durchbruch, für den in dieser Zeit vor allem zwei Namen von Komponisten einstanden: Werner Richard Heymann (1896-1961) mit der Musik zu den genannten drei Filmen und einem Lied, das damals um die Welt ging — »Das gibt's nur einmal«, in der englischen Version als »It Only Happens Once in a Lifetime«, aus dem UFA-Film »Der Kongress tanzt« (Regie: E. Charell, 1931) — und Friedrich Hollaender mit der Musik zu dem Sternberg-Film »Der blaue Engel« (Regie: E. Sternberg, 1930), der mit Liedern wie »Ich bin die fesche Lola« und vor allem »Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt« die Karriere von Marlene Dietrich (1901-1992) begründete. Singende Filmschauspieler wie Hans Albers (1891-1960), Willy Fritsch (1901-1973), Lilian Harvey (1907-1968) sowie ab Mitte der Dreißigerjahre auch Johannes Heesters (* 1903) und Marika Rökk (* 1913) wurden jetzt zum Inbegriff des Schlagers.
 
Dass seine Entwicklung äußerlich scheinbar unberührt von dem Zerfall der Weimarer Republik und dem Machtantritt der Nazis in Deutschland durch die auf die Katastrophe des Zweiten Weltkrieges zusteuernden Dreißigerjahre weiterlief, mit dem Ausbau des Rundfunknetzes sogar eine ausgesprochene Konjunktur erhielt, darf über seine Indienstnahme für die geistige Aufrüstung des deutschen Volkes nicht hinwegtäuschen. Im Gegenteil: Die gemütvolle Liebesleid- und Liebeslust-Idylle der Schlagerlyrik konnte bestens als Ausweis für eine intakte »Volksgemeinschaft« herhalten und so über das wahre Gesicht des faschistischen Deutschland hinwegtäuschen. Dass der eskalierende faschistische Rassenwahn unmittelbar nach 1933, der »Säuberungs«-Fanatismus des Goebbelsschen Propaganda-Apparates und die Repressalien der zur Durchsetzung der »Gleichschaltungs«-Ideologie aufgebauten »Reichskulturkammer« viele der führenden Schlagerkomponisten und -interpreten sowie der Veranstalter von Revue und Kabarett aus Deutschland vertrieb, schien angesichts der beispiellosen Konjunktur, die die Dreißigerjahre der musikalische Unterhaltung in Deutschland bescherten, kaum bemerkt worden zu sein. Jean Gilbert und Rudolf Nelson emigrierten 1933, Victor Hollaender und Friedrich Hollaender 1934, Marlene Dietrich hatte Deutschland schon 1932 den Rücken gekehrt, die Comedian Harmonists mussten 1935 gehen, und dieses Schicksal teilten viele. Trotzdem ging die Produktion von Schlagern als Folge der Emigranten-Welle nach 1933 nicht etwa zurück, sondern erreichte einen sogar beträchtlichen quantitativen Aufschwung, zumal der nun um sich greifende militante Nationalismus mit seiner hysterischen Jazz- und Swing-Feindlichkeit dem deutschen Schlager auch die lästige Konkurrenz aus Übersee vom Halse schaffte. Selbst der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brachte für diese Sparte des Musiklebens nicht etwa Einschränkungen. Sie wurde mit der Goebbelsschen »Anordnung zur Neugestaltung des Rundfunkprogramms« aus dem Jahr 1942 sogar für »kriegswichtig« erklärt. Typische Beispiele der Schlagerproduktion jener Zeit, deren äußere Harmlosigkeit gerade ihre ideologische Funktion im faschistischen Deutschland ausmachte, waren etwa Lieder wie »Ich tanze mit dir in den Himmel hinein« (1937) von Friedrich Schröder (1910-1972), »Wenn ein junger Mann kommt« (1940) von Franz Grothe (1908-1982), »Kauf dir einen bunten Luftballon« (1944) von Anton Profes (1898-1976), »Im Leben geht alles vorüber« (1940) von Peter Kreuder (1905-1981) und die »Lili Marleen« (1940) von Norbert Schultze (* 1911). Unter den Interpreten war es vor allem Zarah Leander (1907-1981), mit deren Namen sich der Schlager im Deutschland der Dreißiger- und Vierzigerjahre nicht zu Unrecht hauptsächlich verband, kam sie doch mit einer für die damalige Zeit typischen Mischung aus Pathos und Sentimentalität der faschistischen Ideologie von »Opferbereitschaft« und »Schicksalshaftigkeit« zweifellos am nächsten.
 
Unmittelbar nach Kriegsende lief die musikalische Unterhaltungsmaschine in Deutschland unter Kontrolle der Siegermächte schnell wieder an, zum Teil mit Titeln, die wie die »Capri-Fischer« von Gerhard Winkler (1906-1977, Komposition) und Ralph Maria Siegel (1911-1972, Text) bereits in der ersten Hälfte der Vierzigerjahre entstanden waren, aber erst nach dem Krieg zum Erfolg wurden — die »Capri-Fischer« (1946) für den Sänger Rudi Schuricke (1913-1973). In den westlichen Besatzungszonen verband sich die Entwicklung des Schlagers dann sehr bald schon mit einer Amerikanisierungswelle ohnegleichen. Rumba und Samba, ab Mitte der Fünfzigerjahre der Calypso, mit ihm Mambo und Cha-Cha-Cha, danach der Twist und Anfang der Sechzigerjahre schließlich die Bossa nova waren die aus den USA importierten Modelle, verbunden jeweils mit entsprechenden Tanzmoden, an denen sich die Schlagerproduktion im Westen Deutschlands fortan orientierte. Dieser amerikanische Einfluss war musikalisch sehr bald schon deutlich hörbar. Zu den ersten Beispielen gehörte 1948 Theo Lingens (1903-1978) »Der Theodor im Fußballtor« im Boogie-Woogie-Rhythmus (Boogie-Woogie). Bully Buhlan (1924-1982) (u. a. »Ich hab noch einen Koffer in Berlin«, 1951), Evelyn Künneke (1921-2001) (u. a. »Mäcki-Boogie«, 1952), Caterina Valente (* 1931) (u. a. »Ganz Paris träumt von der Liebe«, 1955), René Kollo (* 1937) (u. a. »Hello Mary Lou«, 1961), Freddy Quinn (* 1931) (u. a. »Junge komm bald wieder, 1962) und Paul Kuhn (* 1928) (u. a. »Es gibt kein Bier auf Hawaii«, 1963) standen dann in der Bundesrepublik als Interpreten für eine überaus erfolgreiche Entwicklung des deutschen Nachkriegsschlagers, die in den Sechzigerjahren mit dem Siegeszug der Beatles und dem Vormarsch der Rockmusik aus England und den USA dann allerdings zunehmend unter Druck geriet. Obwohl mit Roy Black (1943-1991) (u. a. »Ganz in Weiß«, 1965), Wencke Myhre (* 1947) (u. a. »Beiß nicht gleich in jeden Apfel«, 1966), Drafi Deutscher (* 1946), (u. a. »Marmor, Stein und Eisen bricht«, 1965) und Udo Jürgens (* 1934) (u. a. »Siebzehn Jahr, blondes Haar«, 1965) durchaus erfolgreich Schlager produziert wurden, war der Imageverfall des Genres als bieder, belanglos, konservativ und reaktionär nicht mehr aufzuhalten. Junge Leute wandten sich der Rockmusik zu, und die älteren Generationen waren für die Tonträgerindustrie als Käufer damals nicht interessant genug. Zudem erwies sich die deutsche Sprache als ein Verbreitungshindernis in den zunehmend globaler werdenden Zusammenhängen des Musikgeschäfts. Dennoch ist durch Juliane Werding (* 1956) (u. a. »Am Tag als Conny Kramer starb«, 1972), Marianne Rosenberg (* 1955) (u. a. »Fremder Mann«, 1972), Gunter Gabriel (* 1942) (u. a. »Hey Boss, ich brauch mehr Geld«, 1975) oder Frank Zander (* 1942) (u. a. »Der Ur-Ur-Enkel von Frankenstein«, 1975) mehr oder weniger erfolgreich eine Wiederbelebung des deutschen Schlagers versucht worden, bevor in den Achtzigerjahren dann mit Peter Maffay (* 1949) (u. a. »Eiszeit«, 1982), Klaus Lage (* 1950) (u. a. »Faust auf Faust«, 1985), Herbert Grönemeyer (* 1956) (u. a. »Bochum«, 1985) oder Heinz Rudolf Kunze (* 1956) (u. a. »Dein ist mein ganzes Herz«, 1985) eine deutlich von der Rockmusik beeinflusste Entwicklung einsetzte, die mit ihren häufig sozialkritisch angelegten Texten dem Schlager auch wieder ein jugendliches Publikum eroberte.
 
Seither lassen sich Grenzziehungen um die Gattung entlang eindeutig definierter musikalischer Kriterien kaum noch vornehmen, reicht das Spektrum von den rap-orientiert (Rap) Fantastischen Vier (u. a. »Die Da?«, 1992) über die rockbeeinflussten Produktionen etwa von Lucilectric (u. a. »Mädchen«, 1994) bis hin zu den Nonsens-Songs der Prinzen (u. a. »Alles nur geklaut«, 1994). Lediglich eine Spielart der volkstümlichen Musik ist mit Vokalgruppen wie den Wildecker Herzbuben (u. a. »Herzilein«, 1990) oder dem Original Naabtal Duo (u. a. »Patrona Bavariae«, 1989) seit dem Ende der Achtzigerjahre musikalisch dominant geworden. Der Begriff »Schlager« bezieht sich inzwischen aber nur noch auf die Deutschsprachigkeit der Texte, bezeichnet also Popmusik in deutscher Sprache.
 
Zur Nachkriegsentwicklung des Schlagers in Deutschland gehört auch die parallele Entwicklung in der DDR. Große Verdienste erwarben sich hier Komponisten wie Walter Eichenberg (* 1922) (u. a. »Hör' mein Herz«, 1958), Gerd Natschinski (* 1928) (u. a. »Viola, Viola«, 1954), Georg Möckel (* 1924) (u. a. »Das wünsch' ich mir«, 1958), Jürgen Herrmann (* 1927) (u. a. »Nimm die Blumen und geh'«, 1957) und Wolfgang Kähne (* 1928) (u. a. »Eine Welt ohne dich«, 1958). Versuche, dem Schlager in der DDR musikalisch ein völlig eigenständiges nationales Gepräge geben zu wollen, scheiterten allerdings nicht nur an den in diesen Gattungen wirkenden Traditionen, sondern auch an der Einseitigkeit der ästhetischen Auffassungen, mit denen sich dieser Versuch verband. So sah sich die Gattung vor dem Hintergrund der idealisierten Vorstellung vom »unterhaltenden Kunstwerk« auf eine ideologisch-ästhetische Erziehungsfunktion festgelegt, die an den Funktionen musikalischer Unterhaltung völlig vorbeiging. Die allmähliche Überwindung derartig verengter Konzeptionen in den Sechzigerjahren hatte dann eine spürbare musikalische Profilierung zur Folge, die sich besonders in Titeln von Walter Kubiczeck (* 1931) (u. a. »Kofferradio-Boogie«, 1961), Ralph Petersen (* 1938) (u. a. »Zwei Küsse beim nach Hause gehn«, 1965), Horst Krüger (* 1942) (u. a. »Der Minirock«, 1967) und vor allem Frank Schöbel (* 1942) (u. a. »Lieb' mich so, wie dein Herz es mag«, 1967) niederschlug. Auch in der DDR blieb die Rockmusik nicht ohne Auswirkungen auf den Schlager. In ihrem Gefolge entstand ein Liedtyp, der zwar musikalische Eigenheiten des Schlagers wie das Vers-Refrain-Schema und die strenge achttaktige Periodisierung aufgriff, aber stilistisch der Rockmusik oder dem Jazz angenähert war, durch ein ausgeprägtes Wort-Ton-Verhältnis sowie die starke Ausrichtung auf die Persönlichkeit seiner Interpreten auch deutliche Bezüge zum Chanson aufweist. Verbunden war dieser Liedtyp vor allem mit den Namen des Komponisten Günther Fischer (* 1944) (u. a. »Der Tag beginnt«, 1971), des Sängers und Komponisten Reinhard Lakomy (* 1946) (u. a. »Heute bin ich allein«, 1972) sowie der Komponisten Arndt Bause (* 1936) (u. a. »Je t'aime«, 1979) und Thomas Natschinski (* 1947) (u. a. »Berührung«, 1980). Aus der Vielzahl der Interpreten, die den Entwicklungsprozess des DDR-Schlagers begleitet haben, seien stellvertretend hier Helga Brauer (* 1936), Bärbel Wachholz (1938-1984) und Fred Frohberg (* 1925), Monika Hauff (* 1944) und Klaus-Dieter Henkler (* 1944), Dagmar Frederic (* 1945), Frank Schöbel und Regina Thoss (* 1946), Gaby Rückert (* 1951), Eva-Maria Pieckert (* 1955) und Helga Hahnemann (1937-1991) genannt.
 
Danach hat sich auch in der DDR ein Popmusik-Konzept durchzusetzen begonnen, das wesentliche Anregungen aus der analog verlaufenden internationalen Entwicklung bezog und mit Namen verbunden ist, hinter denen zumeist eine rockmusikalische Vergangenheit liegt. Das kreative Zentrum dafür bildete insbesondere Arnold Fritzsch (* 1951), der nicht nur mit einer Reihe von Interpreten erfolgreich gearbeitet, sondern dieser Entwicklung auch wesentliche Impulse vermittelt hat. Aus der sehr großen Zahl vorwiegend junger Interpreten ragten vor allem Ines Paulke (* 1958), »IC« Ralf Schmidt (* 1960) und Ralf Bursy (* 1956) heraus, bevor mit dem Ende der DDR auch dieses Kapitel Musikgeschichte geschlossen wurde.

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Schla|ger, der; -s, - [urspr. wiener., wohl nach dem durchschlagenden Erfolg, der mit einem Blitzschlag verglichen wird]: 1. leicht eingängiges, meist anspruchsloses Lied, Musikstück, das für eine bestimmte, meist kürzere Zeit einen hohen Grad an Beliebtheit erreicht: ein zündender, sentimentaler, seichter, beliebter, bekannter S.; einen S. singen, spielen; die Euphorie für den deutschen S.; Die Takte verwandeln sich ihm in einen alten, albernen S. (Feuchtwanger, Erfolg 681); War nicht auch der deutsche S. totgesagt? Und lebt er nicht weiter in Guildo Horn? (Focus 11, 1999, 224). 2. etw., was (für eine bestimmte Zeit) großen Erfolg hat, sich sehr gut verkauft: Inlineskates sind in diesem Sommer der große S.; ihr Buch ist der S. der Saison; Die als S. im hessischen Landtagswahlkampf geplante Unterschriftenaktion ... droht zum Querschläger im Oppositionslager zu werden (Focus 2, 1999, 20).

Universal-Lexikon. 2012.