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Lie|be ['li:bə], die; -:1. starkes [inniges] Gefühl der Zuneigung, des Hingezogenseins:
mütterliche, kindliche, väterliche, reine, innige Liebe; er hat um ihre Liebe geradezu gefleht; ihre Liebe wurde von ihm nicht erwidert; sie sind in heftiger Liebe füreinander entbrannt.
Zus.: Gattenliebe, Geschwisterliebe, Kinderliebe, Mutterliebe.
2. <mit Attribut> gefühlsbetonte Beziehung zu einer bestimmten Sache:
sie hat eine große Liebe zu ihrer Arbeit; er erzählt immer mit Liebe zum Detail; aus Liebe zur Sache musste ich so handeln.
Zus.: Freiheitsliebe, Heimatliebe, Wahrheitsliebe.
3. (ugs.) geliebter Mensch:
sie war seine große Liebe; er ist ihre alte Liebe; diese späte Liebe inspirierte sie zu dem neuen Werk.
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Lie|be 〈f. 19〉
I 〈unz.〉
1. Ggs Hass
1.1 〈i. w. S.〉 starke Zuneigung, starkes Gefühl des Hingezogenseins, opferbereite Gefühlsbindung (Menschen\Liebe, Mutter\Liebe, Nächsten\Liebe, Tier\Liebe, Vaterlands\Liebe)
1.2 〈i. e. S.〉 starke, geschlechtsgebundene, opferbereite Gefühlsbeziehung
2. heftiger Drang, heftiges Verlangen, Streben nach etwas (Freiheits\Liebe, Gerechtigkeits\Liebe, Wahrheits\Liebe)
3. Gefälligkeit, Freundlichkeit
● Glaube, Hoffnung und \Liebe (nach 1. Korinther 13,13); ein Kind der \Liebe K. aus einer ganz bes. glücklichen Ehe bzw. Partnerschaft; Lust und \Liebe zu einer Sache haben eine S. gern tun; Werke der \Liebe tun der Barmherzigkeit; auf ein Wort der \Liebe warten ● seine \Liebe war erkaltet, erloschen, gestorben; jmdm. eine \Liebe erweisen; jmds. \Liebe (nicht) erwidern; jmdm. seine \Liebe gestehen; \Liebe machen 〈umg.〉 miteinander schlafen; tun Sie mir die \Liebe! 〈umg.〉 ich bitte sehr darum! ● alte \Liebe rostet nicht 〈Sprichw.〉 Jugendliebe od. -freundschaft ist von langer Dauer; Brennende \Liebe 〈Bot.〉 = Feuernelke; brüderliche, kindliche, schwesterliche, mütterliche, väterliche \Liebe; eheliche, geschlechtliche \Liebe; erbarmende \Liebe; göttliche \Liebe; große, heiße, herzliche, innige, leidenschaftliche, treue \Liebe; heimliche, stille \Liebe; eine \Liebe ist der anderen wert jmdm., der gefällig ist, tut man auch gern einen Gefallen ● jmdn. aus \Liebe heiraten; etwas aus \Liebe zu jmdm. tun; \Liebe für jmdn. empfinden, fühlen; (kein) Glück in der \Liebe haben; in \Liebe entbrannt sein; etwas mit viel \Liebe tun mit viel Geduld u. Mühe; die \Liebe zu den Eltern, zu den Kindern; \Liebe zur Musik, zur Kunst, zur Natur; \Liebe zur Wahrheit; \Liebe zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern
II 〈zählb.; umg.〉
1. Liebschaft
2. jmd., mit dem man eine Liebschaft hat od. hatte, jmd., den man liebt od. geliebt hat
● alle seine \Lieben; meine erste \Liebe; sie war meine große \Liebe; seine vielen \Lieben
[<ahd. liubi; → lieb]
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1. <o. Pl.>
a) starkes Gefühl des Hingezogenseins; starke, im Gefühl begründete Zuneigung zu einem [nahestehenden] Menschen:
mütterliche, kindliche, reine, innige L.;
die L. der Eltern;
seine L. zu ihr war groß;
Gottes L.;
um L. bitten, flehen;
R das tut der L. keinen Abbruch (ugs.; das schadet nichts, ist einerlei);
bei aller L. (bei allem Verständnis);
b) auf starker körperlicher, geistiger, seelischer Anziehung beruhende Bindung an einen bestimmten Menschen [des anderen Geschlechts], verbunden mit dem Wunsch nach Zusammensein, Hingabe o. Ä.:
die wahre, große L.;
eine heimliche, leidenschaftliche L.;
eheliche, gleichgeschlechtliche, platonische L.;
eine L. unter Männern;
seine L. zu ihr erlosch, erkaltete;
sie erwiderte seine L. nicht;
jmdm. seine L. gestehen, zeigen, beteuern, verheimlichen;
[keine] L. für jmdn. empfinden, fühlen;
jmdm. L. schwören;
aus L. heiraten;
R alte L. rostet nicht;
die L. geht durch den Magen (scherzh.; wer gut kochen kann, gewinnt leicht die Zuneigung anderer);
L. macht blind;
wo die L. hinfällt (Ausspruch der Verwunderung im Zusammenhang mit dem Partner, den jmd. gewählt hat);
☆ L. auf den ersten Blick (spontanes Empfinden von Liebe bei der ersten Begegnung);
c) sexueller Kontakt, Verkehr:
heterosexuelle L.;
käufliche L. (Prostitution);
L. machen (ugs.; koitieren; LÜ von engl. to make love).
2. <o. Pl.>
a) gefühlsbetonte Beziehung zu einer Sache, Idee o. Ä.:
die L. zur Kunst, zum Geld, zum Beruf;
ihre L. zum Detail;
meine ganze L. gehört dem Meer;
aus L. zur Sache;
b)
☆ mit L. (mit großer Sorgfalt u. innerer Anteilnahme: mit L. kochen, den Tisch decken).
3. <o. Pl.> Gefälligkeit; freundschaftlicher Dienst:
jmdm. eine L. erweisen;
tu mir die L. und geh zu ihr;
Spr eine L. ist der anderen wert (veraltend; wer einem einen Gefallen getan hat, dem hilft man auch selbst gern).
4. (ugs.) geliebter Mensch:
sie war meine erste, große L., ist eine alte L. von mir.
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I Liebe,
Wenngleich sich der Begriff Liebe nicht allgemein gültig definieren lässt, kann man doch sagen, dass Liebe die für den Menschen spezifische Fähigkeit ist, eine intensive gefühlsmäßige, insbesondere positiv empfundene Beziehung zu einem anderen Menschen zu entwickeln. Liebe ist eine Form der emotionalen Zuwendung, die in unterschiedlichen Epochen und Kulturen verschieden erlebt, aufgefasst und durch Verhaltensregeln bestimmt wird. Neben der Liebe zu anderen Menschen gibt es die »Liebe zur Natur«, zu bestimmten Dingen (z. B. die »Liebe zum Geld« oder die »Liebe zu Büchern«), zu Tätigkeiten oder zu bestimmten Ideen (z. B. Freiheit). Welch vielschichtige Bedeutung der Begriff Liebe hat, verdeutlichen auch zahlreiche Wortverbindungen: so spricht man von der Mutterliebe, der platonischen Liebe, der Liebe auf den ersten Blick oder von der käuflichen Liebe (eine Umschreibung der Prostitution).
Ihre besondere Eigenart gewinnt die als Liebe bezeichnete zwischenmenschliche Beziehung dadurch, dass man sie vor allem in der Existenz des anderen erfährt. Diese starke Orientierung am geliebten Menschen ist wohl auch einer der Hauptgründe für die Schattenseiten der Liebe, etwa die Eifersucht, die Trauer nach einer gescheiterten Liebesbeziehung, das Unvermögen, nach dem Tod des Partners noch jemand anderen lieben zu können oder die Selbsttötung aus Liebeskummer. In all diesen Fällen hat der Betreffende die Geliebte beziehungsweise den Geliebten (zumindest vorübergehend) für einzigartig und unersetzlich gehalten.
Die Versuche, Liebe zu definieren und zu klassifizieren, ziehen sich praktisch durch die gesamte Kulturgeschichte und haben, neben einer Fülle unterschiedlicher Klassifikationen und Liebes-Begriffe, immer auch Ausgrenzungen, Tabuisierungen und Abwertungen bestimmter Erscheinungsformen der Liebe (z. B. der gleichgeschlechtlichen Liebe oder, vor allem im christlichen Abendland, der Sexualität) mit sich gebracht. Häufig waren solche von gesellschaftlichen Vorurteilen und ideologischen Faktoren mitbestimmte Typologien auch Ausdruck männlicher Bedrohungsängste, aus denen heraus Frauen oft »niedrige«, »wilde« oder sonstwie negativ deklarierte Formen der Liebe zugeschrieben wurden.
Von weit reichender Bedeutung für eine Typologie der Liebe erwies sich in Europa die schon in der antiken, später dann auch in der christlichen Philosophie formulierte Dreistufung des Liebesstrebens: 1) als körperlich-sinnliches, von sexueller Anziehung ausgehendes Begehren, das auf die Verwirklichung einer sinnlich-erotischen Beziehung zu dem gewählten »Liebesobjekt« zielt; 2) die Ausrichtung der Zuneigung auf die Sorge für einen anderen Menschen, die als Liebe den sorgenden Umgang der Eltern mit Kindern ebenso umfasst wie den pädagogischen Eros, die vielfältigen Formen der Freundschaft und der Sympathie bis hin zur Verantwortung für den Nächsten, für die eigene und auch für andere Gruppen; 3) die Orientierung des Liebesbegriffs an einem Höchsten, so wie sie die antike und die christliche Philosophie als göttliche Liebe verstanden, wie sie aber auch in anderen Religionen (z. B. im Hinduismus als Bhakti, Heilsweg durch Hingabe und Liebe zu Gott) bekannt ist; diese Hingabe bewirkt ein auf die Verwirklichung der höchsten Liebe zielendes Verhalten des Menschen.
Bereits bei Aristoteles erschien zudem der Aspekt der Selbstliebe als notwendige Bedingung entsprechender Liebesfähigkeit gegenüber einem anderen Menschen, wie er im christlichen Gebot des »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« nachhaltig formuliert wurde.
Siehe auch: erste Liebe, Liebe auf den ersten Blick, Verliebtheit.
Liebe,
die mit der menschlichen Existenz gegebene Fähigkeit, eine intensive gefühlsmäßige, v. a. positiv erlebte Beziehung zu einem Menschen zu entwickeln; eine Form affektiver Zuwendung zu anderen, die in unterschiedlichen Epochen und Kulturen verschieden erlebt, aufgefasst und durch Verhaltensregeln bestimmt wird. In Analogie kann auch von Liebe zu Lebewesen der Natur (Tiere, Pflanzen) sowie zu einer Sache (z. B. Geld, Bücher), Tätigkeit (Liebhaberei) oder Idee (»Vaterland«, »Freiheit«, »Ehre«) die Rede sein.
Ihre besondere Eigenart gewinnt die als Liebe bezeichnete zwischenmenschliche Beziehung dadurch, dass ihr Wert, über eine Zweck-Mittel-Überlegung hinausgehend, in der Existenz des Anderen (E. Fromm) oder in der Liebe selbst erfahren werden kann. Liebe ist so weder dem Subjekt noch seinem Gegenüber allein zuzuordnen, sondern hat ihren Ort in einem zwischen den Liebenden entstehenden Vorstellungs- und Erfahrungsraum, der seinerseits durch seine dialogische Anlage (M. Buber) die Existenz der Beteiligten verändert oder bestimmt.
Evolution und biologische Grundlagen
In der Evolutionsbiologie wird die Liebe als Teil einer langfristigen sexuellen Strategie angesehen, die dazu dient, den Fortpflanzungserfolg zu maximieren. Es wird davon ausgegangen, dass sich Verhaltensweisen durchsetzten, die den Individuen beziehungsweise ihren Nachkommen einen Überlebensvorteil brachten. Nach I. Eibl-Eibesfeldt liegt die Wurzel der Liebe in der Mutter-Kind-Bindung, die sich im Zuge der intensiven Brutfürsorge bei den Säugetieren entwickelte. K. Lorenz meint, die Liebe entstand aus der Aggression, die überwunden werden musste, wenn sich zwei oder mehrere Individuen zu einem der Arterhaltung dienenden Zweck wie der Brutfürsorge zusammentaten.
Die typisch menschliche Form der Liebe dürfte sich in jener Periode entwickelt haben, als Vormenschen der Gattung Australopithecus den aufrechten Gang angenommen und den Urwald verlassen hatten, um die gefährlichen, offenen Savannen Afrikas zu besiedeln. Da die hilflosen Babys eine lange, intensive Betreuung benötigten und von den Müttern auf den Armen getragen wurden, erwiesen sich Bindungen als vorteilhaft, bei denen ein Vater die Mutter seiner Kinder unterstützte, indem er Nahrung herbeischaffte und sie beschützte. Hier sehen viele Evolutionsbiologen den Ursprung der monogamen Bindung von Menschen. Sie ist nach Forschungsergebnissen der amerikanische Anthropologin H. Fisher allerdings nicht lebenslang angelegt, sondern bezieht sich auf die Periode, in der die Kinder hilflos sind.
Die biologischen Unterschiede zwischen Frauen und Männern erforderten unterschiedliche sexuelle Strategien. Während Frauen nur eine begrenzte Anzahl von Kindern gebären können, ist es Männern zumindest theoretisch möglich, mit mehreren Frauen eine sehr große Zahl von Nachkommen zu zeugen. So wird die Neigung der Männer zur Polygamie erklärt.
Da sexuelle Aktivität für die Frauen immer das Risiko einer Schwangerschaft bedeutet, war es für die Frauen in der Urzeit wichtig, sich erst nach sorgfältiger Prüfung des Partners auf Geschlechtsverkehr einzulassen. Männer hingegen konnten dabei weniger wählerisch sein, da der Geschlechtsakt für sie keine zwingenden Verpflichtungen oder Konsequenzen mit sich brachte. Im Gegensatz zu Tierweibchen, bei denen die Empfängnisbereitschaft äußerlich sichtbar ist, ließen Frauen nicht erkennen, wann sie fruchtbar sind, und waren jederzeit zu sexuellen Aktivitäten in der Lage, sodass eifersüchtige Partner immer in ihrer Nähe bleiben mussten. Diese so genannte stille Ovulation förderte die Bindung eines Mannes an seine Partnerin.
In der Urzeit der Menschwerdung entwickelten sich die Idealbilder des Partners: Männer empfinden junge, hübsche Frauen attraktiv, die aufgrund ihrer Jugend, Gesundheit und des ebenmäßigen Körperbaus viele Kinder zu gebären versprechen. Frauen hingegen legen neben Gesundheit und muskulösem Körperbau bei Männern vor allem Wert auf einen hohen sozialen Status, der ihren künftigen Kindern Schutz und angemessenes Auskommen verspricht.
Deutungsmuster
Da Liebe zwischen Menschen überindividuell ist, bleibt ihre begriffliche Bestimmung an die Entwicklungslinien religiöser, philosophischer, gesellschaftlich-sozialer und zuletzt literarisch-ästhetischer Auffassungen von Mensch und Welt gekoppelt und erhält von hier aus ihre jeweilige Gestalt. Solche Bemühungen haben neben einer Fülle unterschiedlicher Klassifikationen und Liebesbegriffe immer auch Ausgrenzungen, Tabuisierungen und Abwertungen bestimmter Erscheinungsformen der Liebe (z. B. gleichgeschlechtliche Liebe, v. a. im christlichen Abendland die Abwertung der Sexualität) mit sich gebracht.
Neben gesellschaftlichen Vorurteilen und ideologischen (z. B. machtsichernden) Bestandteilen enthalten solche Typologien psychologisch gesehen auch Projektionen spezifisch männlicher Bedrohungsängste und internalisierter Zwänge, in deren Perspektive dann Frauen, aber auch den Angehörigen außereuropäischen Kulturen die »niedrigen«, »wilden« oder sonst wie negativen Formen der Liebe zugerechnet werden (F. Nietzsche ordnet in einem dreistufigen Modell die niedrigste Stufe der »Hingabe« den Frauen zu).
Sowohl die Vielzahl der Deutungsmuster als auch deren Unzulänglichkeit, Liebe zu definieren, verweisen auf den grundlegenden anthropologischen Sachverhalt, dass es sich bei Liebe wie bei anderen dem Menschen eigenen Fähigkeiten auch um ein komplexes und ambivalentes Produkt der Evolution handelt, das sich im spezifisch menschlichen Sinne erst in Überschreitung der jeweils natürlichen (z. B. biologischen) Gegebenheiten wie Sexualität konstituiert und sich im Zuge der Naturdistanzierung die Maßstäbe der eigenen Verhaltensmuster erst geschaffen hat (D. Claessens). In einem wechselseitiger Beeinflussung, Behinderung und Steigerung unterliegenden Prozess ermöglicht dabei das Phänomen Liebe dem Menschen die reflexive Identitätsfindung durch die Ausbildung dauerhafter, gefühls- und erfahrungsgeleiteter positiver Beziehungen zu anderen und zu Gruppen und bildet dadurch die Voraussetzungen zur Schaffung von Kultur. Liebe stellt damit einen der zentralen Sinnbereiche menschlichen Erlebens und Handelns dar; Orientierung an der Liebe organisiert in vielfältiger Weise das Verhalten der Individuen, ebenso bildet sie die Grundlage sozialer Verhaltensmuster (von geschlechtsspezifische Erziehung über Familienorganisation bis hin zum Freizeitverhalten) und bestimmter mit ihrer Regelung oder Ausgestaltung befasster Institutionen wie Ehe, Familienrecht und religiöse Gemeinschaften.
Auf die evolutionäre Bandbreite des mit dem Begriff der Liebe angesprochenen Verhaltens vermag besonders das Gebot der Feindesliebe aufmerksam zu machen, das in unterschiedlichen Kulturen (Bergpredigt im Neuen Testament, Mahatma Gandhis »Satyagraha«-Thesen) anzutreffen ist. Indem diese Idee den Menschen dazu auffordert, auf die Annahme einer mit dem »Feind« verbundenen Bedrohung nicht mit Hass und Aggression zu reagieren, sondern den »Feind« in die Strukturen positiver Gefühlsbindungen einzubeziehen, weist dieser Anspruch auf die spezifische Fähigkeit des Menschen hin, »sich an die Stelle eines anderen zu denken, sich in den anderen hineinzuversetzen« (W. Wickler), also einen direkten Aktions-Reaktions-Mechanismus durch Intersubjektivität reflexiv zu bearbeiten.
Liebe ermöglicht so den Aufbau von Selbstvertrauen, von Gruppenidentität und darüber hinaus auf der Basis der mit der Liebe erfahrenen Anerkennung der eigenen Person in der Zuwendung des anderen auch die reflektierende Selbstaufhebung der Grenze der eigenen Existenz: »Das wahrhafte Wesen der Liebe besteht darin, das Bewusstsein seiner selbst aufzugeben, sich in einem anderen Selbst zu vergessen, doch in diesem Vergehen und Vergessen sich erst selber zu haben und zu besitzen« (G. W. F. Hegel). Da es sich bei Liebe sowohl um die Festigung als auch um die Entgrenzung der Identität handeln kann, wird Liebe in individueller Sicht und in der Perspektive ganzer Kulturen sowohl als Anwachsen der Lebensfreude und kulturelle Bereicherung (Ovids »Ars amatoria«, das indische »Kamasutra«) angesehen wie als Gefährdung von Identität und als gesellschaftliche Gefahr; sie kann gesund machen und Krankheit hervorrufen (V. Sigusch); sie kann als »göttlicher Wahnsinn« (»Mania« in Platons »Phaidros«) den Menschen erheben und als Laster, als Mangel an »gesunder Vernunft« die Gesellschaftsfähigkeit des Individuums in Gefahr bringen: »Verliebte sind, so wenig wie andere Betrunkene, zur Geselligkeit geschickt« (A. F. F. Knigge).
In Entsprechung hierzu werden die Erfahrungen des Mangels an Liebe und der Liebesunfähigkeit (u. a. als Beziehungsunfähigkeit) in persönlicher Sicht als Unglück, in moralischer Hinsicht als Strafe, auch als Bosheit oder Laster aufgefasst. In psychologischer und sozialer Betrachtung werden diese Erscheinungen als Folgen frühkindliche Verletzungen (S. Freud), insbesondere eines Mangels an Liebe durch die Mutter oder die engen Bezugspersonen (Deprivation), und von gesellschaftlicher Entfremdung (A. Mitscherlich, A. Plack) angesehen, die damit zu Störungen der Persönlichkeit und Identität führen können (z. B. Narzissmus).
Insofern der Liebe die Erfahrung eines Überschreitens, die Person Transzendierenden anhaftet, steht sie als Kulturprodukt den Deutungsmöglichkeiten der mit den Erfahrungen des Transzendenten und Imaginären befassten Sinnsysteme (Religion, Philosophie, Kunst) ebenso offen wie den stärker auf innerweltliche und systematische Erfassung hin orientierten Disziplinen wie Anthropologie, Psychologie und Soziologie.
Von weit reichender Bedeutung für eine Typologie der Liebe erwies sich im europäischen Kontext die bei Platon bereits vorgebildete, in der antiken, dann christlichen Philosophie ausgeformte Dreistufung des Liebesstrebens: 1) als körperlich-sinnliches Begehren, das von sinnlich-sexueller Anziehung seinen Ausgang nimmt und auf die Realisierung einer sinnlich-erotischen Beziehung zu dem als »Objekt« der Liebe gewählten Gegenüber zielt (griechisch eros, lateinisch amor); 2) die Ausrichtung der Zuneigung auf die Sorge für einen anderen Menschen, eine Verhaltensform, die als Liebe den sorgenden Umgang der Eltern mit Kindern ebenso umfasst wie den pädagogischen Eros, die vielfältigen Formen der Freundschaft (griechisch philia, lateinisch amicitia), der Sympathie bis hin zu Formen der Verantwortung für den Nächsten, für die eigene und auch für andere Gruppen; 3) die Orientierung des Liebesbegriffs an einem Höchsten, so wie sie in der antiken und christlichen Philosophie als göttliche Liebe verstanden wurde, aber auch in anderen Religionen, z. B. im Hinduismus als Bhakti, Heilsweg durch Hingabe und Liebe zu Gott, bekannt ist; sie ruft ein auf die Realisierung der höchsten Liebe zielendes Verhalten des Menschen hervor. In säkularen Gesellschaften kann sich dieser Aspekt der Liebe in einer selbstlosen Liebe zu höchsten Werten und Tugenden realisieren (griechisch agape, lateinisch caritas). - Bereits bei Aristoteles erschien der Aspekt der Selbstliebe als notwendige Bedingung entsprechender Liebesfähigkeit gegenüber einem anderen, so wie er im christlichen Liebesgebot des »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst« (Matthäus 22, 39) seine nachhaltige Formulierung fand und bis zur Gegenwart eine Grunddimension der menschlichen Identitätsbildung anspricht.
Stendhalnennt vier Formen der Liebe: Liebe aus Leidenschaft, aus gegenseitigem Gefallen, sinnliche Liebe und Liebe aus Eitelkeit. M. Scheler kehrt in veränderter Weise zu einem Dreistufenschema zurück, indem er die »vitale Liebe zum Edlen, die geistige Liebe zu den Kulturwerten und die personale Liebe zum Heiligen« unterscheidet. Im Laufe der Kulturgeschichte und in der Abfolge unterschiedliche Modelle hat die Bedeutung einzelner Stufen gewechselt; so steht in Platons »Phaidros« der Eros zugleich für die Begeisterung an der in der körperlichen Erscheinung des Geliebten enthaltenen Idee der göttlichen Schönheit, in der aristotelischen Tugendlehre hat der Begriff der Freundschaft (Philia) Vorrang.
Nach christlichem Verständnis gehört die Liebe neben Glaube und Hoffnung zu den drei »theologischen Tugenden« und ist die größte aller Tugenden überhaupt (1. Korintherbrief 13). Gottesliebe (Liebe Gottes und Liebe zu Gott) und Nächstenliebe erscheinen dabei als die zwei Seiten des einen Gebotes Jesu Christi, in dem alle anderen Gebote zusammengefasst sind. Während bei den Scholastikern v. a. die philosophische Durchdringung und Systematisierung des Liebesbegriffs (Eros und Agape) im Vordergrund stehen, geht es der Mystik um die unmittelbare Erfahrung der Gottesliebe (durch die Jesusliebe oder auch Marienliebe), die ihren Höhepunkt in der mystischen Vereinigung mit Gott hat. U. a. durch die Schilderungen der Mystik wurden Sprachgeschichte, Kultur- und Literaturgeschichte und philosophische Tradition in vielfältiger Weise angeregt, die Erfahrung der Liebe sprachlich zu formulieren (Liebeslyrik vom Barock bis zur Moderne, Pietismus, sprachliche Säkularisation usw.). Zunächst spiegeln die Abrisse von Vorstellungen über Liebe nur die Auffassungen höherer Bevölkerungsschichten wider. Alltagshandeln und Vorstellungswelt der unteren Schichten gehen - so in der mittelalterlichen Schwankliteratur - allenfalls als Negativbeispiele oder Anlässe ironischer Kritik in die Literatur ein. Nach dem Modell des Zivilisationsprozesses, wie es N. Elias vorgelegt hat, ging die Ausgestaltung und Zivilisierung der Liebe einher mit der allgemeinen Entwicklung zunehmender Affektkontrolle, der Internalisierung äußerer Zwänge und der Ausbildung spezifischer Etiketten. Die Vertreter jener Schichten, die Etiketten anstrebten, waren um weitere Abgrenzungen gegen konkurrierende soziale Gruppen bemüht; ein Prozess, der sich zunächst anhand der »Verhöflichung der Ritter« zeigen lässt und dann von oben nach unten auf andere Schichten übergegriffen hat. Da sich die Ausgestaltung der Liebesvorstellungen auf ein zwischen den Personen bestehendes Imaginäres bezieht, ist v. a. die neuzeitliche Entwicklung der Liebesvorstellungen ohne die Anreicherung durch bereits bestehende kulturelle Sinnsysteme nicht zu denken; im Mittelalter spielt hier das durch die Troubadoure entwickelte Ideal der höfischen Liebe (»Minne«) eine Rolle, später dann die im Rahmen höfischer Salonkultur entwickelte französische Moralistik (La Rochefoucauld: »Es gibt Leute, die nie verliebt gewesen wären, wenn sie nicht davon sprechen gehört hätten«; Reflexion Nummer 136), die Entstehung und Verbreitung des bürgerlich-empfindsamen Romans (S. Richardson) sowie die seit dem 19. Jahrhundert sich entwickelnde aufklärende Erforschung der Liebe durch Psychologie, Psychotherapie und die Sozialwissenschaften.
In der Neuzeit entwickeln die Bemühungen um die Klassifikationen der Liebe zunehmend eine eigene Art von »Liebessemantik« (M. Foucault), die auf die Erfassung des »Wesens« der Liebe und seine Abweichungen zielt und dadurch zur Ausformung wissenschaftlicher und philosophischer Darstellungen beiträgt. In der romantischen Spekulation (F. W. J. Schelling, C. G. Carus) erscheint so die Liebe, wie schon einmal in der Antike (Hesiod) und in manchen außereuropäischen Kulturen, als kosmische, auch kulturschaffende Kraft, was seine Auswirkungen noch auf die mit dem Arbeitsbegriff verknüpfte Liebeskonzeption der Anthropologie des jungen K. Marx hat. Ferner entwickelt sich, zunächst in den Räumen des aristokratisch-bürgerlichen Salons, dann in den Stuben der empfindsamen Dichter, schließlich im 19. Jahrhundert in der Zeitschriften- und Kaffeehauskultur bürgerlicher Schichten, ein weniger an der identifizierenden Bestimmung der Liebe (Jacques Solé) als vielmehr an der Entfaltung des Themas zu einer geselligen Gruppenkultur orientierter Diskurs, innerhalb dessen Liebe zu einem »Kommunikationscode« wird, »nach dessen Regeln man Gefühle ausdrücken, bilden, simulieren, anderen unterstellen, leugnen und sich mit all dem auf die Konsequenzen einstellen kann, die es hat, wenn entsprechende Kommunikation realisiert wird« (N. Luhmann). Führt der erste Aspekt zur kulturgeschichtlichen Definition der Liebe, so wird unter dem zweiten Aspekt die soziale Komponente der Liebe angesprochen.
In unterschiedlicher Weise tritt dabei die Bedeutung des Phänomens Liebe innerhalb der sozialen Entwicklung der Neuzeit auf: im 17. Jahrhundert als »passionierte Liebe«, die unter der Maßgabe sozialer Konkurrenz entfaltet wird, im 18. Jahrhundert im Rahmen der Aufklärung als sozialisierende Kraft, über deren Auswüchse gesellschaftliche Reglementierung (J.-J. Rousseau) zu wachen hat. Eine besondere Stellung erlangt die Liebe im Zusammenhang der romantischen Liebeskonzeption: Sie stellt die Verabsolutierung der »einen und einzigen« Liebe in den Vordergrund und erhebt damit den Raum der Liebe zu einem gleichsam überirdischen Sakralraum (Jean Paul) beziehungsweise zu einem vor- und außergesellschaftlichen »asozialen Residuum« (»Werther«). Sozialhistorisch korreliert dies mit der sich bei der Ausdifferenzierung bürgerlicher Gesellschaft abzeichnenden zunehmenden Einbeziehung des Individuums in die Ausformungen spezifischer gesellschaftlicher Abhängigkeiten. In dem Maße, wie sich die industrielle Gesellschaft seit dem 19. Jahrhundert in zunehmenden Funktionszuteilungen und Entfremdungserfahrungen für das Individuum darstellt, bleibt die Idee der »großen« romantischen Liebe bestimmend, wenn auch zunehmend als Ideal, Traum oder Utopie. So stehen im 19. Jahrhundert unterschiedliche Haltungen und Anschauungen zur Liebe nebeneinander: die philosophische und kulturkritische Skepsis (A. Schopenhauer, S. Kierkegaard, F. Nietzsche), die gesellschaftliche Kodifizierung der Liebe im Rahmen von Ehe und Familie, die im Rahmen sozialrevolutionärer Gesellschaftskritik entwickelten Vorstellungen einer freien Liebe in einer »neuen Liebeswelt« (C. Fourier), nicht zuletzt schließlich philosophischen Spekulationen über die Restitution einer Naturkraft Liebe (H. Bergsons »Élan vital«, S. Freuds »Libido«); dies sind Vorstellungen über die Liebe, die auch noch Ende des 20. Jahrhunderts Wirksamkeit entfalten.
20. Jahrhundert
Die Situation der Vorstellungen über die Liebe in der Gegenwart ist dadurch gekennzeichnet, dass die Zeichen und Erklärungsmuster, die von der Liebe handeln (u. a. in Werbung, Massenmedien, beratender und aufklärender Literatur; nicht zu vergessen die großen Liebesmythen von »Tristan und Isolde« bis »Casablanca«), in ihrer Vielfalt zugenommen haben, dass zugleich aber die soziale Verbindlichkeit der Liebescodes durchgängig dadurch und durch entsprechende kulturelle und soziale Veränderungen wie die Auflösung der Epochen-, Gruppen- und Klassencodes (Julia Kristeva) abgenommen hat. Liebe wird unter den Bedingungen zunehmender Individualisierung zum Ort einer »Utopie der Gegenindividualisierung« (U. Beck); sie bleibt in einem nachreligiösen Zeitalter, in dem auch andere kollektive Deutungsmuster problematisch werden, als einzige Erfahrung übrig, in der die konkreten sinnlichen und geistigen Bedürfnisse der individuellen Existenz mit der Erfahrung der transzendierenden Aufhebung der jeweiligen individuellen und sozialen Begrenztheit (z. B. Entfremdung oder Einsamkeit) zusammen erlebt und erwartet werden können. Angesichts der Paradoxien und Unwägbarkeiten der in den historisch, literarisch und individuell entwickelten Liebesvorstellungen enthaltenen und in hohem Maße wirksamen Wunschpotenziale (einer »Revolution zu zweit«, U. Beck) müssen realistische Erfahrungen weitgehend Desillusion bedeuten, weswegen Soziologen und Psychologen über die Abwertung der hohen Liebesideale zugunsten weniger durch Erwartungen überladener Vorstellungen nachdenken. »Aber das heißt dann auch: Verzicht auf die Optimierung der Funktion« (N. Luhmann), während auf der Ebene individueller Wünsche und kollektiver Verhaltenssteuerung (Werbung, Massenmedien) die Konjunktur der Liebe wächst. In anderer Weise dient Liebe in der Perspektive poststrukturalistischer Betrachtung als Chiffre für die Stelle möglicher Verbindung von symbolischen, imaginären und realen Handlungsbereichen, also für die Stelle des in diesem Begehren sich äußernden »Ich«, das so für den Analytiker (Julia Kristeva) und den Semiologen (R. Barthes) fassbar zu werden verspricht.
Auf einen eher sozialkritischen Anspruch der Liebe macht schließlich M. Horkheimer mit seiner Feststellung »Zeit steht für Liebe - Gewalt ist rasch« aufmerksam. Diese Forderung weist auf die für die Realisierung von Liebe notwendige Freisetzung von Zeit hin; eine Forderung, die zu erfüllen es der Veränderung sozialer, ökonomischer, kultureller, insbesondere aber auch individueller Verhaltensmuster bedarf. Andererseits enthält auch in der Gegenwart Liebe das Versprechen auf eine Glückserfahrung, die Person und Welt zu gleichen Teilen erfasst, ohne die eine gegen die andere zu verrechnen: »Liebe ist in erster Linie nicht Bindung an eine besondere Person; sie ist vielmehr eine Haltung, eine Orientierung des Charakters, die das Verhältnis einer Person zur Welt als Ganzes, nicht aber zu einem einzigen, Objekt` der Liebe bestimmt« (E. Fromm), und stellt insoweit ein humanes Gegenmodell zu den in der Lebenswelt erfahrenen Funktionszuschreibungen, Leistungsorientierungen und Begrenzungen dar.
H. Kuhn: »L.«. Gesch. eines Begriffs (1975);
H.-J. Gamm: Umgang mit sich selbst. Grundr. einer Verhaltenslehre (Neuausg. 1979);
J. Solé: L. in der westl. Kultur (a. d. Frz., 1979);
V. Sigusch: Vom Trieb u. von der L. (21984);
M. Scheler: Wesen u. Formen der Sympathie (Neuausg. 1985);
C. Stephan: Ganz entspannt im Supermarkt. L. u. Leben im ausgehenden 20. Jh. (1985);
P. Gay: Erziehung der Sinne. Sexualität im bürgerl. Zeitalter (a. d. Engl., 1986);
P. Gay: Die zarte Leidenschaft (a. d. Engl., 1987);
G. Anders: Lieben gestern. Notizen zur Gesch. des Fühlens (21989);
Klaus E. Müller: Die bessere u. die schlechtere Hälfte (Neuausg. 1989);
Stendhal: Von der L. (a. d. Frz., 51989);
M. Klein u. J. Riviere: Seel. Urkonflikte. L., Haß u. Schuldgefühl (a. d. Engl., Neuausg. 9.-10. Tsd. 1992);
J. Pieper: Über die L. (71992);
W. Sombart: L., Luxus u. Kapitalismus. Über die Entstehung der modernen Welt aus dem Geist der Verschwendung (Neuausg. 1992);
P. von Matt: Liebesverrat. Die Treulosen in der Lit. (21994);
N. Elias: Über den Prozeß der Zivilisation, 2 Bde. (191995);
H. Fisher: Anatomie der L. (a. d. Amerikan., Neuausg. 21996);
E. Fromm: Die Kunst des Liebens (a. d. Engl., 501996);
K. Grammer: Signale der L. Die biolog. Gesetze der Partnerschaft (21996);
R. Wright: Diesseits von Gut u. Böse. Die biolog. Grundlagen unserer Ethik (a. d. Amerikan., 1996);
D. M. Buss: Die Evolution des Begehrens. Geheimnisse der Partnerwahl (a. d. Amerikan., Neuausg. 1997).
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Lie|be, die; -, -n [mhd. liebe, ahd. liubī, zu ↑lieb]: 1. <o. Pl.> a) starkes Gefühl des Hingezogenseins; starke, im Gefühl begründete Zuneigung zu einem [nahe stehenden] Menschen: mütterliche, kindliche, reine, innige L.; die L. der Eltern; seine L. zu ihr war groß; Gottes L.; um L. bitten, flehen; R bei aller L. (bei allem Verständnis, das ich dafür habe), aber das ist mir zu viel; das tut der L. keinen Abbruch (ugs.; 1. das schadet nichts, ist einerlei. 2. das beeinträchtigt, mindert nicht die Liebe, Sympathie, Zuneigung); b) auf starker körperlicher, geistiger, seelischer Anziehung beruhende Bindung an einen bestimmten Menschen [des anderen Geschlechts], verbunden mit dem Wunsch nach Zusammensein, Hingabe o. Ä.: die wahre, große, richtige L.; eine verschwiegene, heimliche, leidenschaftliche L.; eheliche, gleichgeschlechtliche, platonische L.; eine L. unter Männern; bevor sie ihn kennen lernte, wusste sie nicht, was L. ist; seine L. zu ihr erlosch, erkaltete; Natürlich ist die L. eine hormonelle Angelegenheit (Schwaiger, Wie kommt 127); sie erwiderte seine L. nicht; [keine] L. für jmdn. empfinden, fühlen; jmdm. seine L. gestehen, zeigen, beteuern, verheimlichen; jmdm. L. und ewige Treue schwören; an die L. glauben; sie haben aus L. geheiratet; R alte L. rostet nicht; die L. [des Mannes] geht durch den Magen (scherzh.; die Liebe eines Mannes zu seiner Frau hängt davon ab, ob sie gut kocht ); L. macht blind; wo die L. hinfällt (Ausspruch der Verwunderung im Zusammenhang mit dem Partner, den jmd. gewählt hat); *Brennende L. (Pflanze mit behaarten Blättern u. scharlachroten, in Trugdolden wachsenden Blüten); L. auf den ersten Blick (das spontane Empfinden von Liebe bei der ersten Begegnung); c) sexueller Kontakt, Verkehr: heterosexuelle, genitale L.; käufliche L. (Prostitution); Ich heile Leute von Hautkrankheiten, von den Folgen leichtsinniger L. (Rolf Schneider, November 175); Mönch, der bei einer Herzogin die verbotene L. erlebt (IWZ 48, 1990, 17); Es geht um die „schnelle L.“ einer Nacht (Freizeitmagazin 26, 1978, 37); L. machen (ugs.; koitieren; LÜ von engl. to make love). 2. <o. Pl.> a) gefühlsbetonte Beziehung zu einer Sache, Idee o. Ä.: die L. zur Kunst, zur Wahrheit, zum Geld, zum Beruf; Ebenso hegen die Unmusikalischen häufig eine stille verzweifelte L. zu Liederkränzen (Sommer, Und keiner 29); Mich beeindruckt besonders seine Kreativität, sein Bienenfleiß, seine L. zum Detail (Hörzu 39, 1978, 22); meine ganze L. gehört dem Meer; Viebigs L. gehörte der Brief- und Paketpost (Heym, Schwarzenberg 192); aus L. zur Sache; b) *mit L. (mit großer Sorgfalt u. innerer Anteilnahme): mit L. kochen, den Tisch decken; etw. mit L. schmücken. 3. <o. Pl.> Gefälligkeit; freundschaftlicher Dienst: jmdm. eine L. erweisen; tu mir die L. und geh zu ihm; R eine L. ist der anderen wert. 4. (ugs.) geliebter Mensch: sie war meine erste, große L., ist eine alte L. von mir; Und Franz? Diese späte L. inspiriert Thomas Mann zu dem ... Aufsatz über „Die Erotik Michelangelos“ (Reich-Ranicki, Th. Mann 78).
Universal-Lexikon. 2012.