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Macht [maxt], die; -, Mächte ['mɛçtə]:1. <ohne Plural> Befugnis, Fähigkeit, über jmdn. oder etwas zu bestimmen:
die Macht haben, ausüben; Macht gewinnen [über jmdn.].
Syn.: ↑ Autorität, ↑ Einfluss, ↑ Gewalt, ↑ Kraft, ↑ Potenz (bildungsspr.), ↑ Stärke, ↑ Vermögen (geh.), ↑ Wirkung.
2. etwas, was über besondere, geheimnisvolle Kräfte, Mittel verfügt:
geheimnisvolle Mächte; die Macht der Finsternis.
3. Gruppe von Menschen, Staat o. Ä. mit großem Einfluss oder großer Macht (1):
die geistliche und die weltliche Macht im Mittelalter; die verbündeten Mächte England und Frankreich.
Zus.: Besatzungsmacht, Feind[es]macht, Kolonialmacht.
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Mạcht 〈f. 7u〉
I 〈unz.〉
1. Herrschaft, Gewalt, Befehlsgewalt
2. Kraft, Stärke, Stoßkraft
3. Möglichkeit, Befugnis, seinen Willen durchzusetzen
● die \Macht des Geldes, der Liebe, der Natur; die \Macht der Gewohnheit; die \Macht seiner Persönlichkeit; die \Macht des Schicksals die Unabwendbarkeit des Sch.; die \Macht der herabstürzenden Schneemassen, Wassermassen war so groß, dass ...; Wissen ist \Macht ● \Macht ausüben; die \Macht des Diktators brechen; die \Macht der Krankheit, des Fiebers ist gebrochen; die \Macht haben, etwas zu tun, anzuordnen, zu verhindern; seine \Macht (für etwas) missbrauchen ● geistliche \Macht Herrschaft der Kirche, auch diese selbst; keine \Macht der Welt kann mich dazu bewegen, davon abhalten ...; weltliche \Macht Gewalt, Herrschaft des Staates, der Staaten ● an die \Macht kommen; das steht nicht in meiner \Macht das kann ich nicht tun; mit aller \Macht; über etwas od. jmdn. \Macht haben; zur \Macht gelangen
II 〈zählb.〉
1. einflussreicher, politisch u. wirtschaftlich kraftvoller Staat (Groß\Macht)
2. Heer, Truppen (Streit\Macht)
3. 〈Volksglauben〉 außerird. Kraft, außerird. Wesen
● die bewaffnete \Macht; mit bösen Mächten im Bunde stehen 〈Volksglauben〉; himmlische, höllische Mächte; das Zusammenwirken aller verbündeten Mächte
[<ahd. maht, engl. might <germ. *mathi-; zu idg. *magh- „können, vermögen“; verwandt mit mögen] Siehe auch Info-Eintrag: Macht - info!
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1. <o. Pl.> Gesamtheit der Mittel und Kräfte, die jmdm. od. einer Sache andern gegenüber zur Verfügung stehen; Einfluss:
seine ganze M. aufbieten, etw. zu erreichen;
wenig M. haben, etw. an den Verhältnissen zu ändern;
seine M. ausspielen, gebrauchen, missbrauchen;
große M. in Händen haben;
M. über jmdn., etw. haben, gewinnen, ausüben;
über große M. verfügen;
Ü die M. der Verhältnisse;
R [das ist] die M. der Gewohnheit;
☆ in jmds. M. stehen (etw. zu tun vermögen, etw. tun können; jmdm. möglich sein: er versprach, [alles] zu tun, was in seiner M. steht; es steht leider nicht in meiner Macht, das zu entscheiden);
mit [aller] M. (1. mit allen Kräften: mit aller M. versuchte sie, das Unheil aufzuhalten. 2. mit Vehemenz: der Frühling kommt jetzt mit M.)
2. <meist Pl.> etw., was eine besondere bzw. geheimnisvolle Kraft darstellt, besitzt:
dämonische, geheimnisvolle Mächte;
die himmlischen Mächte;
eine höhere M.;
sich von guten Mächten getragen wissen;
die Mächte der Finsternis;
keine M. der Erde (geh.; niemand).
3. <o. Pl.> mit dem Besitz einer politischen, gesellschaftlichen, öffentlichen Stellung u. Funktion verbundene Befugnis, Möglichkeit od. Freiheit, über Menschen u. Verhältnisse zu bestimmen, Herrschaft auszuüben:
die politische, staatliche, weltliche, geistliche, wirtschaftliche M.;
M. ausüben, haben;
seine M. festigen, missbrauchen;
die M. (Staatsgewalt, Herrschaft) übernehmen, an sich reißen;
an der M. sein, bleiben (die Regierungsgewalt haben, behalten);
an die/zur M. kommen, gelangen (die Regierungsgewalt erlangen);
Spr M. geht vor Recht (in der Realität erweist sich Macht stärker als Recht).
4.
a) politisch u. wirtschaftlich einflussreicher Staat:
eine verbündete, feindliche M.;
die Krieg führenden Mächte (Staaten);
b) mächtige, einflussreiche Gruppe, Schicht o. Ä.:
die geistliche und die weltliche M. (Kirche u. Staat) im Mittelalter.
5. (veraltend) Heer, Truppen:
mit bewaffneter M. anrücken, angreifen.
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Macht
[althochdeutsch, mittelhochdeutsch maht »Macht«, »Kraft«, »Vermögen«, verwandt mit magan, mugan »können«, »vermögen«], heute vornehmlich ein Begriff der politisch-sozialen Sprache, der sich aber auch im allgemeinen Sprachgebrauch sowie in einzelnen Fachsprachen (Politikwissenschaft, Soziologie, Philosophie, Recht, Psychologie, Theologie) findet, wobei sein Bedeutungsgehalt je nach Bezugspunkt variieren kann. Auch ist die Frage, ob es sich bei Macht um die Bezeichnung einer Substanz, einer Relation oder um die Heraushebung einer Analyseperspektive handelt, bis heute umstritten, ja ungeklärt (U. Matz).
Im allgemeinsten Verständnis bezeichnet Macht die Summe aller Kräfte und Mittel, die einem Akteur (einer Person, einer Gruppe oder einem Sachverhalt, auch der Natur) gegenüber einem anderen Akteur zur Verfügung stehen. In diesem Sinne kommt Macht in fast allen Lebensbereichen vor und setzt, wenn von ihr die Rede ist, mehrere Annahmen voraus: Es müssen mindestens zwei Akteure vorhanden beziehungsweise benennbar sein, die in irgendeiner (imaginären oder realen) Beziehung zueinander stehen. Diese stellt jedoch in der Regel ein konflikthaftes, zumindest aber asymmetrisches Verhältnis dar, das Interessenkongruenzen und -gegensätze zugleich umfasst und die Befähigung des einen zur Durchsetzung seines Willens ebenso enthält wie die mögliche Fähigkeit des anderen, diesem (partiell) zu widerstehen. Hinzu kommt, dass die Definitionen von Macht nicht nur historische Wandlungen unterworfen sind (und darin historische Prozesse, Umbrüche und Innovationen reflektieren), sondern auch nach unterschiedlichen Bedeutungsbereichen bestimmt werden können. So kann es sich bei Macht erstens um die Beschreibung einer sozialen Beziehung handeln. Nach M. Weber bedeutet Macht »jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht«. Macht wird dabei unspezifischer bestimmt als andere Begriffe wie Autorität, Gewalt, Herrschaft, Kraft, Überredung oder Zwang, zu denen es gleichwohl auch Bezugsmöglichkeiten und Überschneidungen gibt. Weber selbst weist auf die Probleme der Bestimmbarkeit der Macht hin, wenn er schreibt, der Begriff sei »soziologisch amorph. Alle denkbaren Qualitäten eines Menschen und alle denkbaren Konstellationen können jemand in die Lage versetzen, seinen Willen in einer gegebenen Situation durchzusetzen.« Zweitens hat sich mit dem Aufschwung moderner Staatsvorstellungen und ihren supranationalen Wechselbeziehungen (»Konzert der Mächte«) seit dem 17. Jahrhundert, verstärkt durch nationalstaatliche Vorstellungen seit dem 19. Jahrhundert im Bereich der Politik die Rede von Macht und Mächtigen eingebürgert, wobei Staaten dann je nach Einflussvermögen und Zielsetzungen in kleine, Mittel-, Groß-, Welt- oder Supermacht unterteilt werden können. Drittens kann Macht in einem weitesten Sinn die Fähigkeit bedeuten, Einfluss auszuüben und dabei bestehenden Hindernissen überlegen zu sein, wobei dies personale Akteure ebenso umfassen kann wie Naturkräfte oder Figurationen; in diesem Rahmen kann dann auch von der Macht des Glaubens, des Schicksals oder der Liebe die Rede sein. Schließlich gibt es die Verwendung des Begriffs Macht zur Bezeichnung übersinnlichem Einflussvermögen und -kräfte bis hin zur Rede von der Allmacht Gottes.
Geschichtlicher Überblick
Insoweit es sich bei Macht um die Beschreibung einer Relation und eines Beziehungsmusters beziehungsweise -feldes handelt, stellt die Geschichte der Macht im Wesentlichen auch eine Geschichte ihrer Auffassungen dar, später auch der Versuche, sie wissenschaftlich zu bestimmen. Als zentrale Kategorie für die Beschreibung menschlichen Verhaltens und sozialer Konfigurationen spielt Macht dabei bereits in anthropologischen (Marvin Harris, * 1927) und zivilisationshistorischen Forschungen (N. Elias) eine bedeutende Rolle.
Diese thematische Breite wie auch der Befund einer »Vielfältigkeit des Machtvokabulars« (K. G. Faber u. a.) ohne feste Bedeutungsgrenzen der einzelnen Begriffe durchzieht die Wissenschaftsgeschichte seit der Antike. Platon, Aristoteles und Cicero verwenden die zum Bereich von Macht, Herrschaft, Regierung und Gewalt gehörenden Begriffe v. a. zur Bezeichnung einer politisch gebundenen Macht. Bei ihnen entstammt die Machtbegrifflichkeit einem politisch-verfassungstheoretischen Sprachgebrauch, in dessen Kontext sich kein allgemeinsprachlicher Machtbegriff herausbilden konnte. Für die Römer bedeutete »potestas« die rechtliche Verfügungsgewalt, wohingegen »potentia« sich v. a. auf die Machtmittel bezog, aufgrund deren Einzelne oder Gruppen Einfluss hatten. In deutschen Texten des Mittelalters deckte »Gewalt« in etwa das Wortfeld von »potestas« ab, während Macht dem von »potentia« entsprach. Die Bedeutungsgrenze zwischen beiden Begriffen verwischte sich im Übergang zur Neuzeit langsam. Seit der Reformation trat dann Macht immer mehr in der Bedeutung von Gewalt auf. Das Zusammenrücken der beiden Begriffe geht mit einer neuen Rechtsauffassung einher, in der Gewalt und Macht nicht mehr a priori als rechtens, sondern gerade auch als Ausdruck innerweltlicher Vorrangstellung (legitimer und illegitimer Art) gelten. Seit dieser Differenzierung unterscheiden sich die Denkschulen darin, ob Macht vor Recht oder Recht vor Macht geht.
In seiner berühmten Schrift »Il principe« (1532) entwickelte N. Machiavelli eine am Ist- und nicht am Sollzustand des politischen Lebens orientierte Handlungsanweisung für den Fürsten, in der Erwerb und Erhaltung von Macht einen Selbstzweck darstellt, wobei auch eine vor List und Grausamkeit nicht zurückschreckende Tatkraft (virtù) als politische Tugend gilt. Auch T. Hobbes und B. Spinoza lassen dem Machtbegriff einen Vorrang vor dem des Rechts. Beide gehen zwar im Rahmen einer Vertragstheorie von der theoretischen Fiktion eines gesamtgesellschaftlichen Konsenses aus, betrachten aber die faktische Macht eines Souveräns als deren Legitimationsgrundlage. Damit wird Macht als Erzwingungschance zum eigentümlichen Merkmal des Staates, während sich die Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns v. a. bei Spinoza aus der erfolgreichen Machtbehauptung ableiten lässt.
Bezog sich bis zum 18. Jahrhundert Macht auf das Zusammenleben der Menschen im Staat, so wird v. a. seit dem 19. Jahrhundert Macht unter dem Eindruck der Französischen Revolution und der nationalstaatlichen Entwicklungen einerseits im Sinne der politischen Macht des Staates (I. Kant) und als übergreifende »Macht des Allgemeinen« (G. W. F. Hegel) untersucht, andererseits rückt sie als ein in allen sozialen Gruppen anzutreffendes Phänomen in den Blick. Gesellschaft tritt neben Politik als eine weitere eigenständige Sphäre des Machtgebrauchs und der Legitimierung von Macht. K. Marx und F. Engels sehen in der Arbeitsteilung eine »Verwandlung der persönlichen Mächte (Verhältnisse) in sachliche«. Dem Arbeiter gegenüber wird die Arbeit zu einer »selbstständige(n) Macht«, und »das Kapital zeigt sich. .. als entfremdete, verselbstständigte gesellschaftliche Macht«. Diesem Ansatz folgend gilt die personengebunden vorgestellte politische Macht als abhängig von der anonymen Macht des Kapitals. Demgegenüber bleibt Webers Machtbegriff auf der Beschreibungsebene sozialer Akteure, wenngleich er das Problem der Anerkennung beziehungsweise Nichtanerkennung von Machtbeziehungen im Unklaren lässt. Webers Definition ist für die empirischen Sozialwissenschaften einschließlich der Politikwissenschaft grundlegend geblieben, obwohl oder gerade weil sie unscharf ist. Macht wird in ihr als eine asymmetrische Beziehung zwischen mindestens zwei Handlungssubjekten (A und B) verstanden, die sowohl Individuen als auch Gruppen oder Institutionen sein können. Entscheidend für das Verhalten von B ist, dass es dem Willen von A entspricht, unabhängig davon, wie und mit welchen Mitteln A diesem Willen Ausdruck verleiht oder aufgrund welcher vorangegangenen Interaktionen es zu dieser Asymmetrie gekommen ist. Dieses Beziehungsmuster gilt selbst dann, wenn B den Willen von A nur antizipiert, d. h., wenn B sich so verhält, wie es dem von B vermuteten Willen von A entspräche, wenn dieser anwesend wäre (»vorauseilender Gehorsam«). Dies wurde nach 1945 auch in die Politikwissenschaft und die Politikberatung verstärkt hineingetragen. Nach H. J. Morgenthau ist politische Macht »eine psychologische Beziehung zwischen denen, die die Macht ausüben, und anderen, über die sie ausgeübt wird«. Erstere beeinflussen das Denken der Letzteren und erlangen dadurch die Herrschaft über bestimmte Handlungen Letzterer. Für diesen Einfluss sieht Morgenthau drei mögliche Ursachen: »die Hoffnung auf Gewinn, die Furcht vor Nachteil und die Achtung oder Liebe für Menschen oder Institutionen«.
Einen anderen Zusammenhang beschreibt N. Luhmann aus der Sicht der Systemtheorie. Für ihn ist Macht »die Möglichkeit, durch eigene Entscheidung für andere eine Alternative auszuwählen, für andere Komplexität zu reduzieren«. Dabei bleibt für den der Macht Unterworfenen die nicht gewählte Alternative sichtbar. Die Bereitschaft, die gewählte Alternative zu übernehmen, beruht dann darauf, dass sie eine eigene Entscheidung erspart oder dass ein Unterlassen unangenehme Folgen hätte.
Kennzeichnend für die bisher betrachteten Machtbeziehungen ist ein einseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Doch schon in der weberschen Definition war von einem gewissen Machtpotenzial des Schwächeren die Rede, das diesem ermöglicht, auch Einfluss auszuüben. Diese Wechselbeziehung betrachtet K. W. Deutsch aus der Sicht der politischen Kybernetik. Macht ist für ihn »Priorität der Leistung (output) gegenüber der Empfänglichkeit (intake)« oder die Möglichkeit, »zu reden anstatt zuzuhören. Macht hat in gewissem Sinne derjenige, der es sich leisten kann, nichts lernen zu müssen«. Im Extremfall sei solch eng verstandene Macht blind für Signale aus der Umwelt, auch für solche, die ihm beim Verbrauch seines »Zahlungsmittels« Macht Ersparnisse einbrächten. Deutsch unterscheidet deshalb zwischen wirksamer Macht (»gross power«) und wirkliche Macht (»net power«). Unter wirksamer Macht versteht er den Grad von Wahrscheinlichkeit, mit dem ein System, das seinem internen Programm gemäß handelt, eine bestimmte Menge von Veränderungen in seiner Umwelt bewirken kann. Die wirkliche Macht bezeichnet die Differenz zwischen dem Grad von Wahrscheinlichkeit, mit der diese Veränderungen in der Außenwelt bewirkt werden, und dem Grad von Wahrscheinlichkeit, mit dem diese Außenwelt Veränderungen in der internen Struktur des Systems (d. h. Anpassungen an neue Erfordernisse) bewirkt.
Wird Macht wie bei Deutsch als »Zahlungsmittel« oder wie bei Luhmann im Anschluss an T. Parsons als »symbolisch generalisiertes Kommunikationsmedium« betrachtet, so ist es möglich, die Chancen von Machterwerb, Machterhaltung oder Machtvermehrung unter Bedingungen der Knappheit an (Macht-)Ressourcen zu untersuchen, d. h., den Nutzen gegen die Kosten zu setzen und eine Grenznutzenberechnung des Machteinsatzes anzustellen.
Psychologische Untersuchungen (u. a. von D. C. McClelland) über die Hintergründe des Strebens nach Macht stellen dem auf S. Freud und E. H. Erikson zurückgehenden Vierstufenschema der Ichentwicklung (orale, anale, phallische und genitale Phase) vier Erscheinungsformen der Macht gegenüber. Der im ersten Stadium Verharrende erfährt Macht nur von außen. Im zweiten Stadium wird Macht als Selbstverwirklichung erlebt, im dritten als Einflussnahme auf andere (negativ als Ausbeutung, positiv als Bereitschaft zur Hilfe, wodurch die eigene Stärke bewiesen wird). Im vierten Stadium ist eine höhere Autorität (oder Institution) Quelle der Macht (z. B. bei charismatischen Führern); hierbei wird unter dem Begriff »Messianismus« die pathologische Erscheinungsform dieser Machtausübung gefasst, die aus der Überzeugung heraus, als Instrument einer höheren Autorität (z. B. im Namen Gottes) zu handeln, extreme Gewaltakte bewirkt.
Erscheinungsformen der Macht in der modernen Gesellschaft und Staatenwelt
Im Verlauf des »Prozesses der Zivilisation« (Elias) konzentrierten sich Macht und Gewalt immer stärker auf den Staat und dort in der Zeit des Absolutismus auf den Fürsten als Souverän. In demokratisch strukturierten Staaten bevollmächtigt das Volk als Souverän seine Abgeordneten damit, eine Regierung auf Zeit zu wählen und sie zu kontrollieren. Macht wird dabei zwischen Legislative, Exekutive und Judikative verteilt (Gewaltenteilung) und durch ein System von Kontrolle und Ausgleich (»checks and balances«) im Gleichgewicht gehalten. Wichtig für die Eingrenzung der Staatsmacht sind eine Verfassung, die unveräußerlichen Menschen- und Bürgerrechte verbrieft und auf die sich der einzelne Bürger berufen kann, ein mehrstufiges Rechtswesen, das eine Kontrolle der Rechtsprechung in höherer Instanz ermöglicht, sowie eine freie Presse, die ungehindert von Zensur Missstände aufdecken kann, und nicht zuletzt ein Mehrparteiensystem. Gerade im 20. Jahrhundert traten dagegen exzessive Formen staatlichen Machtmissbrauchs (z. B. Nationalsozialismus, Stalinismus und nachstalinistischer Diktaturen) auf, die durch die Konzentration der Macht bei einer einzigen, das gesellschaftliche Leben weitestgehend kontrollierenden Partei und deren Führungsspitze gekennzeichnet waren. Pluralistische Systeme garantieren zwar keine Verhinderung von Machtmissbrauch durch Einzelne oder Parteien (Ämterpatronage, Korruption), aber sie begrenzen das Schadensrisiko v. a. durch das Zeitlimit der staatlichen Machtausübung und die Möglichkeit, die herrschenden politischen Eliten ohne Blutvergießen (K. R. Popper) auszuwechseln. Die »domestizierte Macht« in demokratischen Gesellschaften hat indessen den Typ des »Managers der Macht« begünstigt, dessen Machtbefugnis auf der effizienten Handhabung der Entscheidungsstrukturen beruht.
Neben den das politische Geschehen stark beeinflussenden Parteien gibt es in pluralistisch verfassten Gesellschaften eine Vielzahl von Organisationen, die bestimmte Interessen vertreten (Lobby) und damit innergesellschaftliche Macht ausüben (Verbände, Kammern, Vereine u. a.) oder Einfluss auf Entscheidungen zu nehmen versuchen. Hinzu kommen die Medien, oftmals als »vierte Gewalt« bezeichnet. Auch einzelne Industrieunternehmen üben Macht aus, z. B. durch Standortwahl und Standortwechsel für Produktionsstätten, die für das Steueraufkommen einer Gemeinde von hoher Bedeutung sind; multinationale Unternehmen können aufgrund ihrer internationalen Verflechtung und wirtschaftlicher Kraft Einfluss auf politische Institutionen (z. B. Regierungen) nehmen. Dem entsprechen im nationalstaatlichen Rahmen Akteure wie Arbeitgeber und Gewerkschaften.
Die Organisationssoziologie untersucht u. a. die Strukturen der Macht innerhalb von Organisationen. A. Etzioni unterscheidet dabei zwischen brachialer Macht (Einsatz physischer Mittel zur Ausübung von Zwang gegenüber Untergebenen), pretialer Macht (materielle Belohnungen, die die Menschen bei der Befolgung von Befehlen häufig an ihre eigenen Interessen denken lassen) und symbolische Macht (die dazu dient, die Menschen von der Notwendigkeit und Richtigkeit ihres Tuns zu überzeugen). Letztere unterteilt er in normative Macht, die vom Ranghöheren ausgeübt wird, um die Rangniederen direkt kontrollieren zu können (die anfeuernde Rede des Vorgesetzten), normativ-soziale Macht, bei der der Vorgesetzte die einem Untergebenen Gleichgeordneten veranlasst, diese(n) zu kontrollieren, und soziale Macht, welche Gleichgeordnete gegenseitig ausüben.
Um in hochgradig arbeitsteiligen Gesellschaften auch nicht verantwortete beziehungsweise personal verantwortbare Ungleichheitsstrukturen unter dem Aspekt einer Ungleichheit in der Machtverteilung und den Partizipationschancen herausarbeiten zu können, hat J. Galtung den Begriff der »strukturellen Gewalt« in die Diskussion gebracht.
Während Machterhaltung prinzipiell nicht als negativ angesehen werden kann, erfolgt Machtvermehrung stets zulasten Dritter und ist insofern stabilitäts- und friedensgefährdend. Von daher ist es sinnvoll, ein stabiles Gleichgewicht der Mächte anzustreben. Wo dies mit wechselseitiger Abschreckung versucht wird, kommt es eher zu einem prekären Gleichgewicht, das v. a. durch kostspielige Aufrüstung von beiden Seiten aufrechterhalten wird. Ein anderer Weg ist der des Ausgleichs zwischen den unterschiedlichen Interessen. Dieser führt am ehesten dann zur Stabilität, wenn auf den verschiedenen Feldern der Beziehungen ein so enges Interessengeflecht entsteht, dass es für jede Seite mehr Nachteile als Vorteile brächte, eine der Verbindungslinien zu kappen.
Forschungsansätze
Da Macht ein bestimmtes Muster, eine Konstellation oder eine Beziehung beschreibt, muss auch die Untersuchung der Macht in bestimmte Vorstellungen über die Art der bestehenden Verhältnisse und ihr Zustandekommen eingebettet sein. Neben sozialanthropologischen, ethnologischen, theologischen und diskurstheoretischen (M. Foucault) spielen politikwissenschaftlich orientierte Ansätze beziehungsweise Deutungsangebote die wichtigste Rolle. Hier können vier Ansätze unterschieden werden: ein personenbezogener, voluntaristischer Ansatz, eine handlungstheoretische, eine strukturanalytische beziehungsweise systemtheoretische Theorie und schließlich eine Konsenstheorie der Macht, wie sie nachdrücklich von Hannah Arendt vertreten wurde. Der voluntaristische Ansatz ist dem realistischen Politikbegriff verpflichtet und geht in seinen historischen Bezügen auf die innerweltlichen Bestrebungen zur Durchsetzung von politischen Interessen zurück, wie sie in der Renaissance und im frühmodernen Staatensystem Europas etwa bei Machiavelli oder in den politischen Legitimationsmodellen des Absolutismus formuliert wurden. Macht dient hier der Durchsetzung von Interessen und wird vom Erfolg her gerechtfertigt.
Demgegenüber stellt der handlungstheoretische Ansatz im Anschluss an Weber die bestehenden oder durch Machtgebrauch hergestellten Abhängigkeitsverhältnisse als Rahmenbedingungen und Folgeerscheinungen von Handlungen sozialer Akteure in den Mittelpunkt. Dies hat in sozialwissenschaftlicher Hinsicht zu einer Vielzahl von Ansätzen, Modellen und Versuchen geführt, mithilfe von Messverfahren, Befragungen usw. empirisch valide Beschreibungen der sozialen Größe Macht herzustellen beziehungsweise von diesen aus gesellschaftlichen und politischen Analysen zu betreiben. Beide Ansätze wurden im Übrigen auch zur Beschreibung der Akteure auf der internationalen Ebene herangezogen (Morgenthau).
Strukturalistische und systemtheoretische Machtkonzepte gehen dagegen weniger von den Zielsetzungen der Akteure aus, sondern versuchen vielmehr die Sphäre der Macht nach gesellschaftlich funktionalen beziehungsweise systemfunktionalen Gesichtspunkten zu beschreiben und haben dadurch v. a. die Einsicht eröffnet, dass es sich bei Macht um ein mehrdimensionales, auf manifesten und latenten Funktionen beruhendes Phänomen handelt, dessen Funktion darin besteht, die Entscheidungskriterien einer Gesellschaft zu ordnen, Entscheidbarkeit zu gewährleisten und zugleich reflexiv weiterzuentwickeln. Hierzu gehört nicht nur die Betrachtung von Macht als ein dem Geld (im wirtschaftlichen Bereich) vergleichbares Kommunikationsmedium für den Bereich der Politik, sondern auch die systemtheoretische Auffassung der Macht als Mittel der Reduktion von Komplexität und zugleich als Medium, innerhalb dessen sich entscheidet, welche gesellschaftliche Themen überhaupt als entscheidungs-, also als politikrelevant angesehen werden müssen, und als Mittel, hierzu Entscheidungswillen aufzubauen (Luhmann). Unter dieser Perspektive gewinnen auch die gegenläufigen Machtanteile der »Unterlegenen«, im Sinne Webers der »Widerstrebenden«, neuen Sinn, insoweit sie Optionen des Systems offen halten und zugleich als Objekte des Machtvollzugs die Steuerbarkeit des Systems erst ermöglichen.
Einen Schritt weiter gehen hier diskursanalytische beziehungsweise poststrukturalistische Konzeptionen der Macht, die diese nun nicht mehr auf der Ebene der politischen Akteure und gesellschaftlichen Entscheidungen angesiedelt sehen, sondern den Auswirkungen von Macht auf der Ebene der Individuen, Denkweisen, Empfindungen, Körperpolitik (z. B. im Feminismus) und Alltagsorganisation (U. Beck: Subpolitik) nachgehen.
Ein Gegenmodell stellt Hannah Arendts Machtbegriff dar, der Macht gerade nicht personal und asymmetrisch bestimmt, sondern als Ergebnis eines Zusammenhandelns von Akteuren auffasst, also als Ergebnis kommunikativer, auf Verständigung zielender Handlungen bestimmt. Dieses Modell hat im Zusammenhang der Umbruchprozesse in Osteuropa seit 1990 neue Aktualität gewonnen und auch J. Habermas' kommunikationstheoretisch fundierte Theorie des Rechts und der politischen Handlungen als Ausdruck der sozialen Vernunft beeinflusst. Kennzeichnend für die aktuelle Diskussion ist freilich weniger das Vorherrschen einer bestimmten Konzeption von Macht als vielmehr die Arbeit mit den im Machtbegriff angelegten Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten.
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
Autorität · Ethik · Gewalt · Herrschaft · Konfliktregelung · Revolution · Zwang
H. J. Morgenthau: M. u. Frieden. Grundlegung einer Theorie der internat. Politik (a. d. Engl., 1963);
K. W. Deutsch: Polit. Kybernetik, Modelle u. Perspektiven (a. d. Amerikan., 31973);
A. Etzioni: Soziologie der Organisationen (a. d. Amerikan., 51978);
D. C. McClelland: M. als Motiv (a. d. Amerikan., 1978);
M. Weber: Wirtschaft u. Gesellschaft (Neuausg. 19.-23. Tsd. 1985);
K. G. Faber u. a.: M., Gewalt, in: Geschichtl. Grundbegriffe. Histor. Lex. zur politisch-sozialen Sprache in Dtl., hg. v. O. Brunner u. a., Bd. 3 (1982);
N. Luhmann: M. (21988);
N. Elias: Über den Prozeß der Zivilisation, Bd. 2 (141989);
K. Röttgers: Spuren der M. (1990);
M. in der Demokratie, hg. v. M. T. Greven (1991);
H. Popitz: Phänomene der M. (21992);
Z. Brzezinski: M. u. Moral (a. d. Amerikan., 1994);
R. Kramer: Ethik der M. (1994);
M. Mann: Gesch. der M., 2 Bde. (a. d. Engl., 1994);
F. Rigotti: Die M. u. ihre Metaphern (1994);
E. Canetti: Masse u. M. (Neuausg. 1996).
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Mạcht, die; -, Mächte [mhd., ahd. maht, zu ↑mögen]: 1. <o. Pl.> Gesamtheit der Mittel und Kräfte, die jmdm. od. einer Sache andern gegenüber zur Verfügung stehen; Einfluss: unumschränkte M. haben; wenig M. haben, etw. an den Verhältnissen zu ändern; seine ganze M. aufbieten, etw. zu erreichen; große M. in Händen haben; ihre M. reicht nicht weit; seine M. ausspielen, gebrauchen, missbrauchen; M. über jmdn., etw. haben, gewinnen, ausüben; über große M. verfügen; Freilich wird er bis zu seinem Ende der Zauberer sein, der seine M. über die Herzen rücksichtslos gebraucht (Sieburg, Blick 77); dass nur Wissen M. und Herrschaft über Dinge und Menschen verleiht (Bodamer, Mann 161); Ü die M. der Verhältnisse; im Exil hat Fouché die M. des Geldes erkannt und dient ihr wie jeder M. (St. Zweig, Fouché 86); R [das ist] die M. der Gewohnheit; *eine M. sein (Jugendspr.; ↑Wucht 4); [alles] was in jmds. M. steht (alles, was jmd. vermag): er versprach, [alles] zu tun, was in seiner M. steht; mit [aller] M. (1. mit allen Kräften: mit aller M. versuchte sie, das Unheil aufzuhalten. 2. mit Vehemenz: der Frühling kommt jetzt mit M.). 2. <meist Pl.> etw., was eine besondere bzw. geheimnisvolle Kraft darstellt, besitzt: dämonische, geheimnisvolle Mächte; die himmlischen Mächte; eine höhere M.; sich von guten Mächten getragen wissen; das von dunklen Mächten gewirkte Verhängnis (Plievier, Stalingrad 343); Die blutigen Jahre der Christenverfolgungen hatten die Mächte der Tiefe aufgerührt (Thieß, Reich 324); die Mächte der Finsternis; keine M. der Erde (geh.; niemand ); zugleich wusste er, dass keine M. der Welt (geh.; niemand ) ihn zwingen könnte, wieder heimzugehen (Thieß, Legende 191). 3. <o. Pl.> mit dem Besitz einer politischen, gesellschaftlichen, öffentlichen Stellung u. Funktion verbundene Befugnis, Möglichkeit od. Freiheit, über Menschen u. Verhältnisse zu bestimmen, Herrschaft auszuüben: die politische, staatliche, weltliche, geistliche, wirtschaftliche M.; M. ausüben, haben; seine M. festigen, missbrauchen; die M. einer Clique brechen; die M. (Staatsgewalt, Herrschaft) übernehmen, an sich reißen; an die/zur M. kommen, gelangen (die Regierungsgewalt erlangen); an der M. sein, bleiben (die Regierungsgewalt haben, behalten); Spr M. geht vor Recht (in der Realität erweist sich Macht stärker als Recht). 4. a) politisch u. wirtschaftlich einflussreicher Staat: eine verbündete, feindliche M.; die Krieg führenden Mächte (Staaten); b) mächtige, einflussreiche Gruppe, Schicht o. Ä.: die geistliche und die weltliche M. (Kirche u. Staat) im Mittelalter; In der Demokratie sind die Medien ... die vierte M. im Staat (Hörzu 25, 1996, 26). 5. (veraltend) Heer, Truppen: mit bewaffneter M. anrücken, angreifen.
Universal-Lexikon. 2012.