Republik Tadschikistan
* * *
Ta|d|schi|ki|s|tan; -s:
Staat im Südosten Mittelasiens.
* * *
Tadschikistan,
Fläche: 143 100 km2
Einwohner: (2000) 6,4 Mio.
Hauptstadt: Duschanbe
Amtssprache: Tadschikisch
Nationalfeiertag: 9. 9.
Zeitzone: 1600 Duschanbe = 1200 MEZ
amtlich tadschikisch Çumhurii Točikiston, deutsch Republik Tadschikistan, Tadschi|kien, Staat im Südosten Mittelasiens, Mitglied der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS). Mit einer Fläche von 143 100 km2 ist Tadschikistan etwa doppelt so groß wie Bayern; grenzt im Westen und Nordwesten an Usbekistan, im Norden an Kirgistan, im Osten an China und im Süden an Afghanistan; die östliche Landeshälfte bildet die Autonome Republik Bergbadachschan. Tadschikistan hat (2000) 6,4 Mio. Einwohner, Hauptstadt ist Duschanbe, Amtssprache ist Tadschikisch, das seit 1992 wieder in arabischen Schriftzeichen (wie bereits bis 1930) geschrieben wird. Währung ist seit 2000 der Somoni (TJS). Uhrzeit: 1600 Duschanbe = 1200 MEZ.
Staat und Recht:
Die am 6. 11. 1994 durch Referendum verabschiedete Verfassung, die in der revidierten Fassung (ebenfalls durch Verfassungs-Referendum gebilligt) vom 26. 9. 1999 gilt, bestimmt Tadschikistan als demokratischen und weltlichen Rechtsstaat; nach der Staatsform ist Tadschikistan eine Republik mit Präsidialsystem. Die Integration der ethnisch heterogenen Bevölkerung zu einem Staatsvolk ist ein Hauptanliegen der Verfassung, die auch liberale und soziale Grundrechte fixiert. Staatsoberhaupt ist der auf sieben Jahre direkt gewählte Präsident (einmalige Wiederwahl möglich), der auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist. Erzielt im ersten Wahlgang keiner der Bewerber die absolute Mehrheit, kommt es in einem zweiten Wahlgang zu einer Stichwahl. Der mit umfangreichen exekutiven Befugnissen ausgestattete Präsident ist Inhaber der Notstandsgewalt, verfügt über das Recht der Gesetzesinitiative und kann gegen Gesetzesbeschlüsse sein Veto einlegen, das nur mit einer Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten überwunden werden kann. Ihm steht auch ein selbstständiges Verordnungsrecht zu. Das Kabinett unter Vorsitz des Ministerpräsidenten wird vom Präsidenten mit Zustimmung des Parlaments ernannt und entlassen. Träger der Legislative ist seit 1999 ein Zweikammerparlament (Legislaturperiode fünf Jahre), bestehend aus dem Unterhaus (Madjlisi Namojandagon) mit 63 gewählten Abgeordneten (Wahlrecht ab dem 18. Lebensjahr) und dem Oberhaus (Madjlisi Millij), von dessen 33 Mitglieder 25 gewählt und 8 vom Präsidenten ernannt werden. Zuständig für die Normenkontrolle ist das Verfassungsgericht, dessen sieben Richter auf Vorschlag des Präsidenten vom Parlament gewählt werden.
Parteien:
Durch das Verfassungs-Referendum von 1999 wurde das Verbot religiöser Parteien aufgehoben, von dem seit 1993 wichtige Oppositionsparteien betroffen waren. Die 1998 neu gegründete Volksdemokratische Partei ist stärkste politische Kraft und Regierungspartei. Die Kommunistische Partei Tadschikistans (gegründet 1924), bis 1991 einzige legale Partei, verfügt nach wie vor über großen Einfluss. Daneben spielt v. a. die Partei der Islamischen Wiedergeburt (gegründet 1991) eine wichtige Rolle. Die religiösen und nationalistischen Oppositionsparteien schlossen sich im Dachverband Vereinigte Tadschicker Opposition zusammen, der sich seit 1997 an den Verhandlungen des (bis 2000 bestehenden) »Nationalen Versöhnungsrates« beteiligte und ab 1998 an der Regierung beteiligt war.
Das 1992 eingeführte Wappen zeigt drei hinter den Bergen hervorbrechende Sonnenstrahlenbündel, davor einen geflügelten goldenen Löwen. Eingefasst wird es von zwei goldenen Weizenähren, die im oberen Wappenteil in einer goldenen Krone mit sieben darüber stehenden goldenen Sternen auf blauem Untergrund zusammenlaufen.
Nationalfeiertage:
Tadschikistan gliedert sich auf der regionalen Ebene in zwei Gebiete (Wilajate), die Hauptstadtregion Duschanbe und die Autonome Republik Bergbadachschan, deren Bevölkerung nach echter Autonomie strebt. Der mittlere Teil des Staatsgebiets um die Hauptstadt ist nicht als Gebiet erfasst. Lokale Verwaltungseinheiten sind die 45 Kreise (»rajon«) und 14 Städte; in den Landkreisen bestehen rd. 380 Kommunen (Siedlungen, Dörfer). Die Staatsverwaltung ist nach dem Statthaltersystem zentralistisch organisiert. An der Spitze des Verwaltungs-Apparats in den regionalen und lokalen Gebietseinheiten steht ein Vorsteher, der vom Präsidenten aus dem Kreis der Mitglieder der jeweiligen Volksvertretung (Madjlis) mit deren nachträglichen Bestätigung ernannt und entlassen wird. Die Volksvertretung ist ein Beschlussorgan mit eng bemessenen Kompetenzen, das von der Bevölkerung für fünf Jahre gewählt wird.
Das Justizwesen ist Ende 1993 neu geregelt und später der Verfassung von 1994 angepasst worden. Die ordentliche Gerichtsbarkeit besteht für Zivil-, Straf- und Verwaltungssachen aus Kreis- und Stadtgerichten sowie Gebietsgerichten; an der Spitze steht das Oberste Gericht. In wirschafts- und verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten entscheidet das Höchste Wirtschaftsgericht. Eine Sonderstellung nimmt die Militärstrafgerichtsbarkeit ein. Die Amtszeit aller Richter ist auf fünf Jahre befristet. Die Staatsanwaltschaft ist nicht nur Strafverfolgungsbehörde, sondern auch für eine umfassende Rechtsaufsicht über die Verwaltung zuständig.
Bis 2000 ist der Aufbau einer 35 000 Mann starken Armee geplant; massive finanzielle und materielle Hilfe hierbei leisten die russischen Streitkräfte, die in Tadschikistan weiterhin mit rd. 25 000 Soldaten eine Heeresdivision und einige Luftwaffeneinheiten stationiert haben. Gegenwärtig (1998) beträgt die Gesamtstärke der tadschikischen Streitkräfte (Wehrdienstzeit 24 Monate) rd. 15 000, die der Inneren Truppen rd. 5 000 und die der paramilitärischen Kräfte (u. a. Grenztruppen, Nationalgarde) etwa 4 000 Mann.
Landesnatur und Bevölkerung:
Tadschikistan ist weitgehend ein erdbebengefährdetes Hochgebirgsland (über 50 % des Landes liegen höher als 3 000 m über dem Meeresspiegel). Hauptsiedlungsräume sind aber die Gebirgsvorländer, Ebenen und Becken. Der gesamte Osten des Landes liegt im Pamir, der im westlichen Teil stark vergletschert ist (u. a. Fedtschenkogletscher) sowie randlich im westlich anschließenden Alaigebirge; im Pamir erhebt sich der höchste Berg des Landes, der Pik Ismail Samani (früher Pik Kommunismus, 7 495 m über dem Meeresspiegel). Nach Westen schließen Turkestankette (bis 5 621 m über dem Meeresspiegel), Serawschankette (bis 5 489 m über dem Meeresspiegel; zwischen beiden das Serawschantal) und südlich Letzterer (im Osten durch das Tal des Jagnob getrennt) Hissargebirge (bis 4 643 m über dem Meeresspiegel) an, die das westliche Tadschikistan zentral durchziehen. Diese Gebirge, auch als Kuchistan bezeichnet, haben ebenfalls alpine Gebirgsformen. Ihre Südabdachung wird von den zum Amudarja und seinen Oberlauf Pjandsch (bilden die Grenze gegen Afghanistan) fließenden Flüssen in ein abwechslungsreiches Bergland (600-2 000 m über dem Meeresspiegel) gegliedert, in dem die Querfurche des Hissartales mit Duschanbe einen Hauptsiedlungsraum bildet. Der andere ist das Tal des Syrdarja am Ausgang des Ferganabeckens mit dem Stausee Kajrakkum. Dieses Gebiet liegt in dem schmalen, sich nach Norden verbreiternden Streifen nördlich der Turkestankette, der den nördlichen, weitgehend von Usbekistan (im Südosten von Kirgistan) umgebenen Landesteil Tadschikistans bildet und der im Norden bis ins Kuramingebirge (3 769 m über dem Meeresspiegel), das zum Tienschan gehört, reicht.
Tadschikistan liegt in den trockenen Subtropen; es hat ein sonnenscheinreiches Kontinentalklima mit großen jahres- und tageszeitlichen Unterschieden, das sich außerdem mit der Höhenlage stark ändert. Die mittlere Januartemperatur liegt in den Niederungen und Gebirgsvorländern des Südwesten zwischen +2 und —2 ºC, im Pamir bei —20 ºC und darunter, die des Juli bei 30 ºC beziehungsweise 0 ºC. Die größten Niederschlagsmengen (Hauptniederschlagszeit März-April) erhalten die Südhänge des Hissargebirges (1 600 mm jährlich), niederschlagsarm sind dagegen die unteren Ebenen, die Gebirgskessel und -täler und der östliche Pamir (Hauptniederschlagszeit hier Juli/August), wo weniger als 300 mm im Jahr fallen (Ferganabecken 148 mm).
Den Hauptteil der Bevölkerung bilden (nach Schätzungen 1997) mit 65 % die Tadschiken, gefolgt von den Usbeken (23,0 %); des Weiteren leben Russen (6 %), Tataren (1,4 %), Kirgisen (1,3 %), Ukrainer (0,3 %) und Deutsche (0,3 %) im Lande. Der Anteil anderer Volksgruppen (Turkmenen, Koreaner, Kasachen, Osseten, Juden u. a.) beträgt etwa 2,7 %. Neben der Amtssprache Tadschikisch sind Dari, Russisch und Usbekisch wichtigste Umgangssprachen. Als Folge des auflebenden Nationalismus, verbunden mit zunehmenden Gegensätzen zwischen Tadschiken und Usbeken einerseits und islamischen und nichtislamischen Volksgruppen andererseits, haben 1989-97 etwa 600 000 Russisch sprechende Bürger, auch zahlreiche Usbeken (Massenflucht Ende 1992) sowie Angehörige anderer Nationalitäten, das Land verlassen. Aus Afghanistan flohen etwa 20 000 Menschen, v. a. Tadschiken, nach Tadschikistan. Die in Bergbadachschan lebenden Stämme werden zwar zu den Tadschiken gezählt, unterscheiden sich aber erheblich von diesen (u. a. die etwa 41 500 in Tadschikistan lebenden Pamiri).
Die ab 1930 einsetzende Industrialisierung führte zu einem Anstieg der Stadtbevölkerung von (1940) 19 % auf (1997) 35 % (1913: 9,2 %). Größte Stadt ist Duschanbe (1991: 582 400 Einwohner); alte städtische Zentren sind Chudschand (164 500 Einwohner) im Norden sowie Kurgan-Tjube (58 400) und Kuljab (79 300) im S. Die mittlere Bevölkerungsdichte beträgt 41,7 Einwohner/km2; nahezu die gesamte Bevölkerung konzentriert sich aber auf etwa einem Zehntel der Fläche (Gebirgstäler, -becken, Vorgebirgsregionen in der Westhälfte). Am dichtesten ist das Hissartal (etwa 30 % der Gesamtbevölkerung; knapp 80 Einwohner/km2) besiedelt; eine hohe Bevölkerungsdichte haben auch die Täler des Wachsch um Kurgan-Tjube und des Syrdarja um Chudschand. Der mittlere jährliche Bevölkerungszuwachs lag 1990-95 bei 2,9 %.
Es besteht Religionsfreiheit. Staat und Religion sind nach der Verfassung getrennt. Rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Religionsgemeinschaften ist das Religions-Gesetz der Republik Tadschikistan (in Kraft seit 1999). Es erlegt den Religionsgemeinschaften die Pflicht zur staatlichen Registrierung auf und lässt religiöse Tätigkeit, die den Schutz der Verfassung beanspruchen kann, allein in den registrierten religiösen Gemeinden zu. Die dominierende Religion ist der sunnitische Islam, dem mit den Tadschiken, Usbeken und den übrigen turksprachigen Nationalitäten nominell über 90 % der Bevölkerung angehören; unter den Pamiri besteht eine schiitische Minderheit der nisaritischen Ismailiten (Nisaris) und haben sich Elemente vorislamischer Religiosität (besonders die zoroastrische Feuersymbolik) erhalten. 1993 wurde für die tadschikischen Muslime ein eigenes Muftiat mit Sitz in Duschanbe errichtet. - Von den 1-2 % Christen gehören über 75 % der orthodoxen Kirche an. Für die orthodoxen Christen (Russen und Ukrainer) in Tadschikistan, Usbekistan, Kirgistan und Turkmenistan besteht das russisch-orthodoxe Erzbistum Taschkent. Die geistliche Betreuung der wenigen katholischen Christen erfolgt durch die kirchliche Mission Tadschikistan (Sitz: Duschanbe; errichtet 1997). Die Lutheraner, wie die Katholiken überwiegend Angehörige der deutschen Minderheit, gehören der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland und anderen Staaten an. Daneben gibt es Baptisten und Pfingstler.
Es besteht neunjährige Schulpflicht zwischen dem siebenten und siebzehnten Lebensjahr. Der vierjährigen Primarstufe schließt sich die siebenjährige Sekundarstufe an, unterteilt in Stufe I (fünf Jahre) und Stufe II (zwei Jahre). Unterrichtssprache ist Tadschikisch, andere Sprachen sind Usbekisch, Russisch sowie (geringfügig) Kirgisisch und Turkmenisch. Die Analphabetenquote beträgt 1,1 %. In Duschanbe gibt es fünf Universitäten, eine weitere in Chudschand.
Neben mehreren wöchentlichen Publikationen erscheinen dreimal wöchentlich in geringer Auflage in tadschikischer Sprache »Sadoi mardum« (Organ des Obersten Sowjets) und »Jumhuriyat« (Organ des Ministerrats), ferner in Russisch die ehemalige KP-Zeitung »Narodnaja gaseta« und in Usbekisch »Khalk ovozi«. Die regierungseigene Nachrichtenagentur »Khovar«, Duschanbe, wurde 1991 gegründet. Hörfunk und Fernsehen sind staatliche Organisationen. Sendungen einer rebellischen Oppositionsgruppe werden seit 1993 von der »Voice of Free Tajikistan« ausgestrahlt.
Wirtschaft und Verkehr:
Tadschikistan ist unter den GUS-Staaten die wirtschaftlich am schwächsten entwickelte Republik. Die ungenügende Infrastruktur und die von der ehemaligen Moskauer Zentralregierung betriebene einseitige Ausrichtung der Wirtschaft auf die Lieferung von Rohstoffen (v. a. Baumwolle) verhinderten die Entstehung eines ausgewogenen Wirtschaftsgefüges. Nach 1990 verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation durch den Abbruch von traditionellen Marktbeziehungen zu den früheren Sowjetrepubliken, unzureichende staatliche Administration und v. a. durch den 1992 einsetzenden Bürgerkrieg, der einen geschätzten wirtschaftlichen Schaden von etwa 7 Mrd. US-$ verursachte, erheblich. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) nahm 1990-94 um 22,5 % auf 2 Mrd. US-$ ab, 1997 wurden nur noch 49 % des Wertes von 1991 erreicht; die Inflationsrate betrug 1995 635 %. Ein großer Teil der Bevölkerung lebt in großer Armut. Der Übergang zu marktwirtschaftlichen Strukturen verläuft schleppend. Von den (1997) 1,78 Mio. Beschäftigten waren 53 % im Privatsektor tätig. Einen großen Umfang hat die Schattenwirtschaft, besonders der Rauschgifthandel.
Im Vergleich zu 1992 ging bis 1997 die landwirtschaftliche Produktion um 45 % zurück. Die landwirtschaftliche Nutzfläche (LN) umfasst etwa 4,1 Mio. ha (das entspricht knapp 30 % der Landesfläche), davon ist aber nur etwa ein Fünftel Ackerland, das sich in Tälern im Südwesten und Nordwesten konzentriert. Der bei weitem größte Teil der LN kann nur als Weideland genutzt werden. Der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten erhöhte sich bis 1997 auf 55 % (einschließlich Nomaden und Arbeiter in der Forstwirtschaft). Die Ackerfläche wird zu etwa 80 % bewässert (mittels insgesamt etwa 40 000 km Bewässerungskanälen in der Dangarasteppe, im Ferganabecken, im Tal des Wachsch und seines Nebenflusses Jawansu). Nur an gut beregneten Berghängen ist Regenfeldbau möglich. Größte Bedeutung hat der monokulturartig betriebene Anbau von Baumwolle, deren Anbaufläche in den letzten Jahrzehnten ständig auf Kosten des Getreideanbaus erweitert, jedoch nach 1990 um ein Viertel reduziert wurde. Der Anbau von Getreide (Weizen, Reis, Mais), Tabak, Flachs, Jute, Gemüse, Melonen, Gewürz- und Ölpflanzen (Sesam, Geranium) sowie der Obst- (besonders Zitrusfrüchte) und Weinbau (v. a. in Nordtadschikistan) spielen eine untergeordnete Rolle. Groß ist der ständige Verlust von Ackerland durch Bodenversalzung und -erosion infolge unsachgemäßer Bewässerung und großen Siedlungsdrucks der stark zunehmenden Bevölkerung In den östlichen Gebirgsregionen dominiert die Viehhaltung (Viehbestand 1997: 2 Mio. Schafe, 1,1 Mio. Rinder; auch Ziegen- und Yakhaltung). Eine beachtliche Bedeutung hat die Seidenraupenzucht.
Tadschikistan besitzt reiche Vorkommen an Uranerz (einst 14 % der sowjetischen Vorkommen) und Gold im Gebiet Chudschand, das zunehmend mit ausländischer Beteiligung abgebaut wird. Dagegen sind die Vorkommen an Blei-, Zink-, Wolfram-, Wismuterz und Arsen im Kuramingebirge, an Zinn-, Antimon- und Quecksilbererz in der Serawschankette und im Hissargebirge sowie an Erdöl, Erdgas und Kohle im Ferganabecken von wesentlich geringerer Bedeutung, da sie derzeit einer Gewinn bringenden Nutzung unzugänglich sind.
Die Energieerzeugung (1997: 14 Mrd. kWh) beruht auf der umfangreichen Nutzung des großen Wasserkraftpotenzials der Gebirgsflüsse; Wasserkraftwerke befinden sich v. a. am Wachsch (knapp drei Viertel der Stromerzeugung des Landes durch den Nurekstaudamm), Syrdarja (Kajrakkum), Warsob und Murga; der Stromproduktion dienen auch zwei Wärmekraftwerke. Tadschikistan kann Elektroenergie exportieren.
In der Industrie (einschließlich Bauwesen) sind knapp ein Fünftel der Erwerbstätigen beschäftigt. Etwa zwei Drittel der gesamten industriellen Bruttoproduktion entfallen auf die Aufbereitung von Baumwolle, Seide und Wolle sowie die Teppichknüpferei und auf die Nahrungsmittelindustrie (Obstkonserven-, Geraniumölherstellung, Weinkellereien). Betriebe anderer Industriezweige wurden seit 1940 im westlichen Drittel des Landes angesiedelt. Die neuen Industriezweige umfassen Buntmetallerzverhüttung (besonders in Regar), Aluminiumerzeugung (Jawan; dank großem Wärmekraftwerk), Maschinenbau (Duschanbe), Metallverarbeitung und chemische Industrie (Jawan). Ein Großteil der Betriebe arbeitet wegen fehlender Investitionen und ausbleibender Auslandsbeteiligung mit veralteten Methoden wenig produktiv, die Industrieproduktion ging 1991-97 um zwei Drittel zurück.
1997 wurden Güter im Wert von 780 Mio. US-$ exportiert und 805 Mio. US-$ importiert. Tadschikistan muss 80 % seines Lebensmittelbedarfs einführen. Der bis 1991 vorrangige Handel mit Russland wird zunehmend durch Handel mit asiatischen Staaten, besonders mit China, Iran, Usbekistan und der Türkei, ersetzt. Wichtigste Ausfuhrgüter sind Baumwolle, Nichteisenmetalle und Erzeugnisse der Leichtindustrie.
Verkehr:
Das verkehrsfeindliche Gebirgsrelief stellt an den Bau von Verkehrswegen hohe technische Anforderungen; daher gibt es nur wenige moderne Verkehrswege. 1997 erreichte der öffentliche Transport nur noch 5 % des Niveaus von 1991. Tadschikistan verfügt über (1995) 473 km Eisenbahnstrecken, v. a. im Südwesten des Landes. Im Norden quert die usbekische Eisenbahnstrecke ins Ferganabecken das Land im Tal des Syrdarja. 90 % des Güterverkehrs werden jedoch mittels Lkw abgewickelt, daher spielen neben den Straßen von Duschanbe ins Ferganabecken (über den Ansobpass, 3 372 m über dem Meeresspiegel, im Hissargebirge, und den Schachristanpass, 3 351 m über dem Meeresspiegel, in der Turkestankette) und in den Süden des Landes die beiden Hochgebirgsstraßen eine wichtige Rolle: die Große Pamirstraße von Duschanbe nach Chorog in Bergbadachschan und die Ostpamirstraße von Chorog über den Akbaitalpass (4 655 m über dem Meeresspiegel) nach Osch in Kirgistan. Die Länge des Straßennetzes beträgt (1994) 13 000 km. Auf Pjandsch, Amudarja und Wachsch ist streckenweise Schifffahrt möglich (etwa auf 300 km). Der internationale Flughafen liegt bei Duschanbe; nationale Fluggesellschaft ist die Tajikistan Airlines.
Tadschikistan gehört zum westlichen Teil des geographischen Großraums Turkestan; seine Entwicklung war eng verbunden mit Transoxanien. Archäologische Spuren belegen entwickelte Ackerbaukulturen seit dem 2./1. Jahrtausend v. Chr. Das Gebiet hatte territorialen Anteil an antiken iranischen Reichsbildungen (z. B. Baktrien, Sogdiana). Tadschikistan war Bestandteil des persischen Großreiches der Achaimeniden, wurde dann von den hunnischen Hephthaliten und den iranischen Sassaniden beherrscht, bevor es im 7./8. Jahrhundert an das arabisch-islamische Kalifat fiel. Nach einer letzten Blütezeit unter den iranischen Samaniden im 10. Jahrhundert wanderten vom 11. bis zum 16. Jahrhundert verstärkt turkomongolische Stämme ein, die mittels ihrer politisch-militärischen Dominanz eine iranisch-türkische Synthese durchsetzten. Seit dem 16. Jahrhundert verstärkte sich der usbekische Einfluss (Schaibaniden). Mit der russischen Annexion des Khanats von Kokand (1876) wurde Nordtadschikistan Bestandteil des Generalgouverneurs Turkestan, südliche Teile blieben beim Emirat von Buchara, welches seit 1868 unter russischem Protektorat stand. 1895 kam mit der Pamirregion auch das Gebiet von Bergbadachschan an Russland.
Bis Ende 1918 gerieten große Teile Tadschikistans unter bolschewistische Herrschaft und wurden in die im selben Jahr gegründete Turkestanische ASSR eingegliedert; 1920 folgte die Annexion des Emirats von Buchara und - analog zu Chiwa (Choresm) - seine Umwandlung in eine »Volksrepublik«. Im Rahmen der künstlichen Neuaufteilung Mittelasiens wurde Tadschikistan 1924 zunächst als »Autonomes Gebiet« innerhalb der Sowjetrepublik Usbekistan gegründet und am 14. 10. 1924 in eine ASSR umgewandelt, die erst am 16. 10. 1929 den Status einer eigenständigen Sowjetrepublik erhielt und am 5. 12. 1929 Mitglied der UdSSR wurde. Bedeutende Orte mit einer mehrheitlich persischsprachigen Bevölkerung wie Buchara und Samarkand blieben jedoch bei der Usbekischen SSR. Schriftreformen brachten zunächst einen Wechsel vom arabischen zum lateinischen und 1940 zum kyrillischen Alphabet mit sich. Die Kollektivierung der Landwirtschaft war mit einer oktroyierten Ausdehnung des Baumwollanbaus und der Zwangsumsiedlung von Bevölkerungsteilen aus den Bergregionen in die Täler verbunden. Der heftige Widerstand (Basmatschi-Bewegung) gegen die Sowjetisierung hielt bis in die Mitte der 30er-Jahre an. In den 40er-Jahren wurde die Industrialisierung vorangetrieben. Erst nach Stalins Tod konnte sich eine neue nationale Elite bilden und an den Machtstrukturen partizipieren. Tadschikistan blieb aber die am wenigsten entwickelte Unionsrepublik; die weitgehend erhaltenenen traditionellen Gesellschaftsstrukturen (Clans, Loyalitätsbeziehungen innerhalb der Landsmannschaften, starker Einfluss des Islam) fügten sich, zum Teil umgeformt, in das sowjetische Machtsystem ein.
Im Zuge eines wieder erwachenden Nationalbewusstseins während der sowjetischen Politik der Perestroika erklärte sich Tadschikistan am 24. 8. 1990 für souverän innerhalb der UdSSR und proklamierte am 9. 9. 1991 seine Unabhängigkeit. Das von Parlamentspräsidenten K. Aslonow nach dem Putsch in Moskau (August 1991) erlassene Verbot der KP machte das von kommunistischen Kräften kontrollierte Parlament im September 1991 rückgängig, Aslonow wurde zum Rücktritt gezwungen und zeitweise der Ausnahmezustand verhängt. Aslonows Nachfolger, der Kommunist Rahman Nabijew (* 1930, ✝ 1993), gewann die ersten Präsidentschaftswahlen im November 1991. Im Dezember 1991 trat Tadschikistan der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten bei. Nach schweren Unruhen erzwang die Opposition (Partei der Islamischen Wiedergeburt, nationalistische Volksbewegung »Rastochez«, Demokratische Partei Tadschikistans) im Mai 1992 zunächst ihre Beteiligung an der Macht (Bildung einer Koalitionsregierung), im September 1992 stürzte sie schließlich Präsidenten Nabijew. Im Süden des Landes lösten 1992 ausgebrochene blutige Kämpfe zwischen Regierungstruppen und islamistisch-nationalistischen Kräften, denen sich auch regionale Clans sowie kriminelle Banden anschlossen, einen Flüchtlingsstrom aus, und es kam zum Bürgerkrieg. Im November 1992 wurde der kommunistische Politiker Emomali Rachmanow (* 1952) Staatsoberhaupt (zunächst Parlamentspräsident, ab November 1994 gewählter Staatspräsident, im November 1999 für weitere sieben Jahre im Amt bestätigt). Die anhaltenden Bürgerkriegskämpfe v. a. im Grenzgebiet zu Afghanistan eskalierten, als die muslimischen Kräfte Unterstützung durch afghanische Mudjahedin erhielten und in der Konfliktregion stationierte russische Truppen ab 1993 in die Kämpfe eingriffen. Am 21. 6. 1993 wurden die bedeutendsten Oppositionsgruppen (u. a. die Demokratische Partei Tadschikistans, die Islamische Partei der Wiedergeburt und »Rastochez«) verboten. Bis 1996 brachten oppositionelle Gruppierungen fast den gesamten Osten des Landes unter ihre Kontrolle; der Bürgerkrieg forderte rd. 100 000 Menschenleben. Am 20. 10. 1994 trat ein unter Vermittlung Irans, Russlands und der UNO zustande gekommener Waffenstillstand in Kraft, auf dessen Basis Gespräche zwischen Regierung und Opposition möglich wurden. Ein am 27. 6. 1997 von Präsidenten Rachmanow und dem Oppositionsführer Said Abdullo Nuri in Moskau unterzeichnetes Friedensabkommen, das die Bildung eines »Nationalen Versöhnungsrates« und weitere Maßnahmen zur politischen Regelung des Konflikts vorsah, schuf Voraussetzungen für eine Amnestie, die Rückkehr von Flüchtlingen und die Beteiligung der Opposition an der Regierung. Dennoch brachen auch in der Folgezeit wiederholt Gefechte aus; ebenso kam es zu Übergriffen auf die russischen Truppen, aber auch auf Vertreter internationaler Organisationen. Im Sommer 1998 wurden erste Angehörige der Rebellentruppen auf die Verfassung vereidigt und weitere Mitglieder der Opposition in die Regierung aufgenommen. Nach einer im September 1999 verabschiedeten grundlegenden Verfassungsreform, die u. a. das Wirken religiöser Parteien zuließ, fanden am 27. 2. 2000 die ersten Parlamentswahlen nach dem Bürgerkrieg statt, aus denen die Volksdemokratische Partei mit 64,5 % der Stimmen als stärkste Kraft vor der KP und der an dritter Stelle liegenden proislamischen Opposition hervorging. Als Zeichen des formellen Abschlusses des tadschikischen Friedensprozesses wurde einen Tag vor der Konstituierung des neuen Zweikammerparlaments im März 2000 der »Nationale Versöhnungsrat« aufgelöst. Dennoch blieb die innenpolitische Situation instabil, da nicht alle Klan- und Bandenchefs ihre Rebellion beendeten. Zudem entwickelte sich Tadschikistan zu einem Transitland des Drogenhandels aus Afghanistan; während der Talibanherrschaft in diesem Nachbarland unterstützte es die v. a. von Tadschiken und Usbeken getragene afghanische »Nordallianz«. 1999 wurde Tadschikistan als fünfter Mitgliedsstaat in die 1996 gegründete »Gemeinschaft Integrierter Staaten« (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) aufgenommen. Im Mai 2001 trat es dem NATO-Programm »Partnerschaft für den Frieden« bei. Nach den Terroranschlägen auf die USA vom 11. 9. 2001 schloss sich auch Tadschikistan der internationalen Antiterrorkoalition an (Kooperation mit den amerikanischen Streitkräften, u. a. Bereitstellung eines Luftwaffenstützpunkts für deren Militäraktion in Afghanistan).
Die neuen zentralasiat. Länder. Kasachstan, Kirgisien, T., Turkmenistan, Usbekistan, hg. vom Informationszentrum des Ifo-Inst. für Wirtschaftsforschung (1993);
W. Buschkow: Polit. Entwicklung im nachsowjet. Mittelasien. Der Machtkampf in T. 1989-1994 (a. d. Russ., 1995);
Mittelasien. Die Entwicklung in T., Usbekistan, Turkmenistan u. Kyrgysstan seit der Unabhängigkeit, hg. v. M. Marsall (1996);
J. Reissner: Bürgerkrieg in T. (1997).
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
GUS: Die islamischen GUS-Staaten am Scheideweg
* * *
Tad|schi|kis|tan, -s: Staat im Südosten Mittelasiens.
Universal-Lexikon. 2012.