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Hexe
Alte (derb); altes Weib; Luder (umgangssprachlich); Biest (umgangssprachlich); Miststück (derb); Weibsstück (derb); Zauberin; Magierin; Kräuterhexe; Schwarzmagierin; Schwarzkünstlerin; böse Hexe

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He|xe ['hɛksə], die; -, -n:
1. im Volksglauben, besonders in Märchen und Sage auftretendes weibliches dämonisches Wesen, meist in Gestalt einer hässlichen, buckligen alten Frau mit langer, krummer Nase, die mit ihren Zauberkräften den Menschen Schaden zufügt und oft mit dem Teufel im Bunde steht:
die Kinder wurden von einer Hexe verzaubert.
2. (abwertend) [hässliche] bösartige, zänkische, unangenehme weibliche Person (oft als Schimpfwort): die alte Hexe soll uns in Ruhe lassen!

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Hẹ|xe 〈f. 19
1. 〈im Märchen〉 bösegesinnte, meist hässl. alte Zauberin
2. 〈im Volksglauben〉 Frau, die über Zauberkräfte verfügt u. mit dem Teufel im Bunde steht
3. 〈fig.; umg.; abwertendböse Frau
[<ahd. hagzissa, hag(a)zus(a); 1. Teil zu ahd. hag „Zaun“ (zu ahd. zunrita „Zaunreiterin, Hexe“), 2. Teil zu germ. *tusjo; zu idg. *dhus-, *dhuos- „Dämon“]

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Hẹ|xe , die; -, -n [mhd. hecse, hesse, ahd. hagzissa, hag(a)zus(sa); 1. Bestandteil wahrsch. verw. mit Hag, also wohl eigtl. = auf Zäunen od. in Hecken sich aufhaltendes dämonisches Wesen, 2. Bestandteil wohl verw. mit norw. mundartl. tysja = Elfe]:
1. im Volksglauben, bes. in Märchen u. Sage auftretendes weibliches dämonisches Wesen, meist in Gestalt einer hässlichen, buckligen alten Frau mit langer, krummer Nase, die mit ihren Zauberkräften den Menschen Schaden zufügt u. oft mit dem Teufel im Bunde steht:
eine böse, alte H.;
die Kinder wurden von einer H. verzaubert, in Vögel verwandelt.
2. als mit dem Teufel im Bunde stehend betrachtete, über angebliche Zauberkräfte verfügende Person:
sie wurde als H. verfolgt und schließlich verbrannt.
3. (abwertend) [hässliche] bösartige, zänkische, unangenehme weibliche Person:
alte H.!;
(mit dem Unterton widerstrebender Anerkennung bestimmter Eigenschaften wie Durchtriebenheit, Raffiniertheit od. Temperament:) diese kleine H.!

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Hexe
 
[althochdeutsch hagzissa, wohl verwandt mit hag »Hecke«, »Wald« und norwegisch tysja »Elfe«, also eigentlich »auf Zäunen oder in Hecken sich aufhaltendes dämonisches Wesen«], im Volksglauben Bezeichnung für zauberkundige Frau, die angeblich im Dienste von Dämonen und Teufeln steht und mittels der ihr innewohnenden magischen (»okkulten«) Kräfte einen meist schädigenden Einfluss auf andere Menschen ausübt (männliche Entsprechungen sind Hexenmeister und Zauberer). Aufgrund der ihr zugeschriebenen Macht erscheint die Hexe als numinose und Angst erregende Gestalt. Märchen, Sagen und bildende Kunst haben das Bild der Hexe typisiert, sowohl als Schreckgestalt von abstoßendem Äußeren (alte Frau mit Buckel, triefenden Augen, roten Haaren, Kopftuch, Stock) als auch als verführerisch junge oder wollüstig reife Frau (meist unbekleidet, mit aufgelösten Haaren). Verbunden mit dem Hexenglauben sind ferner: Flug durch die Luft (meist auf einem Besen), Verwandlung in Tiere, Herbeiführung von Krankheit, Streit, Tod und Naturkatastrophen (Ernteausfall), esoterische Versammlungen und origiastische Tanzgelage (Hexensabbat). Der Glaube an die Realität von Hexerei und die gelegentliche Bestrafung von Zauberern und Hexen finden sich in sehr vielen Kulturen und zu allen Zeiten (in Dörfern Afrikas und Asiens zum Teil vereinzelt noch heute), während die systematische Hexenverfolgungen (besonders gegenüber Frauen) als ein (nicht restlos aufgeklärtes) sozialpsychisches Phänomen des Spätmittelalters sowie der frühen Neuzeit anzusehen sind und auf die Zeit von etwa 1400 bis 1750 und auf das christlich-abendländische Europa begrenzt blieben; Judentum, Islam (z. B. auch das Osmanische Reich) und die orthodoxe Kirche (v. a. Russland) kannten keine Verdammung von Hexen und Exzesse gegen diese.
 
Vor Ausbildung des Hexenbegriffs des Hoch- und Spätmittelalters, der aus ursprünglich nicht zusammengehörenden Elementen des Aberglaubens (z. B. Luftflug, Schadenzauber), der christlichen Dämonologie (Lehre vom Dämonenpakt) und Straftatbeständen der Inquisition entstand, war zwar der Glaube an Zauberer und Hexen in der Volkskultur weit verbreitet, trug aber nicht die Züge des späteren Hexenwahns. So existierte noch Jahrhunderte nach der Christianisierung der Glaube an nachtfahrende weibliche Dämonen, an Kinder fressende vampirartige, zuweilen vogelgestaltige Nachtweiber (Lamien, Strigen) und an Diana-Hekate, die im Volksglauben oft mit Fruchtbarkeitsriten und Totenkulten assoziiert wurde. Auch der dem germanischen Vorstellungsbereich entlehnte Typus der der Kräuter, der Wahrsagung und des Zauberns kundigen Hexen vereinte negative Züge des Schadenzaubers mit positiven Zügen der Heilmagie.
 
Die Kirche bekämpfte bis zum 12. Jahrhundert Dämonenglauben und Zauberei lediglich als Äußerungen heidnischen Aberglaubens und grenzte sich von den vorchristlichen Volksglaubensvorstellungen ab. Am deutlichsten zeigt dies der »Canon episcopi« (um 900), der über die Kirchenrechtssammlung des Bischofs Burchard von Worms (* 965, ✝ 1025) in das kanonische Recht Eingang fand.
 
Als die Verfolgung von Ketzern als vom Glauben Abgefallene - und damit des verwerflichsten Verbrechens schuldig - seit dem 13. Jahrhundert theoretisch und praktisch systematisiert wurde (Inquisition), kam es mit der Deutung jeder zauberhaften oder abergläubischen Handlung als Teufelsdienst und damit als Häresie seitens der Kirche zur »Anerkennung« der realen Existenz von Hexen; dies führte zur schrittweisen Verquickung der beiden Straftatbestände sowie zur »Umwidmung« (Transformation) der Zauber- und Ketzerprozesse in Hexenprozesse. Eine theologische Begründung lieferte die Lehre vom Teufelspakt, die spätestens seit Augustinus fester Bestandteil der christlichen Dämonologie war, aber erst im 12./13. Jahrhundert von den Vertretern der Hochscholastik wie Petrus Lombardus, Albertus Magnus und Thomas von Aquino zu einer umfassenden Theorie vom Vertrag zwischen Dämon und Mensch, von der Gegenwelt des Teufels und seiner menschlichen Komplizen ausgebaut wurde.
 
Die These von der Entstehung einer riesigen, im Verborgenen wirkenden, satanistischen Hexensekte von Männern und Frauen wurde u. a. von Johannes Nider (* um 1380, ✝ 1438)
 
mit seiner Schrift »Formicarius« (1437) und von Nikolaus Jaquier (✝ 1471) mit seinem Hexentraktat »Flagellum haereticorum fascinariorum« (1458) vertreten.
 
 Hexenverfolgung und Hexenprozesse
 
Während bis zum 11. Jahrhundert Zauberei im Allgemeinen mit Kirchenbußen belegt wurde, setzte sich im Zuge der Ketzerverfolgung durch die Inquisition auch für Zauberei die Todesstrafe durch. Der kirchlichen Forderung nach harter Bestrafung von Zaubereidelikten kam als erstes weltliches Gesetzbuch der Sachsenspiegel (um 1225) nach, der die Feuerstrafe für Ketzerei und Zauberei vorsah. Obwohl die Inquisitoren von Anfang an wegen magischen Delikte ermittelten, wurde die uneingeschränkte Anwendung des Inquisitionsprozesses gegen Zauberer erst durch die von Papst Johannes XXII. erlassene Bulle »Super illius specula« (1326) verfügt und vereinzelt angewandt (berühmte frühe Opfer: Jeanne d'Arc, 1431; Agnes Bernauer, 1435). Größere Bedeutung gewann das »crimen magiae« jedoch erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts, als die Päpste Alexander V. und Martin V. die Inquisition mit der Verfolgung von Zauberern in dem Gebiet zwischen Rhône und Alpen beauftragten und Tausende von Personen hingerichtet wurden. Neuere Forschung sieht den Beginn der eigentlichen Hexenverfolgungen im Zusammenhang mit der Verfolgung der Waldenser in Savoyen Ende des 14./Beginn des 15. Jahrhunderts und betont die Rolle des Basler Konzils (1431-49) für die Konstruktion des Straftatbestandes der »neuen Ketzerei«, der »Hexerey« (erstmals in Akten 1419 in Luzern belegt) sowie dessen Anwendung zuerst 1430/40 v. a. in Savoyen, in Piemont und der Westschweiz, bald auch im deutschen Südwesten; außerdem unterstreicht sie die je nach Zeit und Region ausgeprägte Varianz in den Einstellungen der ländlichen und städtischen Bevölkerung (inzwischen eine der zentralen Forschungsfragen) gegenüber angeblicher Hexen beziehungsweise Zauberern. Großteils abgelehnt wird inzwischen - mit Verweis auf fehlende Belege - die Sicht auf die mit überliefertem Geheimwissen ausgestattete »weise« Frau, die von der männlichen Elite als Hexe verfolgt wird.
 
In Deutschland wurde, nach Anfängen 1481-85 in Ravensburg, die systematische Hexenverfolgung durch die Hexenbulle Papst Innozenz' VIII. (»Summis desiderantes affectibus«, 1484) eingeleitet und durch den von dem dominikanischen Inquisitor H. Institoris 1487 verfassten »Malleus maleficarum« entscheidend forciert (vermutlich nicht als Auslöser, sondern Beleg des existenten Hexenwahns; die von Institoris behauptete Mitarbeit von J. Sprenger gilt inzwischen als widerlegt). Dieses deutsch »Hexenhammer« genannte Werk war gedacht als Kommentar zur Hexenbulle; es verknüpfte die überlieferten Elemente des Hexenglaubens zu einem kohärenten System und prägte damit entscheidend die Hexenvorstellung bis ins 17./18. Jahrhundert. Mit rund 30 Auflagen bis zum Jahr 1669 gehörte es zu den meistgedruckten Werken der Frühzeit des Buchdrucks und stand am Anfang jener breiten literarischen Tradition von Hexenbüchern, die erst im 18. Jahrhundert mit dem Rückgang der Hexenverfolgungen abflaute. In der »Apologia« des »Hexenhammers« folgten die Autoren der Ansicht ihres Ordensbruders Jaquier (Hexensekten als Signal für das Nahen der Endzeit); doch im Gegensatz zu ihm projizierten sie die Hexerei eindeutig auf das weibliche Geschlecht und spiegelten so auch eine vorherrschende Frauenfeindlichkeit in der Gesellschaft (Festlegung von »Erkennungszeichen«). Unter Berufung auf die Autorität des Alten Testaments und auf die Patristik begründeten die Autoren die größere Neigung der Frauen zur Hexerei und zum Teufelskult mit der Verderbtheit und maßlosen Triebhaftigkeit der weiblichen Natur. Kernpunkt der Anschuldigungen bildete neben Teufelspakt und -buhlschaft (u. a. Inkubus- und Sukkubusglaube [Alb]), Hexensabbat und Hexenflug die schädigende Zauberei des »Maleficium«, das im Denken der Scholastik noch eine untergeordnete Stellung eingenommen hatte, aber im »Hexenhammer« zu einer Bedrohung der natürlichen und gesellschaftlichen Ordnung aufgewertet wurde. Damit war die Hexe (»malefica«) nicht mehr nur eine Feindin der Kirche (der Häresievorwurf spielte im »Hexenhammer« nur noch eine zweitrangige Rolle), sondern eine Feindin der Weltordnung. Als irdische Statthalterinnen des Teufels fiel den Hexen die Verantwortung für all jene Krisen und Katastrophen zu, die nicht mehr ohne weiteres wie im Mittelalter aus der Perspektive eines göttlichen Heilsplans gedeutet, aber auch noch nicht wissenschaftlich-rational erklärt werden konnten (Sündenbockmotiv; ähnlich: Judenverfolgungen).
 
Bedeutsam für die weitere Entwicklung der Hexenprozesse im Heiligen Römischen Reich, ihrem Schwerpunktgebiet, wurde die Einführung der Denunziation in das Prozessverfahren (statt der Anklage), was die Inquisition als Einrichtung im Interesse der einfachen Bevölkerung erscheinen ließ, sowie die Anwendung der Hexenprobe und der Folter zum Geständnis im Beweisverfahren; die geistliche Kompetenz weitete sich auch auf weltliche Gerichte aus. Da die Mehrzahl der Juristen den im »Hexenhammer« kodifizierten Vorstellungen ebenso wie der Inquisition aber mit Zurückhaltung begegnete, blieb die weltliche Gerichtsbarkeit zunächst relativ mild.
 
Als folgenschwer erwies sich, dass auch die neu entstehende paracelsische Medizin und die Reformation im 16. Jahrhundert das Erbe des »Hexenhammers« übernahmen. Zunehmend gingen auch weltliche Gelehrte dazu über, den in der Bevölkerung weit verbreiteten Hexenglauben »wissenschaftlich« zu untermauern, so der französische Staatstheoretiker J. Bodin mit seiner in viele Sprachen übersetzten »La démonomanie des sorciers« (1580).
 
Seit Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelte die Hexenverfolgung, begünstigt durch die Praxis der Denunziation, eine von den ursprünglichen Motiven nicht mehr voll gedeckte Eigendynamik, in deren Folge Konflikte mit ausgetragen wurden, die aus den tief greifenden sozialen Umwälzungen und strukturellen Veränderungen des 16. und 17. Jahrhunderts erwuchsen: Hegemonialkriege und Glaubenskämpfe, Agrarkrisen und Teuerungsperioden, soziale Polarisierung und Spannungen, Durchsetzung neuer wirtschaftlicher und staatlicher Ordnungsprinzipien, Mentalitätswandel. Extreme Missernten mit Hunger beziehungsweise Mangelernährungen sowie Krankheitsanfälligkeiten und Seuchen sowie verschärfte Alltagsnöte lösten wegen des allgemeinen verbreiteten magischen Weltbildes (Angst vor Schadenzauber) immer wieder Wellen von Hexenverfolgungen aus, die sich auch aufgrund der weiblichen Zuständigkeit für die besonders gefährdeten Bereiche (Haus und Stall, Küche und Ernährung, Kinder und Krankenpflege) v. a. gegen Frauen richteten, besonders gegen Heilkundige, Hebammen, Köchinnen und als (psycho)sozial unangepasst geltende Alleinstehende. Zwischen 1560/80 und 1630/50, der Zeit der Massenprozesse und -verbrennungen nördlich der Alpen, fiel die Hexenverfolgung fast vollständig in die Hand der weltlichen Gerichtsbarkeit; die Inquisition hatte sich im Verlauf des 16. Jahrhunderts zunehmend zurückgezogen beziehungsweise führte (wie in Spanien, Italien u. a. Mittelmeerländern) nur noch selten Folterungen und Hinrichtungen von Hexen durch (inzwischen sind auch Belege bekannt geworden, wo die Kirche Beschuldigte vor dem Zugriff der weltlichen Gerichtsbarkeit schützte). Die kodifizierten Rechtssatzungen des 16. (u. a. reichsgesetzlich die »Carolina«, 1532; offiziell erst 1840 aufgehoben) und 17. Jahrhundert verankerten den Feuertod (Scheiterhaufen) für Schadenzauber. Landesherrliche Edikte normierten das Magiedelikt, das zu einem Ausnahmeverbrechen (»crimen exceptum«) erklärt wurde, für das die normalen Prozessbedingungen nicht galten: Im Extremfall sollte bloßer Verdacht (Diffamierung) zur Verfolgung führen und als Legitimation zur grausamsten Folteranwendung dienen. Weil alle Mitglieder der gemutmaßten »Hexensekte« dingfest gemacht werden sollten, war die Folter zur Preisgabe von Namen der angeblichen Komplizen eines der wichtigsten Anliegen der Hexenprozesse, wodurch die Zahl der Angeklagten in dem Maße stieg, wie Hexenprozesse durchgeführt wurden. Der Hexenwahn erscheint so als ein besonderes sozialpsych. Phänomen der Alltagsbewältigung und vermeintlicher Zukunftssicherung im Spätmittelalter sowie der frühen Neuzeit.
 
Die Kernzonen der (früh)neuzeitlichen Hexenverfolgung (etwa 75 % der insgesamt durchgeführten Prozesse) lagen in Zentraleuropa, in Frankreich, den Niederlanden, der Schweiz und in Deutschland (Südwestdeutschland, Rheinland, Saarland, Franken, Teile Hessens, sächsische Herzogtümer, kleinere nordwestdeutsche Territorien). Reformation und Gegenreformation brachten den Hexenglauben auch in solche Länder, die weder den Hexenwahn noch eine spezifische Gesetzgebung für Hexen kannten. So gelangte der Hexenwahn u. a. mit den Lutheranern nach Dänemark, mit den Kalvinisten nach Schottland und England (hier durch Verzicht auf die Folter weniger Opfer, aber zu über 90 % Frauen), mit den Jesuiten nach Polen; Auswanderer brachten ihn auch nach Nordamerika (bekannt: Salem, Massachusetts, 19 Hinrichtungen 1692; verantwortlich der Theologe C. Mather).
 
Alters- und Sozialstruktur sowie Geschlecht der Prozessopfer variierten sowohl regional als auch zeitlich beträchtlich; da von den Prozessen oft keine Protokolle überliefert sind, schwanken die Schätzungen über die Zahl der Hinrichtungen zwischen 100 000 (B. P. Levack) und 500 000 (G. Heinsohn, O. Steiger). Zumeist werden 50 000 bis 80 000 Todesopfer, davon zwei Drittel bis vier Fünftel Frauen, angesetzt, für das Heilige Römische Reich etwa 15 000 bis 20 000.
 
 Kritik an der Hexenverfolgung
 
Die Hexenprozesse sind zu keiner Zeit kritiklos hingenommen worden, doch richtete sich die Kritik in erster Linie gegen die spezifische Form des Strafvollzugs, nicht aber gegen den Hexenglauben selbst, der erst mit der Aufklärung im 18. Jahrhundert infrage gestellt wurde. Die radikalste öffentliche Kritik lieferte zunächst der kalvinistische Arzt J. Weyer, der mit seiner Schrift »De praestigiis daemonum...« (1563) zum Hauptgegner aller zeitgenössischen und späteren Befürworter der Hexenverfolgungen wurde. Er führte das Hexenwesen auf Wahnvorstellungen beziehungsweise Geisteskrankheit (Melancholie) der angeklagten Opfer zurück und plädierte für deren Unzurechnungsfähigkeit. Die von den Jesuiten Adam von Tanner (* 1572, ✝ 1632) und Paul Laymann (* 1574, ✝ 1635) geübte Kritik an den Methoden der Prozessführung wurde von F. von Spee aufgegriffen und radikalisiert, der in seiner 1631 anonym veröffentlichten Schrift »Cautio criminalis« die Unmenschlichkeit und Rechtswidrigkeit der Hexenprozesse anprangerte und für deren völlige Abschaffung plädierte. Mit dem von dem niederländischen reformierten Theologen B. Bekker veröffentlichten Werk »De betooverde weereld« (1691-93, 3 Bände) wurde erstmals der Hexenglaube prinzipiell infrage gestellt, während der preußische Jurist und Pietist C. Thomasius neben dem Hexengerichtsverfahren v. a. die christliche Dämonenlehre mit ihrer These vom Teufelspakt einer umfassenden Kritik unterzog (»De crimine magiae«, 1704). Besonders seine Untersuchung über das Wesen der Inquisitionsprozesse gegen die Hexen (1712) hat in der Folgezeit wesentlich zur Einstellung der Hexenprozesse beigetragen, v. a. in Preußen, wo 1714 ein Edikt König Friedrich Wilhelms I. praktisch die Beendigung der Hexenprozesse einleitete. Letzte gesetzliche Hinrichtungen in Europa: in den Niederlanden 1610, in England 1684, in Frankreich 1745, in Deutschland (Kempten) 1775, in der Schweiz 1782, in Posen 1793.
 
 Neuer Hexenmythos
 
Relikte des Hexenglaubens und des Aberglaubens in Verbindung mit okkulten Vorstellungen lassen sich in Europa bis in die Gegenwart nachweisen (schwarze Magie, böser Blick, Amulett, Gesundbeter, Geistheiler). Die in Deutschland fortlebenden Elemente des Hexenglaubens und Aberglaubens wurden in dem von Johann Kruse (* 1889, ✝ 1983) gegründeten »Archiv für die Erforschung des neuzeitlichen Hexenwahns« zusammengestellt. In den angelsächsischen Ländern ist seit den 1940er-Jahren der »Wicca«-Kult verbreitet (Wicca = altenglische Bezeichnung für »weise Frau«). Seine Anhänger, die sich zu Hexenzirkeln (englisch covens) zusammengeschlossen haben, stützen sich auf die von der englischen Ägyptologin und Anthropologin Margaret A. Murray (* 1862, ✝ 1963) in ihrem Buch »The Witch-Cult in Western Europe« (1921) aufgestellte These von der Kontinuität naturreligiöser matriarchalischer Geheimkulte. Seit den 80er-Jahren ist eine Wiederbelebung okkulter Praktiken und Vorstellungen (Spiritismus, Tarot, Astrologie) als Modephänomen erkennbar (Esoterik). In der »Neuen Frauenbewegung«, die sich intensiv und innovativ mit der Erforschung der Hexenverfolgungen befasst, erfolgt zum Teil bewusst ein Bezug auf Hexen als Symbol von Unterdrückung und Widerstand von Frauen; Kritiker lehnen jedoch eine neuartige Mystifizierung von Weiblichkeit ab.
 
 Künstlerische Gestaltung
 
In der bildenden Kunst war die Hexe vom späten 15. Jahrhundert an ein beliebtes Motiv. Hexentraktate und -Flugblätter des 15.-17. Jahrhunderts waren häufig von Illustrationen begleitet. Hexenbilder von künstlerischem Rang begegnen zuerst im 16. Jahrhundert, v. a. bei den Niederländern, von denen fantasievoll ausgestaltete Hexensabbatbilder existieren. Von A. Dürer und von H. Baldung (u. a. »Zwei Wetterhexen«, 1523; Frankfurt am Main, Städelsches Kunstinstitut) stammen eindrucksvolle Hexenbilder, in denen die Faszination durch die Gestalt der jungen, verführerischen Hexe durchscheint. F. de Goya fasste noch einmal die traditionellen Vorstellungen von Hexen in ironisch-fantastischen Radierungen zusammen (z. B. in den »Caprichos«, 1797/98). - Literarische Gestaltung fand die Hexe in humoristisch-ironischer Brechung in M. de Cervantes Saavedras' »Don Quijote« (1605—15) und J. J. C. Grimmelshausens »Simplicissimus« (1669), als Prophetin in Shakespeares »Macbeth« (1606), als Magierin in Goethes »Faust« und als weibliche Schreckgestalt für Kinder in den Märchensammlungen des 19. Jahrhunderts sowie als Fallbeispiel moderner Massenhysterie in A. Millers »Hexenjagd« (1953).
 
Literatur:
 
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Hwb. des dt. Aberglaubens, hg. v. H. Bächtoldt-Stäubli, Bd. 3 (1931, Nachdr. 1987);
 H. C. Lea: Materials towards a history of witchcraft, 3 Bde. (Philadelphia, Pa., 1939, Nachdr. New York 1986);
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 J. Hansen: Zauberwahn, Inquisition u. H.-Prozeß im MA. (Neuausg. 1983);
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 H.-J. Ruppert: Die Hexen kommen. Magie u. H.-Glauben heute (1987);
 J. P. Davidson: H. in der nordeurop. Kunst 1470-1750 (a. d. Engl., 1988);
 J. Michelet: Die H. (a. d. Frz., Neuausg. Wien 1988);
 A. Blauert: Frühe H.-Verfolgungen. Ketzerei-, Zauberei- u. H.-Prozesse des 15. Jh. (1989);
 
Ketzer, Zauberer, Hexen. Die Anfänge der europ. H.-Verfolgungen, hg. v. A. Blauert: (1990);
 G. Klaniczay: Heilige, Hexen, Vampire, vom Nutzen des Übernatürlichen (a. d. Engl., 1991);
 
Vom Unfug des H.-Processes. Gegner der H.-Verfolgungen von Johann Weyer bis Friedrich Spee, hg. v. H. Lehmann u. O. Ulbricht (1992);
 G. Schormann: Der Krieg gegen die Hexen. Das Ausrottungsprogramm des Kurfürsten von Köln (1991);
 M. Siefener: Hexerei im Spiegel der Rechtstheorie (1992);
 
Hexen u. H.-Prozesse in Dtl., hg. v. W. Behringer (21993);
 
H.-Welten. Magie u. Imagination vom 16.-20. Jh., hg. v. R. van Dülmen (15.-16. Tsd. 1993);
 E. Labouvie: Zauberei u. H.-Werk. Ländl. H.-Glaube in der frühen Neuzeit (6.-7. Tsd. 1993);
 P. Dinzelbacher: Heilige oder Hexen? Schicksale auffälliger Frauen in MA. u. Frühneuzeit (1995);
 B. P. Levack: H.-Jagd. Die Gesch. der H.-Verfolgungen in Europa (a. d. Engl., 1995);
 Der H.-Streit. Frauen in der frühneuzeitl. H.-Verfolgung, hg. v. C. Opitz (1995);
 I. Ahrendt-Schulte: Weise Frauen - böse Weiber. Die Gesch. der Hexen in der frühen Neuzeit (1995).
 

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Hẹ|xe, die; -, -n [mhd. hecse, hesse, ahd. hagzissa, hag(a)zus(sa); 1. Bestandteil wahrsch. verw. mit ↑Hag, also wohl eigtl. = auf Zäunen od. in Hecken sich aufhaltendes dämonisches Wesen, 2. Bestandteil wohl verw. mit norw. mdal. tysja = Elfe]: 1. im Volksglauben, bes. in Märchen u. Sage auftretendes weibliches dämonisches Wesen, meist in Gestalt einer hässlichen, buckligen alten Frau mit langer, krummer Nase, die mit ihren Zauberkräften den Menschen Schaden zufügt u. oft mit dem Teufel im Bunde steht: eine böse, alte H.; die Kinder wurden von einer H. verzaubert, in Vögel verwandelt. 2. als mit dem Teufel im Bunde stehend betrachtete, über angebliche Zauberkräfte verfügende Person: sie wurde als H. verfolgt und schließlich verbrannt. 3. (abwertend) [hässliche] bösartige, zänkische, unangenehme weibliche Person (oft als Schimpfwort): Von mir aus kann sie verrecken, die alte H.! (Ziegler, Gesellschaftsspiele 183); (mit dem Unterton widerstrebender Anerkennung bestimmter Eigenschaften wie Durchtriebenheit, Raffiniertheit od. Temperament:) diese kleine H.!; Eine junge und gefährliche H. (Remarque, Obelisk 233); Die Frau Bürgermeister wurde als mannstolle H. verschrien (Fels, Sünden 103).

Universal-Lexikon. 2012.