Is|land; -s:
Insel u. Staat im Europäischen Nordmeer.
Dazu:
Is|län|der, der; -s, -;
Is|län|de|rin, die; -, -nen.
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Island
Fläche: 103 000 km2
Einwohner: (1999) 279 000
Hauptstadt: Reykjavík
Amtssprache: Isländisch
Nationalfeiertag: 17. 6.
Zeitzone: WEZ (1100 Reykjavík = 1200 MEZ)
[isländisch »Eisland«], amtlich Lýȓveldiȓ Ísland ['liȓvɛldiȓ 'iːsland], deutsch Republik Island, Insel und Staat im Europäischen Nordmeer, umfasst außer der Hauptinsel Island einige kleine vorgelagerte Inseln (v. a. Westmännerinseln, Surtsey), 103 000 km2, (1999) 279 000 Einwohner; Hauptstadt ist Reykjavík; Amtssprache: Isländisch; Währung: 1 Isländische Krone (ikr) = 100 Aurar (aur.) Uhrzeit 1100 Reykjavík = 1200 MEZ.
Staat und Recht:
Nach der Verfassung vom 17. 6. 1944 (mehrfach modifiziert) ist Island eine parlamentarisch-demokratische Republik. Staatsoberhaupt ist der vom Volk auf vier Jahre gewählte Präsident (Wiederwahl zulässig). Er ernennt die Regierung und ist nominell Chef der Exekutive; tatsächlich wird die Exekutivgewalt aber von der Regierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten wahrgenommen, die dem Parlament gegenüber verantwortlich ist. Der Präsident verfügt über ein beschränktes Vetorecht sowie über das Notverordnungsrecht. Die Legislative setzt sich aus dem Präsidenten und den beiden Häusern des Parlaments zusammen. Das Parlament (Althingi) besteht aus 63 Abgeordnete, die vom Volk in acht Wahlbezirken nach einem gemischten Verhältniswahlsystem für vier Jahre gewählt werden. 1984 wurde das Wahlalter von 20 auf 18 Jahre herabgesetzt. Das Parlament als Ganzes wählt aus seiner Mitte 20 Abgeordnete, die das Oberhaus (Efri deild) bilden, während die restlichen 43 Abgeordneten als Unterhaus (Nedri deild) zusammentreten.
Parteien:
Stärkste Kraft im isländischen Parteienfeld ist die Unabhängigkeitspartei (SF; gegründet 1929; hervorgegangen aus konservativen und liberalen Parteien; marktwirtschaftlich orientiert). Die 1916 als Vertretung agrarischer Interessen gegründete Fortschrittspartei (FF) tritt für gemäßigte Sozialreformen ein. Seit 1916 besteht die Sozialdemokratische Partei (AF). Linkssozialistische und kommunistische Gruppierungen treten bei Parlamentswahlen als Volksallianz (AL) auf. Neben den traditionellen Kräften treten hervor die Frauenliste (Suk; gegründet 1982) und die linkspopulistische Nationale Erweckung (gegründet 1994 als Abspaltung von der AF).
Größte Gewerkschaft ist die Isländische Arbeiterföderation (gegründet 1916) mit rd. 65 000 Mitgliedern.
Das Wappen (seit 1944) zeigt einen auf einem Basaltblock in Gestalt der Insel stehenden Schild, dessen Aussehen (rotes, weiß umrandetes Kreuz auf blauem Grund) der Flagge entspricht. Umgeben ist der Schild von vier den isländischen Sagas entstammenden Gestalten (Stier und Greif auf der einen, Riese und Drache auf der anderen Seite), die in dem Epos »Heimskringla« als die Insel nach allen vier Himmelsrichtungen schützende »Landwächter« beschrieben sind. Bis 1944 ruhte auf dem Schild die Königskrone von Dänemark.
Nationalfeiertage:
Der 17. 6. erinnert an die Ausrufung der Republik 1944.
Island ist in sieben Provinzen, 23 Verwaltungsbezirke (Sýslur) und 223 Gemeinden gegliedert.
An der Spitze des Gerichtswesens steht der Oberste Gerichtshof, dessen Richter vom Präsidenten ernannt werden und die für zwei Jahre den obersten Richter des Landes wählen. Weitere Abstufungen bilden die besonderen und die ordentlichen Gerichte, wobei Letztere ländliche und städtische Bezirksgerichte umschließen.
Island ist NATO-Mitglied, unterhält aber kein eigenes Militär. Zur Überwachung der Hoheitsgewässer dient eine 130 Mann starke Küstenwache, die mit drei schwach bewaffneten, hochseetüchtigen Wachbooten (Korvettengröße) ausgerüstet ist. - Die USA sind aufgrund des bilateralen Vertrages mit Island vom 5. 5. 1951 verpflichtet, die Sicherheit der Insel und deren Verteidigung im Kriegsfall zu garantieren. Zur Erfüllung dieser Aufgabe unterhalten die USA die 3 000 Mann umfassenden »Iceland Defense Forces«, die überwiegend aus Luftstreitkräften bestehen.
Landesnatur und Bevölkerung:
Island liegt, dem untermeerischen Mittelatlantischen Rücken aufsitzend, etwas südlich des nördlichen Polarkreises an der Grenze zwischen Atlantik und Europäischem Nordmeer; Ausdehnung von Westen nach O: rd. 500 km, von Norden nach S: 300 km; Küstenlänge: 4 970 km. Der Landschaftscharakter ist im inneren Hochland der einer polaren Kältewüste, im randlichen Tiefland der des subpolaren Wiesenlandes. Außer dem aktiven Vulkanismus beeinträchtigt auch die Bodenerosion die Nutzung der Insel durch den Menschen.
Der geologische Bau besteht aus tertiären und jüngeren Basaltdecken, die von einer 100-200 km breiten jungvulkanischen Zone gequert werden, die von Südwesten nach Nordosten durch das Land führt. Gebunden an Bruchtektonik herrschen hier pleistozäne Basalte, Rhyolithe und Hyaloklastite vor. Hinzu treten nacheiszeitliche (holozäne) Laven, Tuffe und fast sämtliche vulkanische und postvulkanische Erscheinungen (Vulkane, Solfataren, heiße Quellen, Geysire). Die nacheiszeitlichen Lavadecken nehmen 12 % der Landesfläche ein. Die vielfach von Erdbeben begleitete vulkanische Tätigkeit dauert an (v. a. Surtsey, Heimaey, Hekla); etwa 30 der über 140 nacheiszeitlichen Vulkane werden von Zeit zu Zeit aktiv. Der jüngste Ausbruch war im September 1996 der des Bárȓarbunga unter dem Vatnajökull.
Über den Küstenregionen mit Tiefländern, besonders im Süden und Südwesten, erhebt sich von 300 bis 800 m über dem Meeresspiegel eine unbewohnte Hochfläche, in Stufen gegliedert, über die die Flüsse in großen Wasserfällen herabstürzen (Dettifoss, Gullfoss). Rd. 75 % der Landesfläche liegen höher als 200 m über dem Meeresspiegel. Die Hochflächen werden von Kies- und Steinwüsten beherrscht. Darüber ragen zahlreiche Gebirgsstöcke und Einzelberge auf (u. a. die subglazial entstandenen vulkanischen Tafelberge) sowie als Reste des im Pleistozän ganz Island verhüllenden Inlandeises mehrere große Eiskappen: Vatnajökull (8 410 km2) mit der höchsten Erhebung Islands, dem Felsea Hvannadalshnúkur (2 119 m über dem Meeresspiegel), Langjökull (953 km2) und Hofsjökull (925 km2) sind die größten Gletscher Europas. Gletschereis bedeckt etwa 12 % der Landesfläche (12 300 km2). An einigen Eiskappen treten von Zeit zu Zeit aufgrund subglazialer Eruptionen riesige Schmelzwasserfluten (Jökulhlaup) auf. Die intensive Abtragung der Gletscher äußert sich im Süden in weiträumigen Aufschüttungsebenen, den Sanderflächen. Die Küste ist im Süden eine Ausgleichsküste mit einzelnen Nehrungen, im Westen, Norden und Osten eine Fjord- und Fjärdküste. Während die Fjorde nach innen in steilem Trogschluss enden, gehen die Fjärde, Bruchgebiete mit nachträglicher Gletscherausschürfung, stufenlos mit breiten Ebenen und Talgängen kilometerweit ins Innere.
Aufgrund der Wirkung des Golfstromes (Irmingerstrom) herrschen kühle Sommer (Juli: im Südwesten 10-11 ºC, im Norden 8-10 ºC) und milde Winter (im Südwesten um 0º, im Norden um —2 ºC)vor, bei mittleren Jahresniederschlägen von 800 bis 2 000 mm im Südwesten und Süden, 400-700 mm im Norden. Nordatlantische Tiefs bringen Stürme und häufigen Witterungswechsel, verstärkt durch das An- und Abrücken des polaren Treibeises.
Island weist zahlreiche größere Flüsse auf, meist von Gletscherwasser gespeist; die größten: Thjórsá (230 km, Einzugsgebiet 7 530 km2) mit 387 m3/s mittlerem Abfluss und Jökulsá á Fjöllum (206 km, 7 750 km2) mit 212 m3/s. Der größte Binnensee ist mit 85 km2 der Thingvallavatn (bis 114 m tief).
Island hat keine geschlossene Pflanzendecke und ist - zum großen Teil anthropogen bedingt (Desertifikation) - weitgehend waldlos. Die wenigen Waldbestände setzen sich aus Birken und Weiden (Baumgrenze: 200-300 m über dem Meeresspiegel) sowie aus eingeführten Nadelhölzern zusammen. Das Hochland ist vegetationsarm, nur fleckenhaft mit tundrenähnlicher Vegetation (Zwergstrauchheiden, Moose, Flechten) und Mooren besetzt. Im Tiefland herrschen Niedermoorwiesen vor. Die Flora mit 450 Arten von Gefäßpflanzen hat nordeuropäischen Charakter.
Kennzeichnend sind Polarfuchs und Schneehuhn, dazu eine artenreiche Wasservogelwelt. Reptilien und Amphibien fehlen. In Küstennähe herrscht Fischreichtum; auch Wale, Kegelrobben und Seehunde sind nicht selten. In Ostisland leben eingeführte Rentiere. Außerdem gibt es als Folge der Besiedlung neben Schafen (rd. 500 000), Rindern (72 000) und Pferden (78 500) Nerze, Ratten und Mäuse.
Die Bewohner Islands, die Isländer, sind überwiegend wikingischer Abstammung. Mit einer Bevölkerungsdichte von 2,7 Einwohner je km2 ist Island das am dünnsten besiedelte Land Europas, hat jedoch mit (1990-98) durchschnittlich 1,0 % ein relativ hohes Bevölkerungswachstum. Etwa 4/5 der Inselfläche sind heute unbewohnt. Gut 60 % der Bevölkerung leben im Südwesten, im Großraum Reykjavík. Neben Reykjavík (1998: 108 400 Einwohner) sind die wichtigsten Städte: Kópavogur (21 400), Hafnarfjördur (18 600) und Akureyri (15 100). 8 % der Isländer wohnen (1997) auf dem Land, 92 % in Städten. Die Höhengrenze der Besiedlung liegt heute zwischen 200 und 300 m über dem Meeresspiegel. Derzeit findet in Island ein Prozess im ländlich-agraren Siedlungsspektrum statt, der mit einer räumlichen Verlagerung und Konzentration auf die günstigeren Produktionsstandorte zu umschreiben ist.
Die Religionsfreiheit (1874 eingeführt) ist durch die Verfassung garantiert; nach Artikel 62 ist jedoch die Lutherische Kirche von Island Staatskirche. Sie wurde nach der Einführung der Reformation die Nationalkirche der Isländer. Sitz des Bischofs ist Reykjavík. Ihre allgemeinen (»äußeren«) Angelegenheiten werden durch die Gesetzgebung des Althings beschlossen und vom staatlichen Kirchenministerium verwaltet. Beschlüsse, die ihre geistlichen (»inneren«) Angelegenheiten betreffen, werden durch die Kirchenversammlung gefasst, die einmal jährlich zusammentritt. Der lutherischen Staatskirche gehören über 92 % der Bevölkerung an. Etwa 4 % gehören verschiedene protestantische Kirchen und Gemeinschaften (Adventisten, lutherische Freikirchen, Pfingstler) an. Für die katholischen Christen (rd. 2 500) besteht seit 1968 das exemte Bistum Reykjavík. Daneben gibt es eine kleine Gruppe von Zeugen Jehovas.
Es besteht allgemeine Schulpflicht bis zum 15. Lebensjahr bei unentgeltlichem Unterricht. Dieser findet von Oktober bis Mai als Ganztagsunterricht statt; in ländlichen Regionen sind vielfach staatliche Internate eingerichtet, an noch abgelegeneren Orten erhalten die Schüler Unterricht durch »Wanderlehrer«. Der sechsjährigen Primarschule (7.-13. Lebensjahr) schließt sich die Sekundarschule an, gegliedert in Unterstufe (für 13- bis 15-Jährige), wo der mittlere Bildungsabschluss erworben werden kann, und daran eine drei- oder vierjährige Oberstufe, deren Abschluss zum Hochschulstudium berechtigt. Die Alphabetisierungsquote beträgt 70 %. Die 1911 gegründete Universität Reykjavík umfasst acht Fakultäten und mehrere Forschungsinstitute.
Presse: In der Hauptstadt erscheinen die Tageszeitungen »Morgunbladiđ« (Auflage 53 000 Exemplare), »Dagbladiȓ-Vísir« (44 000) und »Alȓýdubladiȓ« (4 000), in Akureyri »Dagu-Tíminn«. - Rundfunk: Die staatliche Rundfunkverwaltung »Ríkisútvarpiȓ« (gegründet 1930), Sitz Reykjavík, mit Regionalstudios in Akureyri, Ísafjördur und Egilsstadir verbreitet zwei landesweite Hörfunkprogramme sowie seit 1966 das Fernsehprogramm »Ríkisútvarpiȓ-Sjónvarp«; außerdem existieren 16 private Hörfunkprogramme und neun private TV-Sender, darunter sieben regionale und ein religiöses Programm, ferner ein Pay-TV-Sender..
Wirtschaft und Verkehr:
Island gehört mit einem Bruttoinlandsprodukt je Einwohner von (1994) 23 372 US-$ ebenso wie Dänemark, Norwegen und Schweden zu den nordeuropäischen Ländern mit sehr hohem materiellem Wohlstand.
Das isländische Wirtschaftssystem ist marktwirtschaftlich ausgerichtet, wobei die stabilitäts- und wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik seit den 1980er-Jahren Erfolge aufweisen kann: Die Inflationsrate konnte von 27,7 % 1987 auf 15 % 1994 gesenkt werden. Die Leistungsbilanz ist 1994 erstmals seit 1986 positiv.
Im Gegensatz zu den übrigen nordischen Staaten ist die isländische Wirtschaft noch auf die Bereiche Landwirtschaft, Fischerei und Fischverarbeitung ausgerichtet. 1993 waren 16,2 % aller Beschäftigten in diesen Bereichen tätig (davon Fischerei 11,5 %), 17,3 % im industriellen und 66,5 % im Dienstleistungssektor. Die Regierung bemüht sich schon seit langer Zeit darum, die Volkswirtschaft zu diversifizieren. Hemmend auf den Aufbau einer vielseitigen Industrie wirken die abseitige Lage Islands zu den Weltmärkten, die begrenzte Aufnahmefähigkeit des Binnenmarktes und der Mangel an Rohstoffen und Halbfertigprodukten. Aus dem großen Importbedarf an Industriegütern resultierte die lange Zeit negative Handelsbilanz, die allerdings teilweise durch die Einnahmen des NATO-Luftstützpunktes Keflavík ausgeglichen wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Staaten ist die Arbeitslosenquote mit 4,8 % (1994) zwar niedrig, für islandische Verhältnisse aber dennoch Besorgnis erregend, zumal sie 1985 noch bei 0,8 % lag.
In der Landwirtschaft herrscht die Viehhaltung vor. Wichtigste Produkte sind Schaffleisch, -felle und Wolle sowie Milch und Milchprodukte und Rindfleisch. In der Fleisch-, Geflügel- und Eierproduktion sowie in der Erzeugung von Milchprodukten ist Island unabhängig. Der Agrarproduktion sind aber wegen der rauen Naturraumvoraussetzungen enge Grenzen gesetzt. Nur rd. 2 % der Gesamtfläche werden als Ackerland, etwa 20 % als Naturweiden ausgewiesen. Wegen der ungünstigen Klimaverhältnisse und der Beschaffenheit der Böden sind die wichtigsten Anbauprodukte fast ausschließlich Futtermittel, stellenweise auch Kartoffeln. Eine wichtige Position in der Landwirtschaft besitzen die geothermal beheizten Gewächshäuser (rd. 150 000 m2), so u. a. bei Hveragerdi, östlich der Hauptstadt.
Nach wie vor ist die Fischwirtschaft der wichtigste Wirtschaftszweig. Bis Ende der 70er-Jahre stellten Fischereierzeugnisse (u. a. Klipp- und Stockfisch) bis zu 85 % aller Ausfuhrgüter; erst in den 80er-Jahren ging dieser Anteil leicht zurück. Allerdings betrug der Exportanteil von Fischereiprodukten 1993 immer noch 78,9 %. Zur Sicherstellung der großen Bedeutung der Fischwirtschaft wurden 1975 die Territorialgewässer auf 200 Seemeilen ausgedehnt. Mit einer Gesamttonnage von 1 005 Einheiten und insgesamt 130 000 BRT (1990) wurden 1993 knapp 1,7 Mio. t Fisch gegenüber 1,5 Mio. t im Vorjahr gefangen. Der Zuwachs ist allerdings fast ausschließlich auf den relativ billigen Industriefisch Lodde zurückzuführen.
Mineralische Bodenschätze (z. B. Schwefel, Rhyolith) sind wegen Schwierigkeiten bei der Erschließung von geringer ökonomischer Bedeutung.
Wichtigste inländische Energiequellen sind Wasserkraft und geothermische Energie, mit denen 1994 insgesamt 59,3 % des Energiebedarfs gedeckt wurden. Damit sind die Kapazitäten aber bei weitem nicht ausgeschöpft. Das technische Potenzial zur Stromerzeugung liegt bei der Wasserkraft bei 64 TWh/Jahr und bei 195 TWh/Jahr bei der geothermischen Energie. Davon werden erst rd. 2 % genutzt. 84 % aller Haushalte (1993) werden mittels geothermischen Quellen beheizt. Langfristig verfolgt Island das Ziel des Energieexports.
Unter den exportorientierten Industriezweigen nimmt die Fischverarbeitung den ersten Platz ein. Entlang den Küsten sind z. B. in den meisten Orten Tiefkühl-, Fischmehl- und Fischölfabriken anzutreffen. Unter den übrigen traditionellen Bereichen (Fischereiausrüstung, Schiffbau, Herstellung von Verpackungsmaterial, Verarbeitung von Wolle) ist v. a. die Bekleidungsindustrie mit Standorten in Reykjavík und Akureyri zu nennen (Wollkleidung). Wichtig war die Ansiedlung neuer, wegen der preiswerten Energieversorgung zum Teil energieintensiver Industriebetriebe mit ausländischer Kapitalbeteiligung: Düngemittelfabrik, Zementwerk, Kieselguranlage, Aluminiumhütte, Ferrosiliciumwerk. 1992 wurden über 89 000 t Aluminium und 54 000 t Ferrosilicium produziert.
Die Zahl der ausländischen Touristen ist von (1965) 28 900 auf die bisherige Rekordzahl von über 179 000 (1994) gestiegen, wobei insbesondere die heißen Quellen touristische und medizinische (Kurzentren) Anziehungspunkte bilden.
Der Export basiert nach wie vor auf Produkten der Fischwirtschaft (1993: 78,9 %). Haupthandelspartner sind die EU sowie die USA und Japan. Auf die EU-Länder entfallen (1994) 48,7 % der Importe und 59,5 % der Exporte.
Verkehr:
Island hat keine Eisenbahn; das Straßennetz von (1993) 12 500 km ist im Wesentlichen auf die Küstengebiete beschränkt. Die Motorisierungsdichte ist mit (1994) 435 Pkw je 1 000 Einwohner relativ hoch (Deutschland: 565). Besonders wichtig für den Personenverkehr sind Omnibusse und der inländische Luftverkehr. Da sämtliche Städte an der Küste liegen, hat die Küstenschifffahrt im Güterverkehr nach wie vor eine gewisse Bedeutung. Wichtigster Hafen ist Reykjavík. Internationale Flughäfen sind Keflavík und Reykjavík. Die Fluggesellschaft Icelandair bedient Inland- und internationale Strecken. Mit internationalen Flügen kamen 1993 in Island knapp 299 000 Passagiere an (Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 2,8 %).
Vermutlich erreichte bereits der griechischen Seefahrer Pytheas von Massilia um 300 v. Chr. Island (»Ultima Thule«). Nach dem Bericht des irischen Mönchs Dicuil hielten sich irische Einsiedlermönche spätestens seit dem Ende des 8. Jahrhunderts, meist nur während des Sommers, auf der Insel auf. Die endgültige Besiedlung Islands, 870/874 mit der Landnahme des Norwegers Ingólfur Árnason einsetzend, war dem Íslendingabók zufolge bereits nach etwa 60 Jahren abgeschlossen.
930 wurde ein für die gesamte Insel zuständiges »Althing« eingerichtet (auf Thingvellir in Südwestisland; Tagungsperiode jeweils zwei Wochen im Juni) und das Amt des Rechtssprechers (Lögsögumaȓr) geschaffen. Dieser war Vorsteher des Althings und hatte v. a. die Aufgabe, das geltende Recht zu sammeln und der Thingversammlung im Rechtsvortrag mitzuteilen. Er war zudem Vorsitzender eines gesetzgebenden Gremiums, der Lögrétta. Dem Althing angegliedert war, in Ergänzung der vier Gerichte in den Landesvierteln (Einteilung seit 960), das »Fünfte Gericht«, eine Art Appellationsgericht. Zugang zum Althing hatten alle freien Männer, die über ein bestimmtes Mindestvermögen verfügten; politisch einflussreich war indessen die Schicht der großbäuerlichen Häuptlinge, die »Goden«. Aus ihrer Mitte stammte der Rechtssprecher, und aus ihren Vertretern setzte sich die Lögrétta zusammen. Der Isländische Freistaat (960-1262) stellte sich als oligarchisch regierte bauernaristokratische Republik dar, die keine Exekutivgewalt kannte. Hieraus entstanden zahlreiche innere Schwierigkeiten und Rechtsstreitigkeiten, die sich in den umfangreichen Gesetzessammlungen (Grágás) und den Erzählstoffen der isländischen Sagas niederschlugen. 999/1000 wurde das Christentum auf Beschluss des Althings (und auf Betreiben der einflussreichen christlichen Minderheit) landesweit eingeführt. Die Bistümer Skálholt (1056) und Hólar (1106) unterstanden dem norwegischen Erzbistum Trondheim. 1117/18 begann die Aufzeichnung des Rechts.
Ab Ende des 10. Jahrhunderts unternahmen Isländer ausgedehnte Seefahrten, gründeten 986 in Südgrönland unter Führung Erichs des Roten Siedlungen und gelangten von hier aus mit ihren Schiffen bis zur Küste Nordamerikas (um 1000).
Innere Machtkämpfe führten im 13. Jahrhundert zu bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen auf Island (»Sturlungenzeit«), an denen sich der norwegische König vermittels isländischer Parteigänger und Lehnsleuten aktiv beteiligte. Nicht zuletzt auch wegen der Abhängigkeit von norwegischen Getreidelieferungen akzeptierten die Isländer 1262 in einem Vertrag (Gamli sáttmáli) die Oberhoheit des norwegischen Königs, der mit der Einführung eines auf isländische Verhältnisse zugeschnittenen norwegischen Rechts (»Jónsbók«, 1281) endgültig die Exekutive und die richterliche Gewalt übernahm, das Rechtssprecheramt abschaffte, das Althing zu einem Organ königlicher Rechtspflege machte und die Goden durch königliche Beamte ersetzte, wobei die Isländer bis zur Einführung der Reformation vielfältige Privilegien genossen. Nach der Personalunion zwischen Norwegen und Dänemark gehörte Island ab 1380 zur dänischen Krone.
Um 1300 setzte unter Einfluss des aufkommenden Hansehandels die Verlagerung von der Vieh- (Tuch-, Wollexporte) zur Fischereiwirtschaft ein. Trotz Naturkatastrophen und Epidemien und ungeachtet der norwegischen Handelskontrollen gestaltete sich die wirtschaftliche Situation in dieser Periode günstig, besonders durch den Handel mit deutschen und englischen Kaufleuten, die ab 1400 bis etwa 1540 Island direkt ansteuerten.
Die Reformation wurde durch ein Kirchengesetz (1537) des dänischen Königs Christian III. eingeführt und gegen starken Widerstand gewaltsam durchgesetzt (1550 Hinrichtung des Bischofs von Hólar, Jón Arason); der ausgedehnte Kirchenbesitz wurde konfisziert. Dänen traten an die Stelle der meisten isländischen Amtsträger. Zur Abwehr des deutschen und englischen Direkthandels mit Island griff die dänische Krone zu immer restriktiveren handelspolitischen Maßnahmen und führte schließlich 1602 ein dänisches Monopol des Islandhandels ein. Die Monopolzeit zog einen wirtschaftlichen, demographischen und kulturellen Niedergang nach sich, verstärkt durch eine Pockenepidemie (Anfang des 18. Jahrhunderts) und durch den Vulkanausbruch der Laki-Spalte (1783/84).
Ab 1786 wurde das Handelsmonopol sukzessive gelockert und 1854 aufgehoben.
Das 19. Jahrhundert war geprägt vom Kampf um die nationale Unabhängigkeit. Nach der Trennung Norwegens von Dänemark (1814) verblieb Island bei Dänemark. Unter Führung von Jón Sigurdsson (* 1811, ✝ 1879) intensivierten sich die Bestrebungen für eine Konstitution und die Autonomie. 1843 wurde das (1800 abgeschaffte) Althing als beratende Versammlung wieder eingesetzt. 1874 erhielt Island eine verbesserte Verfassung, die v. a. Verwaltungsautonomie und Kontrolle über die nationalen Finanzen garantierte sowie ein isländisches Gesetzgebungsrecht zusammen mit der Krone gewährte. Die Exekutivgewalt lag bei einem Gouverneuren, der dem dänischen Reichstag unterstand; erst 1903 wurde Reykjavík zum Amtssitz des dänischen Ministeriums für Isländische Angelegenheiten (vorher Kopenhagen).
Am 1. 12. 1918 wurde Island ein selbstständiger Staat, blieb aber in Personalunion mit der dänischen Krone verbunden. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Dänemark (April 1940) besetzten im Mai 1940 britische und im Juli 1941 amerikanische Truppen die Insel (Errichtung des Militärstützpunktes Keflavík). Nach einer Volksabstimmung (Mai 1944) löste Island seine Union mit Dänemark; erster Staatspräsident der am 17. 6. 1944 gegründeten Republik. Island wurde Sveinn Björnsson (1944-52). 1946 trat Island der UNO bei und gehörte 1949 zu den Gründungsmitgliedern der NATO. 1946 vereinbarte es mit den USA die weitere amerikanische Nutzung des Luftwaffenstützpunktes Keflavík und übertrug 1951 durch ein Schutzabkommen die Landesverteidigung den USA. 1952 wurde Island in den Nord Rat, 1970 in die EFTA aufgenommen. Dem 1952-68 amtierenden Staatspräsidenten Ásgeir Ásgeirsson folgte 1968-80 Kristján Eldjárn als Staatsoberhaupt.
Die einseitige Erweiterung der Fischereigrenze durch Island (auf zuletzt 200 Seemeilen, 1975) führte seit 1952 wiederholt zu Fischereikonflikten (»Kabeljaukrieg«), besonders 1972/73 und 1975/76 mit Großbritannien, Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland (u. a. Zusammenstöße isländischer Fischereischutzboote mit ausländischen, insbesondere deutschen und britischen Fischereiflotten; im Februar1976 zeitweiliger Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Großbritannien, im Juni 1976 Interimsvertrag zur Beilegung des Streits). Im Januar 1993 ratifizierte das isländische Parlament den Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR).; im Januar 1994 schloss Island mit der EU ein Abkommen über Fischerei und Umweltschutz.
In dem von häufig wechselnden Koalitionskabinetten regierten Island bildeten 1991 die Unabhängigkeitspartei (SF) und die Sozialdemokratische Partei (AF) die Regierung unter Ministerpräsident David Oddsson (* 1948), der auch nach den Wahlen von 1995 wieder Regierungschef wurde (nunmehr einer Koalition aus SF und Fortschrittspartei). 1980-96 übte Vigdís Finnbogadóttir das Amt des Staatspräsidents aus (erstes weibliches republikanisches Staatsoberhaupt in Europa), ihr Nachfolger wurde 1996 Ólafur Ragnar Grímsson.
B. Melsted: Íslendinga saga, 3 Bde. (Kopenhagen 1903-20);
Iceland 874-1974, hg. v. J. Nordal u. a. (Reykjavík 1975);
H. Kuhn: Das alte I. (Neuausg. 1978);
H. R. Bárdason: I. Portrait des Landes u. Volkes (Reykjavík 1982);
J.-F. Venzke: Geoökolog. Charakteristik der wüstenhaften Gebiete I.s (1982);
W. Schutzbach: I. (31985);
A. Schnütgen: I. (41992);
P. Schröder: I. (1994).
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Is|land; -s: Insel u. Staat im Europäischen Nordmeer.
Universal-Lexikon. 2012.