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Moldawien
Moldau; Republik Moldau; Moldawische Republik

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Mol|da|wi|en; -s:
nicht amtliche Bez. für: Republik Moldau.

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Moldawi|en,
 
 
Kurzinformation:
 
Fläche: 33 740 km2
 
Einwohner: (1999) 4,46 Mio.
 
Hauptstadt: Chişinău
 
Amtssprache: Moldawisch
 
Nationalfeiertag: 27. 8.
 
Währung: 1 Moldau-Leu (MDL) = 100 Bani.
 
Zeitzone: 1300 Chişinău = 1200 MEZ
 
amtlich moldawisch Moldọva, Repụblica Moldọva, russisch Moldawija, deutsch Republik Moldawien, Republik Mọldau, Binnenstaat im Südosten Europas mit einer Fläche von 33 740 km2 (nach anderen Angaben 33 840 km2), die etwa der Größe Belgiens entspricht, die zweitkleinste GUS-Republik nach Armenien; (1999) 4,46 Mio. Einwohner. Im Westen bildet der Pruth auf einer Länge von 695 km die Grenze gegen Rumänien, in Norden, Osten und Süden grenzt Moldawien an die Ukraine. Hauptstadt ist Chişinău, Amtssprache ist Moldawisch (moldauische Sprache und Literatur). Währung ist der Moldau-Leu (MDL) = 100 Bani; in der Dnjestr-Region (Transnistrien) sind daneben der russische Rubel und eine Kuponwährung (»Suworik«) im Umlauf. Uhrzeit: 1300 Chişinău = 1200 MEZ.
 
 Staat und Recht:
 
Verfassung:
 
Die am 28. 8. 1994 in Kraft getretene Verfassung (2000 revidiert) bestimmt Moldawien als Republik mit Mehrparteiensystem und starker verfassungsrechtlicher Stellung des Präsidenten und garantiert die Grundrechte nach internationalen Menschenrechtsstandards. Dem Schutz der nationalen Minderheiten wird v. a. durch die Gewährung weit reichender Territorialautonomie Rechnung getragen. Staatsoberhaupt ist der auf fünf Jahre direkt gewählte Präsident (einmalige Wiederwahl möglich), dessen Wahl gemäß der Verfassungsänderung 2000 künftig durch das Parlament erfolgen soll. Der Präsident ist auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte, verfügt im Gesetzgebungsverfahren über ein Initiativ- und Vetorecht und ist Inhaber der Notstandsgewalt. Oberstes gesetzgebendes Organ ist das Parlament, dessen 101 Abgeordnete für vier Jahre gewählt werden. Es gilt eine Sperrklausel von 6 % für Parteien. Die Exekutive liegt bei der Regierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Der vom Präsidenten designierte Ministerpräsident muss dem Parlament binnen 15 Tagen das Regierungs-Programm und die Kabinettsliste präsentieren. Nach der Vertrauensabstimmung, für die die Mehrheit aller Abgeordneten erforderlich ist, wird die Regierung vom Staatspräsidenten ernannt. Falls das Parlament nach wenigstens zwei gescheiterten Vertrauensabstimmungen keiner Regierung das Vertrauen ausspricht, kann der Präsident das Parlament auflösen. Das Parlament kann dem Kabinett mit absoluter Mehrheit aller Abgeordneten das Misstrauen aussprechen, wonach die Regierung zum Rücktritt verpflichtet ist. Seit 1995 existiert ein Verfassungsgericht (Parlament, Präsident und Oberster Justizrat bestellen je zwei Richter auf sechs Jahre); eine Verfassungs-Beschwerde ist nicht vorgesehen.
 
Parteien:
 
Einflussreichste Parteien und Wahlbündnisse sind die Kommunistische Partei Moldawiens (PCM; 1991-94 verboten), die Allianz Braghis (seit Dezember 1999 Ministerpräsident), die Christlich-Demokratische Volkspartei (PPCD; gegründet 1989 als Moldauische Volksfront; nationalkonservativ), die Partei der Demokratischen Kräfte (PFD; gegründet 1995; rechtsnational) und die Partei der Wiedergeburt und Versöhnung (PRCM; gegründet 1995; nationalliberal).
 
Wappen:
 
Das in Anlehnung an das Wappen des Königreichs Rumänien geschaffene Staatswappen wurde am 3. 11. 1990 eingeführt und zeigt einen Adler mit einem goldenen Kreuz im Schnabel; in den Krallen führt er heraldisch links ein goldenes Zepter, heraldisch rechts einen Ölbaumzweig. Seine Brust ziert ein Schild in den alten moldauischen Nationalfarben: oben rot mit einem achtzackigen goldenen Stern, unten blau mit einem goldenen Halbmond und einer Rose (Symbol Bessarabiens), in der Mitte ein goldener Auerochsenkopf (Symbol des alten Fürstentums Moldau).
 
Nationalfeiertage:
 
27. 8. (Jahrestag der Ausrufung der staatlichen Unabhängigkeit 1991).
 
Verwaltung:
 
Moldawien gliedert sich in neun Landkreise, ein Munizipium und zwei Territorien (Transnistrien und Gagausien). Kommunale Beschlussorgane in Selbstverwaltungsangelegenheiten der Städte und Gemeinden sind die vom Volk gewählten Räte. Beschlüsse des jeweiligen Rats werden vom Bürgermeister (direkt gewählt) durchgeführt, der die örtliche Verwaltung leitet. Für die im Südwesten lebenden Gagausen wurde Anfang 1995 ein weit reichender Autonomiestatus durchgesetzt; das autonome Gebiet Gagausien verfügt über eine gesetzgebende Versammlung und einen Exekutivrat. Den überwiegend russischen und ukrainischen Bewohnern der Dnjestr-Region (amtlich Transnistrische Moldauische Republik) wurde 1992 der Status einer nationalen Minderheit gewährt; über den Status der Region wird unter Vermittlung der OSZE verhandelt.
 
Recht:
 
Die ordentliche Gerichtsbarkeit (für Zivil-, Straf- und Verwaltungsrechtssachen zuständig) besteht aus Tribunalen, dem Appellationsgericht und dem Obersten Gericht. Für handelsrechtliche Streitigkeiten besteht eine besondere Wirtschaftsgerichtsbarkeit. Die Richter am Obersten Gericht werden vom Parlament auf Vorschlag des Obersten Justizrats gewählt. Der Oberste Justizrat ist ein Selbstverwaltungsorgan der rechtsprechenden Gewalt. Er besteht aus elf Mitglieder, von denen je drei von den Richtern des Obersten Gerichts aus dem Kreis der Richter und vom Parlament aus dem Kreis der Rechtsprofessoren für fünf Jahre gewählt werden; von Amts wegen gehören dem Justizrat der Justizminister, die Präsidenten des Obersten Gerichts, des Appellationsgerichts und der Wirtschaftsgerichtsbarkeit sowie der Generalstaatsanwalt an. Die Staatsanwaltschaft bildet eine eigenständige Behördenorganisation, die auch die allgemeine Gesetzlichkeitsaufsicht über die Verwaltung ausübt.
 
Streitkräfte:
 
Nach der Unabhängigkeit 1991 wurde mit dem Aufbau einer Wehrpflichtarmee (Dienstzeit 18 Monate) in einer Stärke von etwa 12 000 Mann begonnen. Die Nationalgarde (4 000 Mann) untersteht dem Innenminister, paramilitärische Einheiten formierten die Gagausen. Die Ausrüstung der Streitkräfte darf nach dem KSE-Vertrag (VKSE) 210 Kampfpanzer, 250 Artilleriegeschütze, 50 Kampfflugzeuge und 50 Kampfhubschrauber umfassen. Aus Kostengründen unterhält Moldawien seit 1997 keine Luftwaffe, jedoch besteht mit Russland ein Vertrag über die Zusammenarbeit in der Luftverteidigung. Die unter GUS-Oberbefehl stehende 14. russische Armee soll bis 1998 mit 8 000 Mann in Moldawien stationiert bleiben. Seit 1994 ist Moldawien Mitglied der »Partnerschaft für den Frieden« der NATO.
 
 Landesnatur und Bevölkerung:
 
Landschaft:
 
Das Staatsgebiet entspricht dem größten Teil des früheren Bessarabien, erreicht im äußersten Süden die Donau und wird überwiegend von dem zwischen Pruth und Dnjestr gelegenen östlichen Moldauhügelland eingenommen. Dieses besteht aus einem flachwelligen, nach Süden geneigten und von zahlreichen Wasserläufen und kleinen Erosionsschluchten (Owragi) zertalten Hügelland, das v. a. aus sedimentärem Gesteinsmaterial aufgebaut ist. Höhere Erhebungen sind das Nordmoldaw. Hügelland im Norden (bis 320 m über Moldawien), die Ciucului-Hügel (bis 388 m über Moldawien) und die mit Kalkgesteinen durchsetzten Dnjestr-Hügel zwischen Răut (Räut) und Dnjestr im Nordosten (bis 347 m über Moldawien) und das Zentralmoldaw. Hügelland mit den bis 429 m über Moldawien ansteigenden Kodren (die höchste Erhebung Moldawiens). Dagegen liegen die Südmoldaw. Ebene mit dem Bugeac-Tiefland und die Ebene am unteren Dnjestr unter 200 m über Moldawien Links des Dnjestr erstreckt sich in der Dnjestr-Region das Podolische Hügelland (bis 275 m über Moldawien) als Teil der Wolhynisch-Podolischen Platte. Moldawien gehört zu den erdbebengefährdeten Gebieten.
 
Die größten Flüsse sind der im Mittel- und Unterlauf schiffbare Dnjestr und der im Unterlauf schiffbare Pruth. Beide entspringen in den Karpaten und entwässern zum Schwarzen Meer; sie stellen 92 % des gesamten nutzbaren Wasserdargebots Moldawiens dar. Besonders der Dnjestr leidet unter der starken Wasserentnahme für die Bewässerung. Die größten Seen sind durch hydrotechnische Bauten entstanden: Costeştistausee am Pruth (Fläche 92 km2) sowie Dubăsari- (67,5 km2) und Cuciurganstausee (28 km2) am Dnjestr.
 
Klima:
 
Es ist gemäßigt kontinental mit relativ kurzen, schneearmen Wintern und langen, warmen und trockenen Sommern. Die Witterung wird von atlantischen Luftmassen aus Westen, mediterranen aus Südwesten und kontinentalen aus Nordosten geprägt. Die mittlere Julitemperatur liegt zwischen 19,5 ºC im Norden und 22,5 ºC im Süden, die mittlere Januartemperatur schwankt zwischen -5 ºC im Norden und -2,5 ºC im S. Die durchschnittlichen jährlichen Niederschlagsmengen erreichen 500-550 mm im nördlichen und zentralen, unter 450 mm im südlichen und zwischen 350 und 400 mm im südöstlichen Landesteil. Etwa 70 % der Niederschlagsmengen fallen in den Monaten April bis September (Maximum Mai/Juni).
 
Vegetation:
 
Die einst ein Viertel des Landes bedeckenden Wälder (Laubwälder mit Eichen und Buchen in den höheren Lagen des Hügellandes sowie Waldsteppe mit Gräsern, Büschen und niedrigwüchsigen Bäumen in den niedrigeren Lagen) stocken heute nur noch auf weniger als 10 % der Fläche und sind in den höheren, niederschlagsreicheren Gebieten anzutreffen und am besten im Zentralmoldaw. Hügelland erhalten. Waldsteppe breitet sich in den hügeligen Ebenen um Bălţi, am mittleren und unteren Pruth, in der Südmoldaw. Ebene und auf der Podolischen Platte aus. Die natürliche Steppe ist zum größten Teil in den letzten 150 Jahren den Kulturpflanzen gewichen. 85 % des Staatsgebietes werden von fruchtbaren Schwarzerdeböden bedeckt. In Moldawien gibt es fünf Naturschutzgebiete (in den Jahren 1971-93 eingerichtet).
 
Umweltschäden entstehen für Moldawien wegen der Anwendung chemischer Düngemittel durch die intensiv betriebene Landwirtschaft, die zu weitflächigen Bodenvergiftungen führte. Große Teile der Ackerfläche sind von Bodenerosion bedroht.
 
Bevölkerung:
 
Nach der letzten Volkszählung von 1989 wurden in Moldawien mehr als 60 Nationalitäten gezählt. Die Mehrheit bilden die hier Moldawier genannten Rumänen mit 64,5 %, gefolgt von Ukrainern (13,8 %), Russen (12,9 %), christliche Gagausen (3,5 %), Bulgaren (2,1 %), Juden (1,5 %) sowie Angehörigen anderer Nationalitäten (1,7 %). Die Russen leben fast ausschließlich in städtischen Siedlungen, während die Moldawier überwiegend im ländlichen Raum in Dörfern (Durchschnittsgröße rd. 1 400 Einwohner) siedeln. Im östlichen Moldawien in der Dnjestr-Region bilden die Russen nach den Ukrainern eine relative Mehrheit; zwischen Russen und Moldawiern bestehen ethnische Konflikte.
 
Im Zuge der Unabhängigkeitsbewegung wurde 1989 die Wiedereinführung des Rumänischen in lateinischer Schreibweise als Staatssprache beschlossen. Russisch ist noch sehr verbreitet und wird von einem großen Teil der Bevölkerung aktiv gebraucht.
 
Moldawien zählt mit 132 Einwohnern je km2 zu den Staaten mit der größten Bevölkerungsdichte, das natürliche Bevölkerungswachstums lag (1990-98) bei -0,2 %. Die mittlere Lebenserwartung liegt bei 64,3 Jahren für Männer und 71,1 Jahren für Frauen. Der Verstädterungsgrad ist mit einem Anteil von (1998) 54 % noch relativ gering. Die größten Städte sind nach der Hauptstadt Chişinău (1995: 750 000 Einwohner) Tiraspol (1993: 185 100 Einwohner), Bălţi (157 500 Einwohner) und Tighina (129 300 Einwohner).
 
Religion:
 
Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit. Eine herausgehobene Stellung im öffentlichen Leben nimmt die orthodoxe Kirche ein, der nach staatlichen Angaben über 90 % der Bevölkerung (darunter die Gagausen) zugerechnet werden. Am 5. 10. 1992 erlangte die »Orthodoxe Kirche in Moldawien« vom Moskauer Patriarchat, dem sie nach der in Verbindung mit der Eingliederung Bessarabiens in die UdSSR vorgenommenen Zwangsausgliederung aus der rumänischen Kirchenorganisation als Eparchie (Bistum) »Kischinjow und Moldawien« unterstellt worden war, die Autonomie in Fragen der inneren Verwaltung. Seitens des rumänischen Patriarchats kam es am 20. 12. 1992 zur Wiedererrichtung der »Metropolie Bessarabien«. Für die rd. 20 000 katholischen Christen (überwiegend Polen) besteht seit 2001 das exemte Bistum Chişinăund Die nach 1990 entstandenen protestantischen Gemeinden und Gruppen (Baptisten, Adventisten, Pfingstler) zählen mehrere Tausend Mitglieder. Die jüdische Gemeinschaft hat rd. 40 000 Mitglieder; die muslimische Minderheit wird v. a. durch die in der Sowjetzeit in Moldawien angesiedelten Tataren repräsentiert.
 
Bildungswesen:
 
Schulpflicht besteht in allgemein bildenden Mittelschulen vom 7. bis 16. Lebensjahr. Unterrichtssprache ist Moldawisch; in den Gebieten mit nationalen Minderheiten gibt es Klassen mit Unterricht in deren Muttersprache (Russisch, Ukrainisch, Gagausisch, Bulgarisch). Das 10. und 11. Schuljahr kann an Lyzeen, Kollegs, beruflichen technischen Schulen (zwei oder drei Jahre Schulzeit) oder mittleren Fachschulen (mit vierjährigem Bildungsgang) absolviert werden. Die Analphabetenquote beträgt 1,7 %. Die Moldawische Universität (gegründet 1945) und sechs Hochschulen befinden sich in Chişinăund - Anfang der 90er-Jahre wurden zahlreiche russischsprachige Schulen, die zu diesem Zeitpunkt fast 41 % ausmachten, geschlossen.
 
Publizistik:
 
Presse: Der Anteil der Publikationen in Moldawisch ist seit 1990 angestiegen, auch gehen die meisten Medien dazu über, die lateinische Schrift zu benutzen. Die wichtigsten Tageszeitungen sind »Moldova Suverană« (Regierungszeitung, Auflage 15 000), »Ţara« (Parteizeitung der christlichdemokratischen PPCD, 18 000), »Saptamina« (70 000), »Curierul de Seară« (Rumänisch), »Kischinjewskije Nowosti« (Russisch) und »Nezavisimaja Moldova« (Russisch, 15 000). - Nachrichtenagenturen sind »Moldpres« (staatlich), »Interlic News Agency«, »Infotag News Agency«, »Moldovan Information and Advertising Agency - BASApress« und »Deca Press« (unabhängig), alle in Chişinăund - Rundfunk: Die ehemalige staatliche Hörfunk- und Fernsehstation wurde 1994 aufgelöst und als öffentlich-rechtliche Anstalt »Teleradio-Moldova«, die jedoch weiterhin staatlich unterstützt und beeinflusst wird, neu begründet. Neben der landesweit auf Rumänisch und Russisch sendenden öffentlichen Station »TV Chişinău« existieren verschiedene private regionale und lokale Fernsehsender (»Catalan TV«, »Stil-TV«, »Pro TV«, »TV Dixi«). Desgleichen strahlen neben dem öffentlichen Hörfunksender »Radio Chişinău« zahlreiche unabhängige Hörfunkstationen Programme aus, u. a. die kommerziellen Musiksender »Hit FM«, »Antena C«, »Radio Nova«, »Radio Unda Libera«, »PoliDisc« und der religiöse Sender »The Little Samaritan«.
 
 Wirtschaft und Verkehr:
 
Wirtschaft:
 
Moldawien gehört mit einem Bruttosozialprodukt (BSP) je Einwohner von (1995) 920 US-$ zu den Entwicklungsländern mit mittlerem Einkommen. Die Wirtschaft ist auf die Wein-, Tabakproduktion und den Obstbau ausgerichtet. Ebenso wie die übrigen GUS-Republiken hat auch Moldawien erhebliche Schwierigkeiten beim Übergang von der zentralen Planwirtschaft zur Marktwirtschaft. Jedoch gelang es mit Unterstützung des Internationalen Währungsfonds (IWF), den anfänglich rasanten wirtschaftlichen Rückgang zu bremsen und teilweise aufzuhalten. Industrie- und Agrarproduktion waren 1996 noch insgesamt rückläufig, Letztere auch infolge ungünstiger Witterungsbedingungen. 1990-96 ging das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um durchschnittlich 11,7 % pro Jahr zurück und betrug 1996 1,563 Mrd. US-$. Negativ wirken sich die hohen Schulden bei Russland für Energieimporte (1996 etwa 500 Mio. US-$) aus. Auch die vom übrigen Moldawien weitgehend isolierte Wirtschaft der Dnjestr-Region wirkt sich nachteilig auf den wirtschaftlichen Aufschwung aus. 1996 war der Staat mit etwa 70 Mio. US-$ verschuldet, das Realeinkommen der Bevölkerung sank nach 1990 stark ab. Nach Erlangung der Unabhängigkeit gab es einen stürmischen Preisauftrieb. Die anfänglich hohe Inflationsrate (1993: 2 707 %) konnte ab Ende 1993 nach Verlassen der Rubelzone und der Einführung einer eigenen Währung (Moldau-Leu) reduziert werden; sie lag 1996 nur noch bei 15,1 % (1995: 24 %; 1994: 116 %). Der Privatsektor erwirtschaftete (1996) etwa 60 % des BIP. Die direkten Auslandsinvestitionen lagen kumulativ Ende Juni 1996 erst bei 103 Mio. US-$ (24 US-$ je Einwohner). 1996 entstammten 60 % der Industrieproduktion sowie 70 % der Handels- und Dienstleistungsaktivitäten dem Privatsektor; etwa 20 % der Agrarbetriebe waren privatisiert. Der Anteil der durch die Transitlage zwischen Russland beziehungsweise der Ukraine und Rumänien begünstigten Schattenwirtschaft am BIP 1996 wird auf 19-20 % geschätzt.
 
Landwirtschaft:
 
Fruchtbare Böden und mildes Klima bieten der landwirtschaftlichen Produktion günstige Voraussetzungen. Mit mehr als 90 % Anteil landwirtschaftlicher Nutzfläche an der Gesamtfläche liegt Moldawien weltweit mit an vorderster Stelle. Eine Modernisierung des veralteten Maschinenparks ist wegen fehlender Investitionsmittel vielfach nicht möglich. Über 300 000 ha der Anbaufläche werden bewässert. Eine zentrale Stellung kommt dem Wein- (8,0 % der Anbaufläche) und Obstbau (8,5 %) mit der Apfel-, Pfirsich-, Aprikosen-, Pflaumen- und Kirschenerzeugung zu. Die Agrarproduktion ist auf den Getreide- (43 %; v. a. Weizen und Mais), Tabak- (5 %) sowie Zuckerrüben-, Sonnenblumen-, Gemüseanbau und auf die Kultivierung von Aromapflanzen ausgerichtet. In der auf dem Futterpflanzenanbau basierenden Viehwirtschaft dominiert die Rinderzucht; außerdem Schweine-, Schaf- und Pferdehaltung. Seit 1991 ist der Privatbesitz von Ackerland gestattet, jedoch waren 1995 erst 2 % der Agrarfläche in Privatbesitz, da die Zuteilung von Boden für Austrittswillige aus den Kolchosen und Sowchosen behindert wird. Dagegen sind 60 % des Rinder-, 45 % der Schweine- und 84 % der Schaf- und Ziegenbestände wieder Privateigentum.
 
Forstwirtschaft:
 
In den letzten Jahrzehnten hat sich die Waldfläche Moldawiens vergrößert (1973-88 um 15 %). Die Gesamtreserve an Holz und Holzmasse betrug (1988) über 35 Mio. m3.
 
Fischerei:
 
Sie spielt innerhalb der Gesamtwirtschaft eine untergeordnete Rolle. In Binnengewässern wurden (1994) 4 800 t Fisch gefangen.
 
Bodenschätze:
 
Moldawien ist arm an Bodenschätzen. Lediglich Kalkstein, Gips, Quarzsand, Ton u. a. sind in ausreichendem Maße vorhanden, die nachgewiesenen Braunkohlen-, Erdöl- und Eisenerzvorkommen sind sehr gering. 86 % der benötigten Rohstoffe müssen importiert werden.
 
Energiewirtschaft:
 
Moldawien ist zu 98 % auf die Energie- und Brennstoffzufuhr angewiesen, v. a. aus Russland. 80 % der im Land erzeugten Elektroenergie wird im Wärmegroßkraftwerk Dnjestrowsk gewonnen. Am Dnjestr arbeiten zwei Wasserkraftwerke.
 
Industrie:
 
Sie wurde in den letzten Jahren bedeutend ausgebaut. Die Lebensmittelindustrie ist mit Abstand der wichtigste Bereich des verarbeitenden Gewerbes; zusammen mit der Landwirtschaft trägt sie mit 54 % zum Nationaleinkommen bei und erwirtschaftet allein 42 % der Industrieproduktion. Ihre Hauptsparten sind die Herstellung von Wein, Obst-, Gemüsekonserven, Zucker und Sonnenblumenöl sowie die Verarbeitung von Tabak. Außerhalb der Lebensmittelbranche sind Maschinen- (besonders Landmaschinen), Traktorenbau und Metallverarbeitung, elektrotechnische Industrie und Textilindustrie wichtig. Hauptindustriestandorte sind der Großraum Chişinău, das Gebiet Tiraspol-Tighina und Bălţi. In Râbniţa wird ein Elektrostahl- und ein Walzwerk betrieben. Die Baustoffindustrie ging infolge des Investitionsrückgangs in den letzten Jahren stark zurück. 1994 wurde nahezu die Hälfte der Industrieproduktion durch nichtstaatliche Unternehmen erzielt. Das mit Unterstützung internationaler Bankgesellschaften 1994 aufgestellte Privatisierungsprogramm zeigte 1996 Erfolge und wird als Privatisierungsmodell auch für andere GUS-Republiken gewertet.
 
Außenwirtschaft:
 
Moldawien hatte 1996 einen Außenhandelsumsatz von 1,69 Mrd. US-$ (davon entfielen 757 Mio. US-$ auf Exporte und 935 Mio. US-$ auf Importe). Es unterhielt im gleichen Jahr Handelsbeziehungen zu 84 Ländern. Der Anteil der GUS-Staaten am Außenhandelsvolumen ist 1990-95 von 90 % auf etwa 65 % gesunken. 1995 waren die wichtigsten Handelspartner (in Prozent zum Außenhandelsumsatz) Russland (41 %), Ukraine (15 %), Rumänien (13 %), Deutschland (7 %) und Weißrussland (6 %). 70 % des Exports sind Agrargüter und Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie einschließlich Getränke und Zigaretten. Beim Import überwiegen mit 48 % Rohstoffe, daneben werden Maschinen und Apparate (12 %), Chemieerzeugnisse (5 %) und Textilien (4 %) eingeführt.
 
Verkehr:
 
Die Gesamtlänge des Eisenbahnnetzes umfasste (1994) 1 150 km. Das Straßennetz war 17 700 km lang. Wichtigste Verkehrsknotenpunkte sind Tighina, Bălţi, Ungheni, Chişinău und Ocniţa. Der derzeit unbedeutenden Binnenschifffahrt stehen 700 km Wasserstraßen, vor allem auf dem Dnjestr, zur Verfügung. Bei Giurgiuleşti ist Moldawien durch eine enge Ausfahrt (500 m) mit der Donau verbunden, hier ist ein Hafen mit einem Terminal für Erdöltanker geplant. Nationale Fluggesellschaft ist die Air Moldova. Der internationale Flughafen liegt nahe der Hauptstadt.
 
 
Das Territorium zwischen Pruth, Dnjestr und dem Schwarzen Meer war in der Antike von den Geten und Dakern bewohnt. Vom 2. bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. beherrschte und romanisierte das Römische Reich die südlichen Gebiete, über die es sich einen Zugang zu dem unter römischer Oberhoheit stehenden Bosporanischen Reich am Asowschen Meer und auf der Krim verschaffte. An der Mündung des Dnjestr (im Altertum unter dem Namen Tyras bekannt) gründeten griechische Kolonisten aus Milet im 6. Jahrhundert v. Chr. die Stadt Tyras (rumänisch Cetatea Albă, heute Belgorod-Dnjestrowskij), die dann vom Dakerkönig Burebista um 55 v. Chr. erobert und seinem Reich angeschlossen wurde. Das im 1. Jahrtausend n. Chr. von zahlreichen Völkern (Sarmaten, Goten, Hunnen, Awaren, Slawen, Bulgaren, Magyaren, Petschenegen, Kumanen u. a.) durchzogene Gebiet von Moldawien unterstand nach dem Mongoleneinfall (1241) der Goldenen Horde. Das während des 14. Jahrhunderts im Osten der Karpaten gegründete Fürstentum Moldau umfasste im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts das gesamte Territorium bis zum Dnjestr und Schwarzen Meer. Nach der Besetzung der Städte (Festungen) Chilia und Cetatea Albă (1484) machte das Osmanische Reich 1538 Tighina (Bender) und den Süden Bessarabiens zu türkischen Rajas; das restliche Gebiet blieb bis 1812 Teil der (unter türkischer Oberhoheit stehenden) Moldau. Durch den Frieden von Bukarest (28. 5. 1812), der den Russisch-Türkischen Krieg 1806-12 beendete, wurde die östliche Hälfte der Moldau, das Gebiet zwischen Pruth und Dnjestr (45 600 km2 mit rd. 500 000 Einwohner, davon 86 % Rumänen), Russland zugesprochen. Der Name Bessarabien, der den südlichen Teil des annektierten Territoriums bezeichnete, wurde nun auf das gesamte Territorium ausgedehnt, in dem man im 19. Jahrhundert Russen, Ukrainer, Polen, Deutsche und Juden ansiedelte. 1867 wurde die rumänische Sprache aus den Schulen Bessarabiens verbannt. Durch den Friedenskongress von Paris (1856), der den Krimkrieg beendete, kamen drei Kreise im Süden Bessarabiens (nördlich der Donaumündung) an das Fürstentum Moldau zurück, doch setzte Russland auf dem Friedenskongress in Berlin (1878) deren Rückanschluss durch. Nach der russischen Februarrevolution proklamierte Bessarabien im April 1917 seine Autonomie, nahm am 15. 12. 1917 den Namen »Moldauische Demokratische Republik« an, die am 24. 1. 1918 ihre Unabhängigkeit ausrief. Am 9. 4. 1918 stimmte der in Chişinău zusammengetretene Landesrat für die Vereinigung mit Rumänien, was Sowjetrussland aber nicht anerkannte. Am 12. 10. 1924 gründete die UdSSR auf dem Territorium der Ukraine, in den Gebieten östlich des Dnjestr, eine Moldauische Autonome Sozialistische Sowjetrepublik (Haupstadt seit 1929 Tiraspol). Infolge des Geheimen Zusatzprotokolls des Hitler-Stalin-Pakts (23. 8. 1939) besetzte die Sowjetunion am 28. 6. 1940 (nach zwei Ultimaten an Rumänien vom 26. und 27. 6. 1940) sowohl Bessarabien als auch die Nordbukowina. Am 2. 8. 1940 wurde die Moldauische SSR (Zusammenfassung der Moldauischen ASSR und des größten Teils von Bessarabien) mit der Hauptstadt Chişinău als Bestandteil der UdSSR ausgerufen; aufgrund einer deutsch-sowjetischen Umsiedlungsvereinbarung verließen die rd. 93 000 Bessarabien-Deutschen das Land. Durch einen Beschluss der Sowjetregierung vom 4. 11. 1940 wurden die Nordbukowina und die Kreise Hotin (im Norden Bessarabiens) sowie Ismail und Cetatea Albă (im Süden Bessarabiens) der Ukrainischen SSR angeschlossen. Im Zweiten Weltkrieg war Moldawien 1941-44 von Rumänien besetzt und seinem Staatsgebiet eingegliedert (in dieser Zeit brutale Verfolgung der jüdischen Bevölkerung, Ermordung oder Deportation eines Großteils); nach Rückeroberung durch die Rote Armee (1944) wurde die Moldauische SSR im alten Umfang rekonstituiert und im Pariser Friedensvertrag (Februar 1947) von Rumänien als Teil der UdSSR anerkannt. Deportationen einheimischer Rumänen und die Zuwanderung von Russen und Ukrainern veränderten die Zusammensetzung der Bevölkerung erheblich; unter sowjetischer Herrschaft wurde eine Trennung der Moldau vom Rumänentum erzwungen und im Rahmen der stalinistischen Nationalitätenpolitik die Herausbildung einer »moldawischen Sowjetnation« propagiert.
 
Unter den veränderten Bedingungen nach 1985, die im Ergebnis der Perestroika unter M. S. Gorbatschow entstanden, erklärte Moldawien am 23. 6. 1990 seine Souveränität innerhalb der UdSSR und führte am 31. 8. 1989 Moldawisch (Dialekt des Rumänischen) als Staatssprache ein, verbunden mit der Rückkehr zum lateinischen Alphabet (anstelle des 1940 eingeführten kyrillischen). Am 27. 8. 1991 rief Moldawien seine staatliche Unabhängigkeit aus. Das anfängliche Streben der Moldawier nach einer engen Bindung an Rumänien (Plan einer späteren Wiedervereinigung) führte zum Konflikt mit den Gagausen im Süden des Landes (im August 1990 Ausrufung einer gagausischen Republik) und mit der russisch-ukrainischen Minderheit in dem östlich des Dnjestr liegenden Transnistrien (im September 1990 mit Unterstützung der dort stationierten 14. russischen Armee Proklamation einer Dnjestrrepublik); beide Sezessionen erkannte die moldawische Führung nicht an. Die ersten freien Präsidentschaftswahlen vom 8. 12. 1991, die von den russisch-ukrainischen und gagausischen Bevölkerungsgruppen boykottiert wurden, bestätigten Staatspräsident Mircea Snegur (im Amt seit 1990). Eine 1994 vom Parlament verabschiedete Verfassung betonte die Eigenstaatlichkeit Moldawiens (Absage an eine Vereinigung mit Rumänien) und räumte die Möglichkeit zur Bildung autonomer Gebiete ein. Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident V. Muravski wurde im Juli 1992 A. Sangheli sein Nachfolger (Demission im Dezember 1996); ihm folgte im Januar 1997 Ion Ciubuk als Regierungschef eines von der Agrardemokratischen Partei (Siegerin der ersten Mehrparteien-Parlamentswahlen vom 27. 2. 1994) dominierten Kabinetts. Am 1. 12. 1996 gewann der bisherige Parlamentspräsident Petru Lucinschi die Präsidentschaftswahlen (Amtsübernahme am 15. 1. 1997). Bei den Parlamentswahlen im März 1998 erzielte die erst seit Ende 1994 wieder zugelassene Kommunistische Partei den höchsten Stimmenanteil (30,1 %); die Regierung wurde aber von einer nichtkommunistischen Koalition unter Ministerpräsident I. Ciubuc gebildet, der vor dem Hintergrund einer schweren Finanz- und Wirtschaftskrise Anfang Februar 1999 zurücktrat; sein Amtsnachfolger wurde der bisherige stellvertretende Regierungschef Ion Sturza (Bewegung für ein demokratisches und prosperierendes Moldawien), den das Parlament jedoch bereits im November 1999 durch ein Misstrauensvotum stürzte. Die neue Regierung unter dem parteilosen Ministerpräsident Dumitru Braghis (zuvor erster stellvertretender Wirtschaftsminister) wurde im Dezember 1999 vom Parlament bestätigt. Im Juli 2000 unterzeichnete Präsident Lucinschi ein gegen sein Veto vom Parlament verabschiedetes, verfassungsänderndes Gesetz zur künftigen Wahl des Staatspräsidenten durch das Parlament. Die vorgezogenen Parlamentswahlen am 25. 2. 2001 gewann erneut die KP (50,2% der Stimmen und damit 71 der 101 Parlamentssitze). Deren Vorsitzender Wladimir Woronin wurde am 4. 4. 2001 vom Parlament zum Staatspräsidenten gewählt; er setzte sich für enge Beziehungen Moldawiens zu Russland ein (Bereitschaft zu Gesprächen über einen Beitritt zur russisch-weißrussischen Union), dies auch vor dem Hintergrund, das sein Land zum ärmsten in Europa geworden war (Staatsschuld 2001 von über 1,3 Mrd. $). Schon im November 2001 war ein moldawisch-russisches Abkommen über Freundschaft und Zusammenarbeit von den Präsidenten Woronin und W. Putin unterzeichnet worden. Gegen den russlandfreundlichen Regierungs-Kurs richteten sich wiederholt Proteste, besonders nachdem Anfang 2002 in den Schulen Moldawiens Russisch wieder als Pflichtfach eingeführt wurde und dem Verfassungsgericht ein Gesetzentwurf zuging, wonach Russisch auch zweite Staatssprache werden soll.
 
Am 21. 12. 1991 unterzeichnete Moldawien die GUS-Gründungsakte (vom moldawischen Parlament am 8. 4. 1994 ratifiziert). Am 2. 3. 1992 wurde Moldawien Mitglied der UNO, am 13. 7. 1995 des Europarates. Am 20. 11. 1996 ratifizierte Moldawien die Europäische Konvention zum Schutz der Minderheiten. Ein russisch-moldawisches Abkommen vom 10. 8. 1994 legte den Abzug der in der Dnjestr-Region stationierten russischen Truppen innerhalb von drei Jahren fest, wurde jedoch zunächst nicht von der russischen Staatsduma bestätigt. Ein von Moldawien 1994 unterzeichnetes Abkommen über Partnerschaft und Zusammenarbeit mit der EU trat am 1. 7. 1998 in Kraft. Am 8. 5. 1997 unterzeichneten der moldawische Staatspräsident Lucinschi und der Präsident der »Dnjestrrepublik«, I. Smirnow, ein Memorandum, das der Dnjestr-Region weitgehende Autonomie zusicherte; am 17. 7. 1999 unterschrieben die beiden Politiker eine Erklärung über das Ziel einer Normalisierung der bilateralen Beziehungen.
 
 
C. King: Post-Soviet Moldova. A borderland in transition (London 1995);
 H. Hofbauer u. V. Roman: Bukowina, Bessarabien, M. Vergessenes Land zw. Westeuropa, Rußland u. der Türkei (Wien 21997).

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Mol|da|wi|en; -s: Staat in Osteuropa, Republik Moldau.

Universal-Lexikon. 2012.