Alexạnder,
1782 von Franz Ambros Alexander (* 1753, ✝ 1802) in Mainz gegründete Instrumentenbaufirma für Blechblasinstrumente (seit 1802 Gebrüder Alexander). Bedeutung erlangte das Unternehmen im 20. Jahrhundert insbesondere durch den Bau von Spezialinstrumenten, z. B. Bach-Trompeten, Wagner-Tuben und einem Doppelhorn in F/B.
Alexạnder,
Herrscher:
1) Alexạnder I., Fürst (1879-86), * Verona 5. 4. 1857, ✝ Graz 17. 11. 1893; ursprünglicher Prinz von Bạttenberg, Sohn aus der morganatischen Ehe des Prinzen Alexander von Hessen-Darmstadt mit der polnischen Gräfin Julie von Hauke, angeheirateter Neffe des russischen Kaisers Alexander II.; nahm am russisch-türkischen Krieg von 1877/78 teil und trat dann als Leutnant in das preußische Heer ein. Auf russischen Vorschlag wurde er am 29. 4. 1879 von der bulgarischen Nationalversammlung in Tarnowo zum Fürsten gewählt. Alexander drängte den russischen Einfluss zurück und erkannte 1885 die Angliederung von Ostrumelien an. Obgleich er einen serbischen Angriff bei Slivnica zurückschlug, wurde er durch eine von Russland angestiftete Offiziersverschwörung am 21. 8. 1886 gefangen genommen und am 7. 9. 1886 zur Abdankung gezwungen.
Nach seiner Abdankung trat Alexander in das österreichische Heer ein und lebte als Graf Hartenau in Graz. Seine 1888 betriebene Hochzeit mit der Tochter Kaiser Friedrichs III., Viktoria, wurde von Bismarck mit Rücksicht auf die deutsch-russischen Beziehungen verhindert (Battenbergaffäre). 1889 heiratete er die Sängerin Johanna Loisinger.
E. C. Conte Corti: Leben u. Liebe A.s von Bulgarien (Graz 1950);
B. Jelavich: Russia, Britain and the Bulgarian question, 1885-1888, in: Südostforschungen, Jg. 32 (1973).
2) Alexạnder, König (1917-20), * Schloss Tatoi (bei Athen) 1. 8. 1893, ✝ Athen 25. 10. 1920; kam als zweitältester Sohn auf den Thron, nachdem die Entente seinen Vater, Konstantin I., wegen dessen neutralistischer Haltung im Ersten Weltkrieg zur Abdankung und seinen Bruder, Kronprinz Georg, aus denselben Gründen zum Thronverzicht gezwungen hatte. Alexander, seit 1919 verheiratet in morganatischer Ehe mit der Athenerin Aspasia Manos, blieb ohne Einfluss; die Politik wurde weitgehend von Ministerpräsident E. Venizelos bestimmt.
3) Alexạnder Jannai, Makkabäerkönig (103-76 v. Chr.) und Hoherpriester, Sohn von Johannes Hyrkanos I. Unter seiner Herrschaft erreichte der hasmonische Staat ( Makkabäer) seine größte Ausdehnung. Auseinandersetzungen mit den Pharisäern, die das Königtum als Institution ablehnten, führten zu einem sechsjährigen Bürgerkrieg.
4) Alexạnder I. Karađorđević [-'dʑɔːrdʑɛvitɕ], König (1921-34), * Cetinje 17. 12. 1888, ✝ (ermordet) Marseille 9. 10. 1934, zweiter Sohn König Peters I. Karađorđević von Serbien, seit 1922 verheiratet mit Prinzessin Maria von Rumänien; proklamierte, seit 1914 Prinzregent für seinen Vater, am 1. 12. 1918 das »Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen« (SHS-Staat) und bestieg am 16. 8. 1921 dessen Thron. Er bemühte sich um den Ausgleich mit Rumänien und Italien (Adriapakt, 27. 1. 1924) und vollzog den außenpolitischen Anschluss an Frankreich (1921 Beitritt zur Kleinen Entente). Nach der Ermordung des kroatischen Bauernführers S. Radić (1928) verkündete er am 6. 1. 1929 mit Unterstützung des Offiziersbundes »Weiße Hand« und des Generals P. Živković unter Aufhebung der Verfassung vom 28. 6. 1921 sowie Umbenennung seines Landes in »Jugoslawien« (3. 10.) die »Königsdiktatur«: ein diktatorisches Regierungssystem, das er mit der oktroyierten Verfassung vom 3. 9. 1931 zu legalisieren suchte. Alexander glaubte, auf diesem Weg die Staatseinheit erhalten zu können, verschärfte jedoch tatsächlich die inneren (nationalen) Gegensätze. In enger Zusammenarbeit mit Frankreich beteiligte er sich am 9. 2. 1934 an der Gründung des Balkanpakts. - Bei einem Staatsbesuch in Frankreich fiel er zusammen mit dem französischen Außenminister J. L. Barthou einem Attentat makedonischer (IMRO) und kroatischer (Ustascha-)Nationalisten zum Opfer.
V. Milićević: Der Königsmord von Marseille (1959).
5) Alexạnder (III.) der Große, König von Makedonien (336-323 v. Chr.), * Pella (wahrscheinlich Juli) 356 v. Chr., ✝ Babylon 10. 6. 323 v. Chr., Sohn von Philipp II. und Olympia. Alexander wurde 342-340 von Aristoteles unterrichtet, der ihm den Zugang zur griechischen Bildung vermittelte. Nach der Ermordung Philipps II. (336) sicherte sich Alexander durch die Beseitigung seiner Konkurrenten den makedonischen Königsthron und im Anschluss daran auch die Nachfolge als Leiter (Hegemon) des griechischen Bundes von Korinth. Seine Stellung festigte er 335 durch einen Feldzug gegen die Thraker und Illyrer. Das aufständische Theben wurde zerstört. 334 begann Alexander als Oberfeldherr der Griechen mit einem Heer von 35 000 Mann den als »panhellenischen Rachefeldzug« ausgegebenen Krieg gegen die Perser. Nach dem Sieg über die persischen Satrapen am Granikos (334) unterwarfen sich die meisten der griechischen Städte Kleinasiens. Von Gordion in Phrygien (die Glaubwürdigkeit der Erzählung über die Lösung des Gordischen Knotens ist umstritten) zog Alexander über den Taurus nach Kilikien. Bei Issos schlug er im November 333 den persischen Großkönig Dareios III. Anschließend wurde Syrien besetzt. Nach siebenmonatiger Belagerung konnten die Seefestung Tyros (August 332) und nach längerem Widerstand Gaza eingenommen werden. Ägypten fiel Alexander kampflos zu. In Memphis ließ er sich die Pharaonenkrone aufsetzen und gründete 331 Alexandria. Beim Besuch des Ammonorakels der Oase Siwa begrüßte ihn der Priester als Sohn des Zeus. Seitdem propagierte Alexander seine Zeussohnschaft.
Am 1. 10. 331 konnte Alexander bei Gaugamela (Tell Gomel, nordöstlich von Mosul) Dareios entscheidend besiegen; er wurde zum »König von Asien« proklamiert und nahm, ohne auf Widerstand zu stoßen, die persischen Residenzen Babylon, Susa und Persepolis ein. Die Niederbrennung von Persepolis wurde als Vergeltung für die Zerstörung der griechischen Heiligtümer durch Xerxes I. angesehen.
Da das Ziel des »panhellenischen Rachefeldzugs« erreicht war, entließ Alexander im Frühjahr 330 die griechischen Bundesgenossen. Den Krieg führte er nun als Nachfolger und Rächer des Dareios, der auf der Flucht von seinem Satrapen Bessos ermordet worden war, weiter. 330-327 eroberte Alexander in schweren Kämpfen erst gegen Bessos, dann gegen den Baktrer Spitamenes, die ostiranischen Provinzen, wobei er bis über den Jaxartes (heute Syrdarja) vorstieß. Bei dem folgenden Indienfeldzug (327-325) unterwarf er die Dynasten des Pandschab und gelangte bis an den Hyphasis (heute Beas), wo ihn sein erschöpftes Heer zur Umkehr zwang. Den Indus hinabfahrend, erreichte er im Juli 325 das Indusdelta. Von dort aus erforschte die Flotte unter Nearchos den Seeweg durch den Persischen Golf, während Alexander den Rückweg durch die Wüste Gedrosiens (heute Belutschistan) nahm. Nach verlustreichem Marsch erreichte er Anfang 324 Westiran.
Alexander ging nun daran, seine Pläne einer ethnischen, kulturellen und politischen Verschmelzung der makedonisch-griechischen und iranischen Volksteile seines Reiches zu verwirklichen. Seit 327 bereits mit der Baktrerin Roxane vermählt, heiratete er bei der Massenhochzeit von Susa (324) zwei Töchter des Dareios; seine Soldaten erhielten einheimische Frauen. Der Versuch, die Iranier mit den Makedonen gleichzustellen, sowie die gleichzeitige Umwandlung des makedonischen Volkskönigtums durch die Übernahme persischer Traditionen (z. B. des persischen Hofzeremoniells) erregte Empörung unter den Makedonen und führte zu wachsender Opposition und zu mehreren Verschwörungen, in deren Zusammenhang er seine engen Vertrauten Philotas, Parmenion und Kallisthenes hinrichten ließ. Kleitos, der Lebensretter Alexanders in der Schlacht am Granikos, wurde von Alexander im Streit bei einem Gelage getötet. Eine Meuterei von Veteranen in Opis (wegen Bevorzugung der Perser im Heer) endete mit einer allgemeinen Versöhnungsfeier, zeigte aber doch den Widerstand, dem sich Alexander ausgesetzt fand. Auch in Griechenland, wo sein Statthalter Antipater 331-330 einen von Sparta ausgehenden Aufstand niedergeschlagen hatte, schufen Alexanders Weisung an die Städte, die Verbannten wieder aufzunehmen, sowie die Forderung nach göttlicher Verehrung für seine Person neue Spannungen.
323 starb Alexander während der Vorbereitung einer Umschiffung Arabiens. Seine Leiche wurde später von Ptolemaios II. in Alexandria beigesetzt.
Alexanders Reich zerfiel nach seinem Tod in den Kämpfen der Diadochen. Seine Kriegszüge hatten dem griechischen Handel neue Wege und Räume eröffnet; das Alexandergeld stellte eine einheitliche Währung dar, die die Entstehung eines Welthandels und Weltverkehrs förderte. Durch die Gründung von mehr als 70 Städten wurden die griechische Sprache und Kultur weit verbreitet, sodass sich durch die Verschmelzung mit orientalischen Elementen die hellenistische »Weltkultur« entfalten konnte.
Alexander in der Literatur: Alexandersage. - Die frühesten erhaltenen antiken Quellen stammen von Curtius Rufus, Plutarch, Arrianus, Diodor und Justinus. Der Wert dieser Quellen ist umstritten. Am zuverlässigsten ist Arrianus (2. Jahrhundert n. Chr.), der auf den Werken von Alexanders Zeitgenossen Ptolemaios und Aristobulos und damit indirekt auf den Ephemeriden (Hoftagebüchern) fußt.
Alexander in der bildenden Kunst: Zahlreich sind die Darstellungen Alexanders in der griechischen und römischen Antike, im Mittelalter und wieder in der Neuzeit: sein Sieg über den Perserkönig Dareios III. auf dem Alexandermosaik aus dem Haus des Fauns in Pompeji; im Kampf mit den Persern auf dem Alexandersarkophag; im Mittelalter seit dem 9./10. Jahrhundert v. a. Darstellungen seiner »Luftfahrt« in einem meist von Greifen gezogenen Gefährt oder auf einem Sessel thronend. In der neuzeitlichen Kunst wurde 1529 die Alexanderschlacht von A. Altdorfer (München, Alte Pinakothek) geschaffen.
Biographien:
S. Lauffer: A. d. Gr. (1978);
N. G. L. Hammond: A. the Great (Park Ridge, N. J., 1981);
H. Bengtson: Philipp u. A. d. Gr. (1985);
G. Wirth: A. d. Gr. Mit Selbstzeugnissen u. Bilddokumenten dargestellt (34.-36. Tsd., 81991);
F. Hampl: A. d. Gr. (31992);
J. Seibert: A. d. Gr. (41994).
Einzelstudien:
H. Berve: Das A.-Reich auf prosopograph. Grundlage, 2 Bde. (1926);
P. Goukowsky: Essai sur les origines du mythe d'Alexandre: 336-270 avant Jésus-Christ, Bd. 1: Les origines politiques (Nancy 1978);
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Griechen und Makedonen
6) Alexạnder, italienisch Alessạndro, Herzog von Farnese.
7) Alexạnder, polnisch Aleksạnder Jagiellończyk [-'loĩtʃik], Großfürst von Litauen (1492-1506) und König von Polen (1501-06), * Krakau 14. 8. 1461, ✝ Wilna 19. 8. 1506, Sohn Kasimirs IV. von Polen und Litauen; verteidigte sich 1492-94 und 1500-03 verlustreich gegen Iwan III. von Moskau. Auch seine Heirat (1495) mit dessen Tochter Helene verbesserte die Beziehungen auf Dauer nicht. Alexander begünstigte in Polen zunächst die Magnaten, seit 1505 aber den gesamten Adel, der so zur entscheidenden Macht wurde.
8) Alexạnder Severus, eigentlich Mạrcus Aurelius Severus Alexander, Kaiser (222-235), * 208, ✝ (ermordet) bei Mainz 235; wurde 221 von seinem Vetter Heliogabal adoptiert und nach dessen Ermordung 222 zum Kaiser ausgerufen. Die Regentschaft führte der Jurist Ulpianus bis zu seiner Ermordung durch die Prätorianer (228). Nach einem wenig erfolgreichen Feldzug gegen die Sassaniden (232) zog Alexander 234 gegen die Germanen an den Rhein, wo er von seinen eigenen Soldaten ermordet wurde. Mit ihm endete die Dynastie der Severer.
Rußland:
10) Alexạnder Nẹwskij, Fürst von Nowgorod (1236-51), Großfürst von Wladimir (seit 1252), * um 1220 (30. 5. 1219 ?), ✝ Gorodez 14. 11. 1263, Sohn des Großfürsten Jaroslaw Wsewolodowitsch; verteidigte Nowgorod gegen die Schweden unter Birger Jarl am 15. 7. 1240 an der Newa (daher sein Beiname). Sein Sieg über den Deutschen Orden am 5. 4. 1242 in der »Eisschlacht auf dem Peipussee« legte die russische Nordwestgrenze fest. Alexander wird in der russisch-orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt (Tag: 23. 11.).
E. Hösch: A. N., in: Die Großen der Weltgeschichte, Bd. 3 (1973);
V. T. Pašuto: A. N. (Moskau 1974);
C. Durand-Cheynet: A. Nevski ou le soleil de la Russie (Paris 1983).
11) Alexạnder I. Pạwlowitsch, Kaiser von Russland (1801-25), * Sankt Petersburg 23. 12. 1777, ✝ Taganrog 1. 12. 1825, Sohn Pauls I.; seit 1793 verheiratet mit Luise Marie (Jelisaweta Aleksejewna) von Baden. Von seiner Großmutter Katharina II. im Geist der Aufklärung erzogen, wollte Alexander durch Reform- und Machtpolitik die Selbstherrschaft mit den zeitgenössischen Prinzipien verbinden. Hoch begabt, aber unentschlossen, unbeständig und leicht beeinflussbar, verwirklichte er seine großen Pläne nur teilweise oder gar nicht. Seine innenpolitischen Maßnahmen zielten auf die Übernahme neuzeitlicher Verfassungsgrundsätze mithilfe von Bildungsreformen (u. a. Universitätsgründungen: Dorpat (heute Tartu) 1802, Wilna 1803, Kasan 1804, Charkow 1805, Sankt Petersburg 1819; Einführung des Assessorexamens, 1809), Verwaltungsreformen (z. B. Schaffung von Ministerien, 1802; Unterordnung des Senats unter den 1810 geschaffenen Reichsrat) sowie den von M. Speranskij (1809-11) und N. Nowossilzew (1819-21) bearbeiteten Verfassungsentwürfen. Wachsende Revolutionsfurcht führte seit 1819 zu einer repressiven Innenpolitik (z. B. Militärkolonien von A. Araktschejew) und mündete schließlich bei Alexanders Tod in den Aufstand der Dekabristen.
Die Außenpolitik Alexanders war durch die napoleonischen Kriege sowie durch die polnische und die orientalische Frage bestimmt. Nach der russisch-österreichischen Niederlage von 1805 und der preußischen von 1806/07 schloss Alexander mit Napoleon I. den Frieden von Tilsit (1807), der Russland den Gewinn Finnlands durch den Schwedenkrieg (1808-09) und die Fortsetzung des Türkenkrieges (1806-12; Erwerb Bessarabiens) ermöglichte. Nach dem Bruch mit Napoleon (Kontinentalsperre) und dem französischen Feldzug nach Moskau (Russischer Feldzug von 1812) verbündete sich Alexander mit Österreich und Preußen und setzte den Krieg bis zur Befreiung Europas und dem Sturz Napoleons fort (Befreiungskriege, 1813-15). Auf dem Wiener Kongress (1814/15) erreichte Alexander, der »Befreier Europas«, die Anerkennung eines mit Russland verbundenen Königreiches Polen (mit einer von ihm verliehenen Verfassung; Kongresspolen) und stiftete die Heilige Allianz.
Nach dem Tod Alexanders verbreitete sich die Legende, er sei nicht gestorben, sondern habe der Regierung entsagt und lebe als Einsiedler in Sibirien.
C. de Grunwald: A. Ier, le tsar mystique (Paris 1955);
N. v. Sementowsky-Kurilo: A. I. von Rußland (Neuaufl. 1967);
A. Palmer: A. I. Der rätselhafte Zar (a. d. Engl., 1994).
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Russlands Aufstieg (seit 1682): Großmacht im Osten
12) Alexạnder II. Nikolạjewitsch, Kaiser (1855-81), * Moskau 29. 4. 1818, ✝ (ermordet) Sankt Petersburg 13. 3. 1881, Sohn Nikolaus' I., Vater von 13), 1841-80 verheiratet mit Maximiliane Wilhelmine Auguste Sophie Marie (Maria Alexandrowna) von Hessen-Darmstadt, nach deren Tod seit 1880 in morganatischer Ehe mit Fürstin E. M. Dolgorukaja-Jurjewskaja; bestieg während des Krimkrieges (1853-56) den Thron. Alexander führte 1861-68 grundlegende Reformen durch, die eine Periode der Erneuerung des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lebens in Russland einleiteten, v. a. Aufhebung der Leibeigenschaft (1861), was ihm den Beinamen »Zar-Befreier« eintrug, sowie Neugestaltung des Rechtswesens (1864) und der Verwaltung (Schaffung von Selbstverwaltungsorganen 1864, Semstwo). 1874 wurde das Heerwesen aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht neu gestaltet. Vorsichtige Verfassungspläne blieben unausgeführt. Den polnischen Aufstand (1863/64) ließ Alexander unterdrücken, die seit dem Türkenkrieg 1877/78 radikalisierte »volkssozialistische« Bewegung der jungen russischen Intelligenz durch Polizeigewalt eindämmen. Er fiel dem Bombenanschlag einer anarchistischen Gruppe (Narodnaja Wolja) zum Opfer.
Die Außenpolitik Alexanders zielte darauf, die Isolierung Russlands zu überwinden und die seinem Reich nach dem Krimkrieg auferlegten Beschränkungen im Schwarzen Meer (»Pontusklausel«) zu beseitigen. Nach dem vergeblichen Versuch einer Annäherung an Frankreich durch Alexander Pobedonoszew verständigte sich Alexander mit Preußen; so kam es zur Rückendeckung Preußens und zum Dreikaiserbund von 1872 mit Wilhelm I. und Franz Joseph I. Der ursprünglich nicht beabsichtigte russisch-türkische Krieg von 1877/78 wurde mit dem Vorfrieden von San Stefano beendet, der den Einspruch Österreich-Ungarns hervorrief. Auch hatten das russische Vordringen in Mittelasien (Unterwerfung von Taschkent 1865, Samarkand und Buchara 1868, Chiwa 1873, Kokand 1876) und die russischen Erfolge auf der Balkanhalbinsel und im Kaukasus die Gegnerschaft Großbritanniens geweckt, sodass Russland auf dem Berliner Kongress 1878 auf die Erfolge von San Stefano größtenteils verzichten musste.
S. Graham: Tsar of freedom: the life and reign of A. II (New Haven, Conn., 1935; Nachdr. Hamden, Conn., 1968);
C. de Grunwald: An den Wurzeln der Revolution. A. II. u. seine Zeit (a. d. Frz., 1965);
H. Troyat: Zar A. II. (a. d. Frz., 1991).
13) Alexạnder III. Alexạndrowitsch, Kaiser (1881-94), * Sankt Petersburg 10. 3. 1845, ✝ Liwadija (Krim) 1. 11. 1894, Sohn von 12), seit 1866 verheiratet mit Prinzessin Dagmar (Maria Fjodorowna) von Dänemark; versuchte durch reaktionäre innenpolitische Maßnahmen (verschärfte Zensurbestimmungen; weitgehende Aufhebung der Autonomie der Universitäten, 1884; neue Semstwo-Ordnung zugunsten des Adels, 1890; antijüd. Politik), aber auch durch erste Arbeiterschutzgesetze (1882/83) der radikalen Bewegung Herr zu werden. Er unterstützte den Panslawismus und kam dem russischen Nationalismus durch Russifizierungspolitik in den Randgebieten entgegen. Außenpolitisch musste er in Bulgarien eine Schwächung des russischen Einflusses hinnehmen (Battenbergaffäre). An der Monarchenpolitik Bismarcks durch Geheimverträge hielt er gegen die öffentliche Meinung fest und ging erst nach Nichterneuerung des Rückversicherungsvertrages durch das Deutsche Reich (1890) und dessen Annäherung an Großbritannien auf das Bündnis mit Frankreich ein.
H. W. Whelan: A. III and the State Council: Bureaucracy and counterreform in late imperial Russia (New Brunswick, N. J., 1982).
14) Alexạnder II., König von Schottland (1214-49), * 24. 8. 1198, ✝ auf der Insel Kerrera (Argyll) 8. 7. 1249, Sohn Wilhelms I., Vater von 15); wies die englischen Lehnsansprüche zurück, erreichte die Unabhängigkeit der schottischen Kirche, richtete seine Politik auf Rückeroberung der von den Norwegern besetzten Inseln aus und fügte das ursprüngliche Scotia-Argyle fest in sein Reich.
15) Alexạnder III., der Friedfertige, König von Schottland (1249 bis 1286), * 4. 9. 1241, ✝ 19. 3. 1286, Sohn von 14); erwarb nach seinem Sieg bei Largs (1263) über König Håkon IV. von Norwegen im Vertrag von Perth (1266) die Hebriden und die Insel Man. Nach seinem Tod wurde seine Enkelin Margarete von Norwegen Erbin. Alexander wird besungen in dem Lied »Lament for Alisaunder«.
A. A. M. Duncan: Scotland. The making of the kingdom (Edinburgh 1975).
16) Alexạnder Karađorđević [-'dʑɔːrdʑɛvitɕ], Fürst (1842-58), * Topola 11. 10. 1806, ✝ Temesvar 4. 5. 1885, Sohn des Karađorđe; trat 1817 in das russische Heer ein, kehrte 1839 nach Serbien zurück und wurde Adjutant des Fürsten Michael Obrenović; von der Skupština 1842 nach dessen Sturz ohne russische Zustimmung zum Fürsten gewählt. Alexander begünstigte die wirtschaftliche und kulturelle Entfaltung nach westlichem Vorbild (u. a. 1844 Einführung eines bürgerlichen Gesetzbuches, Ausbau des Schulwesens und der Volksbildung). Wegen seiner österreichfreundlichen Politik und der serbischen Neutralität im Krimkrieg wurde er 1858 auf russisches Betreiben abgesetzt und wegen angeblicher Beteiligung an der Ermordung von Fürst Michael Obrenović 1868 in Abwesenheit verurteilt. Sein Sohn Peter I. Karađorđević wurde 1903 König von Serbien.
17) Alexạnder I. Obrẹnović [-vitɕ], König (seit 1889, seit 1893 selbst regierend), * Belgrad 14. 8. 1876, ✝ (ermordet) ebenda 11. 6. 1903, Sohn König Milans. Seine österreichfreundliche Expansionspolitik (seit 1893 ohne die Regenten), die Ehe mit der Hofdame Draga Mašin sowie sein rigoroses Vorgehen gegen die russisch orientierte Radikale Partei (N. Pasić) lösten am 11. 6. 1903 die Offiziersverschwörung der (späteren) »Schwarzen Hand« aus, der er mit seiner Frau zum Opfer fiel. Peter I. Karađorđević wurde sein Nachfolger.
C. Mijatović: A royal tragedy (London 1906);
S. Jovanović: Vlada Aleksandra Obrenovića, 3 Bde. (Belgrad 1934-36).
III
Alexạnder,
Päpste:
1) Alexạnder I. (105?-115?), nach der römischen Bischofsliste der 5. Nachfolger des Petrus. Über sein Leben ist nichts Sicheres bekannt. - Heiliger (Tag: 3. 5.).
2) Alexạnder II. (1061-73), früher Anselm, * Baggio (heute zu Mailand), ✝ Rom 21. 4. 1073. Entgegen dem Papstwahldekret von 1059 wurde er ohne deutsche Mitsprache zum Papst erhoben. Der kaiserliche Gegenpapst Honorius II. fand jedoch selbst beim Reichsepiskopat keine Unterstützung. Alexander führte im Bündnis mit den Normannen und der von ihm mitbegründeten Pataria die Kirchenreform im Kampf gegen Simonie, Laieninvestitur und Priesterehe fort. Er wurde darin stark beeinflusst von Hildebrand, dem späteren Papst Gregor VII.
3) Alexạnder III. (1159-81), früher Roland (Orlando) Bandinẹlli, * Siena, ✝ Civita Castellana 30. 8. 1181; stärkte in wechselvollem Kampf mit Kaiser Friedrich I. die Machtstellung des Reformpapsttums. Nachdrücklich trat er - besonders nach der Ermordung Thomas Beckets - auch gegen Heinrich II. von England auf. Innerkirchlich behauptete er sich gegen vier Gegenpäpste und schuf auf dem 3. Laterankonzil (1179) die bis heute gültige Form der Papstwahl (nur durch die Kardinäle, unter Ausschluss anderer kirchlicher oder weltlicher Kräfte).
4) Alexạnder IV. (1254-61), früher Rainald, aus dem Geschlecht der Grafen von Segni ['seɲɲi], ✝ Viterbo 25. 5. 1261. Von tiefer Religiosität und Innerlichkeit, politisch aber schwach und unentschlossen, scheiterte er bei der Weiterführung des antistaufischen Kampfes seiner Vorgänger.
5) Alexạnder V. (1409/10), früher Pẹtros Philạrgis, * auf Kreta um 1340, ✝ Bologna 3. 5. 1410; auf dem Reformkonzil von Pisa einstimmig gewählt, konnte sich jedoch gegen Gregor XII. nicht durchsetzen. Daher wird er zu den Gegenpäpsten innerhalb des Abendländischen Schismas gezählt; residierte, von einem Teil der Christenheit anerkannt, in Bologna.
6) Alexạnder VI. (1492-1503), früher Rodrigo de Borja ['bɔrxa] (Borgia), * Játiva (bei Valencia) 1430 (?), ✝ Rom 18. 8. 1503; gelangte durch Stimmenkauf auf den päpstlichen Stuhl. Alexander begriff das Papsttum, dessen »Verweltlichung« unter seinem Pontifikat ein Höchstmaß erreichte, v. a. als politische Institution. Als machtbewusster Politiker wahrte er konsequent die päpstlichen Interessen gegenüber den europäischen Mächten und mühte sich um ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen politischen Kräften und Machtinteressen in Italien. Ausdruck seiner politischen Stellung in Europa wurde v. a. der Schiedsspruch von 1493, mit dem er im spanisch-portugiesischen Kolonialstreit die Demarkationslinie zwischen den spanischen und den portugiesischen Besitzungen festlegte (1494 bestätigt im Vertrag von Tordesillas). Der Aufbau einer Hausmacht seiner Familie in Rom war ein wesentliches Element seiner Politik. Unter seinen neun Kindern (mit verschiedenen Mätressen) verschaffte er v. a. Lucrezia und Cesare Reichtum und Einfluss (Borgia), der zunehmend die päpstliche Politik lenkte. Der schärfste Kritiker Alexanders war der Bußprediger Savonarola, der den »sittenlosen« Papst 1495 der Häresie beschuldigte. Alexander gilt als klassischer Typus des Renaissancepolitikers, der machtbewusst und skrupellos seine politischen Ziele verfolgt, zugleich jedoch als Förderer der Künste hervortritt (»Appartamenti Borgia« im vatikanischen Palast).
7) Alexạnder VII. (1655-67), früher Fabio Chigi ['kiːdʒi], * Siena 13. 2. 1599, ✝ Rom 22. 5. 1667. Als Nuntius in Köln (1639-51) nahm er an den Verhandlungen des Westfälischen Friedens teil; leitete seit 1651 als Staatssekretär die vatikanische Politik; sah sich als Papst Vorwürfen des Nepotismus und der Führungsschwäche ausgesetzt, z. B. kapitulierte er gegenüber Frankreich im Vertrag von Pisa (1664) in demütigender Form. Bedeutsam war das Dekret, in dem er die Missionspraxis der Jesuiten in China billigte (Ritenstreit). Als Mäzen beauftragte er Bernini u. a. mit der Gestaltung des Petersplatzes in Rom.
8) Alexạnder VIII. (1689-91), früher Pietro Ottoboni, * Venedig 22. 4. 1610, ✝ Rom 1. 2. 1691. Die unter seinem Pontifikat vollzogene politische Annäherung des Papsttums an Frankreich hatte die Verschlechterung der Beziehungen zu Kaiser Leopold I. zur Folge. Alexander kehrte im Gegensatz zu seinem Vorgänger Innozenz IX. zum Nepotismus zurück. In einem päpstlichen Erlass erklärte er 1690 (veröffentlicht 1691) die »Vier gallikanischen Artikel« (Gallikanismus) für ungültig. Für den Vatikan erwarb er die an Handschriften reiche Bibliothek der Königin Christine von Schweden.
Alexạnder,
1) [ælɪg'zɑːndə], Christopher, amerikanischer Architekt englischer Abstammung, * Wien 4. 10. 1936; lebt in Berkeley (Calif.); einer der wichtigsten Theoretiker der neueren Architektur. Alexander vereinigte die Systemanalyse mit der Computertechnologie und entwickelte daraus Strategien für eine harmonische Umweltplanung.
Schriften: Community and privacy: Towards an architecture of humanism (mit S. Chermayeff; 1963); The Oregon experiment (1975); A pattern language (mit S. Ishikawa und M. Silverstein; 1977).
2) [ælɪg'zɑːndə], Franz Gabriel, amerikanischer Psychoanalytiker, * Budapest 22. 1. 1891, ✝ Palm Springs (Calif.) 8. 3. 1964; war 1920-30 am Berliner Institut für Psychoanalyse, 1932-56 am Institut für Psychoanalyse in Chicago, dann Direktor des psychiatrischen und psychosomatischen Forschungsinstituts am Mount Sinai Hospital in Los Angeles; Vertreter der psychosomatischen Forschung in der Medizin. Er betrieb Forschungen über den Einfluss psychischer Faktoren auf Körperfunktionen und deren Störungen. Funktionell oder organisch bedingte Krankheitsbilder und ihnen zugrunde liegende Triebkonflikte behandelte er psychoanalytisch unter Einbeziehung der Übertragungsdynamik.
Werke: Psychoanalyse der Gesamtpersönlichkeit (1927); Our age of unreason (1942; deutsch Irrationale Kräfte unserer Zeit); Psychosomatic medicine (1950; deutsch Psychosomatische Medizin); The scope of psychoanalysis 1921-61 (1962).
3) Peter, eigentlich P. Alexander Neumayer, österreichischer Sänger und Schauspieler, * Wien 30. 6. 1926; besuchte das Reinhardt-Seminar in Wien; erfolgreich als Schlager- und Liedersänger sowie in Unterhaltungs-, Operettenfilmen und Fernsehshows.
4) [ælɪg'zɑːndə], Samuel, englischer Philosoph, * Sydney (Australien) 6. 1. 1859, ✝ Manchester 13. 9. 1938; Professor an der Universität Manchester, vertrat eine evolutionistische Metaphysik neuplatonischer Prägung, jedoch mit starker Orientierung an den Erfahrungswissenschaften. Erkenntnistheoretisch lehrte er den Realismus.
Werke: Moral order and progress (1889, 41906); The basis of realism (1914); Space, time, and deity, 2 Bände (1920, 21927; Nachdruck 1966); Spinoza (1921); Beauty and other forms of value (1933); Philosophical and literary pieces (1939; Nachdruck 1970).
P. Devaux: Le système d'A. (Paris 1929);
B. D. Brettschneider: The philosophy of S. A. (New York 1964).
V
Alexạnder,
Patriarch von Alexandria (313-328), ✝ 17. 4. 328; er ließ 318 Arius (Arianismus) auf einer von ihm nach Alexandria einberufenen Synode von 50 ägyptischen Bischöfen exkommunizieren und löste damit den Arianischen Streit aus. Von seinen Schriften sind drei für die Frühphase des Arianischen Streites wichtige Briefe und eine Predigt erhalten. Heiliger (Tag: 18. 4.; in der koptischen Kirche: 22. 4.).
Alexạnder,
Bischof von Jerusalem (seit 222), ✝ 250/251 während der Christenverfolgung unter Kaiser Decius; Schüler des Klemens von Alexandria und Freund des Origenes, den er 231 (zusammen mit Theoktist von Caesarea, ✝ 258) zum Priester weihte.
Alexạnder,
Meister Alexạnder, auch genannt der wilde Alexander, süddeutscher Fahrender, verfasste nach 1250 Minnelieder, geistliche Lieder und Sprüche im dunklen, »geblümten« Ton der Spätzeit, darunter ein »Kindheitslied«, dessen reizvolle Kinderszenen auf die Gefahren dieser Welt verweisen.
Ausgabe: in: Deutsche Liederdichter des 13. Jahrhunderts, herausgegeben von C. von Kraus, Band 1: Text (1952), Band 2: Kommentar, bearbeitet von H. Kuhn (1958).
Universal-Lexikon. 2012.